"Drückeberger" George W. Bush

 

WASHINGTON ‑ Acht Monate vor dem Urnengang in den USA kommt der Wahlkampf um das Amt des Präsidenten richtig in Fahrt. Während der wahrscheinliche Kandidat der Demokraten, John F. Kerry, in den Vorwahlen von Sieg zu Sieg eilt, muss sich Amtsinhaber George W. Bush peinliche Fragen zu seiner militärischen "Karriere" gefallen lassen.

 

Im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur scheint nach zwei weiteren Siegen Kerrys in den Südstaaten Virginia und Tennessee eine Vorentscheidung gefallen zu sein. Der ehemalige Nato-­Oberbefehlshaber Wesley Clark ‑ er galt im Vorfeld als einer der heißesten Favoriten der Demokraten ‑ erklärte nach seinem schwachen Abschneiden, er gebe das Rennen auf. Lediglich Howard Dean und John Edwards sind nun noch Konkurrenten für Kerry - doch auch sie können nach Einschätzung von Beobachtern nur noch darauf hoffen, dass Kerry durch einen bisher nicht enthüllten Skandal oder einen schwerwiegenden Fehler auf seinem Siegeszug gestoppt wird.

 

Unterdessen sieht sich der derzeiti­ge Präsident George W. Bush dem Vorwurf ausgesetzt, er habe sich wäh­rend seiner Dienstzeit in der Natio­nalgarde ein ganzes Jahr unerlaubt abgesetzt ‑ peinlich für einen Präsi­denten, der Kraft Amtes Oberbefehls­haber der US‑Armee ist und immer­hin zwei Kriege, gegen Afghanistan und Irak, begonnen hat. Im Gegensatz zum Vietnam‑Veteranen Kerry hatte Bush die "sichere" Alternative zur Einberufung gewählt und war zur Nationalgarde gegangen, um Fliegen zu lernen. Nach "Time"‑Infonnationen katapultierte sich der Politikersohn trotz schwacher Eignungstests an 500 Mitbewerbern vorbei und bekam einen der begehrten Piloten‑Ausbildungsplätze in der texanischen Nationalgarde.

 

Gegen Ende seiner sechsjährigen Dienstzeit ließ sich Bush nach Alabama versetzen. Den Dienst dort habe er nie angetreten und sich somit unerlaubt von der Truppe entfernt, sagen die Bush­-Kritiker. Stimmt nicht, sagt das Weiße Haus ‑ und legt Soldzettel vor. Aus denen geht hervor, dass sich Bush innerhalb eines Jahres, von Mai 1972 bis Mai 1973, an gerade einmal 14 Tagen zum Dienst meldete. Kein Wunder, dass sich in Alabama niemand an den jungen Piloten aus Texas erinnern kann. Selbst sein direkter Vorgesetzter, ein Offizier, sagt, er sei Bush nie begegnet.

 

Quelle: Lübecker Nachrichten vom 12.2.2004