Springers Nazionismus

 

Kapitel 9: "RENE SONDEREGGER"

 

Rene Sonderegger - Schweizer Journalist, später als Severin Reinhard bekannt durch politische Schriften und Bücher. An den ihm untergeschobenen 'Antisemitismus' (was immer das sein mag, auch Araber und Äthiopier sind Semiten) ist schwer zu glauben. 1933 schrieb Sonderegger‑Reinhard nach Hitlers Machtantritt über die 'Judenfrage': «Selbst die brutale deutsche Boykottbewegung gegen die deutsche Judenschaft verhinderte nicht, dass sich das aus der Krise entstandene Übelwollen gutschweizerischer Volkskreise gegen die Juden festigte.»

 

Aus seinem "Spanischen Sommer" hier die ersten Seiten und die beiden Absätze "Die amerikanische Finanzierung Hitlers" und "Das Warburg­-Geheimnis".

 

 

                                                         Severin Reinhard

 

                          SPANISCHER SOMMER

 

                                                  Die abendländische Wandlung

                                                    zwischen Osten und Westen

 

 


                         INHALT

 

                                                        Seite

Einleitung: Europäische Reise

Dom im Nebel . . . . . . . . 9

Furcht auf Reisen . . . . . . . 10

Ueber den Kirchtürmen Europas . . . .13

Hinter den Pyrenäen . . . . . . .17

 

1. Kapitel: Spanien im Weltgeschehen

 

Spanische Gegenwart . . . . . . .                                                                   23

Isolierte Erneuerung . . . . . . .                                                                   30

Die Lehre des Bürgerkrieges                                                                   34

Praktikum der Leninschule . . . . . 38

Progressive Auswirkung . . . . . .42

Willielm Tell und Den Quijote . . . . 51

Leviathan ante portas . . . . . .57

Völkerrecht und Weltherrschaft . . . . 64

Politik und Wandlung . . . . . . 70

 

2. Kapitel: Politik und Spekulation in weltgeschichtlichen Tatsachen

 

Seltsame Wechselwirkung . . . . . 77

Politische Lügen als Spaltpilze . . . . 82

Wallstreetbörse und Russenpolitik . . . 86

Tolstoj und die permanente Revolution . . 90

Weltankläger Torquemada . . . . . 93

Wischinsky's Inquisition . . . . . . 95

 

3. Kapitel: Geld und Geschichte

 

Das Bankhaus Kuhn Loeb & Cie .. . . . 105

Getrennte Geschäfte und geeinte Partner .                                                        111

Rotschild und Warburg                     120

Jakob H. Schiff 's «großer Coup» . . .                                                                   128


Die Anweisung auf das Kriegsgeschäft    136

Leon Trotzki und die Geldgeber des Bolsche­wismus . . . . . . . . . .                  138

Der besondere Preis . . . . . . . 146

 

4. Kapitel: Gottesreich des Goldes

 

Bankiers, Puritaner und Propheten . . . 151

Das religiöse Motiv des Bankhauses . . . 155

Macht und Zweck des Gottesreiches . . . 161

Auf der Spur des Zionismus . . . . . 166

Antisemitismus als Rezept . . . . . 170

Die amerikanische Finanzierung Hitlers . . 174

Das Warburg‑Geheimnis . . . . . . 183

 

5. Kapitel: Die kommunistische Kehrseite des Kapitalismus

 

Paul M. Warburg's Griff nach der Währung .                                  197

Die Finanzierung der Zersetzung . . . .                                  202

                                 

"Operation Mauseloch" und das Gesetz Moses                            207

Die talmudische Kippe zum Nihilismus                                  216

 

6. Kapitel: Wertung und Ausblick

 

Die große Inversion . . . . . . . 225

Der Weg der abendländischen Wandlung . . 232

Dualismus und Einheit des Geistes . . . 238

Gott ohne Geist? . . . . . . . . 243

Schuldfrage und Sühne . . . . . . 248

Auf dem Wege zur Synthese . . . . . 257

 

7. Kapitel: Der spanische Sommer

 

Kreutzer‑Sonate . . . . . . . . 269

Sommerlicher Ausklang . . . . . . 275

 

Dokumentar‑ und Quellennachweis, Anmerkungen . . . 289


 

......In einer Zeit, wo Völker ihr Vaterland aufgeben, wo ihre heißbesungenen Begriffe zuammenfallen, erlebt die Welt ein eigenartiges Schauspiel der Staatsgründung. Eine einfache Frage muß die Antwort erzwingen. Wer den Antisemitismus finanziert, fördert den Zionismus! Wer also den größten Antisemiten des Jahrhunderts finanziert hat, Adolf Hitler, der hat zweifelsohne auch dem Zionismus größten Auftrieb verliehen.

 

Die amerikanische Finanzierung Hitlers

 

Es hieße, den diplomatischen Fähigkeiten hervorragender Zionisten wenig zuzutrauen, wenn man ihnen die Ueberwindung. des Abel­willens der Juden gegen die Besiedlung der palästinensischen. Wüste nicht zumuten würde. Wenn es sich zuerst darum gehandelt hat, die Juden selber für Palästina zu interessieren, so mußte ein kräftiger Antisemitismus unter den Völkern entschieden zugkräftig für den Zionismus sein. Die Anwendung des antisemitischen Rezeptes war aber auch wirksam, um die andern Völker für die Idee zu gewinnen. Die Regierungen aller Länder bemühen sich, ihren Völkern das beunruhigende Laster des Judenhasses auf diese oder jene Weise abzugewöhnen. Statt die natürlichen Ursachen der Judenhetze abzuklären und zu beheben, versuchen die vereinigten Mächte der öffentlichen Meinung das Recht auf Stimmungen abzusprechen, die sich periodisch gegen das Judentum richten. Vielerorts ist man dazu übergegangen, Antisemitismus als strafrechtlich erfaßbares Delikt zu bezeichnen. Damit ist eine Folgeerscheinung willkürlich in Ursache verwandelt und diese, als Erreger, den Medikamenten gleichgesetzt, die nur auf ärztliches Rezept hin den Patienten verabreicht werden dür­fen. Um festzustellen, wer das gefährliche Mittel an die

