Scott Ritter, ein Parteifreund von George
W. Bush und nun sein schärfster Kritiker, war von 1991 bis 1998
UN-Waffeninspecteur im Irak und hat daran mitgewirkt, daß 90 % des dortigen
Waffenpotentials zerstört wurde.
In diesem Interview enthüllt er, wie die
USA die damaligen Inspektionen manipuliert und zum Scheitern gebracht haben.
Der erstklassige Bericht eines Insiders.
Ein Interview mit Scott RITTER
»Inflation ist das erste Wundermittel des schlecht geführten Staates. Das
zweite Wundermittel ist der Krieg. Beide bringen zeitweiligen Wohlstand, und
beide bringen den endgültigen Zusammenbruch. Aber auf beiden ruht die Hoffnung
von Opportunisten in Politik und Wirtschaft.«
Ernst Hemingway
Das nachfolgende Interview wurde am 16. und am 19. August 2002 über mehrere
Stunden per Telefon geführt.
PITT: Gibt es, in Anbetracht Ihrer Erfahrung und der Zeit, die Sie im Irak
verbracht haben, für die Vereinigten Staaten einen Grund für einen Krieg
gegen dieses Land?
RITTER: Die Vereinigten Staaten haben nur dann einen Grund für einen Krieg
gegen den Irak, wenn der Irak entweder die Vereinigten Staaten angreift oder
von der internationalen Staatengemeinschaft insbesondere vom UN
Sicherheitsrat als eine Gefahr für den internationalen Frieden und die
Sicherheit betrachtet wird. Wenn der Irak die Vereinigten Staaten angreift,
haben diese gemäß dem Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN Charta
natürlich das Recht zu einem bewaffneten Angriff.
PITT: Stellt der Irak eine Gefahr für
Frieden und Sicherheit dar?
RITTER: Das muss vom Sicherheitsrat sorgfältig geprüft werden. Lautet die
Antwort "JA", müsste eine Resolution nach Kapitel VII der Charta
der Vereinten Nationen verabschiedet werden.
In den Vereinigten Staaten wird immer wieder auf Resolutionen gemäß Kapitel
VII verwiesen, die bereits vom UN Sicherheitsrat verabschiedet wurden und in
denen der Irak als eine Bedrohung bezeichnet wird. Verwiesen wird vor allem
auf Resolution 687, die im April 1991 verabschiedet wurde und zur Gründung
der UNSCOM, der UN Abrüstungskommission für den Irak, führte, zum Verbot von
irakischen Waffen und zur Ermächtigung der Vereinten Nationen, mit militärischer
Gewalt einzugreifen, falls der Irak den Forderungen nicht nachkommt. Ich
glaube nicht, dass ein Völkerrechtler außerhalb der Vereinigten Staaten die
Resolution 687 als einen Freibrief für die USA betrachtet, Krieg gegen den
Irak zu führen. Darüber müsste immer noch der UN Sicherheitsrat entscheiden,
und gegenwärtig gibt es im Sicherheitsrat keine Anzeichen für eine
Unterstützung der US amerikanischen Sichtweise, wonach die gegebenen
Bedingungen einen Krieg rechtfertigten.
Die Regierung Bush beruft sich derzeit auf das »Recht zur präventiven
Selbstverteidigung«. Das besagt Folgendes: Wenn ein Land feindselige
Absichten zeigt und die Mittel und Fähigkeiten zu einem Angriff erwirbt, ist
das andere Land nicht verpflichtet, tatenlos zuzusehen, bis der Angriff
erfolgt. Es kann sich dabei auf Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen
berufen. Dieser Logik folgend hätten die Alliierten Deutschland in einem
Präventivschlag angreifen und so vielleicht Millionen von Menschenleben
retten können. Eine durchaus sinnvolle Sache. Die gleiche Logik diente
freilich auch Deutschland als Vorwand für den Überfall auf Polen und viele
andere Länder. Auf diese Argumentation wird immer wieder gern
zurückgegriffen. Israel beispielsweise hat sich mehrfach darauf berufen.
Der entscheidende Punkt ist die Feststellung der feindseligen Absicht. Wie
lässt sich eine reale Bedrohung von einer herbeigeredeten unterscheiden, an
die man vielleicht sogar selbst glaubt und hinter der man seine eigenen
aggressiven Absichten versteckt? Wann ist ein Präventivschlag gerechtfertigt?
Im Falle des Irak hängt die Antwort von den Massenvernichtungswaffen ab, die
seit 1991 verboten sind. Der Irak hat nicht mehr das Recht, solche Waffen zu
besitzen, und wenn er jetzt, mehr als zehn Jahre nach dem Verbot dieser
Waffen durch die internationale Staatengemeinschaft, über solche Waffen
verfügt, könnte man dies definitiv als Beleg für seine feindseligen Absichten
ansehen. Die Vereinigten Staaten könnten sich dann der weltweiten
Unterstützung für einen Präventivschlag gegen den Irak sicher sein.
PITT: Besitzt der Irak Massenvernichtungswaffen?
RITTER: Die Sache ist nicht so einfach, wie
einige Mitglieder der Bush Regierung uns glauben machen wollen. Zweifellos
ist der Irak seinen Abrüstungsverpflichtungen gemäß den Resolutionen des UN
Sicherheitsrates nicht in vollem Umfang nachgekommen. Andererseits wurde der
Irak seit 1991 weitgehend entwaffnet: 90 bis 95 Prozent des Arsenals der
irakischen Massenvernichtungswaffen wurden nachweislich zerstört. Das schließt
sämtliche Fabriken zur Herstellung chemischer, biologischer und atomarer
Waffen ein, außerdem Langstreckenraketen und die entsprechenden Maschinen in
diesen Produktionsstätten sowie die meisten der in diesen Fabriken
hergestellten sonstigen Produkte.
Der Irak war verpflichtet, all das den Vereinten Nationen zu übergeben, die
dessen Vernichtung und Abbau überwachen sollten. Stattdessen zerstörte der
Irak einseitig und ohne die Überwachung durch die Vereinten Nationen einen
Großteil dieser Waffen. Das konnten wir später verifizieren. Das Problem ist
jedoch, dass diese Zerstörungen nicht dokumentiert sind, und damit wird die
Frage des Nachweises schnell zu einer vertrackten Angelegenheit.
PITT: Warum hat der Irak die Waffen zerstört, statt sie zu übergeben?
RITTER: In vielen Fällen versuchten die Iraker, die Existenz dieser Waffen
geheim zu halten. Und die einseitige Zerstörung könnte auch insofern ein
Trick gewesen sein, als man behaupten konnte, die Waffen seien zerstört,
während man in Wirklichkeit ein geheimes Arsenal zurückbehielt.
Entscheidend ist, dass man im Zweifelsfall nicht zugunsten des Irak
entscheidet. Der Irak hat die internationale Staatengemeinschaft angelogen.
Er hat die Waffeninspekteure angelogen. Viele glauben, dass sich der Irak
noch immer bemüht, die Fähigkeit zur Herstellung dieser Waffen zu bewahren.
Gleichzeitig muss man aber auch sagen: Es gibt keine Beweise dafür, dass der
Irak tatsächlich über die entsprechende Fähigkeit oder die benötigten
Materialien verfügt. Vielmehr spricht einiges dafür, dass dem Irak die
notwendigen Materialien nicht mehr zur Verfügung stehen.
Ich glaube, das vorrangige Problem ist jetzt das der Bilanz. Der Irak hat 90
bis 95 Prozent seiner Massenvernichtungswaffen zerstört. Okay. Wir sollten
uns vor Augen hatten, dass die übrigen 5 bis 10 Prozent nicht unbedingt eine
Bedrohung darstellen. Es handelt sich nicht mal um ein Waffenprogramm. Es
handelt sich lediglich um einzelne Teile eines Waffenprogramms, und das ist
in seiner Gesamtheit unbedeutend; trotzdem bleibt es unzulässig.
Andererseits: Nur weil wir es nicht nachweisen können, heißt das nicht, dass
der Irak nicht darüber verfügt. Aber es gibt auch keine Erkenntnisse darüber,
dass der Irak solches Material besitzt. Das ist unser Dilemma. Wir können dem
Irak keine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, und deshalb können wir
auch das Problem seiner Massenvernichtungswaffen nicht ad acta legen.
Gleichzeitig können wir aber nicht guten Gewissens behaupten, die Tatsache,
dass die Iraker ihren Abrüstungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind,
bedeute de facto, dass sie verbotene kriegsfähige Waffen zurückbehalten
haben.
Wie gehen wir mit dieser Unklarheit um? Manche sagen, wir müssen das
Schlimmste annehmen, weil es heute im Irak keine Waffeninspekteure mehr gibt,
weil der Irak in der Vergangenheit die Bereitschaft zeigte, solche Waffen zu
kaufen und gegen seine Nachbarn und die eigene Bevölkerung einzusetzen, und
weil der Irak in der Vergangenheit die Waffeninspekteure angelogen hat.
Angesichts dieser Gegebenheiten sei ein Präventivschlag gerechtfertigt.
Würde dieser Fall vor Gericht verhandelt, wäre die Beweisführung eine ganz
andere. Der Irak hat nämlich immer und immer wieder seine Bereitschaft
gezeigt, mit den Waffeninspekteuren zusammenzuarbeiten. Was das Ende der
Inspektionen angeht beziehungsweise den Abbruch, das Unabgeschlossene der
Mission mit anderen Worten, die Unfähigkeit, den Nachweis zu führen, dass der
Irak vollständig abgerüstet hat , da muss man mildernde Umstände gelten
lassen. Gerade diejenigen, die diese Resolutionen in Kraft setzen wollten
beispielsweise die Vereinigten Staaten , haben gegen die Bedingungen der
Resolutionen verstoßen, indem sie die einzigartige Möglichkeit, im Irak zu
operieren, auf eine Weise ausnutzten, die mit den Resolutionen des UN
Sicherheitsrates unvereinbar ist zum Beispiel, um im Irak Spionage zu
betreiben.
PITT: Die US Regierung und all diejenigen, die einen Angriff auf den Irak
befürworten, konzentrieren sich im Allgemeinen auf fünf Punkte: 1. das Atomwaffenpotenzial;
2. das Potenzial chemischer Waffen; 3, das Potenzial biologischer Waffen; 4.
das Potenzial für Raketen mit einer Reichweite bis in die Vereinigten Staaten
und 5. die möglichen Verbindungen zwischen Saddam Hussein und Al Kaida oder
anderen Terrornetzwerken. Bleiben wir einen Augenblick beim
Atomwaffenprogramm des Irak.
RITTER: 1998, in dem Jahr, als ich den Irak verließ und das UN
Waffeninspektionsprogramm beendet wurde, waren die Infrastruktur und die
Anlagen zu 100 Prozent zerstört. Das steht ganz außer Frage. Sämtliche
Instrumente, Geräte und Anlagen wurden zerstört. Die Anlagen zur Entwicklung
von Waffensystemen wurden zerstört. Die Maschinen zu ihrer Herstellung wurden
aufgespürt und vernichtet. Und wir hatten von Fahrzeugen und von der Luft aus
die Möglichkeit, die Gammastrahlung zu messen, die bei Versuchen zur
Anreicherung von Uran und Plutonium freigesetzt wird. Wir haben nie etwas
gefunden. Wir können ohne Abstriche sagen, dass die industrielle
Infrastruktur, die der Irak zur Herstellung von Atomwaffen benötigt, zerstört
wurde.
Doch auch hier ist die Sache nicht ganz so einfach, weil der Irak noch immer
über Tausende von Wissenschaftlern verfügt, die an den Versuchen zur
Herstellung von Atomwaffen beteiligt waren. Diese Wissenschaftler waren auf
eine sehr spezielle Art und Weise organisiert, es gab verschiedene
Unterabteilungen, die sich jeweils auf ganz bestimmte Technologien
konzentrierten. Die materielle Infrastruktur wurde zwar zerstört, aber die
Iraker behielten diese Organisationsstruktur ihrer Wissenschaftler bei. Das
heißt, der Irak verfügt über Tausende von Atomwissenschaftlern mit all ihrem
Knowhow und ihren Fachkenntnissen, die noch auf genau dieselbe Weise
organisiert sind wie zu dem Zeitpunkt, als der Irak ein Atomwaffenprogramm
und die entsprechenden Infrastrukturen besaß. Diese Wissenschaftler arbeiten
heute in einem erlaubten Rahmen. Ihre Beschäftigung ist also an sich nicht
illegal, sie gestattet es ihnen jedoch, ihre Tätigkeit in Bereichen
fortzusetzen, die jenen ähnlich sind, in denen sie arbeiten würden, wenn sie
tatsächlich ein Atomwaffenprogramm aufbauten.
Es gibt die Befürchtung, dass die Iraker langfristig vorhaben, wieder ein
Atomwaffenprogramm aufzubauen. Aber bei aller Sorge darf man die Realität
nicht aus den Augen verlieren. Hier handelt es sich nicht um etwas, das über
Nacht passieren könnte oder hätte passieren können, solange die
Waffeninspekteure im Irak waren. Um das Potenzial für Atomwaffen
wiederzugewinnen, müssten die Iraker praktisch aus dem Nichts Anlagen zur
Anreicherung von Nuklearmaterial und zur Waffenproduktion aufbauen, was
Zigmilliarden Dollar kosten würde. Atomwaffen kann man nicht in einem Keller
oder einer unterirdischen Höhle herstellen. Dazu bedarf es moderner
industrieller Infrastrukturen, die ihrerseits immense Mengen an Strom
benötigen und sicherheitsgeschützte Technologien, die auf dem freien Markt
nicht so ohne weiteres zu haben sind.
PITT: Wie zum Beispiel Neutronenreflektoren
...
Ritter: Solche Geräte könnte der Irak sogar selbst entwickeln und bauen. Ich
meine eher Hochgeschwindigkeitskameras und Zentrifugen, die man zur
Anreicherung von Uran benötigt. Man braucht auch spezielle Chemikalien. Das
alles ist nicht billig zu haben. Es ist sehr teuer und leicht aufzuspüren.
