Narren überall

Ach, wären sie nur die Narren

Der vorherige Papst John Paul II sagte am 15.02.2005 bei der World Day Mission prophetisch, es würden neuerdings dunkle Schatten über der Welt liegen, die Erde würde durch tragische Ereignisse geschüttelt und gerüttelt und es würden mehr Naturkatastrophen eintreten. Schöpft der hochverehrte Pole aus prophetischer Eingebung, aus finsteren Geheimdienst-Kanälen? Manche ahnten so etwas schon lange. Doch was meint der Papst genau?

In der Wirtschaft kriselt es, speziell in der US-amerikanischen, aber nicht nur dort, das pfeifen auch andere Spatzen inzwischen von allen Dächern. In seiner jüngsten und hoffentlich letzten "Rede an die Nation" forderte der US-Präsident die Zustimmung des Kongreß zu einer Ausgabe von 300 Millionen US-Dollar für arme Großstadtkinder, einen "Pell Grant for Kids" auf. "In den Stadteilen überall im Land gibt es Jungen und Mädchen mit Träumen. Eine anständige Erziehung ist ihre einzige Hoffnung, sie auch zu verwirklichen". Von Kindern in Armut gibt es laut offizieller US-Statistik rund 15 Millionen in den USA. Die Forderung des Präsidenten macht dann 20 Dollar pro Kind. Damit läßt sich nicht viel träumen, gerade mal einen "rock" Crack Kokain reinziehen, meint Greg Palast. Mit dem Verkauf dieses Stoffs in LA (Los Angeles) und anderswo hatte die CIA bekanntlich ihre Machenschaften in den 1980/90er Jahren finanziert. Inzwischen kommt das meiste Rauschgift von westlichen Truppen gut beschützt aus Afghanistan. "Kann nicht sein", meint der brave Bürger. Ist aber so.

In der gleichen Rede verlangte der Präsident vom Kongreß die Beibehaltung seiner Steuererleichterungen für Reiche. Die Kosten belaufen sich auf geschätzte 430 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Wie viele US-Bürger in den Genuß dieser Steuererleichterung kommen, ist unbekannt. Nehmen wir an, es gäbe dort so viele Millionäre wie Kinder in Armut, dann kämen auf jeden dieser Reichen 287.000,- US$. Dafür könnte man sich an der Phillips Andover Academy, an der Bush für 37.200 US-Dollar pro Jahr studiert hat, 7 ¾ Jahre - hoffentlich mit besserem Erfolg - ausbilden lassen. "Angemessen!", dürften seine Glaubensgenossen denken, denn es steht ja geschrieben: "Wer hat, dem wird gegeben".

Aber um einen Weg aus der Wirtschaftsmisere und deren Folgen für die "Kinder in Armut" geht es doch gar nicht. Die bekommen, was man ihnen und den vielen anderen "in Armut" seit Jahren zu gedacht hat. Selbst Bush und Greenspan und erst Recht ihre Auftraggeber können sich bei der Rechner-Kapazität ihrer Dienststellen ausrechnen, worauf ihre Politik hinausläuft. Das Ganze ist wie Fasching: Verkleidung, Kokolores und noch ein Weilchen länger die Realität vergessen - bis sie an einem "rüttelt und schüttelt", wie es der Papst erwartet hat.

Ein Vertreter des Welternährungsprogramms (World Food Program, WFP) der UNO klagte auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos, daß die Verknappung der Lebensmittelvorräte ihre humanitäre Mission gefährde. "Wir haben so etwas nie zuvor erlebt: überall bettelten wir nach Weizen, und konnten zwei Wochen lang nichts bekommen", zitierte ihn die Financial Times vom 26. Januar. Grund sind die Rekord-Preissteigerungen für Weizen, Reis, Mais und Sojabohnen, das damit gefütterte Mastvieh, Geflügel und dementsprechend Milchprodukte und Eier. Insgesamt stiegen die Kosten für importierte Nahrungsmittel im Jahr 2007 um 21% auf weltweit 745 Mrd. Dollar. Manche Regierungen reagieren darauf möglichst unauffällig mit Exportkontrollen, um die Versorgung wenigstens der eigenen Bevölkerung sicherzustellen. Der Rückgang der Nahrungsmittelexporte führte bereits zu weiteren Preissteigerungen. Diese Folgen waren z.B. auch der EU seit der Zeit bekannt, als sie im Namen angeblicher "Milchseen, Getreide- und Butterberge" mit dem Bauernlegen in Europa begann. Weil sich hierbei der Erfolg zu langsam einstellte, verfiel man auf die Idee, Lebensmittel zur Energiegewinnung mißbrauchen zu lassen: Bio-Diesel, Äthanol-Beimischung etc. Hat man auch diese Folgen "da oben" nicht gesehen? So viel Dummheit zu unterstellen zeugt von Dummheit. Das Thema heißt spätestens seit der UN-Bevölkerungskonferenz in Bukarest 1974 "Übervölkerung", aber das durfte man der "Überbevölkerung" (Ihnen) nicht so deutlich sagen. Deshalb stolpert man von einer Krise in die nächste und hofft, die Betroffenen fallen auf das Possenspiel der "Narren" herein.

