Typisch lübsch (9)
Nach nur sechs Jahren landen sechs Millionen im Bauschutt
oder
Der Müll, die Stadt und der Tod
oder
Der Zahn, die Pissbude und die Not
oder
In Venedig regierte der Doge,
in Lübeck ist es die Loge,
raus kommt dabei nur Mist,
wer schlau ist, hat sich längst verpisst!
Einer der schönsten Plätze
Norddeutschlands bekommt eine neue Chance: Gestern räumten Bagger die letzten
Reste der so genannten Neuen Wache am Koberg beiseite. Der Abriss des
umstrittenen Hauses ‑ eine schmuddelige Mischung aus Kiosk, Trafo und
Bedürfnisanstalt ‑ bildet den Auftakt für einen weiteren, diesmal 630 000
Euro teuren Umbau.
Seit November 1997 hatte das
Bauwerk den Blick auf das Pastorat verstellt. Die Verantwortlichen feierten den
neuen Koberg damals als "Sinnbild gelungener Städteplanung". 6,6 Millionen
Mark waren in das Projekt geflossen. Die Lübecker Bevölkerung hat die
Möblierung des Platzes allerdings nie akzeptiert. Auch der kleine Brunnen mit
dem Metallgestänge und das so genannte Burrecht blieben Fremdkörper auf dem
historischen Platz.
Nachdem in der vergangenen
Woche das Dach der Neuen Wache mit Spezialkränen demontiert worden war, rissen
gestern Abrissbagger den ungeliebten weißen Baukörper nieder. Innerhalb von
Stunden verwand das Haus im Schutt‑Container.
Die öffentlichen Toiletten
sind jetzt im Pastoratsgebäude untergebracht. Dazu wurde der Eingang für die
Kirchenräume verlegt. Vorher war bereits der Kiosk abgerissen worden.
Möglich wird der abermalige
Umbau des Platzes durch das Engagement der Possehl‑Stiftung. Sie
übernimmt ‑ wie schon im Jahr 1997 ‑ den Löwenanteil der Kosten. In
einer zweiten Stufe soll auch der unscheinbare Brunnen ersetzt werden.
Renommierte Künstler aus dem In‑ und Ausland haben mittlerweile
Vorschläge abgegeben. Eine fachkundige Jury soll diesmal dafür sorgen, dass das
Ergebnis länger Bestand haben wird. Helmuth Pfeifer, Vorsitzender der Possehl‑Stiftung
(und Rotarier), erwartet ein "künstlerisch anspruchsvolles Objekt, das den
Koberg aufgliedert und zum Verweilen einlädt". Mit der Belebung des
Platzes wollen Stiftung und Stadt endlich die Anbindung der Großen Burgstraße
an die Breite Straße vorantreiben.
Quelle: Lübecker Nachrichten vom 13.1.2004