Wahlen in den USA

Man geht wählen

Der Superdienstag sollte die erhoffte Entscheidung bringen, brachte aber sie nicht. Aber sollte er sie denn wirklich bringen? Der Medieneinspielwert auch von Wahlen steigt mit der Spannung. Bei den Republikanern scheint dagegen alles klar zu sein: John McCain steht auf dem Siegertreppchen schon fast oben. Daß er ein alter Mann ist, scheint von Vorteil zu sein, aber nicht weil Alter klug machen soll. Schon die Deutschen Kurfürsten pflegten sich in der Regel für einen schwachen Kandidaten als Kaiser zu entscheiden: Der ließ sie weitgehend gewähren. McCain machte im Wahlkampf der vergangenen Wochen einen kränkelnden Eindruck, trotz der Show, die genau diesen Eindruck überdecken sollte. Ihn stützen Gouverneur Arnold Schwarzenegger und Senator Joe Lieberman und hinter diesen beiden Figuren tummeln sich Buffet, das große Geld, Rothschild, der Kennedy Clan und große Teile der US-Mafia.

Die Kennedys stehen seit neuestem auch hinter Barack Obama, der gegen Hillary beachtlich aufgeholt hat. Den Demokraten wird dieses Mal "das ganz neue XY" im Doppelpack zur Auswahl geboten, eine Frau oder ein Farbiger als US-Präsident. Das hatte es bisher in den USA noch nicht gegeben. Es sieht so aus, als könnten sie sich zwischen diesen Neuheiten nicht entscheiden. Natürlich gibt es auch hier Hintermänner.

Hillary Clinton wird als Alternative zu George Bush gehandelt. Das aber ist Täuschung. Zwar hatte ihr Ehemann Bill Clinton 1992 Bush I. die Wiederwahl vermasselt, doch das konnte auch auf Einsicht beruht haben. Die Clintons (beide) waren vor der Abwahl Bushs mindestens 19 Mal auf dem Landsitz der Bushs in Kennebunkport zu Besuch. Die enge Beziehung kam in den 1980er Jahren zustande. Damals war Bill Clinton Gouverneur von Arkansas und deckte gekonnt im Rahmen der Iran-Contra Affäre den Waffen- und Kokain-Schmuggel der CIA unter Bush sen., der vom Flughafen Mena in Arkansas aus lief. Obwohl der US-Staatspolizist Larry Patterson Clinton der Mitwisser- und Mittäterschaft stark belastete, geschah so gut wie nichts in dieser Sache von "nationalem Interesse". Der eigentliche Hintergrund ist die Stephens Familie (Tyson Food und Wal Mart). Sie finanzierte und leitete die Karrieren beider Clintons. Hillary startete die ihre bis zum Aufstieg zur Gouverneurin an der Wall Street von der Rose Law Firm der Stephens in Little Rock aus. Die Stephens waren eng mit der BCCI Bank des Agha Hasan Abedi verflochten. Dieser Bank hatte der US Senat "kriminelle Aktivität in 72 Ländern" und "Betrügereien in Milliardenhöhe" nachgewiesen. Diese und weitere Verflechtungen hat W. Engdahl in "Die versteckte Wahrheit: Wer ist Hillary Rodham Clinton?" unter im Kopp-Verlag zusammengetragen. Und nicht zu vergessen, Hillary hatte den Einmarsch in den Irak befürwortet und unterstützt Bush in Sachen Iran. Man sieht, Hillary ist eine aussichtsreiche Kandidatin und hat die Unterstützung "linker Demokraten" voll verdient.