Aber spätestens dann, wenn aus dem "kleinen" ein größerer Hunger wird, werden die Menschen in der Regel rebellisch. Auch das weiß man höheren Orts und bereitet sich vor. Nein, ich meine nicht Schäubles Kontrollen, an denen sich die Karnevals-Narren reiben. Ich meine die Freiheit, die am Hindukusch verteidigt wird. Die fünf obersten Militärs der europäischen NATO-Länder, haben laut Guardian vom 22.1.2008 ihren Chefs, dem US-Verteidigungsministerium Robert Gates und dem Generalsekretär der Nato, Jaap de Hoop Scheffer einen 150-seitigen Plan für eine dringende Reform der westlichen Militärstrategien und Militärstrukturen vorgelegt. Darin fordern sie, was in der US-Militärdoktrin schon längst verankert ist und noch vor wenigen Jahren (zum Beispiel bei der "Agenda 2010" im damaligen rot-grünen deutschen Bundestag) Proteste ausgelöst hatte: der Westen solle bereit sein, einen "Präventiv-Angriff mit Nuklearwaffen" zu führen. Denn "es besteht unmittelbar die Gefahr, daß Nuklearwaffen weiterverbreitet werden, und mithin auch die Gefahr, daß der Einsatz solcher Waffen, wenn auch in beschränktem Umfang, möglich wird". Die Optionen für einen "nukleare Erstschlag" sei ein "unverzichtbares Instrument", "einfach weil es keine realistische Aussicht für eine Welt ohne Atomwaffen gibt". Entsprechende Beschlüsse will man im April auf dem NATO-Gipfel am symbolträchtigen Ort in Bukarest fassen. Kann so etwas ernst gemeint sein?

Selbst wenn Nuklearwaffen weiter verbreitet würden, wäre das heute noch lange keine ernsthafte Gefahr. Führer von Schurkenstaaten, wie Saddam, könnten, selbst wenn sie tatsächlich so verrückt wären, wie man sie uns ausmalt, um uns richtig einzustellen, ihre Atombombe, wenn sie eine hätten, nicht ins Ziel bringen, wahrscheinlich nicht einmal dann, wenn sie ins Handgepäck eines Terroristen mit Schnauzbart passen würde.

Das Papier enthielt weitere Begründungen: Natürlich durfte weder der Anschlag auf das World Trade Center vom 11.9.2001 nicht fehlen, noch der Hinweis auf die Bombenbastler im Nahen Osten, auf die Fundamentalisten, die "Islamo-Faschisten" (wer rettet uns vor den "Christo-Faschisten" im Weißen Haus und in den hohen Rängen des US-Militärs?) und einfach die wachsende "Brutalität" (etwa die an den Schulen des Westens dank der hervorragend edukativen Computerspiele). Das ist alles so offensichtlich Polit-Gaga für Fernsehgucker, wie eine Beleidigung für denkende Menschen.

Worum geht es wirklich? "In Afghanistan steht die Glaubwürdigkeit der Nato auf dem Spiel", sagte Mitverfasser Henk van den Bremen (hervorragender Organist und niederländischer Generalstabschef). "Die Nato steht am Scheideweg und läuft Gefahr zu scheitern" meint ein anderer (Klaus Naumann, von 1991 bis 1996 Spitzenoffizier der deutschen Streitkräfte, der zusammen mit Joschka Fischer das Nachkriegstabu - deutsche Kampfeinsätze im Ausland - mit dem Krieg gegen Serbien brach und dafür mit dem Vorsitz im Militärkomitees der Nato belohnt wurde). Ähnlich könnte es den USA im Irak ergehen. Die Länder Afghanistan und Irak sind den Militärs und ihren Auftraggebern trotz manch guter Geschäftserwartungen so nebensächlich wie die Menschen, die dort leben. Daß man das Gesicht verlieren könnte und schon weitgehend verloren hat, ist entscheidend. Wenn die Militärs das Gesicht verlieren, kann die Bank nicht die Schulden eintreiben und könnten die Gläubiger frech werden und auf Rückzahlung bestehen, statt wie bisher teuer für Dollars bezahlen und diese dann als "Währungs-Sicherheit" in den eigenen Tresors zu lagern.