Der amerikanische Vizepräsident [Dick Cheney] sagte, der Irak könne innerhalb
von zwei Jahren eine Atombombe bauen. Wenn er nicht über Informationen
verfügt, von denen wir nichts wissen, ist das blanker Unsinn. Und es sieht
nicht so aus, als verfügte er über derartige Informationen, denn wenn man den
Vizepräsidenten oder andere aus der Regierung Bush drängt, die Behauptungen
zu belegen, verweisen sie immer nur auf meinen ehemaligen Chef Richard Butler
[den damaligen Leiter der UN Waffeninspektion im Irak], einen australischen
Diplomaten, und auf Khidir Hamza, einen irakischen Überläufer, der behauptet,
er sei Saddams Bombenbauer gewesen. Keiner von ihnen kann seine Aussagen auf
etwas anderes als Spekulationen stützen. Die ständig wiederholten
Behauptungen des Vizepräsidenten bezüglich des irakischen
Atomwaffenpotenzials sind haltlose Spekulationen. Und das ist
selbstverständlich zu wenig, vor allem wenn man sich die Protokolle der
Vereinten Nationen zur irakischen Abrüstung zwischen 1991 und 1998 ansieht.
Diese Protokolle sind unumstritten. Sie sind belegt. Wir haben das
Atomwaffenprogramm des Irak vernichtet, und wenn der Irak es wieder aufbauen
würde, könnten seine Aktivitäten von Geheimdiensten ganz leicht entdeckt
werden.
PITT: Ich möchte noch einmal nachhaken, denn die Behauptungen des
Vizepräsidenten sind in dieser Debatte von enormer Bedeutung. Wollen Sie
sagen, dass der Irak beispielsweise Gaszentrifugenanlagen nicht geheim halten
könnte wegen der enormen Energie, die eine solche Anlage benötigt, und wegen
der Hitze, die bei diesen Prozessen entsteht?
RITTER: Es ist nicht nur die Hitze. Bei der Zentrifugierung entstehen
Gammastrahlen und auch diverse andere Strahlen. Das ist leicht aufzuspüren.
Der Irak könnte das nicht verbergen.
PITT: Und was ist mit den chemischen Waffen?
RITTER: Der Irak produzierte drei verschiedene Nervengifte: Sarin, Tabun und
VX. Die Befürworter eines Kriegs gegen den Irak sprechen von 20 000
Sprengköpfen, die mit den Nervengasen Sarin und Tabun gefüllt sind und gegen
Amerikaner eingesetzt werden könnten. Doch diese Behauptung wird durch die
Fakten nicht gestützt. Sarin und Tabun haben bei der Lagerung eine
Lebensdauer von fünf Jahren. Selbst wenn der Irak es irgendwie geschafft
hätte, diese ungeheuren Mengen an Kampfstoffen vor den Inspekteuren geheim zu
halten, enthüllten ihre Depots heute nur noch eine unbrauchbare und harmlose
Schmiere. Chemische Waffen wurden in der Anlage in der Region Muthanna
hergestellt. Diese riesige Produktionsstätte für chemische Waffen wurde im
Golfkrieg bombardiert, danach kamen die Waffeninspekteure und vernichteten
alles, was davon noch übrig war. Damit verlor der Irak die Grundlage für die
Herstellung von Sarin und Tabun.
Wir haben Tausende Tonnen chemischer Stoffe vernichtet. Nicht, dass wir
gesagt hätten: » Gut, wir haben eine Fabrik zerstört, jetzt warten wir
darauf, dass alles andere verrottet. « Wir hatten über Jahre hinweg eine
Verbrennungsanlage in Betrieb und verbrannten diese Substanzen jeden Tag
tonnenweise. Wir brachten Bomben, Raketen und Sprengköpfe, die mit diesen
Kampfstoffen gefüllt waren, gezielt zur Explosion. Wir ' entleerten Scud
Raketensprengköpfe, die damit bestückt waren. All das Zeug haben wir
ausfindig gemacht und zerstört.
PITT: Könnten die Iraker denn nicht noch einiges davon versteckt haben?
RITTER: Das ist eine durchaus reale Möglichkeit. Das Problem besteht darin,
dass alles, was sie beiseite geschafft haben, in der Fabrik in der Region
Muthanna produziert worden sein muss. Nachdem wir diese Fabrik in die Luft
gesprengt hatten, besaßen die Iraker keine Möglichkeit mehr, neue Kampfstoffe
dieser Art zu produzieren. Und Sarin und Tabun zerfallen binnen fünf Jahren
und werden damit völlig nutzlos. Es ist kein wirksamer chemischer Kampfstoff
mehr, vor dem sich die Welt zu fürchten hätte. All das Gerede über die
chemischen Waffen des Irak besitzt heute keine Gültigkeit mehr. Das meiste
davon beruht auf Spekulationen, denen zufolge der Irak einige dieser
Kampfstoffe vor den UN Inspekteuren verborgen gehalten haben könnte. Ich
glaube, wir haben bei der Waffeninspektion im Irak gute Arbeit geleistet.
Hätten sie etwas versteckt, dann hätten wir es gefunden. Aber nehmen wir
einmal an, es wäre ihnen tatsächlich gelungen, etwas davon zu verstecken. Na
und? Es wäre inzwischen unbrauchbar. Es ist nicht der Rede wert.
PITT: Gibt VX Gas nicht mehr Anlass zur Sorge?
RITTER: Bei VX verhält sich die Sache anders, und zwar aus mehreren Gründen.
Erstens haben die Iraker lange bestritten, überhaupt ein Programm zur
Herstellung von VX zu besitzen, während sie zugaben, Sarin und Tabun zu
produzieren. Erst durch die mühevolle Arbeit der Inspekteure konnten wir die
Existenz eines solchen Programms aufdecken.
PITT: Wie ging das vor sich?
RITTER: Die Inspekteure durchsuchten die Fabrik in der Region Muthanna und
entdeckten das Gebäude, in dem die Iraker ihre Forschung und Entwicklung
betrieben. Es war im Krieg bombardiert worden, und dabei war die riesige
Betondecke des Labors eingestürzt. Ein Glück für uns, denn damit war der
ganze untere Bereich wie auf einem Standbild konserviert: Als wir die Decke
entfernten, um Zugang zu den Labors zu bekommen, gewannen wir Einblick in die
irakische VX Produktion genau an jenem Tag im Januar, an dem die Bombe das
Gebäude getroffen hatte. Wir schickten ein Inspektionsteam hinein, das wie
forensische Archäologen vorging. Sie hoben die Decke ab ein kühnes
Unterfangen, denn es war hoch gefährlich , gingen rein und konnten Unterlagen
sicherstellen und Proben nehmen, die belegten, dass der Irak tatsächlich über
ein Forschungs und Entwicklungslabor für VX Gas verfügte.
Als die Iraker dieser ersten Lüge überführt wurden, sag ten sie: »Wir haben
dieses Programm deshalb nicht deklariert, weil es keinen Erfolg hatte. Es ist
uns nicht gelungen, VX in einer stabilen Form herzustellen.« Natürlich
bezweifelten die Inspekteure diese Aussage und fragten nach: »Wie viele
Vorläufersubstanzen habt ihr hergestellt?« Vorläuferchemikalien sind die
Ausgangsstoffe für VX. »Wie viel VX habt ihr produziert?
Wo habt ihr es hingebracht?« Die Iraker führten die Inspekteure auf ein Feld,
wo sie die Chemikalien entsorgt hatten. Es wurden Bodenproben genommen, und
tatsächlich wurden Zerfallsprodukte von VX und seinen Vorläufersubstanzen
gefunden.
Leider wussten wir nicht, ob sie alles hier vergraben oder einen Teil
zurückbehalten hatten. Wir fragten also, welche Container sie benutzt hatten.
Die Iraker zeigten uns riesige Stahlbehälter, die aus der Sowjetunion
stammten und zum Verschiffen von Treibstoff und anderen Flüssigkeiten
bestimmt waren; die Iraker hatten sie für die Aufbewahrung von VX
umfunktioniert. Als die Inspekteure Proben von den Innenwänden der Container
nahmen, fanden sie heraus, dass sie gereinigt worden waren; es war nichts
mehr zu finden. Aber einer der Inspekteure entdeckte auf einer Seite des
Containers ein Reinigungsventil. Das Team nahm eine Probe und entdeckte VX in
stabiler Form.
Wir konfrontierten die Iraker mit ihrer zweiten Lüge. Da machten sie einen
Rückzieher: »Also gut, ihr habt Recht, wir haben tatsächlich VX in stabiler Form
hergestellt. Aber wir haben es deshalb nicht deklariert, weil wir das VX
nicht waffenfähig gemacht haben. In unseren Augen handelt es sich also nicht
um ein Waffenprogramm. Wir haben uns entschlossen, es selbst zu vernichten.
Ihr habt ja gesehen, dass wir es zerstört haben. Es ist weg, also brauchen
wir nicht mehr darüber zu reden.«
Auch das war eine Lüge. Wir fanden Scud Raketen, die mit VX Giftgas in
stabiler Forin bestückt und in den Anlagen zur Vernichtung von Sprengköpfen
zerstört worden waren. Also hatten die Iraker waffenfähiges VX hergestellt
und uns über diese Tatsache belogen.
Wir wussten, dass die Iraker vorhatten, eine ganze Fabrik zur Herstellung des
Nervengases VX zu bauen, und wir besaßen Informationen, wonach sie bereits
über das entsprechende Equipment verfügten. Wir gingen dem nach, und 1996
entdeckten wir schließlich 200 Kisten mit Ausrüstung für die Herstellung von
Glasfaserauskleidung, die für den Aufbau einer Fabrik zur Herstellung des
Nervengases VX bestimmt war. Die Iraker hatten sie vor den Inspekteuren
versteckt. Wir fanden sie wie gesagt 1996 und zerstörten sie. Damit hatte der
Irak keine Möglichkeit mehr, VX zu produzieren.
All das zeigt, wie kompliziert und vielschichtig diese Fragen sind. Mit
Sicherheit gibt es im Irak nach wie vor ein ungelöstes VX Problem. Und mit
Sicherheit hat sich der Irak nicht so verhalten, wie es dem ehrlichen
Bemühen, eine Lösung zu finden, entspräche. Es ist mühselig, an einem Ort zu
arbeiten, wo man angelogen wird. Aber wenn man den Ärger über die Lügen
beiseite lässt und sich den Tatsachen zuwendet, muss man festhalten: Es wurde
eine Forschungs- und Entwicklungsanlage zerstört, es wurden
Vorläufersubstanzen zerstört, ebenso der Giftstoff, Waffen und eine Fabrik.
Das ist gar nicht so übel. Selbst wenn der Irak noch über VX in stabiler Form
verfügte, wäre es heute wahrscheinlich zerfallen und damit unbrauchbar.
Bleibt die Frage, ob der Irak den Stabilisierungsprozess perfektioniert hat.
Schon eine geringfügige Abweichung von der Formel lässt Eiweißstoffe
entstehen, die das VX binnen Monaten zerstören. Die eigentliche Frage lautet
also: Gibt es heute im Irak eine Fabrik zur Herstellung des Nervengases VX?
Und die Antwort lautet: Nie im Leben.
PITT: Hätte eine solche Fabrik nicht wieder aufgebaut werden können?
RITTER: Seit 1998 hat kein Inspektionsteam mehr den Irak betreten. Ich
schätze, der Irak wäre technisch in der Lage gewesen, innerhalb von sechs
Monaten nach unserer Abreise seine Anlagen zur Herstellung dieses
Kampfstoffes wieder aufzubauen. Somit hätte der Irak dreieinhalb Jahre Zeit
gehabt, all die Horrorsubstanzen herzustellen und waffenfähig zu machen, die
die Bush Regierung als Begründung für einen Angriff heranzieht. Das
entscheidende Stichwort ist hier jedoch die technische Fähigkeit. Wenn
niemand hinschauen würde, könnte der Irak diese Programme wieder aufnehmen.
Aber genau wie beim Atomwaffenprogramm hätte er bei Null anfangen müssen, da
die gesamte Ausstattung, die Anlagen und die Forschungslabors zerstört waren.
Die Iraker hätten sich die komplizierten Instrumente und die Technologie über
Scheinfirmen beschaffen müssen. Das wäre nicht verborgen geblieben. Die
Herstellung von chemischen Waffen setzt Abgase frei, die man längst
aufgespürt hätte. Per Satellit und auf andere Weise haben wir das Land über
wacht und nichts entdeckt. Wenn der Irak heute Waffen produzieren würde,
hätten wir dafür einen definitiven Beweis. So einfach ist das.
PITT: Sie sind sicher, dass bei den Inspektionen nichts übersehen wurde?
RITTER: Zwischen 1994 und 1998 überprüften Waffeninspekteure sämtliche
chemischen Produktionsstätten des Irak; es wurden hoch empfindliche
Messinstrumente und Kameras installiert und unangemeldete Inspektionen
durchgeführt. Wir fanden keine Belege dafür, dass Kapazitäten zur Herstellung
verbotener Substanzen zurückgehalten oder wieder aufgebaut wurden. Mobile
Inspektionsteams durchkämmten den Irak mit hoch empfindlichen Sensoren, die
Laserstrahlen ausschicken und die Inhaltsstoffe der Partikel untersuchen, die
die Strahlen passieren. Diese Geräte positionierten wir in Windrichtung der
chemischen Anlagen, und so konnten wir genau sagen, was da jeweils emittiert
wurde. Obwohl es nicht zu unseren Aufgaben gehörte, waren wir in der Lage,
irakische Luftabwehranlagen aufzuspüren, weil die Laserstrahlen auch
Salpetersäure anzeigten, ein Oxidationsmittel, das als Treibstoff für Scud
Raketen verwendet wird. Wir lokalisierten die Quelle und entdeckten mehrere
Kilometer entfernt liegende irakische SA 2 Luftabwehrraketenstellungen. Die
Dinger arbeiten äußerst genau.
PITT: Würden wir es merken, wenn der Irak versuchte, sich die für die
Herstellung chemischer Waffen nötige Ausrüstung zu beschaffen?
