Merkeldämmerung

Von Jochen Hoff am Sonntag, 8. März 2009

Wenn Mohn/Bertelsmann den Forsa-Chef Manfred Güllner losschickt, um den Deutschen zu erklären, was sie zu wählen haben, ging es in letzter Zeit nur darum, Merkel und die FDP zu Siegern zu erklären. Das ist logisch. Die Familie Mohn braucht die neoliberale und wirtschaftsfaschistische Politik von Union und FDP, und sie traut der SPD durchaus zu, dass diese sich nach einem Wahldebakel auf ihre sozialen und demokratischen Ursprünge besinnen könnte. Das ist zwar eher unwahrscheinlich, weil Sozialdemokraten in der SPD schon lange nur noch als Fußvolk geduldet werden.

Trotzdem wollte Mohn/Bertelsmann auf Nummer Sicher gehen. Allerdings scheint die Merkel in letzter Zeit nicht gehorsam genug gewesen zu sein. Deshalb wird sie jetzt um einen oder zwei Umfragepunkte tiefer gelegt und damit die Diskussion um die Person Merkel offiziell eröffnet. Selbst Emnid und das Politbarometer werden in die Kampagne eingebunden. Es ist also durchaus ernst gemeint.
Angela Merkel wird von Herrn Posselt, dem MdEP der CSU und anderen zumindest schon einmal die Fähigkeit zur Führung der Partei abgesprochen. Die Umfrageinstitute reden über mangelnde Wirtschaftskompetenz der CDU, was aber eigentlich wohl nur heißen soll, dass sie nicht ganz so gehorsam ist, wie Westerwelles Neoliberalen es sind, die ja auch gut allen Wohltaten für das Großkapital zustimmen können, da sie nicht für die Verschuldung verantwortlich sind.

Westerwelles Truppen sind obenauf und bald lässt er sich wieder die 18 in die Schuhsohlen fräsen. Tatsächlich wird die FDP-Klientel aber wohl schon bald kleiner werden, weil auch die dümmsten Anhänger der Neoliberalen den nahenden Untergang sehen und eben nur 10 Prozent der deutschen Bevölkerung von dieser betrügerischen Politik wirklich profitieren, nämlich das Großkapital. Die bisherigen Helfer des Großkapitals sind die ersten, die zu den Totalverlierern gehören, weil sie bereits jetzt abgeschafft werden.

Anlageexperten, Berater, Journalisten, Wissenschaftler, die alles begründen, aber auch die ganzen Menschenquäler, die bisher die Unterschicht in Schach halten sollten, werden freigesetzt. Die Katastrophe ist einfach zu groß, um mit großem Gepäck zu reisen. Da wird der Ballast abgestreift.

Bis auf Sven Gösmann von der Rheinischen Pest, der immer noch hofft, im letzten Hubschrauber aus Saigon mitfliegen zu dürfen, und wenigen anderen Uneinsichtigen, geht es jetzt vor allem darum, die eigene Haut zu retten. Gösmann möchte sowohl die nicht vertriebene Steinbach als auch Merkels Intimfeind Merz und ist böse über die Schelte von Merkel gegen den Ratzinger-Papst. Er möchte gerne zurück ins Mittelalter, wird aber dahin wohl alleine gehen müssen.

Ganz anders ist das bei Merkels anderen Feinden. Die nehmen nämlich jetzt die gute Gelegenheit wahr, die Dame zu entzaubern. Seehofer will sich auf ihre Kosten in Bayern profilieren, merkt aber nicht, dass ihm auch keiner mehr ein Wort glaubt und das Eindreschen seiner Truppen auf die Merkel ihn auch nicht retten kann. Dafür wäre nämlich eine glaubwürdige eigenständige Politik nötig, die er aber in Bayern genausowenig betreiben kann, wie er dies als Bundesminister konnte. Sie würde Ideen erfordern, die er einfach nicht hat.

Seehofer, der selber in den Umfragen deutlich verliert, hat aber gut lachen. Von Roland Koch über Wulff und Oettinger sitzen die Merkelfeinde schon in ihren Startlöchern. Wenn Öttinger süffisant fordert, die Merkel möge das Kostüm der Bundeskanzlerin aus- und die Uniform der Parteivorsitzenden anziehen, dann heißt das nichts anderes als das, was auch Mohn/Bertelsmann sagen lässt. Die Merkel tauge nicht zur Parteivorsitzenden.

Steter Tropfen höhlt den Stein, und wenn selbst die Springerpresse mit dem Abbau der Merkel beginnt, dann wird schnell klar, dass Angela Merkel wohl bald eine Entscheidung treffen muss. Entweder gibt sie den Parteivorsitz vor der Wahl ab, um sich auf das Kanzlerinnendasein zu konzentrieren, oder sie muss die Wahl mit Traumwerten gewinnen, um nicht kurz nach der Wahl gestürzt zu werden.

Die Ostfrau Merkel konnte sich in ihrem Haufen nur deshalb durchsetzen, weil es keine Alternative gab. Eine Alternative gibt es zwar heute auch nicht, aber genügend Leute, die sich selbst für eine Alternative halten. Die Familie Mohn, Springer und auch der Wirtschaftsflügel der CDU werden nicht eher Ruhe geben, bis sie die Merkel zumindest als Parteivorsitzende los sind.

Für Deutschland ist es bedeutungslos, wer die CDU führt, die Menschen haben von der gesamten Union nichts Gutes zu erwarten – und zusammen mit der FDP sieht es absolut trostlos aus. Spannend ist deshalb nur, wie sich Angela Merkel diesmal aus der Situation herauswindet oder ob sie einfach die Brocken hinschmeißt. Sie könnte durchaus den Schröder machen.

Quelle: www.saarbreaker.com

Anmerkung: Vieles aus der Biographie von Angela Merkel in DDR-Zeiten erscheint nebulös und klärungsbedürftig. Einige Hinweise findet der interessierte Leser unter www.luebeck-kunterbunt.de/Favoriten/Merkels_Strippen.htm