Warum Strom und Gas immer teurer werden:

Energiekonzerne als Staat im Staate

 

Die Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto vom ARD-Magazin »Monitor« haben in den letzten Jahren Beweise dafür zusammengetragen, daß in der BRD enge Verflech­tungen zwischen Energiekon­zernen und Politik ein Schat­tenkartell aufrechterhalten - zulasten des finanziell gebeutelten Verbrauchers.

»Der gekaufte Staat« heißt das jüngst erschienene Buch, in dem Adamek und Otto ihre Recher­chen über wirtschaftliche Ein­flußnahme auf die deutsche Po­litik zusammengefaßt haben.

Daß hierbei knallharte Tatsachen offengelegt werden, zeigt ein Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 12. März 2008 (Bundestagsdruck­sache 16/8536). Hierin werden unter anderem die Zerschlagung des bundesdeutschen Ener­giekartells und die Offenlegung lobbyistischer Einflußnahme auf die Energiepolitik des Bundes gefordert. Der Grünen-Antrag bestätigt und ergänzt die Re­chercheergebnisse der »Monitor«-Redakteure.

 

Das Stromkartell

 

Nach Adamek/Otto liegen nahe­zu 100% der Übertragungsnet­ze für Strom in den Händen der vier Energieriesen RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW (Energie Baden-Württemberg). Gleichzei­tig kontrollierten diese Konzerne 80% der Stromerzeugung. Im Bereich der Gasversorgung spricht die Fraktion der Grünen im obengenannten Antrag gar von einer herrschenden Stellung nur eines einzigen Konzerns: E.ON./Ruhrgas.

Dabei wurde laut Adamek/Otto der deutsche Gas- und Strom­markt bereits im April 1996 »liberalisiert«, um durch größeren Wettbewerb dem Verbraucher freie Anbieterwahl und niedrigere Preise zu ermöglichen. Die Bun­desregierung verzichtete damals auf eine staatliche Aufsichts­behörde, wie es sie in anderen Ländern Europas gibt. Stattdes­sen begnügte sich die Politik mit einer Selbstverpflichtung der Energieriesen, man werde den Wettbewerb nicht behindern.

 

Der Verbraucher als Melkkuh

 

Tatsächlich seien 1998 die Strom­preise auch um bis zu 15% für private Verbraucher gesunken. Doch seit 2002 seien die Strom- und Gaspreise laut Adamek/Otto wieder angestiegen. Das Er­gebnis: Die Deutschen zahlen im EU-weiten Vergleich nach Herausrechnen der Steuern die vierthöchsten Strompreise.

Die Grünen sprechen in ihrem Antrag von einer Strompreis­steigerung von 50% für Privat­haushalte seit dem Jahr 2000. Hingegen die Gaspreise hätten sich laut Adamek/Otto alleine in den letzten zwei Jahren um 30% erhöht.

Gleichzeitig seien die Gewinne der Energiewirtschaft laut Grüne von 6 Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro gestiegen.

Die Grünen beklagen z.B., daß die Energieriesen für kostenlos erhaltene Emissionszertifikate dem Verbraucher Preisaufschlä­ge berechnet hätten. Gewinn auf Kosten des Verbrauchers: 5 Mil­liarden Euro zwischen 2005 und 2008. Für den Zeitraum 2008 bis 2012 erwarten die Grünen sogar Gewinnsummen bis zu 9 Milliar­den Euro.

Es ist heller Wahnsinn: Die Energieriesen berechnen den Verbrauchern   Milliarden   von Euro für Emissionszertifikate, die ihnen der Staat geschenkt hat.

In anderen EU-Ländern hinge­gen seien die Energiepreise seit der Marktliberalisierung gesun­ken, wie Adamek/Otto zu berich­ten wissen.

 

Massiver Einfluß durch »Leihbeamte«

 

Wie sich das Energiekartell mit Hilfe der Politik halten kann, er­klären die »Monitor«-Redakteure wie folgt:

1998 habe die rot-grüne Regie­rung Schröder ein Austausch­programm zwischen Politik und Wirtschaft angestoßen. Dieses Programm namens »Seiten­wechsel« öffnete der Wirtschaft die Büros zahlreicher Ministeri­en. Die Wirtschaftsleute in den staatlichen Büros heißen »Leih­beamte« oder »Externe Mitarbeiter«.

Eine Prüfung des Bundesrech­nungshofes habe ergeben, daß alleine zwischen 2004 und 2006 etwa 300 »Leihbeamte« eigene Büros in Ministerien des Bun­destags bezogen haben. Dies geht aus einer brandaktuellen Presseerklärung der ARD-Sen­dung »Monitor« vom 2.4.2008 hervor. Diese »externen Mitar­beiter« seien in der Regel nicht einmal als solche kenntlich ge­macht und die Ministerien hüllen sich in Schweigen.

Diese U-Boote der Wirtschaft in deutschen Bundesministerien würden nach wie vor von ihren Unternehmen bezahlt. Das heißt: Von der Wirtschaft bezahlte und dem Volk nicht verpflich­tete »Leihbeamte« sitzen in öffentlichen Funktionen.

Adamek und Otto haben ebenso wie »Monitor« in der Sendung vom 3. April 2008 nachgewiesen: Die »Leihbeamten« haben Zugang zu internen staatlichen Vorgängen   und   geben   diese   -   ganz ihrem Brötchengeber verpflichtet - auch an die Privat­wirtschaft weiter.