RITTER: Als Waffeninspekteur arbeitete ich mit den Geheimdiensten sicherer
Staaten zusammen, um die .Bemühungen des Irak zu vereiteln, sich unter der
Hand Materialien aus dem Ausland zu besorgen. Wie wir Leute wissen, verfügen
die Iraker über mehrere solcher geheimen Beschaffungskanäle. Dabei wird meist
gegen die Sanktionsbestimmungen verstoßen aber auf diese Weise beschaffen
sich die Iraker die Güter, die sie für den täglichen Bedarf und zur
Aufrechterhaltung ihrer industriellen Infrastruktur benötigen.
PITT: Handelt es sich um dieselben geheimen Kanäle, über die auch
Halliburton, das so eng mit Vizepräsident Cheney verbundene Unternehmen, mit
dem Irak zusammenarbeitete?
RITTER: Um ähnliche. Ich glaube aber, dass die geheimen Kanäle, die die
Iraker für die Zusammenarbeit mit Halliburton nutzten, nichts mit
Geheimdiensten zu tun hatten. Der irakische Geheimdienst verfügt jedoch über
geheime Beschaffungskanäle überall auf der Welt; und viele davon dienen zum
Kauf von konventioneller militärischer Ausrüstung. Vergessen wir nicht: Es
ist dem Irak zwar nicht verboten, eine konventionelle militärische Rüstung zu
besitzen, im Rahmen der Sanktionsbestimmungen ist es ihm jedoch nicht
gestattet, Waffen oder Ersatzteile für seine Hubschrauber , Flugzeug oder
Panzerverbände zu erwerben. Jeder Militärfachmann wird Ihnen sagen, dass ein
solcher Bestand in kürzester Zeit nicht nur völlig veraltet ist, sondern
unbrauchbar wird, wenn nicht ständig neue Ersatzteile verfügbar sind.
PITT: Ein Freund von mir war Panzerfahrer bei der Armee. Mindestens einmal am
Tag stand er bis zu den Hüften im Dreck, um irgend etwas zu reparieren.
RITTER: Bei Panzern, Flugzeugen und Hubschraubern fallen dauernd Teile aus.
Die Iraker müssen also bei ihren geheimen Beschaffungsmaßnahmen immer auch
bestrebt sein, Ersatzteile für das Militär zu bekommen Und das tun sie mit
beträchtlichem Erfolg. Deshalb ist ihr Luftabwehrsystem auch noch relativ
effektiv. Und deshalb können sie auch immer noch Panzer zum Einsatz bringen.
Aus diesen verdeckten Kanälen stammen zudem Produktionsausrüstungen für
legitime zivile Produktionszweige. Mit »legitim« meine ich nicht, dass sie im
Sinne der Sanktionsbestimmungen erlaubt sind, sondern dass sie nichts mit der
Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu tun haben. Der Irak ist ein
moderner Industriestaat. Er braucht Maschinen und Maschinenteile, um zu
funktionieren. Aufgrund der Wirtschaftssanktionen ist dies dem Land jedoch
nicht möglich, daher muss der irakische Geheimdienst für die Beschaffung
sorgen. Das mag illegal sein, aber wir als Inspekteure hatten uns einzig und
allein auf die Massenvernichtungswaffen zu konzentrieren.
Ich habe Listen von buchstäblich Hunderten von Scheinfirmen des irakischen
Geheimdienstes zusammengestellt, die weltweit operieren. Wir sind überallhin
gereist, um sie zu überprüfen. Und wir fanden nirgendwo einen konkreten
Hinweis daran dass sie in die Beschaffung verbotener Waren verwickelt waren.
Was dem noch am nächsten kam, war ein Versuch der Iraker, in Rumänien den
Mehrheitsanteil an einem Raumfahrtunternehmen namens Aerofina zu kaufen, um
dort Teile zu produzieren, mit denen die Al Samud hergestellt werden konnte,
eine nicht unter die Sanktionsbestimmungen fallende Rakete mit einer
Reichweite von unter 150 Kilometern. Der Irak hatte Schwierigkeiten,
bestimmte Teile dieser Rakete im eigenen Land herzustellen, daher wollte man
sich die Möglichkeit dazu im Ausland verschaffen. Da diese Technologie der
Rüstungskontrolle unterliegt, war das irakische Vorgehen illegal; es war ein
Verstoß gegen die Sanktionen und ein Verstoß gegen UN Resolutionen. Technisch
gesprochen verstieß der Irak damit gegen die Abrüstungsbestimmungen des UN
Sicherheitsrats. Aber das bedeutet nicht, dass die Waffe an sich verboten
ist; und schon gar nicht ist es ein vernünftiger Grund für einen Angriff.
PITT: Und Ihre Kontrollen waren gründlich genug ...
RITTER: Wir waren sehr effektiv. Immer wenn eine irakische Delegation den
Irak verließ, bekamen wir einen Wink; wir fanden heraus, wohin sie unterwegs
waren, mit wem sie sich trafen und was sie kauften. Wir fingen Telex und
andere Nachrichten ab und installierten Abhöreinrichtungen in Hotels. Aber
wir fanden nie einen Hinweis darauf, dass sie versuchten, verbotenes
Waffenmaterial zu kaufen. Im Irak führte ich bei diesen Finnen unangekündigte
Inspektionen durch und prüfte ihre Unterlagen. Dabei fanden wir interessante
Dinge heraus, beispielsweise, dass mindestens sechzig Franzosen im Auftrag
des Irak Scheinfirmen in Frankreich betrieben. Aber bei der Überprüfung
dieser Firmen stellten wir fest, dass sie nichts mit Massenvernichtungswaffen
zu tun hatten. Unsere Erkenntnisse mögen für die Franzosen und für andere von
großem Interesse gewesen sein, aber nicht für uns.
Auch jetzt noch, wo die Inspekteure nicht mehr im Irak operieren, sind die
Geheimdienste anderer Länder in der Lage, sofort alle Aktivitäten
aufzudecken, mit denen der Irak versucht, sich verbotene Güter zu beschaffen.
PITT: Und die biologischen Waffen?
RITTER: Wenn man Richard Butler reden hört, müsste man meinen, biologische
Waffen seien ein "schwarzes Loch" und wir wüssten gar nichts
darüber. Aber bei der Durchsicht der Protokolle zeigt sich, dass wir doch
einiges wissen. Wir haben mehr Produktionsanlagen für biologische Waffen
kontrolliert als sonst etwas über tausend Einrichtungen, ein paar hundert
davon sogar mehrmals.
Wir sahen uns derselben Schwierigkeit gegenüber wie beim Programm zur
Produktion von VX: Die Iraker brauchten vier Jahre, bevor sie überhaupt
eingestanden, ein Programm zur Herstellung biologischer Waffen zu haben. Sie
bestritten es von 1991 bis 1995, und im Sommer 1995 gaben sie es schließlich
zu.
PITT: Was versuchten sie zu produzieren?
RITTER: Sie haben es nicht nur versucht, sie haben tatsächlich etwas
produziert und zwar vor allem Anthrax, den Milzbranderreger, in flüssiger
Form. Sie produzierten auch eine beträchtliche Menge flüssiges Botulinum. Es
gelang ihnen, das eine wie das andere in waffenfähiger Form herzustellen, und
sie bestückten Sprengköpfe und Bomben damit. Eine Zeitlang leugneten sie
alles. Als sie es 1995 schließlich zugaben, machten wir uns daran, die
Fabriken und die für die Produktion notwendige Ausrüstung zu zerstören.
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung gibt es absolut keinen Hinweis darauf,
dass der Irak mit Pocken, Ebola oder anderen Horrorwaffen experimentierte,
von denen in den Medien heute so gern geredet wird.
Die Fabrik in Al Hakam ist ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten, mit
denen wir konfrontiert wurden, und für unseren Umgang damit. Dass diese
Fabrik existierte, wussten wir seit 1991, und wir hatten dort Inspekteure,
die äußerst misstrauisch waren. Der Irak deklarierte die Anlage als eine
Fabrik zur Herstellung von Einzellerprotein, das als Tierfutter verwendet
werden sollte. Das war lächerlich. Kein Mensch stellt auf diese Weise
Tierfutter her. Es wäre das teuerste Tierfutter der Welt. Es gab dort einen
hochwertigen Fermenter und andere Verarbeitungsanlagen. Wir wussten, dass
hier Kampfstoffe hergestellt wurden. Die Iraker bestritten dies. Am Ende
gaben sie es zu, und wir zerstörten die Fabrik.
Auf der Grundlage einer Dokumentation über die Nährmedien, die sie für
Anthrax verwendet hatten, berechneten wir die Produktionsrate dieser Anlage.
Der Irak behauptete, die Fabrik diene der zivilen Nutzung; aber dafür hätten
die Nächsten Jahrhunderte lang gereicht, und sie haben nur eine Lebensdauer
von fünf bis sieben Jahren. Dies und andere Indizien legten den Verdacht
nahe, dass der Irak geplant hatte, große Mengen Anthrax zu produzieren. Die
Inspekteure verlangten Unterlagen über den Produktionsablauf, die nach
Auskunft der Iraker jedoch nicht existierten. Dann sagten sie, die Fabrik sei
nicht voll ausgelastet gewesen. Dann wieder hieß es, die Produktionsleistung
sei begrenzt gewesen. Viele Inspekteure glaubten das nicht. Aber ich will mir
darüber kein Urteil anmaßen.
Der Irak war imstande, Anthrax in flüssiger Form zu produzieren. So viel
steht fest. Auch unter idealen Lagerbedingungen beginnt flüssiges Anthrax
innerhalb von drei Jahren zu keimen und wird damit unbrauchbar. Auch wenn uns
also die Iraker angelogen und Anthrax zurückbehalten haben es gibt keinen
Beweis, der diesen Verdacht erhärtet, es bleibt die rein theoretische
Spekulation einiger Inspekteure. Der Irak besitzt heute keine biologischen
Waffen mehr, weil sowohl das Anthrax als auch das Botulinumtoxin inzwischen
unbrauchbar geworden sind. Um heute über biologische Waffen zu verfügen,
hätte der Irak eine Produktionsbasis für diese Kampfstoffe ganz neu aufbauen
müssen. Noch einmal: Die Forschung und Entwicklung biologischer Waffen wurde
von den Inspekteuren besonders sorgfältig überprüft. Wir haben im ' Irak
überall gesucht, in jeder Forschungs- und Entwicklungseinrichtung, in jeder
Universität, in jeder Schule, jedem Krankenhaus und jeder Bierbrauerei
überall, wo Fermentationsprozesse stattfinden könnten, haben wir kontrolliert
und nirgendwo einen Beleg dafür gefunden, dass weiterhin Forschung und
Entwicklung betrieben oder Materialien zurückbehalten wurden.
Manchmal wurden die Tests auch für andere Zwecke missbraucht. Ein Fall hat
mit Dick Spertzel zu tun, der gegen Ende der UNSCOM Mission im Irak die
UN-Inspektion für Biowaffen leitete. Als ehemaliger Offizier der US Armee für
biologische Kriegsführung spielte er bei der Herstellung biologischer
Angriffswaffen in den USA eine nicht unerhebliche Rolle. Er weiß also sehr
genau Bescheid. Er erklärte, dass die UN keine Proben von biologischen Waffen
nehmen würden. Zu den besonders spektakulären Fällen zählen hierbei die
irakischen Präsidentenpaläste. Wir suchten sie im Jahr 1998 auf, als viele in
der Regierung beschwörende Reden hielten, unter anderem Verteidigungsminister
Cohen, der ein Päckchen Zucker hoch hielt und sagte, wenn Anthrax darin wäre,
reichte es aus, die Bevölkerung von Washington D. C. auszulöschen. Viele
behaupteten, in den irakischen Palästen würde Anthrax hergestellt. Die Welt
war drauf und dran, einen Krieg anzufangen, damit wir Zutritt bekämen. Als
wir nun endlich hinein durften und nach atomaren und chemischen Waffen
suchten, fanden wir nichts. Allerdings wurde den Biologen nicht aufgetragen,
Tests durchzuführen. Als die Iraker Dick Spertzel darauf ansprachen, sagte
er, er habe nie erwartet, dort biologische Waffen zu finden, und wolle den
Irakern nicht die Genugtuung verschaffen, mit negativen Testergebnissen
Punkte zu machen.
PITT: Dieses Verhalten erinnert an einen Kriminalbeamten, der sich weigert,
die Suche nach einer Mordwaffe in den Durchsuchungsbefehl aufzunehmen, aus
Angst, sie nicht zu finden und das dann in der Beweisaufnahme zugeben zu
müssen.
RITTER: Genau das ist passiert. Es ist
paradox, dass sich Dick Spertzel seither beklagt, es gäbe keine
Informationen, und das Biowaffenpotenzial der Iraker als »schwarzes Loch«
bezeichnet. Das ist lächerlich. Die Iraker haben ihn wiederholt gebeten, mit
effizienten Messinstrumenten Tests zu biologischen Waffen durchzuführen. Er blieb
dabei, er wolle keine Untersuchungen durchführen, die ein negatives Ergebnis
brächten und damit den Irak in seiner Behauptung bestätigten, solche Waffen
gar nicht zu besitzen.
PITT: Es lag gewiss im Interesse der Iraker, die Inspekteure zuzulassen, denn
wenn das Ergebnis negativ war, hatten sie einen Grund, die Aufhebung der
Sanktionen zu verlangen.
RITTER: Für mich ist es intellektuell und moralisch unbegreiflich, dass
Richard Butler das Dick Spertzel hat durchgehen lassen. Bei unseren
morgendlichen Einsatzbesprechungen kam es mehrmals zu einem heftigen
Wortwechsel zwischen mir und Dick Spertzel über die Art und Weise seiner
Untersuchungen. Ich sagte immer und immer wieder, dies sei eine der
unprofessionellsten Untersuchungen, die ich je gesehen hätte. Aber er war für
die Biologie zuständig. Mein Job war die Detektivarbeit. Und ich fand nie
einen Beleg für Geheimverstecke biologischer Waffen.
Ich möchte Ihnen noch eine Geschichte über unsere Forschungen nach
biologischen Waffensystemen erzählen. Im September 1997 führte die exzellente
Inspekteurin und Biologin Diane Seaman eine unangemeldete Besichtigung des
staatlichen Standardisierungslabors durch, wo Lebensmittel getestet werden.
