Rotarier Jörg Schönbohm

 

Im Kleinkrieg zwischen Spaßguerilla und dem ehemaligen Innensenator hat die Justiz ein Machtwort gesprochen. Wer Schönbohm gegen den Vorwurf der Sodomie in Schutz nimmt, bleibt straffrei. Alles klar?

 

Die Manövergefechte hat der Bundeswehrgeneral a.D. Jörg Schönbohm (CDU) wohlbehalten überstanden. Auch das raue politi­sche Klima in der Hauptstadt konnte ihm während seinerzeit als Berliner Innensenator nichts anha­ben. Nur einen Schatten wird der heutige Brandenburger Innenmi­nister partout nicht los: Er wird von einem Schaf verfolgt.

 

Die Verantwortung dafür trägt die Justiz, die weder Kosten noch Mühe scheut, eine Kreuzberger Spaßmacherfraktion für eine we­nig appetitliche Satire zur Rechen­schaft zu ziehen.

 

Dabei ist es mit der Satire so wie mit dem Geschmack: Man sollte darüber nicht streiten und schon gar nicht richten wollen. In Sachen Schönbohm und Schaf mussten sich vor dem Amtsgericht gestern ein 34-jähriger Student und ein 31-jähriger Erzieher we­gen Beleidigung verantworten. Bei der „revolutionären“ 1.-Mai-Demonstration 1998 in Kreuzberg sollen die beiden ein 2,50 mal 1,50 Meter großes Laken als Transpa­rent entfaltet haben, auf dem zu le­sen war:

 

„Schönbohm hat noch nie Schafe gefickt“.

 

Die Polizei kassierte das Laken bei einer Vorkontrolle ein und no­tierte die Personalien. Später er­reichte die beiden ein schriftlicher Strafbefehl, in dem sie von einem Richter auf Antrag der Staatsan­waltschaft zu jeweils 500 Mark Geldstrafe verurteilt wurden. Nachdem der Student und der Er­zieher dagegen Einspruch einge­legt hatten, kam es gestern zur mündlichen Verhandlung. Nach einer Stunde wurde der Prozess eingestellt. Die Kosten für das Ver­fahren trägt die Landeskasse. Nur ihre Anwaltskosten müssen die beiden selbst berappen.

 

Ausschlaggebend für das Er­gebnis war die unwegsame Rechtsmaterie. Denn Beleidigung ist nicht gleich Beleidigung. Vor Gericht hatten sich die Angeklag­ten darauf berufen, dass der Text auf dem Transparent eine Ehrer­klärung für Schönbohm bedeuten sollte. Schließlich hätten in jener Zeit in der Kreuzberger Szene Gerüchte über sodomistische Prakti­ken des ehemaligen Innensenators kursiert. Geschürt worden seien diese insbesondere aus Kreisen der KPD/RZ. Dieser haltlosen Be­hauptung habe man auf der De­monstration entgegentreten wol­len, weil man dort auch die Urhe­ber des Gerüchtes vermutete, so die Angeklagten.

 

Um die beiden verurteilen zu können, hätte der Nachweis er­bracht werden müssen, dass es sich um eine so genannte Formal­beleidigung handelt. Das heißt: Eine an sich nicht beleidigende Tatsache ist nur deshalb behauptet worden, um jemanden zu beleidi­gen. Dies hätte das Gericht nach Ansicht  von Verteidiger Volker Ratzmann aber nur beweisen kön­nen, wenn Jörg Schönbohm als Zeuge zu seinen Sexpraktiken ge­hört worden wäre.

 

Bleibt zu hoffen, dass nach der gestrigen Einstellung des Verfah­rens endlich Ruhe an der Schönbohm-Schaf-Front einkehrt. Al­lerdings ist beim Staatsschutz im­mer noch ein Ermittlungsverfah­ren gegen die unbekannten Her­steller der Szenezeitschrift Interim anhängig, die im August 1998 auf dem Titelbild eine Fotomontage abgebildet hatten, auf der Schön­bohm in eindeutig sexueller Hand­lung mit einem Schaf zu sehen ist. Der Titel der Nummer lautete: „Schönbohm ist ein Schafsodomist“.     

 

Quelle: Plutonia Plarre in „die tageszeitung“ vom 5. Januar 2000 („Schönbohm ist kein Schaf“)

 

Anmerkung: Nach dem Mitgliederverzeichnis 1984/85 war Jörg Schönbohm Mitglied im Rotary-Club Detmold. Lt. Internet soll er seit 1974 Rotarier sein.

Im übrigen fallen uns zum Thema „Militär und Sodomie“ zwei Anekdoten ein:

 

Der alte Fritz rügte einen ertappten Kavalleristen mit den Worten: „Das Schwein ist zur Infanterie zu versetzen!“

 

Während der mit äußerster Verbissenheit geführten Kämpfe des „Inselspringens“ im Pazifik pflegten die US-Soldaten ihre japanischen Kontrahenten mit der Majestätsbeleidigung: „Hirohito ist ein Hühnerficker“ zu unbedachten Stürmen aus ihren Schützengräben zu verleiten.

 

Übrigens hatte die taz 1999 wegen des Faksimileabdrucks der Fotomontage (Schönbohm begattet ein Schaf) eine Rüge des Presserats kassiert. Textberichterstattung war o.k., aber Nachdruck der Fotomontage ging zu weit. Unabhängig davon, daß eine solche Perversion bei einem General + Rotarier + Landesminister schwer vorstellbar ist, bleibt es bei dem absoluten zivilrechtlichen Schutz der Intimsphäre (vgl. BGH NJW 1988, 1984).