Patienten, in diesem Falle die Völker der Erde, verab­reichen darf, muß erforscht werden, wer dem Antisemi­tismus Vorschub leistet. Das kann am allerbesten und deutlichsten am Beispiel Hitlers gezeigt werden, dem zwei­fellos nicht abzusprechen ist, daß er am meisten und gründlichsten Antisemitismus erzeugt und verbreitet hat. Es ist dabei in Betracht zu ziehen, daß Adolf Hitler kei­neswegs dilettantisch vorgegangen ist, indem er einfach eine judenfeindliche Stimmung im deutschen Volke er­zeugt hat. Er hatte auch keineswegs die gewöhnliche Politik der Verlegenheit angewandt, die den Juden als Sündenbock für wirtschaftlichen Mißerfolg dem Volkszorn preisgibt. Bekanntlich hat Hitler nach seinem Machtantritt das wirtschaftliche und finanzielle Schicksal Deutschlands in die eigene Hand genommen und gewissermaßen in Idealkonkurrenz zu Franklin D. Roosevelt verschiedene Probleme der Wirtschaft angepackt, wie beispielsweise die Arbeitslosigkeit. Den Juden aber hatte er den Krieg erklärt. Er hatte dies nicht über Nacht getan und hatte sie nicht plötzlich überfallen, sondern er bekannte sich in seinem Buche "Mein Kampf" als unversöhnlicher Gegner des Judentums Es blieb den Juden in Deutschland an­heimgestellt, seine Androhungen ernst zu nehmen oder sie zu mißachten, aber ein Zweifel darüber ist er weder den Juden selber noch irgend jemandem schuldig ge­blieben, daß er bei Antritt der Macht den Krieg gegen das Judenvolk mit aller Schärfe führen werde. Demnach ist Adolf Hitler als Judenfeind zu betrachten, der sich wie kein anderer Staatsmann in der Geschichte offen gegen die Juden wandte. Es ist keinem intelligenten Menschen zuzutrauen, zu glauben, daß Mächte, welche am Zustandekommen der Machtergreifung Hitlers beteiligt waren, diese Gesinnung Hitlers verkannt haben und von seiner antisemitischen Einstellung nichts wußten. Im Gegenteil mußte sich jedermann, der Hitler im großen finanziell unterstützte, darüber klar sein, daß damit auch der antisemitische Krieg unterstützt würde. Der hitler­sche Antisemitismus hatte aber nicht nur in Deutschland seine Wirkung, sondern ganz Europa wurde von den Folgen der judenfeindlichen Handlungen Hitlers erfaßt und was in Deutschland an antisemitischem Samen gesät war, ging auch bald in der ganzen Welt als zionistisches Erwecken tausendfältig auf.

 

Es war durchaus nicht das erste Mal in der Geschichte der Völker, daß Menschen um ihrer Gesinnung oder Herkunft willen verfolgt und in die Emigration getrieben wurden. Aus dieser Tatsache hat sich aber auch manche Erschließung neuer Erde und neuer Möglichkeiten ergeben. Gerade das Beispiel der Puritaner zeigt, wie politische Ursachen oftmals kolonisatorische Wirkungen nach sich ziehen. Auch die Hugenotten haben aus der Not ihrer Emigration eine Tugend gemacht und viele der europäischen Wandlungen haben die Besiedlung des amerikanischen Kontinentes nach sich gezogen. An praktischen Vorschlägen, die von Hitler vertriebenen Juden kolonisatorisch zu erfassen und ihre Enttäuschung über eine Zivilisation in neue sinnvolle Lebensgestaltung umzuleiten, hat es nicht gefehlt. Es zeigt sich aber, daß der Zionismus aus diesen Verfolgungen der Juden allein Ernte hielt und zwar nicht nur inbezug auf die Verwirklichung des Judenstaates in Palästina, sondern auch als geistiger Auftrieb, dem eine Art jüdische Renaissance auf dem Fuße folgte.

 

Es wäre schlecht gedacht, einer Persönlichkeit vom Stande und der Bildung des deutschen Bank‑ und Industrieführers Max M. Warburg zuzutrauen, er würde die wahre Einstellung Hitlers verkannt haben und sich haben verleiten lassen, in Deutschland zu verbleiben, bis schließlich eine letzte Welle, kurz vor Ausbruch des unvermeidlichen Weltkrieges, auch das Haus Warburg & Cie. in Hamburg hinwegspühlte. Vielmehr ist anzunehmen, daß der bedeutende Mann das Unvermeidliche soweit an sich hatte herankommen lassen, bis er im Juli 1938 die Zeit gekommen sah, das sinkende Schiff Deutschland zu verlassen. Es ist nicht zu übersehen, daß Max M. Warburg nicht nur der Bruder des großen Paul M. Warburg im Bankhaus Kuhn Loeb & Cie. war, der als einziger unter den amerikanischen Finanz‑ und Wirtschaftsführern den "schwarzen Freitag" voraussagen konnte, sondern imstande war, seinen in Deutschland verbliebenen Bruder vor kommenden Dingen zu warnen. Aber Max M. Warburg war ja auch der Bruder von Felix M. Warburg dem Vorsitzenden des Administrative Committee der Jewish Agency, der als einer der führenden Zionisten zu gelten hat und im Aufbau Palästinas eine eigenartige, maßgebliche Stellung inne hatte. Seine Gattin war Vorsitzende der zionistischen Frauenorganisationen und in Dr. Judah L. Magnes, dem Kanzler der hebräischen Universität in Jerusalem, besaß der unerschöpfliche Finanzmann einen Mitarbeiter, der als die geistige Kapazität des Judentums eine besonders wichtige Rolle im Zionismus spielt.

