Index librorum prohibitorum

 

Im Jahre 1559 erschien dann unter Papst Paul IV., der auch die erste vatikanische Bulle gegen die Juden "Cum nimis absurdum" erließ, erstmals der "Index librorum prohibitorum" (Verzeichnis der verbotenen Bücher), der seither in mehr als 40 Auflagen (zuletzt 1948) erschien und laufend ergänzt wird, ein Verzeichnis von Schriftstellern und Büchern, die dem frommen Katholiken zu lesen und zu besitzen verboten sind. 1917 wurde die beim Vatikan bestehende Index‑Kongregation in das "Heilige Offizium", die höchste kirchliche Behörde, eingegliedert, welcher der Heilige Vater selber vorsitzt. Als religiöse Grundlage wurde dabei das 19. Kapitel der Apostelgeschichte des Religionsstifters Paulus angesehen, wo die ersten Christen bereits Bücher im Ephesus öffentlich verbrannten. Das kirchliche Gesetzbuch der Papstkirche, der Codex Juris Canonici von 1917, sieht sogar eine Vor‑ und Nachzensur für Bücher vor ‑ wobei Verbote ohne Begründung ausgesprochen werden können und eine Revisionsmöglichkeit nicht gegeben ist. Das gilt für alle Veröffentlichungen, die sich mit religiösen und sittlichen Fragen beschäftigen, natürlich heutigen Tages auch für Filme und eventuell Fernsehsendungen. Um die Erlaubnis zum Druck bzw. zur Veröffentlichung muß beim zuständigen Bischof nachgesucht werden, ohne sein "Imprimatur" wird man sündig. Natürlich dürfen katholische Laien auch nicht in glaubensfeindlichen Zeitungen und Zeitschriften schreiben (vgl. can. 1384 ff.). Von der Nachzensur betroffene Dinge dürfen nicht mehr herausgegeben oder müssen verändert werden. Solcherlei Schriften dürfen nur mit schriftlicher Erlaubnis des zuständigen Bischofs gelesen werden. So hat die katholische Kirche die Mündigkeit des freien und modernen Menschen ebenso angezweifelt und einzuschränken versucht wie es die moderne Diktatur tut ‑ ja sie ist letzterer direktes Vorbild gewesen. Sie hat auf ihrem Index berühmte Namen stehen, die wie ein Verzeichnis der besten Geister des Abendlandes anmuten, wie eine positive Auslese: G. d'Annunzio, Balzac, H. Bergson, G. Bruno, A. Comte, B. Croce, D. Defoe, Erasmus, Darwin, Dumas Vater und Sohn, Descartes, A. France, G. Galilei, G. Gentile, A. Gide, H. Heine, Th. Hobbes, D. Hume, V. Hugo, I. Kant, N. Lenau, G. E. Lessing, Ch. Maurras, G. Mensching. C. F. Meyer, P. Proudhon, L. v. Ranke, E. Renan, J. J. Rousseau, J. P. Sartre, G. Savonarola, Spinoza, D. F. Strauß, M. Unamuno, E. Zola u. v. a. m. Aber die Namen der Katholiken Hitler, Streicher, Goebbels und ihres Kollegen Alfred Rosenberg wird man vergebens unter den Büchern suchen, welche die heilige Mutter Kirche ihren Anhängern zu lesen verboten hat, weil sie Leib und Seele verderben ... Insgesamt umfaßt der Index jetzt (d.i.: 1975) 6500 Titel von rund 4000 Autoren.

 

Quelle: Dietrich Bronder in "Bevor Hitler kam", S. 256 f