Der Geheimdienst des Vatikans

 

(...) Die Existenz des vatikanischen Geheimdienstes zum einen und die Tatsache zum anderen, daß es sich bei der Vatikan GmbH im Sinne des Wortes um einen multinationalen Wirtschaftsgiganten handelt, macht erst vieles von dem verständlich, was sich aus dem Sumpf der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart hinein entwickeln konnte.

 

Natürlich kann man nicht davon ausgehen, daß die rund zweieinhalb Millionen »Berufskatholiken« in aller Welt, also alle Priester, Mönche, Nonnen, Seminaristen und Laienbediensteten, allesamt als Spione arbeiten, obwohl sie natürlich grundsätzlich potentielle Rekruten für dieses päpstliche sodalitium pianum, für diese Untergrundorganisation Gottes sind. Der Vatikan verfügt darüber hinaus in der Tat über professionelle und ausschließlich zum Zwecke der Spionage hervorragend ausgebildete »priesterliche Agenten«, die in den letzten Jahrzehnten vorzugsweise im Ostblock eingesetzt wurden. (Nino Lo Bello: "Vatikan im Zwielicht - Die unheiligen Geschäfte des Kirchenstaates", München 1983, S. 134f, 136)

 

Die Ursprünge des vatikanischen Berufsgeheimdienstes gehen auf Papst Pius X. zurück, der eine regelrechte Exkommunikationsmanie entwickelte und die Kirche innen und außen von den Ketzern des Modernismus bedroht sah, dessen Keimzelle bekanntlich jenes Seminar von Saint‑Sulpice bei Paris war, in dessen Umkreis wir bereits Abbé Sauniére, Émile Hoffet, Abbé Ducaud­Bourget und etliche Exponenten der »okkulten Erneuerung« wie Debussy oder Papus begegneten. (Ebd.)

 

Es war zwar nicht mehr möglich, die Ketzer auf den Scheiterhaufen zu schicken, aber es gab auch andere Methoden, die reine Lehre durchzusetzen. Eines der dazu eingesetzten Instrumentarien war ein von einem Prälaten namens Umberto Benigni aufgebautes Netz von Agenten und Spitzeln, mit dem Zweck, die Modernisten innerhalb der Kirche aufzuspüren und wenigstens mundtot zu machen. Unter den Päpsten Benedikt XV. (1914-1922) und Pius XI. (1922‑1939) wurde dieses Netz zu einem allgemeinen und umfassenden, weltweiten Spionageapparat ausgebaut, wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, daß sich Prälat Benigni schließlich in die Dienste Mussolinis stellte. (David A. Yallop: "Im Namen Gottes? Der mysteriöse Tod des 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. - Tatsachen und Hintergründe", München 1984, S. 24, 25) Theoretisch und praktisch umfaßte dieses Netz nun natürlich alle Priester, Nonnen, Mönche, Fratres und Laienbedienstete: potentielle Nachrichtenlieferer also nicht nur in den Hauptstädten, nein, auch in Kleinstädten und selbst in entlegenen Dörfern ‑ ein Netz, das nahezu lückenlos war und ist. Als besonders wertvoll erwiesen sich in diesem Geschäft natürlich die Jesuiten mit ihrer exquisiten Ausbildung, ihrer rigorosen Disziplin und straffen Organisation. Aber auch der Kirche nahestehende Organisationen, wie etwa die Malteserritter oder die Johanniter, zeigten sich in diesem Zusammenhang als besonders brauchbar. 1072

 

Als zu Kriegsbeginn der an der Wallstreet praktizierende Anwalt und Erster­Weltkrieg‑General William, »Wild Bill« Donovan mit Hilfe der britischen Geheimdienstorganisationen SIS und MI 6 praktisch über Nacht den CIA­Vorläufer OSS, das Office of Strategic Service, aus dem Boden stampfte, war sich dieser der Bedeutung und Wirksamkeit des vatikanischen Geheimdienstes offenbar sehr bewußt. Donovan sicherte sich sogleich die Dienste eines gewissen Pater Felix Morlion, Gründer eines weiteren katholischen Geheimdienstes namens »Pro Deo«, dessen Hauptquartier sich in Lissabon befand. Unter Donovans Schutz verlegte »Pro Deo« sein Hauptquartier nach New York, und das OSS übernahm die Finanzierung seiner Operationen. Nach dem Krieg wurde »Pro Deo« dann im Vatikan selbst untergebracht.