 

Wenn von einem einzigartigen Geschäft die Rede ist, welches zwischen 1929 und 1933 entscheidend dazu beigetragen hat, Adolf Hitler "auf legalem Wege" zum Machthaber in Deutschland zu machen, so handelt es sich um eine Parallele zu den finanziellen Unternehmungen, mit denen der Gründerpräsident des Bankhauses Kuhn Loeb & Cie., Jakob H. Schiff, schon einmal den Verlauf der geschichtlichen Ereignisse beeinflußt hat. Trotz der sehr imposanten Höhe der dabei aufgewendeten Summen, handelte es sich aber stets um spekulative Einsätze, denen die Bedeutung des Züngleins an der Waage zufiel. Was weit mehr als das eingesetzte Geld zum Gelingen beitrug, war die kühne Konzeption und die einzigartige Strategie, welche bei diesen Eroberungen, wie von einem Generalstab, angewendet wurde. Nur ein Kopf, der gewohnt war, in Jahrhunderten zu denken und Begriffe ebenso wie Machtmittel zur Seite zu haben, war imstande, solche Einsätze zu rechtfertigen. Rechtfertigen vor wem? Nun, zunächst vor den Teilhabern des Bankhauses Kuhn Loeb & Cie.

 

Die Rolle eines Mitgliedes der Familie Warburg, bei der Finanzierung Hitlers in den entscheidenden Phasen seines Aufstieges zur Macht, erträgt eine Reihe von Deutungen, von mythologischen Zusammenhängen bis zu primitiven Wirklichkeiten. Aber die Mystifikation, welche das Warburggeheimnis umgibt, ist unschwer in klare Tatsachen aufzulösen. Zunächst ist allerdings eine Publikation maßgebend, welche im Jahre 1933 bei dem bekannten Verlage Holkema und Warendorf in Amsterdam erschienen ist und den Titel trägt: "Die Geldquellen des Nationalsozialismus". Es ist ein Bericht über drei Verhandlungen mit Hitler. Als Autor ist Sidney Warburg genannt und der holländische Text ist von ­einem Schriftsteller namens J. G. Schoup aus einer Sammlung von Originalaufzeichnungen, tagebuchartigen Hinweisen und Berichten verfaßt worden. Soweit dabei handgreifliche Verschreibungen und Mängel am Manuskript haften geblieben sind, handelt es sich, wie bei den Fehlern an orientalischen Teppichen, weit mehr um Beweise der Echtheit des Dokumentes, als um das Gegenteil. Das Buch hatte aber kaum das Licht des Tages erblickt, als es auch schon aus dem Handel zurückgezogen wurde. Nur wenige Exemplare scheinen den Weg in die Freiheit gefunden zu haben, und was von einem jüdischen Rechtsanwalt in Amsterdam, im offensichtlichen Auftrag der Warburg‑Familie nicht zurückgeholt werden konnte, wurde von Geheimpolizisten der Hitlerbewegung in Holland erjagt. Nachdem Hitler zum Haupt des benachbarten Deutschland geworden war, wäre es dem kleinen Staate Holland zweifellos auch nicht wohlbekommen, wenn diese Dokumentationen, die ein finanzielles Geheimnis des Führers beleuchteten, ausgekommen wären. Dazu existierte in Holland bereits eine nationalsozialistische Bewegung unter der Führung Musserts, die sich alle Mühe gab, auch die Gerüchte um dieses Buch, die überall herumschwirrten, zum Verstummen zu bringen. Die bloße Kenntnis einer bevorstehenden Publikation über Enthüllungen eines Mitgliedes der Familie Warburg hatte in Europäischen Bankkreisen erhebliches Aufsehen erregt und das Interesse daran wollte nicht abflauen, bis endlich eine Broschüre erschien, die einen ähnlichen Titel trug, vom Kassier der Mussertbewegung in Holland verfaßt war und allgemeine Behauptungen über die finanzielle Sauberkeit und Unabhängigkeit der Hitlerbewegung enthielt. Die Empfänger, welche anderes erwartet hatten, gaben ihrer Enttäuschung Ausdruck und es prägte sich das Wort "Mystifikation", welches zum schützenden Nebel um das verschwundene Buch eines Warburg wurde. Auffallenderweise verzog sich auch der in Amsterdam wohnende Anwalt, welcher das Verschwinden des Buches geleitet hatte, nach den Vereinigten Staaten, wo er als Mitbewohner im Hause gesichtet wurde, das auch von Max M. Warburg nach seiner Flucht aus Deutschland bewohnt worden ist.

 

So gründlich die belastende Dokumentation über den finanziellen Grund von Hitlers Erfolg beseitigt worden war, so fielen doch dem österreichischen Gesandten von Alexis in den Haag die zwei Exemplare in die Hände, welche offenbar in die Stöße von Büchern geraten waren, die eine Bibliothek zu empfangen pflegt, um sie sukzessive zu katalogisieren. So kam das geheimnisvolle Buch in zwei Exemplaren nach Wien, wo es vom Bundeskanzler und einigen Vertrauten der Regierung gelesen wurde. Die Herausgabe dieser Wahrheiten schien den Oesterreichern aber nicht mehr ratsam, nachdem sie durch den Mord an Bundeskanzler Dollfuß und die Umtriebe der national sozialistischen Zentrale an der Teinfaltstraße eingeschüchtert und von drohenden Maßnahmen des Reiches bedroht waren. Dazu schien es der Regierung nicht geraten, unter den Augen des deutschen Gesandten von Papen die Weltöffentlichkeit auf diese Zusammenhänge hinzuweisen. Die zuständigen Stellen sandten daher einen Vertrauensmann in die benachbarte Schweiz, wo soeben die Enthüllungen von Dr. Otto Straßer über die Vorgänge in Deutschland in einem Buche "Die deutsche Bartholomäusnacht" erschienen waren. Ehe noch der deutsche Griff nach Oesterreich vollzogen war, wurde das eine der beiden Exemplare dem Verleger Straßers ausgehändigt, der in der Folge eine kleine Publikation unter dem Titel "Finanzielle Weltgeschichte" (Resoverlag 1936) herausgab, deren Wirkung in der Flut von politischen und andern Enthüllungen unterging.

