Friedrich Haarmann

Auf dem Friedhof Hannover-Stöcken steht ein Grabstein mit 27 Namen. Darunter liegen 323 Knochen: alles, was von den zahlreichen Opfern Friedrich Haarmanns, des berüchtigtsten deutschen Massenmörders des zwanzigsten Jahrhunderts, je gefunden wurde. "Kein Baum, kein Wald rauscht durch diese Geschichte, keine Blume, kein Stern blicken tröstend darein!" schrieb Theodor Lessing, der zeitgenössische Chronist des Falles. Und Haarmann selbst gab zu Protokoll: "Ein Mensch - das sind nur ein paar Aktentaschen voll Fleisch!" Entsetzen und Grauen pur.

Dennoch: Friedhelm Werremeier erzählt in seinem "Nachruf auf einen Werwolf" zwar die Geschichte des Mörders, von der Qual der Opfer, von den unglaublichen Fehlern und den kaum glaublichen Methoden seiner Jäger - aber er verliert, anders als alle bisherigen Schilderungen des Jahrhundertfalls, nie die Menschlichkeit aus den Augen. Er zeichnet nach, wie ein Vater um Gerechtigkeit für sein totes Kind kämpft, wie ein Detektiv - der zu Unrecht vergessene "eilige Sebastian" - Haarmann jahrelang verfolgt, wie ein ebenfalls fast vergessener Polizeibeamter ihn buchstäblich zum Geständnis zwingt. Und wie der Verbrecher, der womöglich ein Kannibale war, stirbt, ohne daß ihm sein letzter und einziger Wunsch erfüllt wird.

Am 15. April 1925 ist der 24mal zum Tode verurteilte Friedrich Haarmann unter dem Fallbeil hingerichtet worden, "einfachheitshalber" bloß einmal. Über seinen Tod hinaus hat es länger als 67 Jahre gedauert, bevor die erschütternde Reportage eine Polizeiskandals, der unzählige Familien ins Elend stürzte, geschrieben und das letzte Rätsel der "blutigen Legende" um den Schlächter von Hannover gelöst wurde.

Quelle: Aus dem Klappentext von "Haarmann - Nachruf auf einen Werwolf", Friedhelm Werremeier, Köln 1992, ISBN 3-8025-2232-X

Qualitätsurteil: unbedingt lesenswertes Buch

"Der Todmacher", für den Part des Serienmörders Haarmann gewann Götz George beim Filmfestival in Venedig den Darstellerpreis.

Drei Männer, ein Raum mit zwei Tischen und drei Stühlen - das ist das Personal, das ist der einzige Schauplatz in Romuald Karmakars Spielfilmdebüt. Mehr brauchte der Regisseur nicht, um den Film des Killers Haarmann zu dramatisieren. Das Skript basiert auf den Protokollen der gerichtspsychiatrischen Untersuchung von 1924; die Protagonisten sind der Täter (George), der Psychiater (Jürgen Hentsch) und der Stenograf. Eine pure Kammerspielsituation also, bei der George als Mime über sich hinauswuchs. Seine Darstellung eines zwischen Naivität und Verschlagenheit, Einsamkeit und Geltungssucht zerrissenen Mörders vergißt man nicht so schnell.