Geschichte der Lübecker Nachrichten
Daten und Fakten zeigen im
folgenden die Entwicklung des Lübecker General‑Anzeigers und der Lübecker
Nachrichten bis zum heutigen Tage auf. 110 Jahre Geschichte im Zeitraffer.
1882 Der
30jährige Charles Coleman gründet am 15. Juli den "General-Anzeiger für Lübeck
und Umgebung" als zweimal wöchentlich erscheinendes Anzeigenblatt.
1885 LGA
erscheint täg1ich. ‑ Großfeuer vernichtet im Sommer das gesamte
Vordergebäude des Geschäftshauses.
1886 Neubau
des zerstörten Betriebsgebäudes in der Fleischhauerstraße.
1888 Zeitung
erhält "Berliner Format". ‑ Beilage "Wochenblatt für
Landwirtschaft und Gartenbau" erscheint erstmals.
1889 Herausgabe
der "Kurzeitung für Travemünde", einer Zeitschrift für die Sommergäste.
1890 Erste
Rotationsmaschine, ein 12seitiger"Einroller", in Betrieb. Die dafür
nötigen Rundgußapparate gekauft. Betriebskraft durch 8‑PS‑Gasmotor.
1891 Erstmals
Wochenbeilage "Vor Lübecks Toren", die sich bald großer Beliebtheit
erfreut.
1893 Charles
Coleman erwirbt das Grundstück Königstraße 55. Bau eines neuen
Betriebsgebäudes.
1897 Aufstellung
der ersten Setzmaschine, eines Typograph, und einer Zwillingsrotation, die in
der Stunde 24.000 achtseitige Zeitungen auf ihren je vier Zylindern druckt.
1902 LGA‑Auflage
steigt auf 30.000 Exemplare. Damit ist der LGA die am weitesten verbreitete
norddeutsche Provinzzeitung.
1913 Robert
Coleman, Sohn des Inhabers, tritt am 29. März in die Firma ein.
1914 Fünf
benachbarte Häuser in der Königstraße und Papierspeicher in der Johannisstraße
gekauft.
1921 Zwei
doppelbreite Rotationsmaschinen drucken stündlich 22.000 16seitige Zeitungen.
"Lübecker Eisenbahnzeitung" aufgekauft und als "Lübecker Neueste
Nachrichten" am 1. April herausgebracht.
1922 Erstmals
werden die "Lübeck-Mecklenburgische Sportzeitung" und die
Fachblätter "Deutsche Baukunst", und "Zeitschrift für den
Tiefbau" herausgegeben.
1924 Robert
Coleman wird Teilhaber. Das Unternehmen hat nun über 200 Mitarbeiter.
1934 Buchdruckerei
der Gebrüder Borchers gekauft. Die dort verlegte Tageszeitung "Lübecker
Anzeiger" erscheint bis 1. Juli 1942 im Untertitel des LGA.
1936 Seniorchef
Charles Coleman am 18. September im 84. Lebensjahr gestorben. Die Stadt verliert
einen für Lübeck unermüdlich tätigen Bürger, der lange Jahre Mitglied der
Bürgerschaft und mehrerer Ausschüsse war. Karl Rissom, Enkel des Gründers, als
Teilhaber aufgenommen. ‑ NSDAP erzwingt Abgabe von 30 Prozent der Anteile
des Familienunternehmens.
1942 Nach
schwerem Bombenangriff im März werden unter Mißbrauch einer Notverordnung
weitere 21 Prozent der Familienanteile enteignet. ‑ "Lübecker
General-Anzeiger" und NS‑Blatt "Lübecker Volksbote"
erscheinen ab 2. April als Einheitsblatt "Lübecker Zeitung".
1944 Täglich
90.000 Exemplare der "Lübecker Zeitung".
1945 Letzte
Ausgabe der "Lübecker Zeitung" am 2. Mai. ‑ Britische
Militärregierung gibt am 10. Mai unregelmäßig ein "Lübecker
Nachrichtenblatt" heraus. Das zweiseitige Blatt im "Berliner
Format" wird unentgeltlich verteilt. Ab Juni erscheint zweimal wöchentlich
anstelle des Nachrichtenblattes vierseitig die "Lübecker Post".