 

Zum Vatikan knüpfte Donovan auch direkte Kontakte, vor allem zu einem der vier Abschnittsleiter des vatikanischen Geheimdienstes, einem gewissen, bereits von James Jesus Angleton rekrutierten Monsignore Giovanni Montini, der ursprünglich keine kirchliche, sondern eine politische Karriere im Sinn gehabt hatte und wohl deshalb seit seiner Studienzeit ungeachtet vatikanischer Exkommunikationsgefahr auch Mitglied einer Freimaurerloge war. (Heinz Pfeifer: "Brüder des Schattens", Zürich 1981, S. 227) Während des Krieges arbeitete der spätere Papst also für die amerikanischen Nachrichtendienste und beförderte Informationen zwischen dem OSS und dem Vatikan hin und her. Nach dem Krieg, als Erzbischof von Mailand, übergab er der neugegründeten CIA detaillierte Akten über politisch aktive Priester, die die CIA wiederum später dazu nutzte, um die Wahlen von 1960 zu manipulieren. Kein Wunder, daß die Beziehungen zwischen Vatikan und CIA noch enger wurden, nachdem Abschnittsleiter Montini Papst geworden war. Dabei wiederum spielten wohl nicht zufällig die Freunde eines gewissen Licio Gelli eine nicht unbedeutende Rolle, wie man später sehen wird. Es muß daher auch niemanden verwundern, daß zahlreiche amerikanische Geheimdienstler Mitglieder des Malteserritterordens waren und sind, der Nahtstelle sozusagen zwischen CIA und Vatikan: beispielsweise CIA‑Direktor John McCone; der ehemalige CIA‑Chef William Casey; William Wilson, früherer Botschafter im Vatikan; Clara Boothe Luce, einst Botschafterin im Vatikan; George Rocca, früherer stellvertretender Chef der CIA-­Spionageabwehr, Alexandre de Marechnes, ehemaliger Leiter des französischen Geheimdienstes; die ehemaligen Chefs des italienischen Geheimdienstes, de Lorenco und Allavena; General Giuseppe Santovitto, ehemaliger Chef des militärischen Nachrichtendienstes und wie Allavena Logenbruder der Propaganda 2. Schließlich wäre auch noch der ehemalige NATO‑General Alexander Haigh zu erwähnen. General Gehlen, unter Hitler Leiter der Abteilung »Fremde Heere Ost« im Generalstab des Heeres, erhielt schon 1948 die höchste Auszeichnung, die die Malteserritter zu vergeben haben, ebenso dekorierten sie James Angleton, den ehemaligen OSS- und CIA‑Chef in Rom. Zu dieser ehrenwerten Ritter‑Runde gehörten natürlich auch der Nichtkatholik Licio Gelli und dessen Ordensbruder Umberto Ortolani, der bei der Wahl Montinis zum Papst nicht nur hinter den Kulissen mitmischte.

 

Daß sich die Beziehungen zwischen CIA und Vatikan auch später nicht nur auf namenlose Agenten wie die im »Collegium Russicum« in der römischen Via Carlino Cattaneo vor allem in späteren Jahren für den Ost‑Einsatz ausgebildeten »priesterlichen Agenten« beschränkte, sondern die ganze Hierarchie hinauf bis in die päpstlichen Gemächer reichte, zeigt die Geschichte des New Yorker Kardinals Francis Spellman, eines alten Freundes des früheren OSS‑Chefs »Wild Bill« Donovan. Spellman, wegen seiner guten Beziehungen zur Wallstreet zuweilen auch »Kardinal Geldsack« genannt, spielte eine überaus zwielichtige Rolle in Süd‑ und Mittelamerika, vor allem in Guatemala, wo er 1954 in direktem Auftrag der CIA einen Staatsstreich organisierte.  Später spielte er wiederum eine entscheidende Rolle bei der Beschaffung großer Summen schwarzen Schmiergeldes der amerikanischen Regierung für die katholische Kirche. Außerdem unterhielt er natürlich enge Beziehungen nicht nur zu Bernardino Nogara, dem Drahtzieher der Vatikanbank, sondern vor allem zu dem Geldwäscher der Mafia, Großbetrüger, Auftraggeber von Morden und Anschlägen, Michele Sindona, der schließlich das gesamte Geldwesen und die Investitionen des Vatikans überwachte.