 

Eine erste Abklärung über den wahren Verfasser des geheimnisvollen Buches ergab sich aus einer zufälligen Unterhaltung, die der Verfasser mit dem gerade zum Minister ernannten schweizerischen Geschäftsträger in Prag, Dr. Bruggmann, im Kreise seiner Familie hatte. Nach Erwähnung des Namens und der Umstände bestätigte die Gattin des hohen Gastgebers, daß es sich um niemand anders handeln könne, als einen Gespielen aus Ihrer Jugendzeit, der auch ihr Schulkollege war und sie gab eine Reihe von Feststellungen an, welche nicht nur auf die Angaben des Buches paßten, sondern die Persönlichkeit des Verfassers deutlich machten. Sidney ist ein naheliegendes Synonym für James, weil beide Namen im familiären Umgang mit "Shimmy" bezeichnet werden und nach sorgsamen Prüfungen sowohl der im Buche erwähnten Umstände als auch der übrigen Charakterisierungen und Tatsachen konnte hinter dem Verfasser niemand anders zu suchen sein, als James P. Warburg, der im Jahre 1896 geborene, einzige Sohn des früheren Staatssekretärs Paul M. Warburg, des Teilhabers von Kuhn Loeb & Cie. Das ungewollte Zeugnis der hohen Dame erhielt sein Relief durch den Umstand, daß es sich bei ihr um die Schwester des früheren Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten, Henry A. Wallace, handelt, die als Gattin des schweizerischen Gesandten, Minister Bruggmann, alsbald in Washington ihren neuen Wirkungskreis antreten konnte.

 

Eine Folge von weitern Zeugnissen, Indizien und schlüssigen Beweisen verdichtete die Vermutung über die Persönlichkeit des Autors zur einfachen, leicht beweisbaren Tatsache. Ganz abgesehen davon erleichterten die schriftstellerischen Leistungen, welche James P. Warburg in den nachfolgenden Jahren zutage brachte, erheblich die Klärung der Zusammenhänge. In seinen Büchern "The Money Muddle" und "It's up to us", welche beide im Jahre 1934 in New York erschienen sind, enthüllt sich die geistige Beschaffenheit eines Mannes, der sowohl als Mitglied der Hochfinanz, als auch durch sein ganz besonderes Wissen und seine Theorien und Lehren zu einzigartiger Bedeutung emporgewachsen ist. Zwischen den Zeilen fast eher als in immerhin deutlichen Anmerkungen, aus Lücken ebensowohl wie aus enthüllenden Hinweisen ergibt sich die unwiderlegbare Bestätigung seiner geheimen Mission, die er bei Hitler zur Ausführung gebracht hat. Dazu ist seine freundschaftliche Beziehung zu Präsident Roosevelt, der ihm ganz besondere psychologische Kenntnisse der beiden Diktatoren in Europa, Hitler und Mussolini verdanken konnte, und seine Vertrautheit mit der weltpolitischen Umspannung der Welt durch die Diplomatie des Weißen Hauses ein solider Grund für die übrigen Beweise seiner Intervention im Schicksal Europas.

 

Die gewaltigen Geldmittel, welche Hitler durch Warburg in den entscheidenden Phasen seines Aufstieges vermittelt worden sind, haben ihre Wirkung getan. Der deutsche Riese Goliath ist, wie einst der zaristische Koloß, gefällt. Die Zerrüttung des europäischen Kontinentes, der Zerfall seiner Zivilisation und die endgültige Vernichtung seiner Vorherrschaft hat zwar den Boden für die Errichtung des amerikanischen Imperiums freigegeben. Im Wesentlichen aber ist aus diesem vernichteten Europa der unwiderlegbare Beweis für die Notwendigkeit des Gottesreiches der Juden in Palästina und auf Erden aufgestiegen und hat alle Juden in allen Ländern in einer Art und Weise geeinigt, wie das die Führer des Zionismus kaum zu hoffen wagten, als sie Theodor Herzl's Idee zur Aufgabe übernahmen. Aber auch alle Völker, die teils in ihre Ghettos zurückgeworfen und der Bestrafung ausgeliefert sind, haben diese Notwendigkeit begriffen. Dazu ist im weitesten Sinne die Erfüllung der biblischen Prophetie in die Wege geleitet worden und die Menschheit steht im Begriffe, erfassen und begreifen zu lernen, daß eine talmudische Rechnung darüber geführt worden ist, was dem Volk Israel auf seinem Wege zum Gottesreiche Gutes und Böses angetan worden ist.

 

Die gigantische Finanzierung Hitlers war somit eine Finanzierung des Antisemitismus. Aus den Katastrophen hat sich das zionistische Ziel als Licht in der Dunkelheit des ewigen Wanderers Ahasverus erhoben. Der Friedhof der Nationen, das Schlachtfeld der Zivilisation und die Ghettos der niedergeworfenen Völker reihen sich an den Pfad, auf welchem der Zug der Hebräer seinem Ziele zustrebt. Was an Irrtümern der Menschheit an Bruchstellen der Entwicklung und an Sünden der Geschichte seine Fälligkeit erleben mußte, das hat sich als Steinbett des einzigartigen Weges erwiesen, durch welchen ein Volk seine Neugeburt erleben will. Ein Reich, dessen Vernunft die Anschauungen der Völker beleben, dessen Macht sie beherrschen und dessen weise Führung sie lenken und zum Ziele führen soll, wird. das Gottesreich auf Erden sein, das mit Kanaan übereinstimmt.