Sie kam durch den Hintereingang und stieß auf zwei Herren mit Aktentaschen,
die gerade die Treppe herunterkamen. Als sie sie sahen, gerieten sie in Panik
und versuchten wegzulaufen. Diane rannte ihnen nach, hielt sie fest und nahm
ihnen die Aktentaschen ab, die sie einem ihrer Mitarbeiter gab. Der sollte
sie wegschaffen, während sie selbst die Iraker aufhielt, damit der Mann mit
den Aktentaschen entkommen konnte.
In unserem Hauptquartier fanden wir in den Aktentaschen Dokumente des
Sicherheitsdienstes (Special Security Organization,), der für Saddams
persönlichen Schutz zuständig ist. Er entspricht in etwa dem US
amerikanischen Secret Service, ist aber weitaus brutaler. Ich hatte die schon
eine ganze Weile im Visier. Im Vorfeld hatten wir einen sehr detaillierten
Bericht erhalten, demzufolge die Einheiten aus Saddams Leibwache dafür
einsetzte, biologische Kampfstoffe zwischen verschiedenen Einrichtungen hin
und herzutransportieren. In dem Bericht waren Personen und Orte sehr genau
beschrieben. Wir nahmen Proben und fanden keine Hinweise auf biologische
Kampfstoffe, aber die blieb eine Organisation, die uns beunruhigte. Jetzt
waren wir plötzlich im Besitz von Aktentaschen der, die man aus dem Gebäude
herauszuschmuggeln versucht hatte. Was noch ungeheuerlicher war: Die
Dokumente trugen die Überschrift: »Biologische Sonderaktivität«.
Wir glaubten, einen Volltreffer gelandet zu haben. Wir fingen an, die
Dokumente schnell zu übersetzen und ich meine wirklich schnell , und lasen
Sätze wie »Testvorrichtung für Botufinumtoxin« oder >Testvorrichtung für
Clostridium Perfringens<. Beides sind Gifte, die der Irak als Kampfstoffe
entwickelt hat. Wir organisierten ein Treffen mit den Irakern und kündigten
an, dass wir darüber sprechen wollten. Die Iraker lehnten ab mit der
Begründung, dies hätte nichts mit unserer Arbeit zu tun.
Also suchten wir das Hauptquartier auf, das sich unmittelbar neben dem
Präsidentenpalast befindet. Wir wurden mit vorgehaltener Waffe gestoppt und
gezwungen, unsere Inspektion abzubrechen. Das führte zu einer größeren
Konfrontation. Die Welt bereitete sich auf einen Krieg vor. Aber dann ließen
wir die Dokumente vollständig übersetzen und erkannten, dass es darin gar
nicht um biologische Waffen ging, sondern um Lebensmitteltests. Es waren
Berichte über die Proben, die von jedem Kleidungsstück, jedem Bettlaken,
jeder Speise und von allem genommen wurden, was mit dem Präsidenten und
seinem engsten Kreis in Berührung kam. Sie haben Testvorrichtungen für
Botulinumtoxin, weil Botulinumtoxin ein Lebensmittelgift ist. Das Gleiche
gilt für Clostridium perfringens. In den Unterlagen über »Biologische
Sonderaktivität« ging es einzig und allein um die Sicherheit des Präsidenten.
Was später aus dieser Geschichte gemacht wurde, hat mit der Wahrheit wenig zu
tun. Richard Butler, der die Wahrheit kennt, zitiert im amerikanischen Fernsehen
und Rundfunk diesen Vorfall bis heute als einen Beleg dafür, dass der Irak
nach wie vor an der Herstellung biologischer Waffen arbeite. Wie bei den
atomaren und chemischen Waffen wissen wir auch über die biologischen Waffen
des Irak vieles nicht. Aber wir wissen doch eine Menge. Wir wissen genug, um
sagen zu können, dass es im Dezember 1998 keine Belege dafür gab, dass der
Irak biologische Waffen zurückbehalten hat oder an deren Herstellung
arbeitete. ja, wir fanden im Gegenteil eine Menge Belege dafür, dass der Irak
den Forderungen nachgekommen ist.
PITT: Und was ist mit den irakischen Trägersystemen?
RITTER: Dem Irak ist der Besitz von Raketen mit einer Reichweite von mehr als
150 Kilometern verboten; Raketen mit geringerer Reichweite dagegen sind zulässig.
Der Irak arbeitete aktiv an der Entwicklung von zwei Raketentypen: an solchen
mit Feststoffantrieb und an der Al Sarnud Rakete mit Flüssigantrieb.
Das Antriebssystem der Al Samud ist praktisch ein Motor, der brennt, solange
er mit Treibstoff befeuert wird. Von der Größe des Treibstofftanks hängt die
Reichweite ab. Der Irak entwickelte ein Antriebssystem, das leicht dadurch
modifiziert werden konnte, dass man die Treibstofftanks verlängerte oder
mehrere Raketen aneinander koppelte, um die Reichweite zu erhöhen.
Wir haben dieses Projekt sehr genau untersucht und herausgefunden, dass die
Iraker äußerst begrenzte Möglichkeiten haben, was die Produktion im eigenen
Land betrifft. Vor dem Golfkrieg erwarb der Irak eine Menge Technologie sowie
Bauteile aus Deutschland, das eine lange Tradition in der Herstellung von
Präzisionsmaschinen hat. Nach dem Krieg versuchten die Iraker, das zu
kopieren, doch mit wenig Erfolg. Wir beobachteten, wie sie ihre Raketen
zusammenbauten, und weil viele Mitglieder unseres Teams Raketenspezialisten
waren, erkannten wir ihre Fehler. Sie mussten uns ihre Technologie zeigen,
und natürlich schwiegen wir dazu. Aber uns wurde schnell klar, dass das
Programm von intelligenten, entschlossenen Amateuren geleitet wurde, die es
nur einfach nicht hinkriegten. Sie hatten Raketen gebaut, die im Kreis flogen
und ins Trudeln gerieten, die nach Norden statt nach Süden losgingen und die
explodierten. Irgendwann könnten sie es natürlich schaffen. 1998 jedenfalls
waren sie optimistischen Schätzungen zufolge noch fünf Jahre davon entfernt
selbst wenn die Sanktionen aufgehoben würden und der Irak Zugang zu den
notwendigen Technologien erhielte.
Ich höre immer wieder, der Irak besitze Mehrstufenraketen. Aber der Irak
verfügt nicht über die Kapazitäten für Mehrstufenraketen. Sie haben es einmal
versucht, 1989, als das Land freien Zugang zu dieser Technologie hatte, und
die Rakete explodierte nach dem Abschuss. Ich höre, der Irak verfüge über
Clusterbomben; auch das hat der Irak ausprobiert, ohne dass es funktionierte.
Alles läuft darauf hinaus, dass der Irak nicht die Möglichkeiten besitzt, um
Langstreckenraketen herzustellen. Die Iraker sind nicht einmal in der Lage,
Kurzstreckenraketen zu bauen. Sie versuchen es zwar, aber ohne Erfolg. ich
denke, dieses Raketenprogramm gibt uns durchaus Anlass zur Sorge, weil die
Technologie leicht modifiziert werden kann. Aber die Vorstellung, der Irak
könne plötzlich mit einer Langstreckenrakete aufwarten, ist absurd. Dazu
müssen jede Menge Tests durchgeführt werden, und zwar im Freien. Das könnte
niemals geheim bleiben.
Gewiss, die Inspekteure haben den Irak verlassen, und wir wissen nicht, was
in den Fabriken passiert. Aber das spielt letztlich keine Rolle, weil sich
die Tests nicht in den Gebäuden durchführen lassen. Man muss die Raketen ins
Freie bringen und von Abschussrampen abfeuern. Das kann nicht geheim bleiben.
Niernand hat bisher einen Beweis vorgelegt, dass der Irak dies getan hätte.
Der Irak deklariert nach wie vor seine Raketentests, gewöhnlich acht bis zwölf
pro Jahr. Unsere Radaranlagen registrieren diese Tests; wir wissen also, was
dort getestet wird, und das, was wir wissen, braucht uns nicht zu
beunruhigen.
PITT: Und was ist mit den L 29 Flugzeugen?
RITTER: Eine Zeit lang hatte die CIA die Befürchtung, dass L 29, einmotorige
tschechoslowakische Jets, die die Iraker zu Drohnen unbemannten
Luftabwehrflugzeugen umgebaut hatten, umgerüstet und mit chemischen und
biologischen Waffen bestückt würden. Es gab tatsächlich eine Zeit, als L 29
auf eine Vielzahl von Flugfeldern verteilt wurden und die CIA überzeugt war,
sie würden für den Abschuss auf die Türkei, Saudi Arabien und andere Länder
umgerüstet. Ich sprach in Israel mit den besten Experten der israelischen
Luftwaffe und mit deren Biologen. Sie winkten ab. Sie meinten, das sei
Unsinn. Um Kampfstoffe abzufeuern, müssten an den Flugzeugen sehr spezielle
Umrüstungen vorgenommen werden, die nicht geheim bleiben könnten. Diese
Umrüstungen hätten auch Einfluss auf die Reichweite und den Treibstoff.
Wir schickten trotzdem Inspekteure in die Fabrik und fanden keinen Hinweis
darauf, dass die Iraker die L 29 zu dem von der CIA gemutmaßten Zweck
umbauten. Es handelte sich offensichtlich um ein Programm zum Bau von
Aufklärungsdrohnen. Bedauerlicherweise führt die CIA bis heute die L 29
Flugzeuge als ein Beispiel für ein potenzielles Trägersystem an. Weil sich
keine Inspekteure im Irak aufhalten, so die CIA, können wir auch nicht
wissen, welche Fortschritte die Iraker inzwischen gemacht haben. Dies ist
eine der Fragen, die sofort geklärt werden könnten, wenn wir wieder
Inspekteure im Irak hätten.
PITT: Bleiben noch die Verbindungen zu Al Kaida.
RITTER: Dieser Verdacht ist nun wirklich lächerlich. Saddam ist ein säkularer
Diktator. Er hat in den vergangenen dreißig Jahren den islamischen
Fundamentalismus bekämpft und ihn zerschlagen. Er führte nicht zuletzt auch
wegen des islamischen Fundamentalismus Krieg gegen den Iran. Die Iraker haben
heute Gesetze, wonach jemand, der für den Wahabbismus Anhänger wirbt, mit dem
Tod bestraft wird; dies gilt nicht nur für den Wahabbismus, sondern für den
Islam überhaupt, aber der Hass auf die Wahabbiten, zu denen auch Osama bin
Laden gehört, ist besonders groß. Osama bin Laden seinerseits hasst Saddam
Hussein schon lange. Er bezeichnete ihn als einen Abtrünnigen, der getötet
werden müsse.
PITT: Obwohl Osama bin Laden die Sanktionen gegen den Irak immer wieder
scharf verurteilt.
RITTER: Das tut er, weil die amerikanischen Sanktionen nicht auf Saddam
zielen. Sie schaden der irakischen Zivilbevölkerung.
Es gab nie eine Verbindung zwischen Osama bin Laden und Saddam Hussein. Auch
das angebliche Treffen (zwischen Mohammed Atta und einem irakischen
Geheimdienstmitarbeiter) in der tschechischen Hauptstadt Prag, von dem immer
wieder die Rede ist, fand niemals statt. Die Geheimdienste jedenfalls halten
es heute für äußerst unwahrscheinlich, dass ein solches Treffen stattfand.
Vieles spricht dafür, dass sich Mohammed Atta zu jenem Zeitpunkt in Florida
aufhielt.
Irakische Überläufer berichteten in jüngster Zeit über das Trainingslager in
Salman Pak südlich von Bagdad. Sie behaupten, dort befinde sich eine Boeing.
Das ist nicht wahr. Es handelt sich um eine russische Antonov. Sie behaupten,
dort gebe es Eisenbahnattrappen, Busattrappen, Gebäude und so weiter. All das
ist typisch für ein Trainingslager zur Befreiung von Geiseln, und als solches
wurde es Mitte der achtziger Jahre unter Leitung des britischen
Geheimdienstes tatsächlich gebaut. Spezialeinheiten des britischen
Geheimdienstes SAS brachten den Irakern Techniken zur Geiselbefreiung bei.
Jedes Land mit einer nationalen Fluglinie, das von Terroristen angegriffen
wird und der Irak wurde damals vom Iran und von Syrien angegriffen , muss mit
diesen Techniken vertraut sein. Der Irak benutzte Salman Pak bis 1992 als
Trainingsgelände für Geiselbefreiungen. 1992, als der Irak keine
funktionierende Fluglinie mehr hatte und auch das Eisenbahnnetz
zusammengebrochen war, übergab er die Anlage an den irakischen Geheimdienst,
genauer gesagt, an die Abteilung für äußere Bedrohungen. Dies sind Fakten,
die durch Quellen aus verschiedenen Ländern belegt sind. Die Abteilung für
äußere Bedrohungen wurde geschaffen, um Kurdistan und insbesondere das
Eindringen islamisch fundamentalistischer Elemente aus dem Iran nach
Kurdistan zu bekämpfen. Es handelte sich also nicht um ein Trainingslager für
islamisch fundamentalistische Terroristen, sondern um ein Trainingslager des
Irak zur Bekämpfung islamisch fundamentalistischer Terroristen.
Und dieser Kampf fand statt. Ziel Nummer eins war die islamistische
Kurdenpartei, die sich später Al Ansar nannte. Jeff Goldberg behauptete im
New Yorker, Al Ansar werde vom irakischen Geheimdienst finanziell
unterstützt. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Die Iraker bekämpfen Al Ansar
nun schon seit Jahren. Al Ansar stammt aus dem Iran und wird von Iranern
unterstützt. Als Teil seines andauernden Kriegs gegen den islamischen
Fundamentalismus schuf der Irak eine Spezialeinheit zur Bekämpfung dieser
Leute. Es wäre absurd, wenn der Irak Al Kaida unterstützte, sei es mit
konventionellen Waffen, wie einige behaupten, sei es mit
Massenvernichtungswaffen ...
