Norbert Blüm

Man kann Norbert Blüm, außer seiner Mitgliedschaft in der CDU, einiges vorwerfen, so zum Beispiel sein jahrelanges Kuschen vor dem Dicken aus Oggersheim am Kabinettstisch und anderswo, aber eines muß in aller Deutlichkeit zu seiner Ehrenrettung gesagt werden: Wenn es um Menschenrechtsverletzungen ging, hat er nie geschwiegen. So hat er sich laut und öffentlich gegen das Folterregime in Chile gewandt, das sich mit Hilfe von CIA und Henry Kissinger (übrigens ein Kriegsverbrecher im Wiederholungsfall wie Scharon und Milosevic) an die Macht geputscht hatte.

Deshalb muß es auch ungeteilte Zustimmung finden, wenn Norbert Blüm sich jetzt für das arg geschundene Volk der Palästinenser einsetzt und Israel in der gebotenen Form kritisiert.

Unser ehemaliger Bundesarbeitsminister hat das Vorgehen der israelischen Armee in den palästinensischen Gebieten und die Politik von Ariel Scharon (der oben genannte Kriegsverbrecher) in einem Interview erneut als "Vernichtung" bezeichnet. In diesem Zusammenhang bezeichnete er den immer wieder mißbrauchten Vorwurf des Antisemitismus als "Knüppel" gegen Kritiker an der Politik Israels und ihrer Missachtung der Menschenrechte.

Paul Spiegel, der vielen Deutschen inzwischen fast so unsympathisch ist wie Michel Friedman, verstieg sich dazu, Blüms Kritik angesichts eines erneuten Terroranschlags (eines fanatischen muslimischen Selbstmörders) als "ungeheuerlich" zu bezeichnen. Herr Paul Spiegel hat wohl vergessen oder verdrängt, dass es die innerhalb der UNO versammelte Völkergemeinschaft für geboten erachtet hat, seit der Gründung des Staates Israel diesen in sage und schreibe 800 Resolutionen zur Ordnung zu rufen.

In dem Interview mit der Illustrierten "Stern" äußerte Blüm, er könne in den Aktionen der israelischen Armee keinen Abwehrkampf gegen den Terrorismus sehen, sondern nur Vernichtung.

Völlig zu recht hält Blüm auch provokative Kritik am Verhalten der israelischen Führung für geboten, sonst käme man nie heraus aus dem Teufelskreis von Attentaten und maßloser Vergeltung, bei der auch der Tod von Kindern in Kauf genommen wird.

Und so fragen wir mit Rudolf Augstein: "Ist Israel noch zu retten?"