Agent Orange, Vergifteter Regen und Rotary

 

Die Entlaubung in Vietnam/Von Karl‑Heinz Janßen

 

»( ... ) Die ersten Versuche mit der sogenannten Entlaubung hatte im Dezember 1961 Präsident Kennedy (Rotarier) angeordnet, übrigens mit Zustimmung der südvietnamesischen Regierung. Drei zweimotorige Transportflugzeuge vom Typ C 123 wurden mit Sprühkanistern ausgerüstet und mußten an windstillen und nicht zu heißen Tagen langsam Wälder überfliegen. Jede Maschine konnte bis zu 3600 Liter Herbizide auf etwa 130 Hektar herabrieseln lassen. Die chemischen Kampfmittel ‑ mit den harmlos klingenden Bezeichnungen »Orange«, »Weiß« und Blau ‑ sollten vor allem dazu dienen, den Dschungel zu lichten, um die Verstecke und Nachschubwege der Vietcong zu entblößen. Der erste Großeinsatz im Herbst 1962 über der Halbinsel Ca Mau war, so der Kommandeur des US Army Chemical Corps, ein >hervorragender Erfolg<.

 

Wie erfolgreich, belegt Professor Westing mit Zahlen und Tabellen: Besprüht wurden insgesamt 1,7 Millionen Hektar, also rund zehn Prozent der Gesamtfläche Südvietnams. Vierzehn Prozent des gesamten Waldbestandes waren betroffen ‑ wem das geringfügig erscheint, der muß wissen, daß ein Teil dieser Wälder mehr als einmal »entlaubt« wurde, weil die Vietcongs immer wieder in dieselben Gebiete vordrangen. Bei einmaliger Besprühung starb in den Hartholzwäldern etwa jeder zehnte Baum, beim zweitenmal schon jeder vierte. Total vernichtet wurden im Binnenland 51.000 Hektar Wald, an den Küsten jedoch 124.000 Hektar Mangroven. Die Mangrove geht schon nach dem ersten Giftregen ein. Wo einst die Küstenwälder Winden und Wellen trotzten und Fisch und Vogel Unterschlupf boten, breiten sich heute öde Sümpfe aus, in denen vermutlich auf hundert Jahre nichts mehr wachsen wird.

 

Landeinwärts hat zwar die tropische Vegetation schon nach wenigen Monaten die verwüsteten Zonen mit frischem Grün zugedeckt, doch sind die ökologischen Spätfolgen kaum abzuschätzen. Das natürliche biologische Gleichgewicht der Natur wurde empfindlich gestört. Wälder gingen ein, weil Insekten und Vögel durch das Pflanzengift getötet oder vertrieben wurden; der Boden verlor den Humus und litt an chronischem Stickstoffmangel.

 

Über die unmittelbare Wirkung der chemischen Angriffe berichtete seinerzeit der Bauer Pham Duc Nam aus einem Dorf bei Da Nang: >Nur fünf Minuten dauerte es, bis Tapioka, süße Kartoffeln und Bananenpflanzen abstarben. Das Vieh erlitt schwere Schäden. Die meisten Flußfische trieben tot an der Oberfläche der Gebirgsflüsse und Bäche.< Was Vietnamesen passierte, die das Dioxin eingeatmet hatten oder deren Haut davon benetzt worden war, schilderte der Arzt Cao Van Nguyen: >Zuerst war ihnen übel, und einige bekamen Durchfall; dann fiel ihnen das Atmen schwer, und ihr Blutdruck sank. Einige wurden sogar blind. Schwangere Frauen brachten ihre Kinder tot oder vorzeitig zur Welt.<

 

Als die Zahl von Mißgeburten in den Landgebieten Südvietnams so sehr zunahm, daß die Regierung in Saigon die Zahlen geheimhalten mußte, und als mehr und mehr amerikanische Wissenschaftler vor den Folgen der Entlaubung warnten, befahl Präsident Nixon schließlich, die Pflanzenvernichtungsmittel nur noch über unbesiedelten Gebieten abzulassen. (. . .).«

 

Quelle: "Ulrike Marie Meinhof und die deutschen Verhältnisse" von Peter Brückner, Berlin 1976, S. 138 f zitiert im Auszug DIE ZEIT vom 30.7.1976

 

 

 



(...) Richard von Weizsäckers (Rotarier) Biographen zitieren den Hausjuristen Lachenal, wonach auf den Freiherrn "als entscheidendem Mittelpunkt der Firma alles zukam". Die Redakteure des Westdeutschen Rundfunks Werner Filmer und Heribert Schwan schreiben in ihrem Buch "Richard von Weizsäcker ‑ Profile eines Mannes" (ECON, Düsseldorf 1984). "Keine wichtige Unternehmungsentscheidung fiel ohne Weizsäckers Einwilligung."

 

Und jetzt wird es kriminell: Wegen "Völkermord" ermitteln Staatsanwälte ‑ gegen den bis 1994 gewählten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland. Es wird zitiert aus der Strafanzeige des früheren Mannheimer Amtsgerichtsdirektors Rudolf Deichner vom Dezember 1989:

 

»... Als der amerikanische Chemiewaffenhersteller DOW CHEMICAL 1964 in Lieferschwierigkeiten geriet, half Dr. Richard von Weizsäcker aus und lieferte den Amerikanern ein modernes Verfahren zur Herstellung von Zutaten für den Kampfstoff "Agent Orange" .... Der Völkermord geschah in der Absicht, eine Gruppe von Menschen in Laos und Vietnam als solche ganz oder teilweise zu zerstören. ... Damit war der weltweite Aufschwung von Boehringer besiegelt ... ein Boehringer‑Mann notierte: "Solange der Vietnam‑Krieg andauert, sind keine Absatzschwierigkeiten zu erwarten."  ... Tatsächlich ging unter Weizsäcker die Weiterentwicklung des Hauses Boehringer steil nach oben. Der offizielle Hauptlieferant für "Agent Orange", Dow Chemical in Midland/Michigan, lobte den "großartigen Kooperationsgeist", den der Boehringer‑Konzern zeigte.«

 

Quelle: "von Weizsäcker - Ein Mann nach dem Herzen Gottes" von Hennecke Kardel, Hamburg 1995, S. 14 f