In Moskau begann
am 13. November (2007) die Voranhörung im Prozeß der russischen Steuerbehörden
gegen die Bank of New York. Die Behörde fordert von der Bank insgesamt 22,5
Mrd. Dollar Schadenersatz für Korruptionsfälle der 90er Jahre. An diesen waren
neben anderen russischen "Oligarchen" auch die Familie Jelzin,
Jelzins Schwiegersohn Waleri Okulow und der ehemalige Verwalter der
Kreml-Liegenschaften Pawel Borodin beteiligt. Die Ermittlungen gegen die Bank
hatten bereits vor sieben Jahren begonnen. Führenden Managern des
Finanzinstituts wird vorgeworfen, ihren russischen Klienten und der
Russen-Mafia bei der Steuerhinterziehung und Geldwäsche geholfen zu haben.
In Washington wird
ein Angriff auf Dollargeschäfte als Angriff auf das Allerheiligste und daher
auf die USA selbst gewertet. Man darf auf indirekte Reaktionen von dort
(direkte wären zu anstößig) gespannt sein. Ist eine der Reaktionen bereits die
Zusage des Sonderbeauftragten des US Außenministeriums, Matthew Bryza, in
Tiflis am 15. November, Georgien werde, wenn es "freie demokratische"
Wahlen zulasse, in die NATO aufgenommen. Als "frei" gelten solche
Wahlen erfahrungsgemäß nur, wenn sich US-Investitionen in betreffende
Wahl-Kampagnen auszahlen. Vielleicht gehört auch der endgültige Beitritt der
Ukraine zur WTO am 15.11. schon zu den Reaktionen. Man wird sehen.
Vorerst schaut
alles mit angehaltenem Atem nach Pakistan. Denn ebenfalls erfahrungsgemäß
liefern mit US Geldern oder ihrer Geheimdienstunterstützung irgendwo an die
Macht gehievte Politmonster den USA nach wenigen Jahren den Vorwand entweder zu
einem weiteren für das betroffene Land teuren, für US-Firmen lukrativen Putsch
oder zu einem noch lukrativeren Befreiungskrieg. Bei einem solchen springen
bekanntlich für einige verdienstvolle Mitmenschen riesige Gewinne ab, während
andere weniger wertvolle Menschen dafür zur Kasse gebeten werden und ihn
manchmal - wenn Gott es so will - mit dem Leben bezahlen. Nach dem jüngsten
Fällen Osama bin Ladin und Saddam Hussein könnte jetzt Musharraf ein solches
Politmonster abgeben.
An diesem
Wochenende fährt US-Vizeaußenminister John Negroponte nach Islamabad, um die
festgefahrenen Beziehungen zwischen den USA und Pakistan zu ölen. Dafür soll
der Pakistanische Präsident Pervez Musharraf, der "gute Verbündete im
Krieg gegen den Terror" der Optik wegen den Notstand, den er ausgerufen
hatte, zurücknehmen und sich endlich mit dem neu ins Spiel gebrachten
US-Schoßhündchen Benazir Bhutto vertragen. Bhutto wurde zu Putsches Zwecken ins
Land gebracht. Es sollte wegen des aufwendigen Engagements in Afghanistan und
im Irak ein unspektakulärer, langsamer demokratischer Putsch werden. So hatte
man sich das in Washington gedacht und Frau Buttho und ihre Volks-Partei
reichlich mit Wahlkampfgeldern versehen. Das Problem ist nur, die ehemalige
Ministerpräsidentin wurde von der denkenden pakistanischen Bevölkerung schnell
als "Ami-Schickse" durchschaut. Das machte sie nach den Erfahrungen,
die man mit dem Ami-Schickserich Musharraf gemacht hat, nicht sonderlich beliebt.
So sieht sich Pakistan vor echt demokratischen Wahlen zwischen Skylla und
Charybdis gestellt.
Schwierigkeiten
macht auch, daß der Notstand in Pakistan am 3. November nicht mehr auf Befehl
Musharrafs, sondern von der Armeeführung ausgerufen worden war. Sie hatte die
Verfassung außer Kraft gesetzt und den Obersten Richter Iftikhar Mohammed
Chaudhry inhaftiert. Die vereinigten Corps-Chefs wollen den Notstand bis zu den
Wahlen aufrechterhalten, weil sie fürchten, Frau Buttho würde mit dem vielen
mitgebrachten Geld nach bewährter Methode, wenn sie nicht gewählt wird, die
Wahl anfechten und das Land in ein politisches Chaos stürzen und schließlich
ein militärisches Eingreifen der USA herausfordern.