PITT: Weil Al Kaida diese Waffen gegen Saddam Hussein einsetzen könnte.
RITTER: Nicht könnte. Würde! Saddam ist der Abtrünnige, er ist die
Inkarnation des Teufels. In den Augen dieser Leute verkörpert er das Böse
schlechthin.
Es gibt keine Fakten, die die Behauptung stützen könnten, es gebe
Verbindungen zwischen dem Irak und Al Kaida. Der Irak hat sich nie mit
Terroristen dieser Art verbündet. Zwar hat der Irak den Terrorismus seither
als Instrument benutzt, aber das Ziel irakischer Terroristen waren vorrangig
der Iran, Syrien und die irakische Opposition im Ausland.
PITT: Sprechen wir von dem Überläufer, dem »Bombenbauer«.
RITTER: Khidir Hamza.
PITT: Wer ist das?
RITTER: Er behauptet, er sei Saddams Bombenbauer, er sei für das irakische
Atomwaffenprogramm verantwortlich und dessen führender Kopf gewesen. Leider
wird ihm von vielen geglaubt. Kürzlich hat er vor dem US Senat ausgesagt, und
niemand hat seine Glaubwürdigkeit angezweifelt. Auch tritt er regelmäßig im
amerikanischen Fernsehen auf.
In Wirklichkeit arbeitete er Mitte der achtziger Jahre als Funktionär auf
mittlerer Ebene am irakischen Atomprogramm mit. Er arbeitete mit Hussein
Kamal zusammen, Saddam Husseins Schwiegersohn, der die Kommission für
militärische Industrialisierung leitete und mit ihrer Hilfe nicht nur
Massenvernichtungswaffen für den Präsidenten produzierte, sondern sich auch
persönlich bereicherte. Hamza hat keine Atomwaffen entwickelt. Mag sein, dass
er Hussein Kamal bei der Durchsicht von Unterlagen der
Atomwaffenkonstrukteure gelegentlich zur Seite stand, um zu prüfen, ob sie
falsche Angaben machten. Er prüfte auch Unterlagen daraufhin, ob die darin
enthaltenen Materialforderungen berechtigt waren.
Am Ende wurde Hamza gefeuert. 1994
lief er über, und die CIA lehnte es ab, mit ihm zusammenzuarbeiten sämtliche
Geheimdienste lehnten ihn ab , weil sie wussten, dass er nicht derjenige war,
für den er sich ausgab. Vergessen wir nicht, die CIA hatte ausgezeichnete
Informanten aus dem irakischen Atomwaffenprogramm, die sich 1991 abgesetzt
hatten und der CIA halfen, den vollen Umfang des Atomwaffenprogrammes
einzuschätzen. Sie waren auch der UNSCOM behilflich, an entsprechende
Unterlagen aus den Archiven heranzukommen, unter anderem an die
Personalakten, die Konstruktionspläne und so weiter. Hamza war kein
Konstrukteur, und er war mit Sicherheit nicht der führende Kopf des
Programms. Der führende Kopf war jafar al jafar. Die Untersuchung des
irakischen Atomwaffenprogramms und der Verweigerungstaktiken des Irak lag in
meiner Verantwortung. Ich habe mit allen wichtigen Leuten gesprochen, die
daran mitarbeiteten, angefangen mit jafar al jafar. Ich habe sehr eng mit der
Internationalen Atomenergieorganisation (International Atomic Energy Agency,
IAEA) zusammengearbeitet, um alle Unterlagen zu sichten. Hamza ist nicht der,
für den er sich ausgibt. Trotzdem wird er von den amerikanischen Medien
hofiert.
PITT: Und Hamzas Dokument des »rauchenden Colts«, das angeblich belegt, dass
der Irak eine Atombombe entwickelt hat?
RITTER: Hussein Kamal setzte sich 1995 ab. Als wir ihm das Dokument
vorlegten, sagte er sofort, es sei eine Fälschung, und benannte alle Fehler.
Und dieser Hussein Kamal verfolgte mit seiner Flucht aus dem Irak immerhin
auch das Ziel, Saddam Hussein zu stürzen. Er wollte Saddam diskreditieren,
insofern hatte er bestimmt kein Interesse daran, ein Dokument für wertlos zu
erklären, das ihm internationale Unterstützung für Saddams Sturz hätte
verschaffen können. Aber etwas zu bestätigen, das er als eine plumpe
Fälschung erkannte, konnte er auch nicht.
Immer wieder habe ich angeboten, mit Khidir Hamza ein Streitgespräch zu
führen. Er weigerte sich. Er hat Angst vor mir, weil er weiß, dass ich im
Besitz von Unterlagen bin, die ihn als Lügner entlarven.
PITT: Sie haben auch Richard Butler zum
Streitgespräch herausgefordert.
RITTER: Meine Einladung gilt immer noch. Ich würde zu jeder Zeit und an jedem
Ort mit ihm eine Diskussion führen.
PITT: Wer ist Butler?
RITTER: Ein australischer Diplomat; er kommt aus der Politik. Er hat sich in
der australischen Politik engagiert und es verstanden, dieses Engagement in
eine diplomatische Karriere umzumünzen, wo er sich mit Rüstungskontrolle im
weitesten Sinn beschäftigte. Eine Zeit lang war er australischer Botschafter
bei der Internationalen Atomenergieorganisation in Wien. Er hat am
Atomwaffensperrvertrag mitgewirkt. Als australischer Botschafter bei den
Vereinten Nationen hat er sich auch weiterhin mit dem Thema Rüstungskontrolle
beschäftigt. Er ist sehr telegen, redegewandt und gebildet. Als Rolf Ekeus,
der erste Chef der UNSCOM von 1991 bis Juni 1997, zurücktrat, wurde Richard
Butler vorn Generalsekretär gefragt, ob er Ekeus' Posten übernehmen wolle.
PITT: Und Butler erklärt jetzt öffentlich, Sie wüssten nicht, wovon Sie reden
...
RITTER: Ihm passt nicht, was ich sage. Richards Problem ist, dass ich alles,
was ich sage, belegen kann, er dagegen nicht. Wenn man sich die Mühe macht
nachzulesen, wird man sehen, dass Richard bezüglich des Irak und seiner
Tätigkeit als Chef der UN Waffeninspekteure ständig gelogen hat. Bezüglich
des Irak hat er jede Glaubwürdigkeit verloren. Aber der gegenwärtigen Politik
kommt es sehr gelegen, wenn einer mit dem Hintergrund Richard Butlers im
amerikanischen Fernsehen Saddam attackiert. Bedauerlicherweise bieten ihm die
Medien immer noch ein Forum.
Ich habe Richard Butler wiederholt zu einer Diskussion vor laufender Kamera
und Publikum aufgefordert. Er hat es abgelehnt, mit mir zusammen in einer
Sendung aufzutreten. Wir waren beide eingeladen, vor dem kanadischen
Parlament zu berichten, aber Richard Butler kam nicht. Ich bin mir fast
sicher, dass Richard Butler gesagt hat, wenn ich vor dem Senat aussagen
würde, käme er nicht. Er geht einer Diskussion aus dem Weg, die er doch
eigentlich befürworten sollte.
Ich mache zwischen Butler und Hamza einen gewissen Unterschied. Butler
glaubt, was er sagt, und ist überzeugt, meine Aussagen widerlegen zu können.
Doch das kann er nicht.
PITT: Was sind Butlers Motive?
RITTER: Sehen Sie, Richard Butler kommt mir vor wie der Kommandant eines auf
Grund gelaufenen Flugzeugträgers. Er hat UNSCOM kaputt gemacht. UNSCOM gibt
es nicht mehr wegen Richard Butler. Und deshalb tut er alles, um die
Geschichte umzuschreiben, sich in ein positiveres Licht zu rücken und
gleichzeitig an seiner Karriere als Abrüstungsfachmann weiterzubasteln.
PITT: Wie hat er UNSCOM zugrunde gerichtet? Wurde sie von der CIA
infiltriert?
RITTER: Ich weiß nicht, ob ich es so bezeichnen würde. Ganz klar war die CIA
beteiligt, vielfach auf ganz legale Weise. Aber die Frage ist doch: Wer hat
das Sagen? Ein Team aufzustellen, in dem unter anderem auch CIA-Mitarbeiter
tätig sind, so wie ich es gemacht habe, ist das eine in allen meinen Teams
gab es auch CIA Mitarbeiter. Ich war auf sie angewiesen. Sie sind gut. Sie
verfügen über großartige Fähigkeiten, die man braucht, wenn man sich auf ein
Spiel mit den Irakern einlässt, wie ich es getan habe.
Solange sich alle Aktivitäten innerhalb des Irak im Einklang mit dem UN
Mandat bewegen nämlich mit der Suche nach Massenvernichtungswaffen, ist alles
in Ordnung. In dem Moment, in dem man zulässt, dass Inspekteure auch
nachrichtendienstliche Informationen sammeln, die mit dem Mandat nichts zu
tun haben, diskreditiert man das gesamte Inspektionsteam. Richard Butler hat
bei mehreren Inspektionsprogrammen - das wichtigste war ein
Funkaufklärungsprogramm, das ich konzipiert und zwischen 1996 und 1998 auch
geleitet habe - zugelassen, dass die CIA den Ton angibt, mit dem einzigen
Ziel, Saddam auszuspionieren. Das war ein Fehler, und das habe ich immer
wieder gesagt. Richard Butlers Weigerung, diese Verbindung zu beenden, war
einer der Hauptgründe für meinen Rücktritt 1998.
PITT: Warum wurden die UNSCOM Inspekteure 1998 abgezogen?
RITTER: Im August 1998 brachte Richard Butler eine Delegation nach Bagdad, um
dort Gespräche zu führen. Die Iraker waren verärgert über das, was sie als
Verzögerungstaktik und gezielte Provokationen empfanden. Sie hatten das
Gefühl, die Inspekteure würden in unzulässiger Weise in Bereiche eindringen,
die die Souveränität, die Würde und die nationale Sicherheit des Irak
verletzten. Sie wollten hier eine Grenze ziehen. Richard Butler trat mit einem
sehr aggressiven Programm auf, und die Iraker kündigten an, nicht mehr mit
ihm zu verhandeln. Sie betrachteten ihn nicht mehr als fairen und objektiven
Vermittler bei der Durchsetzung der Bestimmungen des UN Sicherheitsrates,
sondern als einen Handlanger der USA. Butler zog sich zurück, und die Iraker
sagten, sie würden nicht mehr mit der UNSCOM zusammenarbeiten. Daraufhin
ordnete Richard Butler im Oktober den Rückzug der Inspekteure an.
Die Iraker hatten eigentlich von Anfang an gesagt, dass sie nicht mit
amerikanischen Inspekteuren zusammenarbeiten wollten. Dann lenkten sie ein,
verlangten aber, die Amerikaner dürften lediglich die laufenden Kontrollen
durchführen. Daraufhin zog Richard Butler alle Inspekteure ab. Die USA
bereiteten sich auf eine Bombardierung des Irak vor. Die Bomber waren schon
in der Luft. Dann gelang es dem Generalsekretär, die Iraker zur
bedingungslosen Rückkehr der Inspekteure zu bewegen, und die Bomber wurden
zurückgerufen. Aber das Pentagon und das Weiße Haus fügten sich von der UN
herumgeschubst, und deshalb wurde entschieden, trotzdem zu bombardieren.
Am 30. November 1998 traf sich ein ranghohes Mitglied des amerikanischen
Nationalen Sicherheitsrates mit Richard Butler, um ihm zu sagen, dass die USA
den Irak bombardieren würden, und ihm den Zeitplan vorzulegen. Die
Bombenangriffe sollten zeitgleich mit einer Inspektion beginnen: Damit wurden
die Inspektionen als Vorwand für die Bombardierung benutzt. Richard Butler
sollte einen Inspektionsplan erarbeiten, der mit dein Zeitplan der
amerikanischen Bombardierungen zusammenfiel.
Nach diesem Gespräch beschloss Richard Butler, Inspekteure mit sehr heiklen
Kontrollaufgaben in den Irak zu schicken, die nichts mit der Abrüstung zu tun
hatten, sondern die Iraker provozieren sollten.
Der Irak hatte bereits ein Protokoll zur Durchführung von so genannten
Inspektionen sensibler Einrichtungen vorgelegt nachdem mehrere
Inspektionsteams, an denen ich beteiligt war, versucht hatten, Zugang zu den
Spezialbrigaden der Republikanischen Garde und zu anderen sensiblen
Einrichtungen im Großraum Bagdad zu bekommen. Die Iraker hatten
verständlicherweise gesagt, sie wollten nicht, dass vierzig
Geheimdienstoffiziere dort herumliefen. Im Juni 1996 flog Rolf Ekeus in den
Irak und handelte eine Übereinkunft aus, die so genannten Modalitäten zur
Inspektion sensibler Einrichtungen: Wenn die Inspekteure an einen Ort kämen,
den die Iraker als sensibel deklariert hatten, sollten die Iraker den
unverzüglichen Zutritt eines nur vierköpfigen Inspektionsteams gewährleisten,
das kontrollierte ob die Einrichtung etwas mit Massenvernichtungswaffen zu
tun hatte oder ob es sich tatsächlich nur um eine sensible Einrichtung
handelte. In diesem Fall war die Inspektion zu beenden.
Diese Modalitäten bezüglich der Inspektion sensibler Einrichtungen wurden vom
Sicherheitsrat als Teil eines Rahmenpakets zu den allgemeinen
Durchführungsbestimmungen gebilligt. Und sie waren praktikabel nicht perfekt,
aber doch so gut, dass wir zwischen 1996 und 1998 unsere Arbeit tun konnten.
Nach seiner Konsultation mit dem ranghohen Mitglied des Nationalen
Sicherheitsrates ordnete Richard Butler in enger Koordination mit den
Vereinigten Staaten an, dass die Inspekteure nach ihrer Ankunft im Irak im
Dezember die Modalitäten zur Inspektion sensibler Einrichtungen für null und
nichtig erklären sollten. Er tat dies ohne Abstimmung mit dem Sicherheitsrat.
Das einzige Land, mit dem er sich abstimmte, waren die Vereinigten Staaten.
