Französischer Antisemitismus - Beitrag gemäß § 86 III StGB

 

1) Dietrich Bronder: "Bevor Hitler kam", 2. Aufl., Genf 1975, S. 362 f:

 

In Frankreich wurde der Antisemitismus durch einen frommen Katholiken vorbereitet: ... durch den Orientalisten, Historiker und Philologen Ernest Renan (1823/92), der zwar auf dem Priesterseminar den Beruf eines Geistlichen aufgab, aber als Professor später sein Hauptwerk "Vie de Jésus" (Leben Jesu) 1863 schrieb. Er war Mitglied der berühmten Akademie Frankreichs und wetterte viel gegen den "semitischen Geist". Die Semiten seien "minderwertig" und unfähig, an kultureller und zivilisatorischer Entwicklung teilzuhaben. Allerdings schränkte Renan ein, daß die Juden hiervon auszunehmen seien, da sie jetzt außerhalb der jüdischen Rasse ständen und sich inzwischen "modern" umgebildet hätten. Auf ihn folgte dann der Schrittmacher des modernen Antisemitismus in Frankreich, der begabte Demagoge und Schriftsteller Edouard Drumont (1844/1917), der als Jude galt, der ein zweibändiges Werk über das jüdische Frankreich "La France juive" (1885) verfaßte und 1898/1902 gerade während des Dreyfuß‑Skandals Parlaments‑Abgeordneter war. 1886/1907 leitete er die illustrierte Zeitschrift "La Libre Parole" (Das Freie Wort), die ein Vorläufer des Streicherschen "Stürmer" gewesen ist und organisierte 1889 eine sehr lebendige antisemitische Bewegung, die Französische Antisemiten-­Liga. Die französische Judenfeindschaft war stets mit einer starken Abneigung gegen Deutschland verbunden, weil das Gros der französischen Juden ‑ nach der Austreibung von 1306 ‑ aus Deutschland und aus den deutschen Landen Elsaß und Lothringen nach Frankreich einwanderte. Ein literarisches Beispiel hierfür ist die widerwärtige Figur des neureichen Juden Baron Nucingen, der (ähnlich dem Moses Freudenstein bei Wilhelm Raabe) in den Romanen des konservativen Schriftstellers Honoré de Balzac (1799/1850) auftaucht. So verbanden sich hier, ähnlich wie später in Deutschland, Antisemitismus, Nationalismus und Militarismus zu einem gefährlichen Bündnis. Zum Teil kam hier auch eine Reaktion auf die Kirchenfreundlichkeit Kaiser Napoleons III. und auf den riesigen Finanzskandal des Jahres 1892 zum Ausdruck. 1894 platzte die Bombe dann im Dreyfuß‑Skandal, der ein durchaus antisemitisches Gepräge trug. Letzte Folge war in Frankreich die Trennung von Kirche und Staat, die staatliche Kontrolle des Schulunterrichts, die Ausweisung der katholischen Orden aus dem Lande und die Einziehung des Kirchenvermögens zugunsten des Staates. Zu den Grundlagen französischer Judenfeindlichkeit des 19. Jahrhunderts gehören übrigens zwei sonst kaum bekannte Bücher: "Les Juifs, rois de l'époque" von Toussenel, sowie "Le Juif, le Judaisme et la Judaisation des peuples chrétiens" von Gougenot des Mousseaux ‑ 1920 von Alfred Rosenberg ins Deutsche übersetzt ‑ auch wieder aus christlichem Geiste heraus produziert. Aus dem Jahre 1928 sei noch das wenig verbreitete umfangreiche geschichtliche Werk "Sur les ruines du temple" (Auf den Ruinen des Tempels) erwähnt, das der französische Jesuiten‑Pater Joseph Bonsirven verfaßte und mit Anti‑Judaismen füllte. Diese fanden sich auch bei einigen Sozialisten Frankreichs ‑ im Gegensatz zu ihren Freunden von der Deutschen Bruderpartei. So behauptete Charles Fourier (1782/1837, Kaufmann und Schriftsteller), die Juden hätten sich in der Geschichte "nur durch Verbrechen und Brutalität" hervorgetan. Pierre‑Joseph Proudhon meinte, der Jude sei ein bloßer "Zwischengänger, immer falsch und parasitär, der sich im Geschäft wie in der Philosophie der Fälschung, betrügerischen Nachahmung und Roßtäuscherei bedient". Die Juden hätten "alle Zeitungen in der Hand und lenken die Politik in Deutschland wie in Frankreich". Georges Sorel warf ihnen Unterstützung der obszönen Literatur vor; während der belgische Sozialist Edmond Picard (1836/1924) forderte, Jesus müsse als ein zufällig in Judäa geborener Arier betrachtet werden.