1946 Besatzungsblätter
am 28. März zum letzten Male erschienen. Leonhard Ehrlich, Claus Wessel, Heinz
Eckhold und Johannes Möller erhalten Lizenz für die "Lübecker
Nachrichten", die am 3. April, zugelassen von der Militärregierung,
erstmals herauskommen. Zunächst zweimal wöchentlich, bald darauf dreimal. ‑
Heinz Eckhold und Johannes Möller scheiden in den folgenden Jahren aus.
1947 Für 15
Pfennig sind die LN jetzt täglich zu haben. Nachrichten-Appetit und Lesehunger
scheinen in Not, Elend und Überlebenswillen grenzenlos. Das der unabhängigen
und überparteilichen Zeitung zugebilligte Kontingent von 5.000 Exemplaren
reicht nicht aus. Durchschnittlicher Schwarzmarktpreis liegt bei drei Mark pro
Ausgabe.
1950 Altverleger
Robert Coleman erhält Lizenz zur Herausgabe des LGA. Leonhard Ehrlich, Claus
Wessel und Robert Coleman gründen die Lübecker Nachrichten GmbH. Der LGA
erscheint im Untertietel der "Lübecker Nachrichten".
1957 Zum
75. Geburtstag der Lübecker Nachrichten/Lübecker General-Anzeiger steigen 1500
Brieftauben auf. 1000 fliegen auf Gegenkurs von Krefeld in die Hansestadt.
1958 Der
technische Betrieb erhält bis 1966 in mehreren Bauabschnitten einen
sechsgeschossigen Neubau auf dem Hof zwischen Königstraße und Dr.‑Julius‑Leber‑Straße.
1959 Am 28.
November läuft die MAN-Zweirollen‑Rotationsmaschine für 32 Seiten an.
Sie wiegt 115.000 Kilogramm, stündliche Zylinderumdrehungen 20.000. ‑ LN/LGA
erscheint nunmehr im "Rheinischen Format" (größer als das bisherige
"Berliner Format") - Aufstellung einer Roland-Zweifarben‑Ultra‑Offsetmaschine.
1964 Der
Graphische Großbetrieb LN-Druck richtet sich mit neuen Maschinen auf höchste
Qualität im Farbdruck ein. Fertigung von Prospekten, Katalogen, Plakaten,
Packungen, Etiketten, Büchern, Broschüren.
1966 Mit
"Parken und Wandern im schönen Holstein" erscheint der erste LN‑Touristikführer
im LN-Buchverlag. Es folgt die Reihe "Kennen und lieben" mit
touristischen Zielen aus aller Welt. Verbreitung im gesamten deutschen
Sprachraum.
1967 Die
Rotation wird vom 32seitigen auf 64seitigen Zeitungsdruck erweitert.
1968 Charles
und Jürgen Coleman, Enkel des Firmengründers und Söhne Robert Colemans, treten im
Januar als Gesellschafter in das Unternehmen ein. Ihnen folgt im August Jürgen
Wessel, Sohn des Verlegens Claus Wessel. Als vierter der neuen Herausgeber
fungiert ab Oktober 1970 Bernd Ehrlich, Sohn des Verlegers Leonhard Ehrlich.
1971 Der
Axel Springer Verlag tritt als Gesellschafter mit einem Anteil von 20 Prozent
ein. Die übrigen Gesellschafter halten je 20 Prozent Geschäftsanteile. Im Alter
von 78 Jahren verstirbt am 2. Mai der Seniorverleger Claus Wessel.
1972 Arrondierung
der Betriebsgebäude durch Kauf der Häuser Fleischhauerstraße 31‑35. Die
Offsetdruck‑Kapazität wird mit Aufstellung einer Vierfarben‑Roland‑Maschine
ausgebaut.
1975 Erste EDV‑Anlage
für Anzeigenabrechnung installiert. ‑ Am 28. September verstirbt im 78.
Lebensjahr der Seniorverleger Leonhard Ehrlich.
1977 LN
modernisieren das Erscheinungsbild der Zeitung und erweitern den Inhalt durch
eine neue Blattstruktur.
1979 Erste
Ausgabe des Anzeigenblattes "Lübecker Wochenspiegel" mit einer
Auflage von 120.000 Exemplaren.
