Freunde fürs Leben

 

(…) Studien und der gesunde Menschenverstand belegen, dass man schon Erfolg gehabt haben muss, bevor man Rotarier wird – zumindest in Deutschland. „Die Bedeutung der Rotarier für das berufliche Fortkommen wird überschätzt“, sagt der Darmstädter Soziologieprofessor und Elitenspezialist Klaus Hermann. Noch nie in seinen 15 Jahren Beratertätigkeit sei die Rotary-Mitgliedschaft für eine Auswahl wichtig gewesen, bestätigt Personalberater Jürgen Tanneberger, Geschäftsführender Gesellschafter von Egon Zehnder in Hamburg. Er selbst ist wie schon sein Vater Rotarier im Club Hamburg-Harburg.

Es schadet aber auch nicht dazuzugehören. Blättern wir also im Mitgliederhandbuch. Unter den Führungskräften der Dax-Unternehmen finden sich zahllose Freunde, darunter Herbert Hainer, Vorstandschef von Adidas-Salomon. Auch Freund Lehner, Ulrich, steht drin, Chef von Henkel. Gerhard Cromme ist Rotarier, der Oberaufseher von Thyssen-Krupp.

Vier der acht Vorstände des Chemiekonzerns BASF tragen manchmal das Knöpfchen mit dem Zahnrad am Revers, im Allianz-Vorstand sitzen drei „Freunde“. Das rotarische Unternehmen schlechthin aber ist Siemens. Wenn sich der Vorstand trifft, dann ist das ein Freundschaftsbund der Extraklasse. Sechs der elf Konzernvorstände dürfen sich mit „Freund“ anreden, drei davon, inklusive Chef Klaus Kleinfeld, sind in Erlanger Clubs zu Hause. Ein Sprecher des Unternehmens nimmt es mit Überraschung auf: „Oooh. Das spielt im Siemens-Alltag keinerlei Rolle.“

Handelsblatt vom 30.12.2005 (Auszug)