 

                                                Das Warburg‑Geheimnis

 

Der Ablauf geschichtlicher Ereignisse erfährt in der Geschichtsschreibung zuweilen erst nach Jahrhunderten die Würdigung, welche den Wirklichkeiten zukommt, die sich hinter den Vorkommnissen versteckt gehalten haben. Erst im Bilde der Epochen, welche das Werden der Menschheit bestimmen, entblößen sich Triebkräfte, deren Wesen unbekannt geblieben ist. Was als Durchbruch festgestellt werden muß, entpuppt sich oft als Folge eines biologischen Vollzuges und was an elementaren Kräften in explosiven Wirkungen zutage getreten ist, kann später oft als Erfüllung neuer, geistiger Erkenntnis verständlich gemacht werden.

 

Das Warburggeheimnis ist eine erregende Tatsache, welche nicht nur die Geschichtsschreibung in neue, bisher noch kaum betretene Gefilde lenkt, auf denen es Tatsachen, Ursachen und Wirkungen zu ordnen gibt, sondern das Geheimnis deutet, das in dieser Darstellung deutlich gemacht wird. Ein neues Kapitel der Weltgeschichte wird sozusagen auf der Schwelle seines Vollzuges erschlossen

 

Warburg hat seine Niederschriften, die Tagebuchnotizen, Kabeltexte, Protokolle und eigenen Vermerkungen in einem Augenblicke preisgegeben, als ihn seine eigene Rolle, die ihm zugewiesen war, übermannte. Was die Stärke seines Herzens war, ist ihm zweifellos als Schwäche ausgelegt worden und bedingte seine unentwegte Bemühung, sich in der Folge zu rechtfertigen und als Nachfolger seines Vaters nicht nur dem ­engen Kreise des Bankhauses anzugehören, wo er als Erbe seinen Platz fand, sondern auch den Rang im "Uebergeschehen" zu erwerben, an dem teilzunehmen und mitzuwirken er berufen war. Er hatte im Freundeskreise aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht, als er in England die frischen Eindrücke wiedergab, die er auf seinem letzten Besuche in Berlin aufgenommen hatte. Für einen kurzen Augenblick glaubte er es mit seinem Gewissen nicht vereinen zu können, sein Wissen um die Hintergründe des Geschehens für sich zu behalten. Er wollte sich opfern, um der Menschheit zu dienen. Damit enthüllte er eine messianische Leidenschaft, wie sie in seinem engeren Umkreis durchaus naheliegend und verständlich sein muß, denn alles, was den jungen Mann umgab, war ein unentwegtes Sichbewegen im Kreis der prophetischen Dinge. Als Sohn eines Berufenen und Sproß eines Geschlechtes, das Höchstes und Letztes vertritt, brauchte er keineswegs zu lernen, was seine Aufgabe sein sollte, sondern es kam nur darauf an, in sie hineinzuwachsen. Die Preisgabe eines Geheimnisses, unter dem Druck des Gewissens, war ihm, trotz der unermeßlichen Gefährdung, nicht schwer anzurechnen. Es ist anzunehmen, daß es ihm gelungen ist, die Scharte auszuwetzen und er dürfte als Teilhaber des geheimnisvollen Bankhauses weit mehr als nur die Rolle eines Weltbankiers und superklugen Schriftstellers innehaben.

 

Der amerikanische Journalist H. R. Knickerbocker beschreibt in seinem berühmten Buche "Deutschland So oder So?" (hitlerisch oder kommunistisch?) die Lage auf dem europäischen Kontinent im Jahre 1932 und kam zu folgenden Schlußfolgerungen:

 

"Die amerikanischen Investitionen auf dem europäischen Kontinent sind in einem Schlachtfeld angelegt.

 

Das deutsche Volk hat als Ganzes den Versailler Vertrag abgelehnt und verworfen. Frankreich sieht in ihm seine einzige Lebensgarantie. Deutschland kann keine Reparationen zahlen. In einer gesunderen Wirtschaft könnte es zahlen, aber es wird es nicht tun, denn in Zukunft wird Deutschland keinen Teil des Versailler Vertrages erfüllen. Seine Privatschulden kann und wird Deutschland zahlen, vorausgesetzt, daß die Franzosen nicht mit Gewalt gegen das Reich vorgehen. Deutschland ist entschlossen aufzurüsten, wenn Frankreich nicht abrüstet."

 

Das ist die Quintessenz der sorgfältigen Untersuchungen, mit denen der amerikanische Schriftsteller seinen hohen Rang als analytischer Betrachter unter Beweis stellte. Seine Feststellungen bilden den tatsächlichen Ausgangspunkt für die Wahrheiten, welche Warburg in seinem Geheimbuch darlegte. Gleichzeitig operierte Morgan über die Bank für internationalen Zahlungsausgleich in Basel. Dieser lag die Verwaltung amerikanischer Forderungen in Deutschland ob, welche in den verschiedenen Anleihen in Erscheinung traten (Dawes‑Young u. a. Anleihen). Aufgabe dieser Bank sollte sein, diese Wertpapiere vor dem vorbestimmten Kurszusammenbruch ins breite Publikum abzustoßen, was ja auch durch das Mittel einer gewaltigen Propaganda gelang. Damit diese Manipulationen durchgeführt werden konnten, war es notwendig, die deutsche Währung aufrecht zu erhalten, wenigstens so lange, bis das Geschäft gemacht war. Der sicherste Mann für die Ueberwachung dieses Geschäftes war Dr. Schacht. Es ist aber notwendig, diesen Wahrheiten vorerst noch eine Tatsache voranzustellen, die sich auf den Prozeß von Nürnberg, im Jahre 1946, bezieht, wo die Männer um Hitler als Kriegsverbrecher verurteilt und hernach gerichtet worden sind. Zur Charakterisierung der Prozeßführung ‑ einem neuesten Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung" über spätere Vorfälle vor dem Gerichtshof entnommen ‑ sei der Fall des Verteidigers, Dr. Seidel genannt, der in seinem Plädoyer wiederholt auf den Vertrag von Versailles Bezug nahm, obwohl solche Hinweise "als für den Prozeß unerheblich" bereits mehrmals abgelehnt worden waren. Beim ersten Vortrag des Plädoyers machte Richter Lawrence auf diesen Entscheid aufmerksam. Als Dr. Seidel trotzdem aus dem Vertrag zitierte, wurde er angewiesen, seinen Vortrag abzubrechen und sein korrigiertes Manuskript dem Gericht vorzulegen. Auch das korrigierte Manuskript enthielt zahlreiche Zitate aus dem Vertrag von Versailles. Darauf nahm das Gericht selbst die entsprechenden Streichungen vor und Seidel beschränkte sich nunmehr auf die Verlesung des Restes seines Manuskriptes.