Ob Musharraf die
Uniform auszieht und ziviler Regierungschef wird, ist demnach nicht mehr
wichtig. Ihm müßten die USA auch nicht nachtrauern. Denn ihnen ist sicher nicht
entgangen, daß ihr getreuer "Alliierter im Krieg gegen den Terror"
1996 den Taliban in Afghanistan an die Macht verholfen hatte, und daß seine
CIA, der pakistanische ISI, die Taliban noch bis heute in ihrem Kampf gegen die
US-Besatzungsmacht in Afghanistan unterstützt oder wenigstens deckt. Ihnen
dürfte auch nicht entgangen sein, daß Osamas Geschäftsführer fürs Grobe, Khalid
Scheich Muhammed, dem die Planung des Angriffs vom 11.9.2001 zur Last gelegt
wird, in Pakistan in Quetta den Schutz ihres "Alliierten" genoß, bis
das leichtfertige Interview des Scheichs in Al Jazeera die Sache öffentlich
machte und die Verhaftung erzwang. Auch konnte man nicht übersehen haben, daß
A. Q. Khan, der maßgeblich an der Entwicklung der pakistanischen Atombombe
beteiligt war, dazu nötigte Ausrüstungen an Libyen und Nordkorea liefern ließ.
Oder sollte Musharraf und die CIA die Tonnen schweren Lieferungen an diese
Länder übersehen haben?
Saddam und Osama
waren noch auf das Konto der US-Präsidenten Reagan und Bush sen. gegangen. Auf
wessen Konto ging die Installation Musharrafs? Nach Greg Palast waren dafür die
Clintons zuständig. Wie das geschah, ist für die Demokratie westlichen Stils
aufschlußreich. Pakistan wurden 1998 von angloamerikanischen
Elektrizitätsfirmen wahnsinnig überhöhte Stromrechnungen vorgelegt. Die rochen
geradezu nach Bestechung. Die Regierung verweigerte die Bezahlung und rief die
Gerichte an. Diese gaben ihr so Recht, wie demnächst wohl auch dem bösen
Rußland im Verfahren gegen die Bank of New York. Die eine der beiden Firmen,
die Britische National Power besaß Anteile an Toni Blairs Karriere. Die andere
Firma war Entergy International aus Little Rock, Arkansas und war
Miteigentümerin an Clintons Karriere. Clinton und Blair erreichten beim
Internationalen Währungsfond, daß Pakistan den Zugang zu Geld gestrichen bekam,
bis das Land den Energiepiraten ihre Rechnungen bezahlt hat.
Entergy hatte kurz
zuvor 500.000 Dollar an Hillary Rodham Clintons Partner in der Kanzlei Rose,
Webster Hubbel, überwiesen, als dieser gerade auf dem Weg ins Gefängnis war,
weil er sich geweigert hatte, in einem Verfahren gegen Frau Rodham auszusagen.
Am 22.12.1998 bekam Entergy ihr Geld aus Pakistan. Musharra hatte mit einigen
Soldaten (von 30.000 ist die Rede) die Kraftwerke Pakistans besetzt und dort
nach Aussagen des Gewerkschafters Abduhl Latif Nizamani's, der dafür in den
Knast wanderte, die Lohngelder konfiszieren lassen. Neun Monate später war
Musharraf mit US-Hilfe Regierungschef in Pakistan. "Dies Gib und Nimm ist
doch die Basis jeglichen Verständnisses" hatte schon Christopher Fry in
"Die Dame ist nicht fürs Feuer" geschrieben. Ob der New Yorker
Bürgermeister im Wahlkampf um das US-Präsidentenamt, diese Geschichte der
Mitbewerberin Clinton vorhalten wird? Man kann daran zweifeln, weil Giuliani
nicht möchte, daß bekannt wird, daß sein Vater Harold wegen bewaffneter
Raubüberfälle in den USA einsaß. Auch Giulianis eigener Leibwächter war der
Polizei so unangenehm aufgefallen, daß man seinen Chef für einen Vertreter von
Organized Crime halten könnte.