Die Inspekteure gingen also in den Irak und suchten ein Hauptquartier der Baath
Partei in Bagdad auf. Die Iraker sagten zwar, es handle sich um eine sensible
Einrichtung, ein vierköpfiges Inspektionsteam werde aber dennoch zugelassen.
Die Kontrolleure erklärten einseitig die Modalitäten zur Inspektion sensibler
Einrichtungen für ungültig und forderten die Zulassung des gesamten
Inspektionsteams. Die Iraker ließen sich auf einen Kompromiss ein und
gewährten einem sechsköpfigen Team Zutritt. Es fand nichts. Daraufhin
forderte der Leiter des Teams auf Anordnung Richard Butlers den Zutritt eines
sehr viel größeren Teams. Die Iraker antworteten, sie würden nur ein Team
entsprechend den vereinbarten Modalitäten zulassen. Daraufhin zogen sich die
Inspekteure zurück und erstatteten Richard Butler Bericht. Dieser wiederum
führte den Vorfall als Beispiel für die eklatante Missachtung des Mandats des
UN Sicherheitsrates an.
Er hatte das Inspektionsteam auf Befehl der Vereinigten Staaten abgezogen.
Damit brach er das Versprechen, das er den anderen Mitgliedern des
Sicherheitsrates gegeben hatte: nämlich nie wieder einseitig Inspekteure
abzuziehen beziehungsweise im Falle eines notwendigen Abzugs zuvor den
Sicherheitsrat zu informieren und dessen Erlaubnis einzuholen. Schließlich
waren die Inspekteure ja im Auftrag des Sicherheitsrates tätig. Richard
Butler jedoch telefonierte lediglich mit dem stellvertretenden US Botschafter
Peter Burleigh, führte dessen Marschbefehl aus, zog die Inspekteure zurück,
und zwei Tage später begannen die Amerikaner mit der Bombardierung. Sie
benutzten Richard Butlers Bericht an den Sicherheitsrat als Rechtfertigung.
Und natürlich hieß es in diesem Bericht, die Inspekteure wären bei der
Durchführung ihrer Aufgaben von den Irakern behindert worden.
PITT: Das alles wird es sehr schwierig
machen, amerikanische Inspekteure wieder in den Irak zu bekommen.
RITTER: Das wird es schwierig machen, überhaupt irgendwelche Inspekteure
hineinzubekommen. Man wird den Irakern zusichern müssen, die Inspekteure
nicht wieder auf eine solche unzulässige Weise einzusetzen.
PITT: Diejenigen, die gegen den Irak in den Krieg ziehen wollen, sprechen oft
davon, »dem Irak die Demokratie zu bringen«. Was halten Sie davon?
RITTER: Es ist lächerlich, wenn Donald Rumsfeld und andere über Demokratie im
Irak sprechen. Das Demokratiemodell des Westens beruht auf der Herrschaft der
Mehrheit. Aber im Irak sind 60 Prozent der Bevölkerung schiitische Moslems,
also theoretisch mit dem Iran verbündet. Der Iran ist selbstredend eine
Brutstätte des antiamerikanischen islamischen Fundamentalismus. Der Irak verfügt
nachweislich über die zweitgrößten Ölreserven. Die Vorstellung einer
demokratischen Regierung im Irak mit den Schiiten an der Macht, was bedeuten
würde, dass diese beiden großen Ölproduzenten theoretisch miteinander
verbündet wären, ist etwas, das sich nicht viele Leute wünschen. In der
Region würde dies keine große Unterstützung finden. Wir wollen keine
Demokratie im Irak, weil wir nicht wollen, dass die Schiiten an die Macht
kommen.
Die zweitgrößte Gruppe sind die Kurden, sie machen rund 23 Prozent der
Bevölkerung aus. Und in Wahrheit wollen wir genauso wenig wie die Türkei,
dass die Kurden mehr Unabhängigkeit bekommen. Die Türken haben einen langen
und blutigen Krieg geführt, um ein unabhängiges Kurdistan zu verhindern. Es
liegt nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, diesen 23 Prozent der
Bevölkerung mehr demokratische Rechte zu verschaffen.
Das bedeutet, dass wir eigentlich nur über die verbleibenden 17 Prozent
reden: die Sunniten. Saddam ist Sunnit. Die sunnitischen Stämme haben schon immer die irakische Politik
dominiert. Sie haben das Militär dominiert, sie haben die herrschende Klasse
dominiert. Aber auch was die Sunniten betrifft, geht es uns nicht um
Demokratie.
PITT: Sie haben die Herrschaft der Sunniten durch einen Vergleich mit dem Film
»Der Pate« beschrieben.
RITTER: Es gibt da eine Szene, in der Don Corleone die Mafia Familien
zusammenruft. Wenn man nur diese eine Szene betrachtet, könnte man meinen,
dass diese Familien prächtig miteinander klarkommen. In Wirklichkeit sieht es
ganz anders aus. Sie bekämpfen sich bis aufs Blut, sie intrigieren
gegeneinander, sie belügen und bestehlen sich, sie verbünden sich und
entzweien sich wieder, bis irgendwann eine Familie die Oberhand gewinnt.
Genau das ist auch im Irak geschehen. Saddam Husseins Familie, die Abu
Nassir, zählt 20 000 Leute und beherrscht ein Land von mehr als 20 Millionen
Menschen. Und zwar deshalb, weil sie als die dominierende Familie
hervorgegangen ist, weil sie die Sunniten dominiert. Und die Sunniten
wiederum dominieren die Kurden und die Schiiten.
So sieht die Realität aus. Wenn man Saddam Hussein ersetzt, dann
wahrscheinlich durch einen anderen Sunniten; das bedeutet, dass sich die
sunnitische Stammeshierarchie durchsetzen wird und man am Schluss wieder ein
Regime hat, das auf die gleiche Weise herrscht wie Saddam Hussein.
Das Ganze ist so und so absurd. Man kann einem Land nicht die Demokratie von
außen aufzwingen. Das funktioniert nicht. Der Irak muss einen solchen Wandel
von innen heraus vollziehen, und das dauert Jahrzehnte. Die einzige
Möglichkeit, wie das geschehen kann, die einzige Möglichkeit, eine Demokratie
auf den Weg zu bringen, besteht darin, die Wirtschaftssanktionen aufzuheben
und dem Irak den wirtschaftlichen Wiederaufbau zu erlauben. Die Entwicklung einer
lebensfähigen Mittelklasse über die religiösen, ethnischen und Stammesgrenzen
hinweg ist das Einzige, was der Demokratie zum Leben verhelfen kann.
PITT: Als die Vereinigten Staaten in Afghanistan eingriffen, benutzten sie
die Nordallianz als ihre Ersatztruppe, als ihre Soldaten für den Bodenkampf.
Es wurde viel darüber geredet, die Kurden auf ähnliche Weise einzusetzen,
wenn die USA in den Irak einmarschieren. Ist das ein gangbarer Weg?
RITTER: Nein. Erstens führen die Kurden
untereinander Krieg und sind zu sehr zerstritten. Zweitens würden die Türken
niemals zulassen, dass die Kurden eine derartige Dominanz bekommen. Drittens
scheinen die Kurden selbst auf eine solche Rolle nicht sehr erpicht zu sein.
Kürzlich trafen sich in Washington sämtliche irakische Oppositionsgruppen.
Die größte kurdische Gruppe im Irak, die Kurdische Demokratische Partei, hat
dieses Treffen allerdings boykottiert. Sie sagte: »Welche Garantien könnt ihr
uns geben? Wenn ihr anfangt, euch für den Krieg zu rüsten, wird Saddam nicht einfach
ruhig zusehen. Er wird zuschlagen, und er wird in Kurdistan zuschlagen. Er
wird uns vernichten. Was wollt ihr tun, um das zu verhindern? ihr könnt
überhaupt nichts tun, um das zu verhindern, weil ihr darauf hinarbeitet, ihn
zu beseitigen. Wenn ihr interveniert, um ihn davon abzuhalten, uns zu
vernichten, zersplittert ihr eure Kräfte. So oder so die Kurden können dabei
nur verlieren, und deshalb sind wir nicht mit von der Partie.«
PITT: Wie sieht die taktische Lage aus, wenn die Vereinigten Staaten gegen
den Irak in den Krieg ziehen? Auf wen können sie als Verbündete zählen?
Welche Stützpunkte können sie benutzen?
RITTER: Ich denke, die Türkei würde uns erlauben, die dortigen Stützpunkte zu
benutzen, wenn wir versprechen, Kurdistan nicht anzutasten und die Kurden
davon abzuhalten, ihre Unabhängigkeit zu erklären. Ich glaube, dass wird mit
das Erste sein, was geschieht, und zwar relativ bald. Wir haben bereits jetzt
amerikanische Streitkräfte in Kurdistan, die Rollfelder bauen und logistische
Basen einrichten. Irgendwann in diesem Herbst werden wahrscheinlich mehrere
tausend amerikanische Soldaten in Kurdistan stationiert werden, vorgeblich,
um die Kurden im Irak zu schützen, indem man die Flugverbotszone erweitert
und »sichere Häfen« schafft. Damit wird man die Zusammenarbeit der Türkei
erkaufen.
Der Hauptstoß wird aus dem Süden erfolgen, aus Kuwait. Er wird von den
logistischen Basen und Luftwaffenstützpunkten der Amerikaner aus geführt
werden, die in Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain
eingerichtet worden sind, mit 70 000 bis 150 000 Mann. Dieser Vorstoß wird
zum Ziel haben, den Süden des Irak einzunehmen, dort die irakische Opposition
einzusetzen, um Bagdad dann immer mehr unter Druck zu setzen, in der
Hoffnung, dass die irakische Armee auseinander fällt und das irakische Volk
und insbesondere die Bevölkerung Bagdads sich erhebt und Saddam stürzt.
Zugleich wird es von Jordanien aus Sondereinsätze in den westlichen Irak
geben, um zu verhindern, dass der Irak Israel mit Raketen beschießt. Dies
würde zu einem Gegenangriff der Israelis führen, der diese ganze Koalition
sprengen könnte. Aber der Hauptstoß wird aus dem Süden erfolgen.
PITT: Wie werden die anderen Staaten in der Region reagieren?
RITTER: Erstens ist die Wahrscheinlichkeit
sehr groß, dass dieser ganze Feldzug scheitert, weil es so viele
Unwägbarkeiten gibt. Die Frage ist, ob a) die irakische Armee nicht kämpfen
wird; ob b) sich das irakische Volk erhebt; und c) sich die internationale
Staatengemeinschaft um uns scharen wird, sobald wir nur unsere ernsthafte
Absicht demonstriert haben, Saddam zu beseitigen.
PITT: Bis jetzt ist die internationale Gemeinschaft ja alles andere als
begeistert.
RITTER: Sie ist entschieden dagegen. In der arabischen Welt gibt es starke
Ressentiments. Falls Amerika im Alleingang im Irak einmarschiert, werden wir
...
PITT: Brent Scowcroft [Sicherheitsberater von George Bush sen.] hat vor
kurzem von einem Armageddon gesprochen.
RITTER: Zu einem solchen könnte es werden. Diese Gefahr besteht wirklich. Wir
müssen zwei Faktoren in den Griff bekommen: die Zeit und die Opfer in einem
solchen Krieg. Wenn wir in den Irak einmarschieren, müssen wir auch schnell
siegen. Wir werden keinen Spielraum für einen langen, ausgedehnten Feldzug
haben. Falls die Iraker unseren Vorstoß eine Zeit lang aufhalten können einen
Monat oder zwei, falls Saddam sich halten kann , wird es in der arabischen
Welt dermaßen krachen, wie wir es noch nicht erlebt haben. Verglichen damit
wäre der 11. September nur ein Dummejungenstreich. Und falls es auf unserer
Seite Opfer gibt, werden wir hier in den USA ein politisches Desaster
erleben. Wenn zur internationalen Ablehnung noch die Verärgerung der
amerikanischen Bevölkerung hinzukommt, wird der Präsident enorm unter
Beschuss geraten.
PITT: Insbesondere durch die internationale Staatengemeinschaft, falls wir
uns nicht ein UN Mandat beschaffen ...
RITTER: Ein solches wird es nie geben. Wir behaupten zwar, bereits eines zu
haben, aber das stimmt nicht, und das könnte das Ende der UN als Förderer von
Frieden und Sicherheit sein.
PITT: Was ja durchaus den Absichten gewisser Leute in dieser Regierung
entgegenkäme.
RITTER: Die Ironie besteht doch darin, dass angesichts der Gefahr eines
Zusammenbruchs von Ägypten, Jordanien und Saudi Arabien die Bush Regierung
sagt: »Na und?« Bush und seine Leute haben doch ständig davon geredet, dass
es im Nahen Osten eine Umgestaltung geben müsse, dass der Nahe Osten den
Kontakt zu den westlich orientierten Gesellschaften verloren habe.
Es wird wirklich auf den Kampf der Kulturen hinauslaufen, den Osama bin Laden
wollte. Das ist einer der Gründe, weshalb er uns angegriffen hat: Er wollte
einen Krieg zwischen dem Westen und dem Islam herbeiführen. Nahezu jeder hält
das für lächerlich. Aber jetzt machen die Vereinigten Staaten daraus
tatsächlich einen Krieg zwischen dem Westen und dem Islam. Und den werden wir
nicht gewinnen. Es ist nicht so, dass unser Land plötzlich besetzt werden
würde, aber wir werden verlieren, weil wir nicht gewinnen. Es könnte für die
USA eine demütigende Niederlage werden, eine entscheidende Niederlage, die
den Verlust des amerikanischen Einflusses auf der ganzen Welt einläuten
könnte. Sie könnte für unsere Wirtschaft verheerende Folgen haben.