 

Warum durfte in Nürnberg ‑ und auch später nicht ‑ nie vom Versailler Vertrag die Rede sein?

 

Es war im Juli 1929 als unter den Bankiers von Wallstreet eine beklemmende Stimmung Einzug zu halten begann. Zwar lief die Spekulation in Amerika noch auf Hochtouren und nur Paul M. Warburg erhob warnend seine Stimme, als müsse dieser besinnungslose Tanz um das goldene Kalb ein drastisches Ende nehmen. Unter der Führung des Leiters der Guaranty Trust Company, Mr. Carter, fanden sich die Direktoren der fünf Federal Reservebanken zu einer Besprechung ein, bei welcher auch Rockefeller Junior und Mc. Glean als Vertreter der Oelinteressen teilnahmen. Selbst den Magnaten der Hochfinanz erschien die Lage bedrohlich, als sich ergab, daß über 5 Milliarden Dollars von 8 1/2 Milliarden, die in Mitteleuropa investiert waren, eingefroren waren und weder Zinsen noch Abzahlungen eintrugen. Es handelte sich nicht nur um Schuldenpapiere, welche als Siegespreis deutsche Verschuldungen darstellten, sondern man hatte diesem Volke auch Darlehen und Anleihen gewährt, weil man sich von seiner Tüchtigkeit, seinem Arbeitswillen und Fleiß pünktliche Zinsleistungen versprach. Zusehends nahm aber die deutsche Zahlungsfähigkeit ab und die Untersuchungen ergaben, daß die Befriedigung aller Forderungen durch die deutsche Wirtschaft nicht mehr erfüllt werden konnte. Die Ursache dieses Zustandes entdeckte man bei den Franzosen. Sie hatten es verstanden, ihre Ansprüche, die ihnen durch den Vertrag von Versailles zugestanden worden waren, zu privilegieren. Nachdem sie die Sachleistungen der Deutschen abgelehnt hatten, zogen sie ihren Anteil an Reparationen in Gold ab, das den Deutschen für den Exportüberschuß bezahlt werden mußte. Sie stärkten die Geldpolitik der Banque de France in einem Maße, daß sie ihren gefährdeten Franken wieder sanieren und sogar eine aggressive Währungspolitik führen konnten. Die Amerikaner und Engländer gingen mit ihren Ansprüchen auf Reparationen leer aus und so oft davon die Rede war, erhob sich ein wütendes Zeitungsgeschrei gegen die Geschäftemacher, welche nur Dollar, nicht Blut, wie die Franzosen, geopfert hatten. Zu diesen nüchternen Feststellungen gesellte sich die Tatsache, daß Deutschland seit dem Abkommen von Rapallo, welches von Walther Rathenau durchgesetzt worden war, starke politische und wirtschaftliche Neigungen zu Rußland entwickelte. Russisches Benzin begann den deutschen Markt durch die "Derulop" zu erobern und zwischenstaatliche Beziehungen brachen sich Bahn, die den Angelsachsen zunehmend Sorgen bereiteten.

 

Die Finanzleute waren sich darüber einig, daß eine Aenderung der Lage auf politischem Boden herbeigeführt werden müsse, nachdem sich die wirtschaftliche und finanzielle Möglichkeit dafür nicht mehr ergab. Es erhob sich die Notwendigkeit, in Deutschland einen Mann zu finden, der imstande war, der revolutionären Entwicklung des Bolschewismus zuvorzukommen und eine nationale Politik zu betreiben, welche auf Frankreich beängstigend wirken sollte. Unter dem Druck einer neuen Bedrohung würden die Franzosen sich an die früheren Alliierten wenden, und diese würden Frankreich die Bedingungen für ihre weitere Hilfeleistung zunächst diktieren. Nur eine solche Entwicklung der Dinge konnte dazu führen, das Reparationenproblem neu zu regeln und Frankreichs Vormachtstellung auf dem Kontinent und in der Währungspolitik zu brechen.

 

