Pinters Abrechnung mit den USA
Literatur‑Nobelpreisträger Harold Pinter
(75) hat den USA systematische Verbrechen in aller Welt vorgeworfen.
Bei der wegen der
Krebserkrankung des Autors in Stockholm auf Video abgespielten Rede sagte
Pinter unter anderem: "Die direkte Invasion eines souveränen Staates war
eigentlich nie die bevorzugte Methode der Vereinigten Staaten. Vorwiegend haben
sie den von ihnen so genannten Low Intensity Conflict favorisiert. 'Low
Intensity Conflict' bedeutet, dass tausende von Menschen sterben, aber
langsamer als würde man sie auf einen Schlag mit einer Bombe auslöschen. Es
bedeutet, dass man das Herz des Landes infiziert, dass man eine bösartige
Wucherung in Gang setzt und zuschaut wie der Faulbrand erblüht. Ist die
Bevölkerung unterjocht worden oder totgeprügelt ‑ es läuft auf dasselbe
hinaus ‑ und sitzen die eigenen Freunde, das Militär und die großen
Kapitalgesellschaften bequem am Schalthebel, tritt man vor die Kamera und sagt,
die Demokratie habe sich behauptet. ( ... ) Ich verweise auf Indonesien, Griechenland,
Uruguay, Brasilien, Paraguay, Haiti, die Türkei, die Philippinen, Guatemala, El
Salvador und natürlich Chile", sagte Pinter. Die Schrecken, die Amerika
Chile 1973 zufügte, könnten nie gesühnt und nie verziehen werden. In diesen
Ländern habe es Hunderttausende von Toten gegeben. "Die Verbrechen der USA
waren systematisch, konstant, infam, unbarmherzig, aber nur sehr wenige
Menschen haben wirklich darüber gesprochen. Das muss man Amerika lassen. Es hat
weltweit eine ziemlich kühl operierende Machtmanipulation betrieben und sich
dabei als Streiter für das universelle Gute gebärdet. Ein glänzender, sogar
geistreicher, äußerst erfolgreicher Hypnoseakt."
Die Invasion des Irak
bezeichnete Pinter als einen "Banditenakt, ein Akt von unverhohlenem Staatsterrorismus,
der die absolute Verachtung des Prinzips von internationalem Recht
demonstrierte. Die Invasion war ein willkürlicher Militäreinsatz, ausgelöst
durch einen ganzen Berg von Lügen und die üble Manipulation der Medien und
somit der Öffentlichkeit. ( ... ) Der Tod spielt in diesem Zusammenhang keine
Rolle. Für Bush und Blair ist der Tod eine Lappalie. Mindestens 100.000 Iraker
kamen durch amerikanische Bomben und Raketen um, bevor der irakische Aufstand
begann. Diese Menschen sind bedeutungslos. Ihr Tod existiert nicht. Sie sind eine
Leerstelle."
Quelle: Lübecker Nachrichten vom 8.12.2005