Juden in Afghanistan

 

Was aber geschah mit den Juden von Kalach und denen am Chabur? Seit König Nabopolassar im Jahre 612 v. Chr. Assyrien erobert hatte, gab es ein großbabylonisches Reich, das bis zur Ostküste des Mittelmeeres reichte. Ob König Nabopolassars Eroberungskrieg der Grund war, daß die Juden nach Osten weiterzogen, ist nicht sicher. Vielleicht war er einer der Gründe, denn dieser Zug nach Osten hat zweifelsohne stattgefunden. Der Inder J. D. Shams hat in seinem Buch »Where did Jesus die?« eine Reihe von Zitaten gesammelt, die auf diesen Umstand hinweisen, und zwar zunächst einmal in bezug auf Afghanistan. So schreibt der englische Historiker Malcolm in seiner 1815 erschienenen »History of Persia«, daß viele Afghanen sich "Beni Israel" (Söhne Israels) nennen. Der Autor erwähnt auch eine alte Tradition, die besagt, daß viele Juden von Nebukadnezar II. in die Berge von Ghor verbannt wurden.

Sir Henry Yule wird folgendermaßen zitiert:

"Die afghanischen Chronisten nennen ihr Volk Beni Israel und behaupten, von König Saul abzustammen (den die Moslems Talut nennen) durch einen ihm zugeschriebenen Sohn namens Jeremiah, der wiederum einen Sohn Afghanna hatte. Der zahlreiche Stamm der Afghanna wurde durch Nebukadnezar umgesiedelt und wanderte durch die Berge von Ghor und Feroza in den Osten und Norden von Hirat."

Eine ähnliche Theorie stellt James B. Frazer in einem Buch über die Geschichte Persiens und Afghanistans auf.

»In Übereinstimmung mit ihren eigenen Traditionen glauben sie an ihre jüdische Abstammung; und in einer Geschichte der Afghanen (von Neamat-ullah) aus dem 16. Jahrhundert - kürzlich aus dem Persischen übersetzt - leiten sie sich her von Afghan, Sohn des Jeremiah, der abstammte von Saul, König von Israel. Dessen Nachkommenschaft - während des Exils verschleppt - wurde durch die Eroberer in die Berge von Ghor, Kabul, Candhar und Ghazni umgesiedelt. Sie bewahrten ihre Religion, bis sie den Islam annahmen.«

Auch die Civil and Military Gazette vom 23. November 1898 äußerte sich zu diesem Thema.

»Sie, die Afghanen, sehen sich als Abkömmlinge israelitischer Stämme. ( ... ) So mögen die Afghanen israelischer Herkunft sein, aufgesogen von den alten Rajput-Stämmen. Diese These erschien mir immer als die gangbarste Lösung des Problems.«

Eine sehr interessante Begebenheit ist von dem persischen Schah Nadir (1688-1747) überliefert. Dieser Usurpator und grausame Eroberer hat sich mit der Einnahme und der Zerstörung Delhis ein blutiges Denkmal gesetzt. Damals sollen 30.000, nach anderen Quellen sogar 200.000 Einwohner niedergemacht worden sein.

Als Schah Nadir in Peshawar einzog - einer Stadt nahe der afghanischen Nordostgrenze -, überreichten ihm einige Stammesführer eine hebräisch geschriebene Bibel, die sie für ihre überlieferten religiösen Kulthandlungen benützten.

Vielleicht am ausführlichsten geht der Autor H. W. Bellews in seinem Buch »The races of Afghanistan« (Kalkutta 1880) auf die vermutliche Herkunft eines Teils dieses Volkes ein.

»Die Überlieferung dieses Volkes nennt Syrien ihr Herkunftsland, als Nebukadnezar II. sie in die Knechtschaft führte und nach verschiedenen Teilen von Persien und Medien umsiedelte. Von diesen Ländern zogen sie in einer späteren Periode ostwärts in das Bergland von Ghor. Von den dortigen Einwohnern wurden sie "Bani Afghan" und "Bani Israel" genannt, das heißt "Kinder Afghans" und "Kinder Israels".

Zur Bekräftigung dieser These haben wir das Zeugnis des Propheten Esra mit dem Hinweis, daß die zehn Stämme Israels, die in die Knechtschaft geführt wurden, später entflohen und im Land, Arzareth Exil fanden. Wir haben nun Grund zu der Annahme, daß dieses Land identisch ist mit dem Hazaragebiet von heute und zusammen mit Ghor einen Teil bildet. Ebenso wird in dem Buch "Tabaqati Nasiri" erwähnt, daß während der Shansabi-Dynastie ein Volk namens Beni Israel existierte und daß einige von ihnen in reger Handelsbeziehung zu den Nachbarländern standen.«

Ich halte diese zitierten Hinweise - und es gäbe noch mehr davon - doch für geeignet, die These, in Afghanistan (und Kaschmir) lebten bis heute Nachkommen der »verlorenen Stämme«, zu untermauern. .....

Quelle: Siegfried Obermeier