Rechtsanwalt Hans Deutsch

 

Zu einem der größten Affären von Wieder­gutmachungsschwindel wuchs sich der „Fall Deutsch" aus. Zentralfigur war der (jüdische) Rechts­anwalt Hans Deutsch, Jahrgang 1907, aus Wien. Er war 1938 nach Palästina gegangen und nannte sich dort Dishon. Wieder zurück, gründete er in Österreich den „Hans-Deutsch-Verlag“. Als Rechtsanwalt vertrat er unter anderem die Rothschilds und Radziwills mit Wiedergutma­chungsansprüchen. Als „Wiedergutmachung“ für eine „von der SS geraubte“ Kunstsammlung des ungarischen Zuckerbarons Hatvany verlang­te Deutsch zunächst 400 Millionen Mark, gab sich dann aber „großzügig“ mit 35 Millionen zufrieden. Er selbst war mit fast 10 Millionen Mark an dem „Deal“ beteiligt. Doch bald dar­auf stellte sich heraus, daß Deutsch den Wert der Hatvany-Sammlung nicht nur extrem über­trieben hatte, sondern daß ein Teil der angeb­lich verschwundenen Sammlung die Villa des Barons nie verlassen hatte und ein anderer Teil nicht von der SS, sondern von Rotarmisten ge­raubt worden war. Ein deutsches Gericht be­fand 1972 allerdings, daß bei Deutschs Geba­ren kein strafbares Handeln vorgelegen habe. 2002 starb er in der Schweiz.

 

Quelle: „Wer ist wer im Judentum“ von David Korn, München 2003, S. 98

 

Anmerkung: Ergänzend wird auf den Aufsatz „Ist Korruption symptomatisch für die Freimaurerei? - Die Affären der Advokaten Benda und Deutsch“ hingewiesen, der in der „Freimaurer-Kritik“ auf dieser Weltnetzseite präsentiert wird. Verfasser ist der ehemalige Wiedergutmachungsrichter Dietrich Schmiedel, der in Folge seiner Enthüllungen ins belgische Exil wechselte, weil ihm anderenfalls die geschlossene Anstalt gedroht hätte. Hier folgt eine gekürzte Fassung aus “Die sieben Säulen der Hölle” von Juan Maler.

 

 

Die wahren Hintergründe der Affäre Deutsch

Wie von vielen, mit den Usancen des bundesrepublikanischen Justiz-Saustall Vertrauten, vorhergesehen, ist Advokat Prof. h.c. Dr. Hans Deutsch freigesprochen worden. Am Donnerstag vor Ostern, gewissermaßen als Ostergeschenk, hat die Strafkammer in Bonn gegen den am 17.4.1906 in Wien geborenen österreichischen und israelischen Staatsbürger, der in Pully-Lausanne wohnt, das Urteil gesprochen.

Vor 8 ½ Jahren, am 3.11.1964, war Deutsch vor dem Bonner Finanzministerium verhaftet worden, wohin er sich nach über einem Jahr Abwesenheit von Deutschland getraut hatte, um die zweite Hälfte von 35 Millionen DM in Empfang zu nehmen, die ihm am 26.10.1962 von einer der 15 Wiedergutmachungskammern des Landgerichts Berlin für seine Mandanten, die Erben Hatvany, zugesprochen worden waren. Nach 18 Monaten im angenehmsten Gefängnis der Bundesrepublik in Bochum war Deutsch aus der Untersuchungshaft entlassen worden.

Beim durchschnittlichen Zeitungsleser dürfte über viele Jahre hin der Eindruck geherrscht haben, es ginge in einem großen jüdischen Betrugsfall darum, ob Deutsch gewußt hat, daß die Gemälde in Budapest nicht von den Deutschen, sondern von den Russen geraubt worden waren, und ob Deutsch den SS-Haupt-sturmführer W. zu einer falschen Aussage angestiftet hat.

Hinter den Kulissen dieses Riesenprozesses sieht es anders aus. Die gesamte Presse verschweigt die wesentlichsten Dinge, nämlich:

1)  Deutsch war der Anwalt aller drei Freimaurer-Großlogen Frankreichs in ihren rückerstattungsrechtlichen Ansprüchen gegen das Deutsche Reich.

2)  Deutsch ist wie ein Cagliostro immer als der Anwalt aller französischen Logen aufgetreten.

3)  Deutsch ist nach eigenen mündlichen Erklärungen Mitglied einer amerikanischen Loge.

Zunächst einmal war Deutsch der Anwalt aller Rothschilds, die sofort nach Inkrafttreten des Bundesrückerstattungsgesetzes mit 87 Millionen DM als allererste Antragsteller abgefunden worden waren. Als nächstes vertrat Deutsch alle französischen Großlogen.

Nicht nur die Berliner und westdeutschen Logen waren mit Millionen-Beträgen entschädigt worden, was verhältnismäßig normal über die Bühne ging. Die westeuropäischen Logen aber erhielten Zigmillionen Beträge, und das ging ziemlich heimlich vonstatten. Die Deutschen hatten nämlich gleich nach ihrem Einmarsch in Belgien, Holland und Frankreich und auf den englischen Kanalinseln die Logenhäuser mit ihren Archiven und Kultgegenständen (Totenköpfen, Gemälden usw.) beschlagnahmt. Jetzt verlangte u.a. die Grande Loge von Frankreich, vertreten durch Advokat Deutsch, 14 Millionen DM Schadenersatz.