Dem gegenüber hat Senator Barack Obama, die "Hoffnung der kleinen Leute", schlechtere Karten. Er bekam Wahlkampfgelder vom Syrer und US-Bürger Antoin Rezko, der zur Zeit aus dem Gefängnis seinem Prozeß am 25. Februar wegen allerlei Betrügereien und Schiebereien entgegensieht. Bemerkenswert ist an dem Prozeß der Ankläger Patrick Fitzgerald, der im Skandal um die Aufdeckung einer CIA-Identität den Prozeß gegen "Scooter Libby", das Vorzimmer von Vize-Präsident Cheney, geführt hatte. Rezko hatte mit Boden und Geldspekulationen viel Geld gemacht, besaß mehrere Restaurantketten und hat, um staatliche Unterstützungsgelder zu bekommen, Politiker links und rechts finanziert, darunter sowohl Bush II. wie die Clintons. Noch mehr Geld stammte von Rezkos Geschäftspartner und Hintermann, dem Iraki Milliardär Nadhim Auchi mit Wohnsitz in London. Er soll Obama über Rezko 3,5 Mio. US-Dollar an der Aufsichtsbehörde vorbei zugesteckt haben, wußte die London Times am 31. Januar. Obama hatte sich mehrfach für Rezko eingesetzt und hat angeblich von ihm günstig Häuser erworben, die er noch günstiger wieder verkaufen konnte. Ausgerechnet Hillary hackt auf Obamas Verbindungen zum "Slumlord" Rezko herum. Das greift die "liberale" Presse auf, während sie die spektakuläreren Verflechtungen der Clintons bisher unerwähnt läßt.

Völlig unerwähnt bleibt in den europäischen Medien die Kampagne des Gynäkologen und republikanischen Kongreßabgeordneten Ron Paul. Er versteht sich als wertkonservativer Verfassungsanhänger. Spricht sich gegen die Mitgliedschaft der USA in UNO, WTO, NAFTA etc. aus und ist strikter Gegner der Federal Reserve Bank. Er fordert ihre Auflösung und die Einführung einer goldgedeckten, vom Kongreß kontrollierten Währung. Es spricht sich strikt gegen den militärischen Interventionismus der USA aus und verteidigt rigoros die individuellen Freiheitsrechte gegen Einschränkungen durch den Patriot Act und die Homeland Security und Ähnliches. Er gab der US-Außenpolitik Mitschuld am Anschlag von 11. September und löste damit Aufregung bei der politischen Klasse aus. Paul kann auf keine Unterstützung dieser Klasse und ihrer Medien rechnen, verfügt aber über eine sehr breite Unterstützung in den mittleren Einkommensschichten, die bisher der Politik eher distanziert gegenüber standen. Die Unterstützung zeigt sich an den Internetzugriffen auf seine Seite, deren Zahl größer ausfällt als die aller anderen Kandidaten und daran, daß er an zwei verschiedenen Tagen den bisherigen politischen Spendenrekord pro Tag durch Kleinspenden brechen konnte. Er soll bis Ende 2007 von 58.407 Spendern schon über 30 Mio. Dollar Spendengelder zusammengebracht haben. In letzter Zeit wird er wegen rassistischer oder schwulenfeindlicher Äußerungen seines Umfelds angegriffen. Davon distanziert er sich mit dem Hinweis auf seine radikal individualistische Einstellung, die dem entgegenstünde.

Pauls Anhänger machen sich Hoffnungen, ihn beim Parteitag der Republikaner als "Reiter auf dem Schwarzen Pferd" einbringen zu können. Diese Hoffnung schwindet je eindeutiger die Vorwahlen für McCain ausfallen. Auch andere hoffen auf Uneindeutigkeiten. Bei einem Patt zwischen Hillary und Barack hofft angeblich der frühere US-Außenminister und neokonservative Drahtzieher hinter Bush, George Shultz, den New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ins Rennen führen zu können, der eine radikale Dollarpolitik auf Kosten der Mehrheit der weniger verdienenden Amerikaner vertritt. Das sei möglich, wenn die Schlammschlacht der demokratischen Vorwahlen, in der sich beide Kandidaten abnutzen, bis zum Parteitag dauert, meinte Bloomberg in seinem regelmäßigen Radioprogramm am 1. Februar in New York. Die Republikaner erhoffen sich möglicherweise für ihren Kandidaten eine größere Chance, wenn bei den Demokraten die farbige Variante antritt, da ihre Frauen, von Bushs Mißerfolgen enttäuscht, für die Frau stimmen könnten.