Im Nahen Osten
braut sich weiteres Unheil zusammen, weil nun auch Ägypten und Saudi Arabien
wie der Iran eigene Kernkraftwerke haben wollen. Der Israelische Minister
Avigdor Liebermann hat darin bereits ein "apokalyptisches Szenario für
Israel und den Rest der Welt" gesehen. Angesichts solcher Apokalypsen hält
es die Bundeskanzlerin für ihre und der Deutschen moralische Pflicht, Israel
gegen die nuklearen Ambition des Iran und demnächst auch Ägyptens und Saudi
Arabiens zu verteidigen, falls deren Regierungen sich nicht vorher wieder
umstimmen lassen. So jedenfalls ihr Reden, als sie - der erste deutsche
Regierungschef seit 40 Jahren - privater Gast auf der Ranch eines
US-Präsidenten sein durfte. Sie war voll des Lobes für die "wundervolle
Atmosphäre" und "die Wärme und den Respekt", die man ihr
entgegenbrachte. Dafür werden wir wohl demnächst gebührend zahlen müssen, denn
schon erhebt Israel neue Wiedergutmachungsforderungen an Deutschland.
Geschäftlich wurde
in Crawford über den Atomstreit mit dem Iran verhandelt. Hinter der
diplomatischen Umschreibung stehen die Weltkriegspläne der USA, über die sich
Präsident Bush am 17.10 unmißverständlich ausgelassen hatte. Ein Hindernis auf
dem Weg dorthin ist zur Zeit die Internationale Atomenergie Organisation
(IAEO), deren Vorsitzender El-Baradei dem Iran - nach westlichem Verständnis -
ein viel zu kooperatives Verhalten bescheinigt. Daher betreiben die USA El
Baradeis Absetzung. Dem dient auch das ständige Lamento über die entsetzliche
Bedrohung Israels durch den Iran. Der Iran verfügt im Unterschied zu Israel
gerade nicht über Atomwaffen, sondern möchte verhindern, daß es so von der
Kernenergie abgeschnitten wird wie Deutschland, das auf entsprechendem Druck
von außen mit entsprechender Unterstützung durch die ewigen
"Widerstandskämpfer" im Inneren freiwillig darauf verzichten mußte
und sich dafür als Weltmeister der Windmühlen feiert.
Nach AFP vom 7.
November hat Frau Merkel in den USA geäußert (aus dem Englischen
zurückübersetzt): "Er [der Atomstreit, d.Verf.] bedeutet einzugreifen, um
die Sicherheit Israels heute und in Zukunft wie auch unsere gemeinsamen Werte
der Demokratie und der Herrschaft der Gesetze zu sichern". Die neue
Leo-Baeck-Preisträgerin sagte bei der Gelegenheit auch: "Ich denke die
Bedrohung, die Irans Atomprogramm für Israel darstellt, verlangt von unserer
Verantwortung mehr als leere Worte. Den Worten müssen Taten folgen. Meine Regierung
wird den Worten Taten folgen lassen". Für deutsche Ohren fügte sie hinzu
"Wir und unsere Partner arbeiten an einer diplomatischen Lösung".
Doch dem folgte dann noch "Teil dieses Prozesses ist auch die Bereitschaft
Deutschlands weitergehenden, strikteren Sanktionen zuzustimmen, wenn der Iran
nicht nachgibt". Nun wir hatten Ähnliches von ihr im Zusammenhang mit
Bushs erstem Irakkrieg, an dem teilzunehmen sich Kanzler Schröder geweigert
hatte, gehört. Wir haben sie trotzdem gewählt und sollten uns nicht wundern,
wenn man uns demnächst auch wieder die (Mit)Schuld am Dritten Weltkrieg gibt.
Denn wäre das
verwunderlich, wo doch unsere Kanzlerin in den USA auf der Schleimspur des
französischen Ministerpräsidenten "unsere gemeinsamen Werte der
Demokratie" mit einem Mann beschwört, der den völkerechtwidrigen Krieg im
Irak und Afghanistan, das Hinschlachten hunderttausender, unschuldiger Menschen
zu verantworten hat, der fremde Länder besetzt hält und ihre Bodenschätze
plündern läßt, der Israel ermutigt, seine Jahrzehnte lange Vertreibungspolitik
der Palästinenser fortzusetzen, der Foltergefängnisse in Guantanamo, Abu
Ghraib, und nach Aussagen des Europaparlaments, in 14 weiteren Staaten
unterhielt. Was für gemeinsame Werte sind das denn, Frau Merkel? Etwa der Wert,
162 Millionen Menschen mit einem Einkommen von weniger als einem halben Dollar
pro Tag dahinvegetieren zu lassen, wie das International Food Policy Research
Institute (IFPRI) in einem Bericht vom 14. November feststellte? Daran haben
nach dem gleichen Bericht die hochgelobte Liberalisierung und Globalisierung
der Wirtschaft in den letzten 20 Jahren nichts geändert.
Quelle: http://spatzseite.de
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