Deutsch hatte Privilegien bei den Wiedergutmachungsbehörden, deren sich wohl nur wenige rühmen konnten. Wer – außer Deutsch – konnte einen Erbrechtsnachweis durch ein Ehrenwort ersetzen, oder Namenslisten seiner Klienten einreichen, ohne sich hinsichtlich Zeit, Ort und Gegenstand der Entziehung festzulegen? Wer – außer Deutsch – konnte noch nach Ablauf der Anmeldefrist Namen nachschieben?

Es handelte sich um ein Geheimverfahren. Während gewöhnliche kleine Antragsteller sich zeitig festlegen mußten und diese Antragsteller dann von den Behörden jahrelang unter Fristsetzung gepiesackt wurden, konnte Deutsch die Verfahren ruhen lassen und mit der Substantiierung bis zum geeigneten Augenblick warten, um dann nach einigen Wochen vom Bundesfinanzministerium, das für Ansprüche über 100.000 DM zuständig war,  ein großzügiges Vergleichsangebot zu erhalten. Die meist jungen Richter der Wiedergutmachungsämter waren teilweise schon gleich bei Dienstantritt von ihrem Direktor gefragt worden, ob “sie auch Tempel bauen” wollen.

In Frankreich nahm nun unter den dortigen 500.000 Juden die Empörung über die ungleiche Behandlung in der Wiedergutmachung immer mehr zu. In Paris gab es eine Lawine von Gerüchten über Korruption im Zusammenhang mit den so genannten “procédures sous réserve”. Roger Peyrefitte schrieb gerade 1964 an seinem kommenden Bestseller “Les juifs” und berichtete auf Seite 325 über diese Stimmung, unter anderem auch über den Fall Hatvany und die Rothschilds. Schon längst hatte sich in Paris die Nachricht verbreitet, daß Deutsch im Falle Hatvany 15 Millionen DM kassiert. Er pflegte immer 25 % von der ersten Hälfte und 50 % von der zweiten Hälfte als Honorar zu verlangen.

Dem Deutsch waren die anschwellenden Gerüchte lästig. Da er schon 100 Millionen DM daran verdient haben sollte, wurde er plötzlich ein großer Wohltäter der Menschheit und stiftete u.a. ein Museum, ein Kulturzentrum, 500 Wohnungen, ein Appartmenthaus, ein Burgtheater-Festspiel-Fond. Auch der Papst erhielt ein Gemälde im Wert von 180.000 DM.

Erst nach allen diesen das “Image” rettenden Taten hatte sich Deutsch nach Bonn getraut, wo er bald herausfand, daß Bundespräsident Lübke das am 24.6.1964 vom Bundestag verabschiedete Gesetz – wonach auch die zweiten Hälften der großen Entschädigungen zu zahlen waren – in der Schublade behielt und nicht unterzeichnete, angeblich wegen verfassungsrechtlicher Bedenken. Schnell flog Deutsch nach Paris und verschickte von dort Druck-Telegramme namens der französischen Logen an Lübke: Wenn Lübke nicht unterzeichne, könne für das Wohlverhalten von 100.000 französischen Freimaurern keine Garantie mehr übernommen werden. Lübke unterzeichnete am 4.10.1964.

Nun verlangte aber das Bundesfinanzministerium, daß Deutsch zur Auszahlung nach Bonn kommen müsse. Am Eingang des Ministeriums wurde Deutsch verhaftet. Verzweifelt versuchte Deutsch von seinem Gefängnis aus den Anklagebehörden klar zu machen, daß “sein Fall ein ganz anderer sei” Die Gebrüder Augstein übernahmen seine Verteidigung, der eine als Rechtsanwalt, der andere als Herausgeber des SPIEGEL, der in Heft 15/1966 berichtete, Deutsch habe nicht nach dem Mammon gestrebt. Einem “geheimen Plan” zufolge wollte er “die Minister-präsidenten der an die Bundesrepublik angrenzenden Staaten in Bern an einen Tisch bringen. Er hoffte, daß bei der Gipfelkonferenz dort die Möglichkeit einer Wiedervereinigung Deutschlands und die Regelung der Grenzfragen möglich seien”. Deswegen seien ihm die in den Geheimplan eingeweihten hohen Beamten in Bonn und Berlin immer so sehr entgegengekommen.

Wie die “Stuttgarter Zeitung” vom 31.1.1973 berichtete, haben sich in der Tat der deutsche Bundestagspräsident Gerstenmaier (Professor wiedergutmachungshalber) und deutsche Minister häufig in der 12.000 ha großen Farm in Tansania getroffen, die von den Mandanten Hatvany von der großen Entschädigung nach Abzug von Deutsch’s Honorar gekauft worden war.

Auf diese Weise haben die Berliner Richter und Wiedergutmachungsbeamten endlich erfahren können, worum es eigentlich ging, wenn sie von ihren Vorgesetzten zum Mitwirken beim “Bau des großen Tempels” angehalten wurden.