Glaubt wirklich jemand, es falle groß ins Gewicht, wer auf dem Präsidentenstuhl sitzt? Der Präsident kann schreien so viel er will, seine Stimme dringt aus seinem gut isolierten Büro nicht heraus. Alles, was dort herauskommt, besorgen die "ständige Bürokratie" und die Berater und Funktionäre, die dem Präsidenten Großspender und Partei ins Amt mitgeben. Vielleicht würde Ron Paul einen Unterschied machen, aber der hat keine Chance, und zwar nicht in erster Linie wegen fehlender Anhänger und Wähler. Als erstes schneiden ihn die Medien. Würde sich das aus einem anderen Grund ändern, als dem, daß er seinen Frieden mit dem Establishment gemacht hätte, würden sich die elektronischen Wahlmaschinen weigern, alle seine Stimmen zu zählen. Ließe sich das aus einem unerfindlichen Grund verhindern, würde sich wohl bald ein Unfall oder ein "Terrorist" einstellen. Aber eine schöne Show ist so ein Wahlkampf für Demokraten schon, fast so spannend wie die Fußballweltmeisterschaft für andere.

Über dem Wahlkampfspektakel übersehen viele die neuen Ansätze im US-Haushaltsentwurf für 2009, der am 4. Februar veröffentlicht wurde. Er übersteigt zum ersten Mal in der Geschichte der USA die drei Billionen Dollar Grenze. Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums sollen sich, noch ohne die Kosten des Irak-Kriegs, in 2009 auf nicht weniger als 515,4 Mrd. US-Dollar belaufen. Das sind wiederum deutlich mehr, nämlich 36 Milliarden Dollar oder sieben Prozent mehr als im diesjährigen Haushalt. Zusätzlich will Bush beim Kongreß weitere rund 70 Milliarden US-Dollar für "dringende" Militärausgaben im Irak und in Afghanistan beantragen. Natürlich wird auch gespart, vornehmlich bei Sozialausgaben und im Gesundheitswesen.

Dabei geht es dem Establishment zur Zeit tatsächlich um eine gewichtige Frage - wenn auch unabhängig vom Wahlkampf. Es sucht einen Weg aus der sich gegenwärtig zuspitzenden Krise seines Finanzsystems. Das System verlangt Maßnahmen, für die das notwendige, politische Umfeld noch durchgepaukt werden konnte. Zwei Lösungswege sind derzeit im Gespräch: Um den einen hatte sich das politische Establishment der USA über die Jahre mit abnehmendem Erfolg bemüht, den neokonservativen "Krieg dem Terror". Der sah im Endeffekt den Einsatz des US-Militärs zur Errichtung einer Weltregierung vor, gegen die sich niemand mehr würde auflehnen können. Iran oder Syrien sollten diesen Weltkrieg in Gang bringen, der als Nebeneffekt die Weltbevölkerung um rund fünf Sechstel reduzieren sollte, und der danach für die Restbevölkerung eine glückliche Weide auf den freimaurerisch erträumten, materialistischen Wohlstandsweiden des Westens vorsah. Diesem Weg neigt das konservativ republikanische Establishment um die Familie Rockefeller zu. US-Militärkreise scheinen ihn bisher verhindert zu haben.