 

Kardinal Spellman war es schließlich auch, der den Pater Paul Marcinkus, wie schon erwähnt, aus Chicago in den Vatikan brachte, der dort in enger Zusammenarbeit mit Sindona, Gelli & Co zum Erzbischof und Chef der Vatikanbank avancierte und Mitglied der Loge Propaganda 2 wurde, zu der auch Spellman direkte persönliche Beziehungen unterhielt. Als Malteserritter war Spellman Protektor und geistlicher Berater der amerikanischen Ritter und de facto ihr Oberhaupt. Spellman war also gewissermaßen das geistige Oberhaupt etlicher Chefs des amerikanischen Geheimdienstes CIA. Und so paßte es auch haargenau in das Puzzle, daß der Malteserritterorden schließlich bei der Finanzierung der »Contras« etwa in Nicaragua eine bedeutsame Rolle über die »World Anti-­Communist‑League« (WACL) des einstigen Generalmajors John Singlaub und über die Organisation »Americares« des amerikanischen Ordensoberhauptes J. P. Grace spielte, der vor 1971 symptomatischerweise für Radio Liberty und Radio Free Europe arbeitete. Die Verbindungen zwischen Vatikan und CIA bestehen nach wie vor, das Spiel geht weiter, denn offenbar haben wir es hier mit einem Teil jener Kräfte zu tun, die über Gut und Böse erhaben sind und somit auch über jede Art von Justiz.

 

Angeblich war es schon im November 1978 zu einem ersten Treffen zwischen Papst Johannes Paul II. und dem Chef der CIA‑Residenz in Rom gekommen. Dabei sei vereinbart worden, daß der Papst allwöchentlich nachrichtendienstliche Informationen frisch aus der CIA‑Küche erhalte? Diesen Informationen nach trifft sich der Papst einmal pro Woche in Rom mit Beamten der CIA zur Lagebesprechung. Als Kuriere für Geheiminformationen an das CIA‑Hauptquartier in Alexandria, Virginia, würden ebenfalls Malteserritter eingesetzt.

 

Daß dies natürlich kein einseitiges Geschäft war und ist, kann man sich vorstellen. Roberto Calvi, der Nachfolger Michele Sindonas als »Bankier Gottes«, behauptete, daß er persönlich am Transfer von 20 Millionen vatikanischer Dollar an die polnische Gewerkschaft »Solidarität« beteiligt war. Die Gesamtsumme, die über den Vatikan an die Gewerkschaft illegal transferiert wurde, dürfte die 100‑Millionen‑Grenze weit überschritten haben. Das ist natürlich gerade im Zusammenhang mit Polen kein Zufall: Der Rechtstitel der priesterlichen Oberhoheit, den sich das römische Papsttum vorsorglicherweise 1919 bei der Erklärung des Katholizismus zur polnischen Staatsreligion sicherte, wurde so zum gegebenen Mittel, um das »sozialistische Experiment« unter den freimaurerischen Insignien des sowjetischen Staatswappens zur gegebenen Zeit aufzuknacken. (...)

 

Quelle: "Das schwarze Reich. Geheimgesellschaften und Politik im 20. Jahrhundert" von E. R. Carmin, 5. Aufl., München 2000, S. 465-468

 

Anmerkung: Wie der Jesuit Malachi berichtet, soll Erzbischof Marcel Lefèbvre dem 33-Tage-Papst Johannes Paul I. eine Mappe mit Dokumenten zugespielt haben, die die freimaurerische Verbindung hoher Vatikanbeamter belegten. Zur gleichen Zeit veröffentlichte das Ex-P 2-Mitglied Mino Pecorelli eine Liste mit 121 Freimaurern, überwiegend Kardinäle, Bischöfe und höhere Prälaten.

 

Ergänzend wird u.a. auf folgende Beiträge hingewiesen:

 

Unterminierung

Inthronisierung Luzifers

Sedisvakanz

Marcel Lefèbvre

Marcel Lefèbvre (2)

Vatikan und Freimaurerei

 

Papst Benedikt XVI. tat gut daran, den Dialog mit den Traditionalisten zur Chefsache zu machen. In diesem Bereich tickt eine Zeitbombe, die einst die katholische Kirche zerreißen könnte. Alle christlichen Kirchen sollten zu einer einheitlich strikt ablehnenden Haltung gegenüber der Freimaurerei und ihren Metastasen-Clubs zurückkehren. An den vielzähligen päpstlichen Verurteilungen der Freimaurerei seit 1737 gibt es nichts zu deuteln und davon gibt es kirchenrechtlich auch kein "zurück". Die einzige Rechtfertigung für den Eintritt in eine Loge ist die Verkündung des Wort Gottes, die Missionierung und Läuterung der Verführten und die Erkundung feindlicher Angriffe gegen das Christentum.