1980 EDV‑Anlage
erneuert und erweitert für die Abteilungen Vertrieb, Anzeigen sowie Finanz- und
Rechnungswesen. ‑ Umstellung des AkzidenzBuchdrucks zum Offset in
Verbindung mit der Fotosatzumstellung. Stufenweise Einführung eines
integrierten Fotosatz‑, Anzeigen‑ und Redaktionssystems und Auslauf
der alten Blei‑Ära und der Stereotypie. ‑ Nach vorausgegangenen
Planungs- und Testphasen Starttermin im Atex‑Fotosatzsystem für die LN‑Ausgabe
zum 12. Oktober 1980 mit inaktuellen Seiten. ‑ Nach technischen und
redaktionellen Umschulungsmaßnahmen werden nacheinander alle Ressorts und
Anzeigen-Rubriken mit ihren Seiten - vom Leser übrigens kaum bemerkt ‑ auf
Fotosatztechnik umgestellt. Letzte Serie der LN am 16. September 1981 in Blei
gegossen. Die letzten LN-Bleiseiten werden für die Ausgaben vom 9. Februar 1982
produziert. Die Bleiära ist im Hause LN zu Ende geführt worden.
1981 Kauf
eines Grundstücks in Lübeck-Padelügge (Herrenholz) von 6,6 Hektar für eine
schrittweise Betriebsverlagerung des Unternehmens.
1982 Der Seniorverleger
Robert Coleman stirbt am 29. Juni im Alter von 85 Jahren. ‑ Am 17.
September feiert die Tageszeitung Lübecker Nachrichten/Lübecker General-Anzeiger
ihr 100jähriges Jubiläum.
1983 Ab 1.
April gibt es bei den LN nur noch vier Gesellschafter: Charles und Jürgen
Coleman, Jürgen Wessel und die Axel Springer Verlag AG. Mitherausgeber Bernd
Ehrlich hat seinen 20prozentigen Gesellschaftsanteil an die Lübecker
Nachrichten GmbH verkauft. ‑ Die neue Regional-Ausgabe für Bad Schwartau
startet am Karfreitag mit einer erweiterten Redaktionsmannschaft, verbessertem
Informationsangebot und einer erheblich erhöhten Auflage. ‑ Der Lokalteil
Hansestadt Lübeck wird um eine Seite erweitert. Mehr Platz gibt es damit für
Berichterstattung aus Vereinen und Vororten, für Serien und
Hintergrundberichte. Die Verleger der "Lübecker Nachrichten" geben
grünes Licht für die erste Stufe des LNNeubaus (Zeitungsdruckerei, Versand,
Akzidenz) in Lübeck-Herrenholz.
1984 Inhalt
und Erscheinungsbild der "Lübecker Nachrichten" werden im Interesse
des Lesers erheblich umgestellt: Mehr Bilder und mehr Hintergrundberichte,
übersichtliche, knappe Nachrichten und eine lebhaftere Gestaltung der
redaktionellen Seiten. Die Seite 1 ist künftig die Schauseite des ganzen
Blattes und bietet Informationen aus allen Redaktionsbereichen. Hinzu kommt
eine weitere Seite Politik, die Service‑Seite "Guter Rat" mit
verbrauchernahen Themen sowie der Lokalsport, der vom großen Sport getrennt und
direkt an den jeweiligen Lokalteil angegliedert wird. Grundsteinlegung für den
Neubau des LN‑Druckzentrums im Herrenholz.
1986 Die
Einweihung des neuen LN-Druckzentrums Herrenholz mit modernster Vierfarben-Rollenoffsetmaschine
"Colorman 35" uud FERAG-Versandstraße wird im Februar mit einem
rauschenden "Fest der Farben" gefeiert. ‑ Die Verleger der
"Lübecker Nachrichten" haben den langjährigen Geschäftsführer des
Verlages, Dr. Günter Semmerow, in den Gesellschafterkreis aufgenommen. ‑
In 36stündiger Tag- und Nachtarbeit über die Pfingsttage wurde das neue
elektronische "Integrierte AnzeigenSystem" (IAS 7000/Atex) in
Betrieb genommen.