 

 

2) "SIGILLA VERI" von E. Ekkehardt (Hg.), Viöl 2002 (Nachdruck aus 1929), Bd. 3, S. 87 ff, Stichwort: "Drumont ..., Eduard" (Auszug):

 

Drumont (Trumenkopf an der Moselquelle), Eduard, 1844 - 1917, Paris, Geschichtsschreiber des "verjudeten Frankreichs" ("La France Juive, essai d'histoire contemporaine" ...), ein Buch, das 1889 in 3/4 Jahren 90 Auflagen erlebte und dem Verfasser einen Zweikampf mit Arthur Meyer eintrug. Lesenswert ist auch sein: la fin d'un monde; testament d'un antisémite. Drumont schenkte der Welt seine tapferen judengegnerischen Bücher im Glauben und in der Liebe, wie er in der Vorrede IX f sagt: "Viele wollten den Frieden, schwiegen aus mannigfachen Ursachen, und niemand vertaute seine Wahrnehmungen dem Papier an. Es wäre vielleicht besser gewesen, diese Vorsicht nicht zu haben, doch ich erinnere mich rechtzeitig, daß der Apostel Johannes die Furchtsamen diejenigen nennt, welche den Abgrund der Hölle bevölkern, und so bedaure ich denn nicht, dies Buch veröffentlicht zu haben. Wenn mein Buch vielleicht heute nicht überall gute Aufnahme findet, vielleicht, daß es sich später Freunde erwirbt, die dann meiner gedenken und mir es Dank wissen, ihnen gezeigt zu haben, wie Frankreich, dies Land der Lilien und des azurblauen Himmels sich hat verjuden und mit gelben jüdischen Fetzen aufputzen lassen. Ich wünsche, daß das Urteil derer, die nach mir kommen werden, lauten möge: 'Ohne etwas haben abwenden zu können, ist hier versucht worden, die Wurzeln des Übels zu erforschen, sie einsichtig und mutig aufzudecken, und ist der Verfasser weder ein Verräter des Göttlichen noch seines Vaterlandes gewesen, noch hat er einfältig oder feig gehandelt'." -

 

Die Vertreter der Weißen Internationale, in der sich Arier (Indogermanen, d. V.) und Judenkenner aller Völker zusammenfinden, reichen dem großen, tapfern Franzosen über das Grab hinaus die Hand. Wir wissen nur zu wohl, daß sein und unser (deutsches, d. V.) Volk längst in Freundschaft gelebt und nicht vier Millionen der besten Männer im Weltkrieg hätten zu opfern brauchen, wenn nicht blutgierige Juden ... den Landes- und Weltfrieden gebrochen und Deutsche und Franzosen gegeneinander gehetzt hätten, nur um sich hyänenhaft Gut und Geld und die Leiber der Gefallenen aneignen zu können. ...

 

Anmerkung: Unabhängig davon, ob Eduard Drumont nun jüdischer Abstammung war oder nicht - was durchaus umstritten ist - muß man sich von der bösartigen Kommentierung in Ekkehardts "Lexikon der Judenfrage" nachdrücklich distanzieren. Gleichwohl gibt diese Kommentierung aus dem 1929 herausgebrachten Werk einen historisch kompetenten Überblick, wie nicht nur deutsche, sondern auch französische Antisemiten eine aufgeheizte Atmosphäre schufen, die in beiden Ländern willige Vollstrecker einer auf Ausrottung gerichteten Judenpolitik einiger Naziverbrecher entstehen ließ. Entgegen den völlig unhaltbaren Thesen des Herrn Goldhagen hat sich allerdings die große Mehrheit beider Völker nicht zur Beteiligung an irgendwelchen Gewalttaten gegen ihre jüdischen Mitbürger hinreißen lassen.