Uwe Barschel ein Freimaurer?

 

Als der damalige Bischof von Holstein und Lübeck die Trauerpredigt für den in Genf verstorbenen Dr. Uwe Barschel hielt - damals ging man allgemein noch von Selbstmord und nicht von Mord aus - wunderte sich doch der eine oder andere über gewisse Formulierungen, wie beispielsweise "die brennende Scham", die ob dieses Dramas nicht nur empfunden und gepredigt, sondern auch medienweit transportiert wurde. Nur für die Eingeweihten und eine Handvoll wissender Profaner wurde die Signalsprache verständlich, der sich beispielsweise auch der Altbundeskanzler Kohl vor einer Horde handverlesener Logenbrüder in Hamburg bediente, als er seine kriminellen Handlungen damit rechtfertigte, die, "die guten Willens seien, würden ihn schon verstehen".

In diese Richtung gehende Spekulationen fanden neue Nahrung, als Joachim Siegerist die 5. Auflage von "Das Testament des Uwe Barschel" publizierte. Siegerist war hoher journalistischer Mitarbeiter im Axel Springer-Verlag und ist heute noch Vorsitzender der 'Deutschen Konservativen'. Der Freimaurer Wolfgang Bittner zitiert aus einem nachträglich in die 5. Auflage praktizierten Einschub: "Uwe Barschel, der als junger Mann von einem großen Förderer in die Freimaurerbewegung gelotst wurde, wollte sich von diesem in Waffengeschäfte verwickelten Kreis vermutlich befreien. Nicht nur das - er wollte 'auspacken', 'Die ganze Bande in die Luft jagen'. Dabei sprach er sogar von einer 'politischen Mafia' ... Es ist Tatsache, dass alle Mitglieder in der Familie Barschel bereits wenige Tage nach dem Tode Barschels von mehreren Seiten den Hinweis erhielten: Uwe Barschel ist von den Freimaurern umgebracht worden. Es war eine klassische und rituelle Hinrichtung ..."

 

 

 

Gerhard Stoltenberg, 73. Er war machtbewusst, aber in entscheidenden Situationen doch ein Zauderer. Bundeskanzler wäre er gern geworden, aber er scheute sich, gegen Helmut Kohl anzutreten: Obwohl ihn Parteifreunde drängten, verzichtete er 1973 bei der Wahl zum CDU‑Vorsitzenden wie bei der Nominierung zum Kanzlerkandidaten 1976. Der habilitierte Historiker, der schon während Konrad Adenauers Regierungszeit als Abgeordneter in Bonn eingerückt war, hatte bereits den Kanzlern Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger als Wissenschaftsminister gedient. Als schleswig‑ holsteinischer Ministerpräsident seit 1971 förderte er den ehrgeizigen Aufsteiger Uwe Barschel und machte ihn zu seinem Nachfolger, als er selbst 1982 Bundesfinanzminister wurde. Er konsolidierte die Staatsfinanzen, doch die CDU‑Sozialpolitiker um Norbert Blüm bremsten ihn aus. Die bis dahin größte Steuerreform wurde durch Widerstand in den eigenen Reihen in drei Stufen zerlegt und verpuffte ziemlich wirkungslos. Nachdem die Barschel‑Affäre 1987 auch Stoltenbergs Ansehen in Bonn beschädigt hatte, schob ihn Kohl anderthalb Jahre später in das Amt des Verteidigungsministers ab. 1992 trat er wegen ungenehmigter Panzerlieferungen an die Türkei zurück. Gerhard Stoltenberg starb am 23. November in Bonn‑Bad Godesberg an Krebs.

 

Quelle des Nachrufs: DER SPIEGEL 49 / 2001 / 262