1987 Die
"Lübecker Nachrichten" werden noch farbiger: Auf der ersten Seite
sowie im Innenteil werden zunehmend farbige Fotos oder Schaubilder verwendet.
Auch für das Wochenendmagazin "Sonntagmorgen" wurden die
Farbmöglichkeiten erheblich erweitert. ‑ Die Brüder Jürgen und Charles
Coleman geben ihre Anteile als Gesellschafter der "Lübecker
Nachrichten" ab, bleiben aber als Herausgeber mit der Zeitung verbunden.
1988 Der
Lokalsport wird im Interesse des Lesers
ausgeweitet und erscheint nun viermal wöchentlich in der jeweiligen
Regionalausgabe. Ferner wird der Kontakt zu den Sportvereinen ausgebaut. ‑
Die Neubauplanungen für das Areal im Herrenholz sowie für ein Pressehaus in der
oberen Dr.Julius-Leber‑Straße werden mit Nachdruck vorangetrieben.
1989/1990 Nach
Öffnung der DDR-Grenze werden die Gäste und Besucher aus dem benachbarten
Mecklenburg mit vielfältigen Aktionen betreut ‑ von LN‑Sonderausgaben
mit vielen Tips und Anregungen bis zu einer Übernachtungsbörse. Ferner
organisieren die "Lübecker Nachrichten" einen deutsch‑deutschen
Jugendtreff. Auf Einladung der LN kommen 650 Jugendliche aus Rostock und Wismar
per Fähre nach Lübeck. Ob City‑Lauf in Lübeck oder LN‑Weihnachtsbasar
ohne Beteiligung aus Wismar, Schwerin oder Rostock wird künftig nichts mehr
laufen. Immerhin gehörte vor dem Krieg ein Teil von Mecklenburg inklusive Wismar
zum Verbreitungsgebiet der "Lübecker Nachrichten". Nach lauter
historischen Tagen in der hohen Politik gibt es denn auch einen für die LN: Am
20. Februar 1990 wird die erste Ausgabe der "Mecklenburger
Nachrichten" mit einer Startauflage von 20.000 Exemplaren ausgeliefert.
Außerdem starten die LN mit neuen Anzeigenblättern für Schwerin, Rostock und
Stralsund. Die LN schließen ferner einen Kooperationsvertrag mit der Ostsee-Zeitung/Rostock
ab. Am 17. September ist die Grundsteinlegung für das LN-Pressehaus, unseren
Stützpunkt in der Lübecker Innenstadt, wenige Tage später Richtfest für den
Neubau des Verlagshauses im Herrenholz. ‑ Nach monatelangen
Untersuchungen der führenden Hersteller von Fotosatz‑, Redaktions‑
und Produktionssystemen fällt die Entscheidung wiederum für Atex, einen
Hersteller, mit dem die LN schon seit über zehn Jahren zusammenarbeiten. Mit
dem neuen System soll erstmals die Text‑, Bild- und Grafik-Integration
verwirklicht werden.
1991 Die
Treuhand stimmt dem Erwerb der Ostsee‑Zeitung/Rostock durch die "Lübecker
Nachrichten" zu. Die Verlagsobjekte der LN decken damit das Gebiet von der
Ostseeinsel Fehmarn bis zur polnischen Grenze ab. ‑ Noch im LN‑Altbau
in der Lübecker Innenstadt beginnt die Testphase für den Ganzseiten‑Umbruch
mit dem neuen Atex‑System. ‑ Im Herbst ziehen die LN mit Sack und
Pack aus der Innenstadt nach Herrenholz um. Damit findet ein Jahrhundertprojekt
mit generalstabsmäßiger Planung seinen Abschluß, das nicht nur die LN-Mitarbeiter
wieder vereint, sondern auch weitreichende technische Neuerungen mit sich
bringt: den layoutgesteuerten Ganzseitenumbruch am Bildschirm. Am 14. Oktober
wird die erste LNAusgabe unter neuen Produktionsbedingungen komplett im
Herrenholz hergestellt. ‑ Ende November wird das neue Pressehaus in der
Lübecker Innenstadt offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Quelle: Lübecker Nachrichten vom 16. Februar 1992
("Wie Ihre Zeitung sich seit 1882 entwickelt hat")