Der Mann, den die Bankiers nach Deutschland schickten, um die Frage einer deutschen Revolution zu prüfen, fand sich in der Person des jungen Warburg, der klug, gebildet und wohlbehütet war und die deutsche Sprache beherrschte, weil er im Bankhaus seines Onkels in Hamburg mehrere Jahre gearbeitet hatte. Mit allerhöchsten Empfehlungen ausgestattet, reiste Warburg nach Deutschland. Er traf sich bald darauf mit Hitler in München, der nur allzuwillig in die dargebotene Hand des reichen Amerikaners einschlug und sich von ihm aus den Geldsorgen befreien ließ, die ihn und seine nationalsozialistische Bewegung ständig bedrängten. Amerika? Gewiß, Deutschland vergißt nicht, daß die Amerikaner die ersten waren, die Deutschland wieder auf die Beine halfen. (Was mochte Hitler davon wissen, daß es die Warburg auf der alliierten Seite waren, welche den Warburg auf der deutschen Seite die Schiffe des norddeutschen Lloyds wiedergaben!) Die Schulden an Amerika werden strikte bezahlt werden, wenn ich zur Macht komme, sagte Hitler und Warburg nahm das befriedigt zur Kenntnis. Frankreich? Lesen Sie mein Buch "Mein Kampf" und Sie werden sich überzeugen, daß Frankreich unser Feind ist, den Deutschland niederringen muß um zu bestehen. Bolschewismus? Wer in aller Welt ist entschlossener als ich, gegen die Russen aufzutreten? Es dauerte nicht lange, bis Warburg auf seinen Kabelbericht die Ermächtigung bekam, Hitler zunächst 15 Millionen Dollar, also 60 Millionen Mark auszuhändigen. Die Transaktion vollzog sich in Amsterdam, wo Mendelssohn & Cie einen Teil der Summe, die Bankvereinigung in Rotterdam einen anderen Teil des Geldes und Rom den Rest an Hitlers Vertrauensleute ausbezahlte.

 

Im Jahre 1931 hatte sich die Lage für die amerikanische Hochfinanz noch keineswegs gelockert. Wohl hatte Hitler bedeutenden Zuwachs bekommen, sein Ansehen stieg und er hatte eine Armee organisiert, die auch den letzten Einsatz wagen konnte. Er bat um neue Zuwendungen und als Warburg seinen Auftraggebern das Gesuch unterbreitete, fanden diese eine neue Reise notwendig. Warburg traf Hitler in teilweise neuen, imposanteren Umständen in Berlin, wo ihm auch neue Männer der Partei vorgestellt wurden. Unterdessen spielte sich in Amerika ein neuer Akt der Tragödie ab, welche diesem Vorspiel unweigerlich folgen mußte. Präsident Hoover war der Klage der Bankiers müde geworden. Er sah das Volk in Arbeitslosenheere zerfallen und glaubte, daß die Prosperity round the corner, gerade um die Ecke, wiederzufinden sei. Kaum hatte er seinen Wunsch und Willen bekundet, das Hindernis der wirtschaftlichen Entwicklung, nämlich das Reparationenproblem, anzupacken, erschien bei ihm der französische Ministerpräsident Laval mit seiner Tochter und ließ in New York zwei Direktoren der Banque de France, die imstande waren, seinen politischen Forderungen Nachdruck zu verschaffen. Hoover verpflichtete sich, das Reparationenproblem niemals wieder aufzugreifen, ohne vorher die Zustimmung Frankreichs einzuholen, worauf die Banque de France sich entschließen konnte, ein Guthaben in Gold von über 800 Millionen Dollar stehen zu lassen. Der Abruf hätte dem Dollar das gleiche Schicksal bereitet, das in jenen Tagen dem englischen Pfund auferlegt worden war, denn es mußte sich die Bank von England zum ersten Male seit ihrem Bestehen entschließen, vom Goldstandard abzugehen.

 

Warburgs Nachrichten waren ermunternd und Hitler bekam noch einmal die saftige Zulage von 10 Millionen Dollars, welche die geheimen Zuwendungen aus dem Rheinisch­westfälischen Syndikat ergänzten. Die Rhenania in Düsseldorf vermittelte ihm dazu auch die Beiträge des holländischen Oelmagnaten Deterding, der es den Russen übel genommen hatte, daß sie ihm die Oelquellen von Baku vorenthielten und zudem noch Dumping‑Konkurrenz gegen ihn betrieben. Bei seinem Onkel und anderen Freunden ließ sich Warburg über die antisemitischen Tendenzen Hitlers beruhigen, obwohl es sich mit seinem Stolz und der Empfindlichkeit, die ihn auszeichnete, schwer vertrug, einem Manne Geld zu geben, der seine Rasse als minderwertig bezeichnete und sie ausrotten wollte.

 

Die Wallstreet war durch die Uebereinkunft Hoovers mit Laval aufs äußerste erbittert und verweigerte in der Folge ihre Wahlbeiträge, welche die Wiederwahl dieses Präsidenten sichern sollten. In diese Lücke trat ein Demokrat, Franklin D. Roosevelt, der sich der Unterstützung mächtiger Spekulantenggruppen erfreuen konnte und vor allem die Unterstützung der Radikalisten und Zionisten besaß. Unter den ersten Vertretern der Hochfinanz, die sich an seine Seite stellten, war auch der Sohn des Staatssekretärs in der demokratischen Regierung Wilsons, der junge Warburg, der sich als besonderer Kenner der Währungsprobleme aufspielte und stets zwischen den Theorien von Keyne, Fisher und andern Größen einen praktisch gangbaren Ausweg zu finden wußte. Der Börsenkrach in Wallstreet hatte die Dinge durcheinandergeworfen und Europa war von einer Kette gewaltiger Zusammenbrüche, dem Nordwollekrach, dem Krach der österreichischen Nationalbank und andern Konkursen großen Stils erschüttert worden. Immer mehr zog die Figur Hitlers die Aufmerksamkeit der Finanziers auf sich, welche von einem bolschewistischen Umsturz zunächst nichts, von einer nationalsozialistischen Entwicklung aber alles, und nicht zuletzt gewaltige Rüstungsgeschäfte, zu erwarten hatten.