Als Lösung fordern die Generäle eine Veränderung der Entscheidungsmechanismen der Nato, ein neues "Direktorium" der Führungskräfte der USA, Europas und der Nato, das in Krisensituationen zu schnellem Handeln in der Lage ist. Sie fordern außerdem ein Ende der "Obstruktion" und der Rivalität von Seiten der Europäischen Union gegenüber der Nato. Wenn die Hochfinanz mit dem Rücken an der Wand steht, muß der Westen wie ein Mann zusammenstehen. Naumann kritisierte sein Land wegen der schwachen militärischen Leistung in Afghanistan. "Es ist für Deutschland an der Zeit zu entscheiden, ob es ein verläßlicher Partner sein will". Mit seinen "Sonderregelungen" für die Truppe in Afghanistan habe die Regierung Merkel zur "Auflösung der Nato" beigetragen. Aber das hat sich ja jetzt geändert.

Ron Asmus, Leiter des Europa-Büros des German Marshall Fund und früher hochrangiger Beamter im amerikanischen Außenministerium freut sich über den "Weckruf". Robert Cooper, der als Generaldirektor für außenpolitische Angelegenheiten der EU die europäische Außen- und Sicherheitspolitik betreibt, gesteht ein, "perplex" zu sein und meint "Vielleicht werden wir eher als alle anderen Atomwaffen einsetzen, aber ich würde mich hüten, das laut zu sagen". Man weiß nicht, ob er das gut oder bedenklich findet. Mitverfasser war auch der Georgier John Shalikashvili, der erst auf dem Höhepunkt der Stalin-Ära in die Vereinigten Staaten kam und es dort bis zum Viersterne General gebracht hat. Er leitete im Ersten Golfkriegs im Irak die Operation mit dem zynischen Namen "Provide Comfort", war dann der Oberkommandierende der NATO-Allianz in Europa und wurde 1997 von Clinton zum Vorsitzenden der Stabschefs der US-Streitkräfte ernannt. Lord und Feldmarschall Ingeist war auch dabei, der als Mitglied der Butler-Kommission das Verhalten des britischen Geheimdienstes in Sachen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins schönzufärben hatte.

Der neue russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin hat am 30.1. nach einer Sitzung des Rußland-NATO-Rates in Brüssel noch einmal an die Aussetzung des "KSE-Vertrags" den bisher nur Rußland aber nicht der Westen ratifiziert hatte, erinnert und betont: "Wenn alle verstehen, daß Standards für den Abschluß eines Abkommens über die Rüstungskontrolle für alle gleich sein sollen, können wir das Problem bis Ende dieses Jahres lösen." Rußlands Partner hätten genug Zeit, die angepaßte Version des KSE-Vertrages zu ratifizieren. Aber "wenn die Kräftekonstellation derart geändert wird, daß sich Rußland in seiner Sicherheit bedroht fühlt, werden wir als ein souveränes und unabhängiges Land auch andere wichtige Abkommen revidieren, die dann moralisch überholt sind und unsere Sicherheit schmälern".

Aber will man das im Westen? Als Antwort auf die Verhängung eines Moratoriums für den KSE-Vertrag durch Rußland Ende 2007 hatte die NATO ein Kooperation-Programm mit Moskau blockiert. Als Putin die Bushs im Juli 2007 Kennebunkport besuchte, wurde unter anderem die "123" Zusammenarbeit zwischen den USA und Rußland vereinbart. Damit versuchte man Rußland zu erpressen. Man werde sich nur an die Zusagen halten, wenn Rußland seine Iranpolitik ändert, hatte Novosti von jemandem gehört, der bei den Verhandlungen damals dabei war. Der US-Kongreß entsprach dem nun.

Am 31. Januar beklagte sich der erste Vizechef des Generalstabs, Alexej Burutin über die "Informationswaffe", die westliche Staaten sowohl im Krieg als auch in Friedenszeiten einsetzen. Und der Iran scheint China eingeladen zu haben, auf einer seiner Golfinseln einen Militärstützpunkt einzurichten. Die Zusammenarbeit der beiden Länder in Wirtschaft und Militär hat in letzter Zeit beachtlich zugenommen und es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein chinesisches Kriegsschiff "zufällig" in Rufweite der iranischen Gewässer kreuzt. Ein Schachzug.

Es muß schon laut zugehen, damit man die Zeichen der Zeit nicht erkennt und seinen westlichen Illusionen treu bleibt: "Schuld sind immer nur die anderen".

Quelle: http://spatzseite.de

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