Umgekehrt diktieren die Groß­konzerne ihren »Leihbeam­ten« Gesetzestexte, die dann durch diese U-Boote erfolg­reich in neue Bundesgesetze eingebracht würden.

Auch Berichte über die Lage des Energiewettbewerbs wurden durch wortwörtliche Übernah­me z.B. von Formulierungsvor­schlägen aus dem Hause RWE gezielt verfälscht. Diese Mani­pulation werde so tolldreist be­trieben, daß solche Expertisen sogar von »massiven Strom­preissenkungen«     sprechen -eine Verhöhnung der finanziell ausgepreßten Kunden!

 

Was macht die Politik dagegen?

 

Eigentlich nichts! Besser ge­sagt: Sie spielt sogar mit. SPD-Bundestagsmitglied Hermann Scheer nennt das, was statt­findet gegenüber Adamek/Otto »eine Form der legalen Kor­ruption«. Sie läuft nach dem Prinzip, daß Politiker für ihre Gefälligkeiten gegenüber dem Energiekartell nach ihrer Politkarriere fürstlich »entschädigt« werden, falls sie nicht ohnehin schon aus den Futtertrögen der Energiekonzerne gespeist wer­den.

Hier nur einige Beispiele aus »Der gekaufte Staat«:

■ Gerhard    Schröder   (SPD)

setzte sich als Bundeskanz­ler für den Bau einer Ostsee-Gaspipeline von Rußland nach Deutschland ein. Seit März 2006 ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates der Betrei­bergesellschaft dieser Gaspipeline. Diese gehört nicht nur zu 51% Gazprom, son­dern zu jeweils 24,5% auch BASF und E.ON.

 

 Norbert   Lammert   (CDU)

saß neben der ihn wohl nicht ausfüllenden Tätigkeit als Bundestagspräsident bis November 2007 im Vorstand des Chemie-Energie-Immo­bilien-Mischkonzerns Evonic Industries AG (früher RAG BeteiligungsAG). Seine Vor­standstätigkeit beim Mutter­konzern RAG AG läßt er sich weiterhin mit jährlich 25.000 Euro bezahlen. Ehrenamt­lich tätig ist er u.a. als Vorsit­zender des Kuratoriums der »Stiftung Denkmal für die er­mordeten Juden Europas«.

■ Werner   Müller   (parteilos)

hat als Wirtschaftsminister un­ter Gerhard Schröder im Jahr 2002 die Fusion E.ON/Ruhrgas gegen den Einspruch des Bundeskartellamtes durch eine »Ministererlaubnis« ge­nehmigt. Dabei geholfen hatte ihm sein Staatssekretär Alfred Tacke, der diese Erlaubnis anstelle des Ministers unter­schrieben hatte. Müller hatte seit 1980 für E.ON und dessen Vorläuferkonzerne gearbeitet. Im Jahr 2002 - während sei­ner Amtszeit! - hatte er eine Rente von E.ON bezogen. Heute ist Müller Vorstandsvorsitzender der RAG AG und der Evonik Industries AG. Tacke ist heute Vorsitzender der Geschäftsführung der Evonik Steag GmbH.


■ Wolfgang    Clement   (SPD)

stemmte sich als Supermini­ster 2003 gegen eine stärkere staatliche Aufsicht über den Energiemarkt und sitzt seit Februar 2006 im Aufsichtsrat der RWE Power AG.

 

■ Reinhard Schultz (SPD) sitzt in den Bundestagsausschüs­sen für Wirtschaft/Technologie und Umwelt/Naturschutz/Re­aktorsicherheit - und zugleich im Aufsichtsrat von Vattenfall Europe Mining. Zudem hat er einen Beratervertrag mit Vat­tenfall.

 

■ Michael Glos (CSU) ist Bun­deswirtschaftsminister und war bis Ende 2004 Mitglied in den Beiräten der E.ON Bay­ern AG und der Thüga AG, die zu E.ON gehört.

 

■ Laurenz Meyer (CDU) sitzt bis heute im Bundestag. 2004 verlor er wegen zweifelhafter Zahlungen seines zusätzli­chen Arbeitgebers RWE den Posten des CDU-Generalse­kretärs. Auch sein Vertrag mit RWE wurde durch RWE be­endet. Die Partei entschädig­te ihn für den Postenverlust mit 52.000 Euro, von RWE bekam er sogar 400.000 Euro Abfindung und dazu die oben erwähnte Zahlung, die 80.000 Euro betrug. Wahrhaftig ein »Karriereknick« von dem je­der Bürger träumt.

 

■ Otto Schily (SPD) hatte als Innenminister 1998 die zün­dende Idee für das Programm »Seitenwechsel«, das der Wirtschaft endgültig und legal die Büros in deutschen Mini­sterien für eigene Mitarbei­ter öffnete. Schily verweigert laut »Junge Freiheit« vom 4.4.2008 bis heute dem Bundestagspräsidium die pflicht­gemäße Offenlegung seiner Nebeneinkünfte.

 

Ein Schelm, wer bei soviel »legaler Korruption« Böses denkt.

 

Quelle: UNABHÄNGIGE NACHRICHTEN 4 / 2008 / 9 f

 

Anmerkung: Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch noch

 

www.luebeck-kunterbunt.de/Serviceclubs/Gespenst_Rotary.htm