Da wird ein sehr gefährliches Potenzial freigesetzt. Lesen Sie nur in der
Nuclear Policy Review, was das Pentagon als Planungsstudie vorgelegt hat. Die
sagen zwar, das sei alles nur hypothetisch, aber in einem der Szenarien geht
man davon aus, dass Zehntausende von amerikanischen Soldaten in einem Krieg
in Übersee feststecken und nicht nur das Risiko besteht, dass sie aufgerieben
werden, sondern dass auch Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen. Wir
gehen ja bereits davon aus, dass der Irak in der Lage ist, chemische und
biologische Kampfstoffe herzustellen. Vielleicht besitzen sie ja gar keine,
aber in allen unseren Planungen unterstellen wir, dass sie welche haben. Wenn
70 000 bis 100 000 Mann im Irak festsitzen, wenn der Nahe Osten explodiert
und unsere Kommunikationsverbindungen bedroht sind und damit auch unsere
Möglichkeit, diese Truppen zu versorgen, und die Iraker leisten anhaltend
Gegenwehr dann wird die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen sehr real.
So kann es zum Armageddon kommen. Heute kann sich noch niemand vorstellen,
Terroristen eine Atomwaffe in die Hand zu geben; es wäre für sie sehr
schwierig, eine zu bekommen. Aber falls entweder die USA oder Israel
Atombomben gegen den Irak einsetzen sollten, würde ich meine Hand dafür ins
Feuer legen, dass innerhalb von zehn Jahren die Vereinigten Staaten von
Terroristen mit einer Atombombe angegriffen werden. Und das wäre dann das
Ende vom Lied. Falls die USA oder Israel Atomwaffen gegen den Irak einsetzen,
würden im Gegenzug Pakistan und der Iran den Terroristen den Bau von
Atombomben ermöglichen. Das garantiere ich Ihnen. Das ist das Armageddon.
Dieser Krieg gegen den Irak ist das Dümmste, was ich je gehört habe.
PITT: Wie hoch wären die unmittelbaren Verluste an Menschenleben bei einem
Krieg im Irak?
RITTER: Im Irak wird es keine Umwälzung geben. Ich glaube nicht, dass sich
das irakische Volk gegen Saddam erheben wird, aber falls doch, wird man den
Aufstand brutal niederschlagen. Ich denke, wenn die USA von Süden aus
vorstoßen, wird Saddam scharf gegen die Schiiten vorgehen, und das wird 20
000 bis 30 000 Tote zur Folge haben. Saddam wird einen Präventivschlag gegen
Kurdistan führen und 10000 bis 20000 Kurden umbringen. Die Vereinigten
Staaten werden Bagdad »schwächen« müssen, ein städtisches Gebiet mit fünf
Millionen Menschen. Denken Sie nur an Grosny, als die Russen gegen die
Tschetschenen losgezogen sind. Dies wird noch schlimmer werden, und wir
werden 30 000 bis 40 000 Zivilisten töten. Wir sprechen über eine ungeheure
Zahl von Toten unter der Zivilbevölkerung, ganz zu schweigen von Zehntausenden
irakischer Soldaten und Sicherheitsleute, die umkommen werden.
PITT: Sie haben das amerikanische Militär als die größte Tötungsmaschine der
Geschichte bezeichnet.
RITTER: Wir können wirkungsvoller töten als irgendwer sonst auf der Welt. Die
Frage lautet: Was kann uns daran hindern? Wenn es um Kriegführung in Städten
geht und darum, in bebauten, von Zivilisten dicht bevölkerten Gebieten
bestimmte Leute aufzustöbern, sind unsere Handlungsmöglichkeiten sehr
begrenzt. Das heißt, dass auch wir beträchtliche Verluste hätten. Unser
Blutzoll wird in die Hunderte, wenn nicht sogar in die Tausende gehen.
PITT: Und im denkbar schlimmsten Fall ...
RITTER: Falls die ganze Sache schief läuft und 70 000 Amerikaner
abgeschnitten im Irak nur mehr darauf warten können, vernichtet zu werden,
werden wir die Atombombe einsetzen. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir werden
die Atombombe einsetzen. An diesem Krieg ist alles schlecht. Dieser Krieg
wird nicht gut enden.
PITT: Von wem in der amerikanischen Regierung geht dieser Druck aus, einen
Militärschlag zuführen? Kürzlich äußerte sich Condoleeza Rice
[Sicherheitsberaterin von George W. Bush] in dem Sinne, dass es anscheinend
nur zwei Optionen gebe: gar nichts zu tun oder Krieg zu führen.
RITTER: Condoleeza Rice hat nichts zu entscheiden.
PITT: Sie ist ein Sprachrohr. Aber für wen?
RITTER: Für Donald Rumsfeld, Paul Wolfowitz und Richard Perle.
PITT: Weshalb?
RITTER: Weil Sie alle aus dem Umfeld einer neokonservativen Denkfabrik
kommen, die äußerst enge Beziehungen zu Israel unterhält und die den Irak als
Bedrohung für Israel und die Vereinigten Staaten ansieht. Sie haben sich
ideologisch, intellektuell und politisch darauf eingeschworen, Saddam Hussein
zu beseitigen.
PITT: Glauben Sie, Israel sei der Dreh und Angelpunkt?
RITTER: Nein. Lassen Sie Israel aus dem Spiel. Israel ist nicht die treibende
Kraft. Was ich meine, ist, dass diese Leute Neokonservative mit einer
ausgesprochen pro israelischen Haltung sind. Einige der schlimmsten Feinde
Israels sind pro israelische Amerikaner. Für mich gehören Donald Rumsfeld und
Paul Wolfowitz heute zu den schlimmsten Feinden Israels. Ich halte mich
selbst für ausgesprochen pro israelisch, und wenn man sich um Israel Sorgen
macht, ist diese Politik, die einen Angriff auf den Irak im Alleingang plant,
das Schlimmste, was geschehen kann. Das destabilisiert den Nahen Osten noch
mehr und bringt Israel in weit größere Gefahr. Es ist einfach schlechte
Politik.
PITT: Wie würden Sie »neokonservativ« definieren? Ich frage deshalb, weil ich
weiß, dass Sie Republikaner sind und Bush im Jahr 2000 unterstützt haben.
RITTER: Ich würde als neokonservativ Leute bezeichnen, die alles
zurückweisen, was außerhalb ihres ideologischen Systems liegt. Ich glaube,
ein Konservativer kann auch jemandem mit moderateren Ansichten zuhören und
zumindest anderer Auffassungen in Betracht ziehen. Aber Neokonservative sind
so sehr in ihrer Ideologie verfangen, dass sie nichts anderes mehr in
Betracht ziehen. Im Hinblick auf den Irak sind Neokonservative diejenigen,
die im vergangenen Jahrzehnt in bestimmten Denkfabriken gewirkt haben - das
American Enterprise Institute fällt mir da ein - und dort etwas entwickelt
haben, was ich, ehrlich gesagt, nur als Meinung einer Randgruppe bezeichnen
kann.
Nachdem es Bush mit der Wahl nicht geschafft hatte, das Mandat zu bekommen,
das er gebraucht hätte, um die Demokraten und moderatere Stimmen für sich zu
gewinnen, musste er auf seine neokonservative Basis zurückgreifen, wodurch
plötzlich diese Leute mit ihrer extremen Haltung zum Irak an Gewicht
gewannen. Sie sind definitiv nicht repräsentativ für das vorherrschende
Denken in Amerika. Aber sie sitzen jetzt an den Schalthebeln der
Regierungsmacht ...
PITT: ... und des Militärs.
RITTER: insbesondere im Pentagon. Donald Rumsfeld war politisch bereits tot.
Kein Mensch glaubte, dass Donald Rumsfeld noch irgend etwas ausrichten
könnte. Paul Wolfowitz galt als tollwütiger Irrer von der extremen Rechten.
Und nicht ohne Grund nennt man Richard Perle den »Fürsten der Finsternis«. Von
diesen dreien glaubte man, sie würden den Rest ihres politischen Lebens damit
verbringen, aus dem Hinterhalt ihre Giftpfeile abzuschießen, wie sie es zuvor
schon zehn Jahre lang getan hatten. Und jetzt, mit einem Schlag, sind sie die
Drahtzieher.
PITT: Ziemlich gefährliche Zeiten.
RITTER: Extrem gefährliche.
PITT: Sie glauben, Öl habe mit dieser Sache nicht viel zu tun?
RITTER: Nein. Öl gibt es in diesem Teil der Welt überall. Wir können vom Irak
alles Öl bekommen, das wir wollen. Der irakische Öl-Minister hat klargemacht,
dass nach Aufhebung der Sanktionen der Irak alles in seiner Macht Stehende
tun wird, damit der strategische Energiebedarf der Vereinigten Staaten
gedeckt wird. Es stimmt nicht, dass uns der Irak den Zugang zum Öl verwehren
würde.
PITT: Was halten Sie von den Anhörungen des Senatsausschusses für auswärtige
Beziehungen den Biden Hearings , die kürzlich stattfanden, im Hinblick auf
diesen potenziellen Konflikt?
RITTER: Ich fordere den Senat seit langer Zeit auf, Anhörungen über den Irak
durchzuführen, und im Juni bin ich nach Washington gefahren, um mich mit
einer Reihe von Senatoren und deren Stäben zu treffen. Ich habe versucht, mit
Joe Biden und seinem Stab zu sprechen, aber sie haben auf meine Telefonanrufe
nicht geantwortet. Von hochrangigen Mitarbeitern in den Büros von Chuck Hagel
und John Kerry erfuhr ich, dass Biden von Anhörungen nichts wissen wolle; das
stehe nicht auf seiner Tagesordnung. Offenbar hat sich zwischen Juni und Ende
Juli etwas verändert, und die Anhörungen fanden statt. Aber sie waren nicht
fair und objektiv.
Stattdessen war es ein abgekartetes Spiel, eine Gaunerei, bei der die
Senatoren ein handverlesenes Gremium zusammenstellten, darunter Butler und
Hamza , das instruiert war herauszufinden, dass der Irak eine Bedrohung
darstelle.
Das alles ist sehr merkwürdig. Als Joe Biden diese Anhörungen auf Fox News
Sunday ankündigte, was an sich schon Bände spricht und im selben Atemzug die
amerikanische Demokratie pries und von der Notwendigkeit einer Debatte und
eines Dialogs sprach, sagte er auch, falls Saddam in fünf Jahren noch am
Ruder sei, hätten wir einen Fehler gemacht. Er sagte, er sei zuversichtlich,
dass sich nach den Anhörungen der Kongress nahezu einstimmig entschließen
werde, militärische Maßnahmen gegen den Irak einzuleiten. Wenn das kein
vorweggenommener Beschluss war, weiß ich nicht, was sonst.
PITT: Es war die Rede von einem »Regimewechsel«, aber nicht davon, wie dieser
zu erreichen sei, durch Krieg.
RITTER: Sie haben von nichts anderem gesprochen. Wenn Biden und die Senatoren
Richter wären und dies tatsächlich eine Debatte über die vom Irak ausgehende
Bedrohung gewesen wäre, hätten sie sich selbst wegen Befangenheit ablehnen
müssen, weil sie nichts anderes im Sinn hatten als den Regimewechsel. Sie haben
in den Regimewechsel so viel politisches Kapital investiert, dass es
lächerlich wäre anzunehmen, diese Senatoren hätten etwas gewollt, das einer
fairen und offenen Anhörung über den Irak oder über die Bedrohung der
Vereinigten Staaten durch den Irak gleichkäme.
PITT: In Anbetracht all Ihrer Erfahrungen wie denken Sie über die irakische
Regierung im Allgemeinen?
RITTER: Die irakische Regierung ist fest verschanzt nach mehr als dreißig
Jahren Herrschaft der Baath Partei. Die Baath Partei hat jeden Bereich des
öffentlichen Lebens im Irak durchdrungen: Kultur, Wirtschaft, Erziehung und
Politik. Es wäre unverantwortlich, die Vorgänge dort auf einen einfachen
Nenner zu bringen und zu versuchen, Saddam Hussein vom Rest der politischen
Maschinerie losgelöst sehen zu wollen. So funktioniert das nicht.
Ich bin Realist genug, um zu verstehen, dass die irakische Regierung
innerhalb des Landes viel stärker ist, als die meisten Leute annehmen. Ich
denke, man darf die irakische Regierung nicht als zu leichtgewichtig ansehen.
Es ist ein brutales Regime, das seine Missachtung des Völkerrechts und der
Menschenrechte hinreichend demonstriert hat. Es hat bewiesen, dass es in der
Lage ist, die Bevölkerung über seine politischen Ziele zu belügen genauso wie
es viele andere Regierungen auf der Welt, einschließlich unserer eigenen,
auch tun. Es besteht kein Grund, um die Sache herumzureden. Die Iraker haben
nicht die Wahrheit gesagt. Mir ist klar, dass man das nicht hinnehmen kann.
Wenn man aber in der politischen Welt sämtliche Verbindungen zu all jenen
kappt, die Lügen erzählen, würde kein Mensch mehr mit einem anderen etwas zu
tun haben.
PITT: Sie sagten, eines der gefährlichsten Dinge in den Vereinigten Staaten
sei gewesen, dass die Amerikaner sich dem Irrglauben hingegeben haben, man
könne 20 Millionen Iraker - die ganz normale Zivilbevölkerung - mit einem
einzigen Menschen, Saddam Hussein, gleichsetzen. Wenn wir darüber sprechen,
wie wir Saddam und seine Regierung loswerden, übersehen wir dabei, dass wir
auch über 20 Millionen gewöhnlicher Menschen sprechen.
RITTER: Der Irak ist nicht gleich Saddam
Hussein. Saddam ist ein gewichtiger Faktor, zweifellos, aber wenn wir eine
ganze Nation von mehr als 20 Millionen Menschen mit einem einzigen Mann
gleichsetzen, so ist das auf groteske Weise ignorant.
PITT: Wie würden Sie das Problem anpacken?
RITTER: Als Erstes würde ich einen Sondergesandten ernennen, einen Vertreter
der US Regierung und ihn nach Bagdad schicken, damit er dort Gespräche führt.
Und zuhört. Bei jedweder Lösung, die militärische Maßnahmen einschließt, muss
auch die Diplomatie ins Spiel gebracht werden. Einer der Gründe, weshalb wir
keine Koalition zustande bringen, ist, dass wir bei der Irak Frage auf
sämtliche diplomatischen Mittel verzichtet haben. Wenn sich Colin Powell mit
dem Vertreter des nordkoreanischen Außenministers zusammensetzen kann, wobei
Nordkorea natürlich zu Bushs »Achse des Bösen gehört , sollten wir auch in
der Lage sein, uns mit den Irakern zusammenzusetzen.