Den Weg der Demokraten veranschaulicht besonders Gordon Brown in Großbritannien. Er hatte ihn im Mai 2007 in einer Rede vor dem britischen Industrieverband als die beiden Schwerpunkte seiner Arbeit vorgezeichnet: "Kampf gegen die Erderwärmung" und "Neue Weltordnung" aufgrund einer UN-Reform. Der UN-Sicherheitsrat solle neben der Weltbank die diktatorische Weltregierung stellen. Zu diesem Zweck solle der Sicherheitsrat durch die Staaten Deutschland, Indien, Japan, Süd Afrika erweitert, das Veto-Prinzip durch das Mehrheitsprinzip abgelöst werden, und eine schnelle Eingreiftruppe der UNO die Wehrmacht aller Staaten, die eine innerstaatliche Polizeifunktion überteigt, ersetzen. Über CO2 und Energiepolitik soll die Güterproduktion gedrosselt werden. Mit einer solchen Regierung ließe sich das Einkommen und die Anzahl der Bevölkerung allmählich und weit weniger spektakulär als durch Krieg reduzieren. Auch hinter diesem Lösungsweg steht eine Personengruppe, und zwar das liberale Establishment, an dem Lynn Forester, die energische, amerikanische Frau von Evelyn de Rothschild die Fäden zieht.

Nun, das alles ist Ihnen zu "spekulativ" und "abwegig", es interessiert Sie wahrscheinlich weniger als die Tatsache, daß der obskure Händler Jerome Kerviel bei der Société Générale eben mal 4,9 Mrd. Dollar verspielen konnte, dank der - wie sich "Le Monde" am 6. Februar ausdrückte - "stillschweigenden Autorisierung durch seine [d.h. der Bank] Hierarchie". Interessanteres wußte die Schweizer Zeitung "Les Temps" am 2.2. zu dem Fall zu berichten. Sie interviewte den Literat und Finanzjournalist bei der International Herald Tribune, Martin Baker. Dieser hatte vor 14 Tagen eine Novelle mit dem Titel "Meltdown" veröffentlicht. Sie handelte von einem französischen Händler "der die Implosion des Finanz Systems provoziert hat". Wie Baker auf die Geschichte gekommen sei und warum sie seiner Meinung nach ausgerechnet in Frankreich passieren mußte, wollte die Zeitschrift wissen. Weil man in Frankreich dem Markt im tiefsten Inneren mißtraut und in französischer Arroganz glaubt, irgendwelche genialen Mathematiker könnten den Markt austricksen, und wörtlich: "Einer der Gründe, weshalb so etwas in Frankreich geschieht, rührt aus der dort vorherrschenden Feindschaft gegen den angelsächsischen Kapitalismus". Wenn das kein Grund ist! Auch das ist für viele Bescheidwisser so etwas, wie ein Fußballspiel für Kleine Leute.

Quelle: http://spatzseite.de (Hervorhebungen vom Bearbeiter)

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Anmerkung: Schade, daß Außenseiter wie Ron Paul mit durchaus vernünftigen Ansichten keine Chance haben, das Ruder der amerikanischen Politik herumzureißen. Allerdings hat die „westliche Wertegemeinschaft“ – allen voran der „Moloch USA“ – nicht die geringste Veranlassung, angebliche demokratische Defizite in anderen Teile der Welt anzuprangern. Das Wahltheater dort ist eine Mischung aus Zirkus, Verleumdungen, Medienkampagnen, Korruption und Auszählungsbetrug.

In diesem Zusammenhang noch drei signifikante Zitate aus einem SPIEGEL-Gespräch mit Noam Chomsky, einem der brillantesten Intellektuellen in den USA:

„Dieses Sarah-Palin-Phänomen ist wirklich sonderbar. Wenn uns einer vom Mars zuschaut, könnte er denken, unser Land sei geisteskrank.“

 

Noam Chomsky im SPIEGEL-Gespräch 41 / 2008 / 184

 

 

„Dieses Land wurde gegründet von religiösen Fanatikern, das darf man nie vergessen. Religiöse Fundamentalisten spielen in allen Wahlen seit Jimmy Carter eine große Rolle.“

 

Noam Chomsky im SPIEGEL-Gespräch 41 / 2008 / 184

 

 

„Natürlich gibt es Unterschiede (zwischen Republikanern und Demokraten), aber die sind nicht fundamental. Niemand sollte sich Illusionen machen. Die USA sind im Kern ein Einparteiensystem, und diese eine regierende Partei ist die Business-Partei.“

 

Noam Chomsky im SPIEGEL-Gespräch 41 / 2008 / 184 f