 

Das dritte Zusammentreffen Warburgs mit Hitler vollzog sich unter Begleitumständen, die der Feder eines Shakespeare würdig wären. In der dem Reichstagsbrand folgenden Nacht begegneten sich die Exponenten zweier Welten, um feilschend und streitend den Betrag festzusetzen, der die letzte Stufe der Machtergreifung überwinden sollte. Zwar hatte Hitler bereits das Amt, das er gesucht hatte, aber es fehlte ihm das Geld, um die Wahlen zu gewinnen. Bitterlich beklagte er sich über Hugenberg, der ihm die Mittel vorenthielt, mit denen er auch ihn überspielt haben würde. Er verwies auf die vollen Gewerkschaftskassen, welche den Sozialdemokraten die Mittel für die Wahlen zur Verfügung stellten. Die Kommunisten waren von Rußland her finanziert und nur er stand vor hoffnungslos leeren Kassen, die sein Verderben zu werden drohten. Joseph Goebbels beschrieb die Lage in seinem Buche "Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei". Tiefe Niedergeschlagenheit hatte sich der Führerschaft bemächtigt, aus welcher Gregor Straßer als aussichtsreichster Retter in der Not unter dramatischen Umständen ausgeschieden war. Von Selbstmord ist die Rede; düstere Andeutungen, wie die Aussichtslosigkeit eines Staatsstreiches, beschatten die tagebuchartigen Aufzeichnungen. Da, plötzlich ein Lichtstrahl ! "Ein großer Betrag ist uns zugesichert worden." Man wird den Kampf aufnehmen, man wird in die Wahlen steigen und man wird siegen. Der Sieg ist unser.

 

Es ist weder bei Goebbels, noch in irgendwelchen Veröffentlichungen der Nationalsozialisten davon die Rede, daß im Morgengrauen dieses Befreiungstages ein amerikanischer Jude die Tiraden seines Gesprächspartners unterbrach und diesem unter der Türe nocheinmal die Verpflichtung in Erinnerung rief, welche mit der Ueberweisung der letzten Summe von sieben Millionen Dollars verbunden war, nämlich der Angriff gegen Frankreich.

 

Es braucht nicht erklärt zu werden, wie Hitler diesen Preis, den er für seine Finanzierung zahlen mußte, eingelöst hat.

 

Warburg ließ diesmal das Geld an die Rhenania nach Düsseldorf kommen, wo es an Dr. Goebbels ausbezahlt wurde. Ein Teil allerdings wurde wiederum durch die Banca d'Italia in Rom überwiesen und Warburg befand sich in Gesellschaft Görings im Hause von Italo Balbo als der einzige Zivilist unter den glanzvollen Uniformen der Vertreter einer neuen Welt. Er fuhr nach England, wo er vom neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Franklin D. Roosevelt zum Finanzberater der amerikanischen Delegation an der internationalen Wirtschafts‑ und Währungskonferenz abgeordnet war.

 

Als der schweizerische Verleger und Publizist mit seiner geheimnisvollen Wahrheit und dem Wissen, das nirgends willkommen war, den bekannten Leiter der amerikanischen Liga für Menschenrechte, Roger N. Baldwin, in New York aufsuchte, nahm dieser lächelnd das Telephon und verband sich mit Warburg, der seiner radikalen Bewegung offenbar ebenso nahestand, wie er ihm selber befreundet war. "Hallo, Shimmy", rief er in den Draht, als sich der Angerufene am andern Ende hörbar gemacht hatte, "ich habe diesen Schweizer neben mir, der sich um die Geschichte des Buches bekümmert. . .." Aber er hatte kaum den Satz beendet, als ihm ein wütender Ruf das Wort verschlug: "Zum Teufel mit diesem Schweizer ich will nichts mit ihm zu tun haben!" Die Verlegenheit überwindend, welche das Dabeisein des Betroffenen erzeugen mußte, fügte er seinen späteren Erklärungen lächelnd die Frage hinzu. "Warum kümmern Sie sich denn um derlei Sachen, ist es denn verwunderlich und haben nicht alle Diktatoren Geld von uns erhalten, Lenin ebenso wie Hitler?"

 

Gewiß! Die Diktatoren haben alle Geld von Wallstreet erhalten. Warum auch nicht! Das Thema ist von Fjedor Dostojewsky abgewickelt worden und es begann damit, daß ein Student namens Raskolnikow eine Alte erschlug und mit Ihr die Tochter Lisaweta, um zu Geld zu kommen. Eine Laus erdrücken, um ein Napoleon zu werden. Wie sollten die Diktatoren der Welt, große und kleine, nicht auch zu Geld kommen, mit dem Schicksal gemacht wird. Schuld und Sühne heißt das Problem und die Geschichte ist es selbst, die Gericht darüber hält.

 

Dem Vorwort des Uebersetzers der Warburgdokumente seien einige der einführenden Sätze entnommen.

 

"Sidney Warburg hat wenig gesagt, solange die andern Gäste noch anwesend waren. Jetzt, als er mit mir allein war, begann er über den Sinclair‑Skandal zu sprechen."

 

 ‑ "Es gibt Augenblicke, da möchte ich aus einer Welt der Intrigen, Börsenmanöver, Ränke und Schwindeleien davonlaufen. Mit meinem Vater spreche ich dann und wann über diese Dinge, auch mit andern Bankiers und Maklern. Und weißt Du, was ich nie begreifen kann? Wie es möglich ist, daß die Menschen, die von Charakter gut und ehrlich sind ‑ wofür ich zahllose Beweise habe - sich für Schwindeleien hergeben und bei Betrügereien mitmachen, von denen sie doch wissen können, daß Tausende davon betroffen werden. Die Machenschaften im Sinclair‑Trust haben Wallstreet Millionen Dollars eingebracht, aber Tausende von Sparern ruiniert. Man bekommt nie Antwort, wenn man nach den Gründen der unehrlichen und sittlich nicht zu verteidigenden Handlungen der führenden Köpfe der finanziellen Kreise fragt. Es kann doch nicht sein, daß sie, die in ihrem privaten Leben anständig und gut sind, ihren eigenen Charakter ablegen, sobald sie die finanzielle Welt betreten und für Geld, und seien es auch manchmal Millionen Dollars, alle Begriffe von Ehrlichkeit und Moral beiseitezuschieben."

 

An das Ende seines Berichtes, der das verschollene Buch von 99 Seiten füllt, setzt der Autor die vielsagenden Worte:

 

Arme Welt, arme Menschheit!