Es ist wichtig, dass wir uns diplomatisch wieder engagieren, denn dadurch
kommt der Prozess des Austauschs von Standpunkten in Gang. Wir können
darlegen, dass wir darauf bestehen, dass sich der Irak strikt an die
Bestimmungen des Sicherheitsrats hält. Wir können ebenfalls darlegen und dies
ist ganz entscheidend , dass uns mehr an der Abrüstung als an der Beseitigung
des Regimes gelegen ist. Ich glaube, wir brauchen eine völlige Neubewertung
unserer politischen Ziele hinsichtlich des Irak. Wir können nicht über
Abrüstung und über die irakische Verpflichtung sprechen, sich an die
Beschlüsse des Sicherheitsrats zur Abrüstung zu halten, und im selben Atemzug
verkünden, wir wollten im Alleingang und unter Bruch des Völkerrechts Saddam
Hussein stürzen.
Das gilt insbesondere, wenn wir sagen, dass wir selbst dann, wenn der Irak
hinsichtlich der Inspekteure voll und ganz mitspielt, nach wie vor Saddam zur
Strecke bringen wollen. Das ist äußerst kontraproduktiv. Zuerst müssen wir
auf Abrüstung pochen. Zuerst müssen wir auf das Völkerrecht pochen. Und alles
tun, um die Waffeninspekteure wieder in den Irak zu bekommen.
PITT: Was ist nötig, um die Inspekteure wieder in den Irak zu bekommen ?
RITTER: Am Ende, so glaube ich, wird dem Irak nichts anderes übrig bleiben,
als die kategorische Forderung, die Inspekteure wieder ins Land zu lassen,
ohne Vorbedingungen zu akzeptieren. Darum geht es. Aber der Irak wird sich so
lange weigern, bis er die Zusicherung hat, dass die Inspektionen nicht wieder
dazu missbraucht werden wie das im Dezember 1998 durch die USA geschehen ist
, Militäraktionen zu provozieren oder geheimdienstliche Informationen gegen
Saddam Hussein zu sammeln.
Es ist schwierig, die Interessen in Einklang zu bringen: einerseits die
legitime Forderung des Sicherheitsrats, es dürfe keine Vorbedingungen geben
und der Irak müsse sich voll und ganz an die Bestimmungen halten, die ihm
durch den Beschluss des Sicherheitsrats auferlegt wurden. Und andererseits
die legitimen Bedenken des Irak, was seine Souveränität und nationale
Sicherheit angeht.
Deshalb, denke ich, wäre es hilfreich, wenn sich ein ehrlicher Vermittler
einschalten würde. Das würde ein vertrauensbildendes Umfeld schaffen, in dem
die unterschiedlichen Interessen zusammengeführt werden könnten. Der ehrliche
Vermittler würde nur dann auf den Plan treten, wenn den Inspekteuren ein
unbeschränkter Zugang ohne Vorbedingungen gewährt würde. Andererseits würde
der Vermittler sicherstellen, dass es keinen Missbrauch gibt. Ich glaube,
hätte es im Dezember 1998 einen ehrlichen Vermittler gegeben, wäre Richard
Butler mit seiner inszenierten Manipulation nicht durchgekommen. Hätte es
einen ehrlichen Vermittler gegeben und hätte die internationale
Staatengemeinschaft erkannt, dass die Iraker voll und ganz bereit waren, die
Inspekteure in das Hauptquartier der Baath Partei zu lassen, hätte Richard
Butler mit dem Bericht, den er veröffentlichte, keinen Erfolg gehabt, und die
USA hätten nicht so ungeniert das Völkerrecht missachten und den Irak bei der
Operation Wüstenfuchs bombardieren können.
Ich glaube, diese Art unabhängiger Beobachter ist ein entscheidender Teil
jeder zukünftigen Lösung, die darauf abzielt, die Inspekteure wieder in den
Irak zu bekommen.
PITT: Sie haben im Marineinfanteriekorps
gedient, als Offizier, als Nachrichtenoffizier. Sie haben sieben Jahre lang
im Irak nach diesen Waffen gesucht, um die Sicherheit nicht nur unseres
Landes, sondern der Region und der ganzen Welt zu gewährleisten. Dennoch gibt
es in unserem Land Menschen, die Sie als Verräter beschimpfen, weil Sie über
diese Dinge so reden, wie Sie es tun. Was entgegnen Sie denen?
RITTER: Jeder Mensch darf sagen, was er möchte, aber ich glaube, dass
diejenigen, die so etwas von mir behaupten, sich absichtlich dumm stellen. Da
gibt es doch so etwas, das man die Verfassung der Vereinigten Staaten nennt.
Als ich die Uniform des Marineinfanteriekorps anzog und als Offizier bei den
"Marines" Dienst tat, schwor ich einen Eid, die Verfassung gegen
alle Feinde, im Ausland wie im Inland, hochzuhalten und zu verteidigen. Das
bedeutet, dass ich bereit bin, mein Leben für dieses Stück Papier und das,
was es repräsentiert, einzusetzen. Dieses Schriftstück spricht von »uns, dem
Volk« und von einer Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk. Es
spricht von der Redefreiheit und von den individuellen bürgerlichen
Freiheiten.
Eines meiner Lieblingsgemälde stammt von Norman Rockwell. Es ist mit »Freedom
of Speech«, »Redefreiheit«, betitelt und zeigt eine Stadtratsversammlung in
Neuengland, bei der ein Gentleman zum Publikum spricht. Ältere und jüngere
Leute hören ihm zu. Sie müssen dem nicht beipflichten, was er sagt, aber er
spricht und äußert seine Meinung. Für mich verkörpert das Recht jedes
Bürgers, frei zu sprechen, mehr als alles andere die Prinzipien der
amerikanischen Demokratie.
Wir haben keine Demokratie, solange die Bürger sich nicht einmischen. Und ich
mische mich ein. Die Leute müssen mir nicht beipflichten. Damit habe ich kein
Problem. Ich respektiere das und möchte die Menschen, die anderer Meinung
sind als ich, dazu einladen, mit mir zu diskutieren, damit wir unsere
Differenzen besprechen und herausfinden können, wo genau wir
unterschiedlicher Meinung sind. Ich glaube, ich kann bei einer solchen
Diskussion unumstößliche Fakten auf den Tisch legen. Was mich bei dieser
ganzen Sache, seit ich mein Amt niedergelegt habe, besonders stolz macht, ist
ganz gleich, wie viele Leute sagen, dass sie mir nicht zustimmen , dass alle
Journalisten, die über mich geschrieben haben, einhellig zu demselben Schluss
gekommen sind: Sie können nicht nachweisen, dass die von mir dargelegten
Tatsachen falsch sind. Wenn ich sage, dass etwas so und so geschehen ist, ist
es auch genauso geschehen.
Ich denke, was ich beisteuern kann, ist für die Diskussion absolut
unverzichtbar. Deshalb melde ich mich zu Wort, um Einsichten zu liefern, die
andernfalls nicht gehört würden. Ich bin kein Verräter; dass ich mich zu Wort
melde, ist vielmehr das Patriotischste, das ich im Moment machen kann. Der
größte Dienst, den ich meinem Land erweisen kann, besteht darin, in der Irak-Frage
zu einer breit angelegten Debatte und zu einem Dialog beizutragen. Wenn der
Krieg kommen muss, dann kommt er eben, aber zumindest wird es dann ein Krieg
sein, über den offen und fair debattiert worden ist und für den es aufgrund
der wirklichen Fakten triftige Gründe gab. Aber wenn diejenigen, die den
Krieg fordern, ihre Gründe nicht triftig darlegen können, muss sich die
amerikanische Öffentlichkeit dessen auch bewusst sein. Das ist die Rolle, die
ich hier spiele.
Das zielt auf den Kern dessen, was es bedeutet, ein Amerikaner zu sein, und
darauf wo unsere Verantwortung liegt. Unsere Hauptverantwortung besteht nicht
darin, dazusitzen und stumpfsinnig mit dem Kopf zu nicken, wenn unsere
gewählten Vertreter in Washington irgend etwas sagen. Unsere Pflicht und
Verantwortung besteht darin, die amerikanische Demokratie funktionsfähig zu
halten, und die amerikanische Demokratie kann nur funktionieren, wenn die
Bürger sich einmischen, wenn die Bürger mit Fakten versorgt werden. Wenn ich
mich zu Wort melde, dann um die Demokratie zu stärken, aber es hat nichts mit
Verrat an meinem Land zu tun.
PITT: Sie hatten auch Probleme mit dem FBI.
RITTER: Ich war seit jeher sehr offen gegenüber dem FBI. Meine erste
Überprüfung durch das FBI fand 1991 statt, nachdem ich geheiratet hatte. Mein
Frau stammt aus der ehemaligen Sowjetunion, ist aber inzwischen amerikanische
Staatsbürgerin. Die Überprüfung wurde 1992 beendet, als das FBI feststellte,
dass meine Eheschließung die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten nicht
gefährdet, und mir wurde auch nie auch nur der geringste Verstoß gegen
irgendein Gesetz vorgeworfen. Ein Mann begegnet einer Frau, und sie verlieben
sich. Das ist alles.
Den Job von den Vereinten Nationen zu bekommen, war eine tolle Sache. Das
Problem dabei war, dass sich die CIA darüber aufregte, weil ich, ein
Nachrichtenoffizier, nicht mehr unter ihrer Kontrolle stand und eine
einflussreiche Position innehatte. Da schob man das FBI vor, um mich
einzuschüchtern. Das funktionierte nicht. Man kann mich nicht einschüchtern.
Das Ganze wurde zu den Akten gelegt und erst 1996 wieder ausgegraben, als wir
von der UNSCOM aufgrund der erfolgreicher Beziehungen, die ich zwischen den
UN und Israel vermittelt hatte, anfingen, in gewisser Weise von der CIA
unabhängig zu werden. Wir waren nicht mehr so sehr auf ihre Erkenntnisse
angewiesen wie zuvor. Das bereitete den Leuten Kopfzerbrechen, für die das
Motto »Wissen ist Macht« gilt. Solange die CIA der einzige Lieferant von
Informationen war, hatte sie Macht und Einfluss auf die Inspektionen.
Dadurch, dass sie die Informationen kontrollierte, konnte sie uns
vorschreiben, wohin und wann wir losziehen und auf welche Weise wir vorgehen
sollten.
Aber weil es uns gelang, uns mit Israel eine äußerst effektive alternative Informationsquelle
zu erschließen, verlor die CIA ihren Einfluss. Sie reagierte darauf, indem
sie mich beschuldigte, ich würde für den Staat Israel spionieren. Sie hetzte
das FBI auf mich, das mich ständig überwachen sollte.
Als ich mein Amt niederlegte und anfing, mich gegen die amerikanische Politik
im Irak auszusprechen, wurde eine dritte Überprüfung in Gang gesetzt. Das
wurde mir klar, als ich mich entschloss, einen Dokumentarfilm im Irak zu
drehen, der den Titel » On Shifting Sands« [»Auf Treibsand«] trägt. Ich wurde
jetzt nicht mehr nur verdächtigt, ein Agent Israels zu sein, sondern auch ein
Agent des Irak!
PITT: Einige Leute haben Sie als Agent des Irak bezeichnet und behauptet, Sie
hätten 400 000 Dollar vom Irak bekommen, um diesen Film zu produzieren.
RITTER: Um den Film zu drehen, habe ich eine Produktionsgesellschaft
gegründet und nach Investoren gesucht. Weil es bei dem Film um ein
kontroverses Thema ging, das heißt, weil er die Wahrheit zeigte auf eine Art
und Weise, die die Regierung Clinton ärgern würde, waren nicht allzu viele
Leute bereit einzusteigen. Keiner der Sender, die üblicherweise
Dokumentarfilme zeigen PBS, Frontline, CNN usw. , wollte sich beteiligen und
Geld in das Projekt stecken. Ein amerikanischer Staatsbürger, ich betone: ein
amerikanischer Staatsbürger irakischer Abstammung namens Shakir Alkafajii,
der in Detroit als Geschäftsmann tätig ist, war bereit, 400.000 Dollar aus
eigener Tasche beizusteuern. 400 000 Dollar ist kein großer Betrag für einen
hochwertigen Dokumentarfilm von eineinhalb Stunden Dauer. Und im Übrigen habe
nicht ich das Geld erhalten; es floss in die Produktionsfirma. Der Film hat
letztlich 486 000 Dollar gekostet. 56.000 habe ich aus eigener Tasche
bezahlt, 30 000 kamen von einem weiteren Investor. Ich habe mit dein Film
keinen Gewinn gemacht. Meiner Meinung nach ist es ein guter Film geworden.
Ich habe dabei auch mit den Leuten vom FBI zusammengearbeitet. Ich sagte
ihnen, ich würde gern mit ihnen über ihre Befürchtung sprechen, es gebe eine
Vereinbarung auf Gegenseitigkeit zwischen der irakischen Regierung und Shakir
Alkafajii: Wenn er meinen Film unterstützen würde, bekäme er irgendeine Art
von Vergünstigung. Ich sagte dem FBI, falls sie herausfinden sollten, dass
dies der Fall sei oder dass die irakische Regierung den Film durch ihn
finanzieren ließe, würde ich die Arbeit daran auf der Stelle abbrechen. Nicht
nur haben sie keinerlei Hinweis gefunden, dass schmutziges Geld im Spiel war;
nachdem sie den Film gesehen hatten, befanden sie ihn sogar für ziemlich gut.
Die Anschuldigung, ich sei ein irakischer Agent, ist Blödsinn. Ich habe zwölf
Jahre lang die Uniform des Marineinfanteriekorps getragen. Ich bin für mein
Land in den Krieg gezogen. Ich diene heute meiner Gesellschaft. Das alles
mache ich nicht aus Sympathie für das irakische Volk, sondern weil ich mein
Land liebe.
Quelle: www.artemodus.de/cars/iraque.html
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