Samariter
Leserbrief der
Diplom-Soziologin Katharina Ehrenstein aus Lübeck zum Hamburger
Abendblatt-Artikel "Terror Helfer verboten" vom 6. August 2002:
Nachdem ich den Artikel gelesen habe, war ich
sicher, daß in Deutschland keine Politik mehr gemacht wird. Die Texte kommen
wahrscheinlich direkt aus Washington oder Jerusalem und Minister wird
derjenige, der sie kritiklos umsetzt, möglichst noch mit Niederträchtigkeiten
anreichert.
Die Juden kamen seit 1947 massenhaft in Palästina an
und erklärten der dort seit 2000 Jahren wohnenden Bevölkerung: "Weg hier,
wir sind wieder da!" Es waren nicht die nach dem Holocaust
übriggebliebenen europäischen Juden. Aus aller Welt wurden sie zusammengekarrt
bis es 5 Millionen waren oder sogar noch mehr. Die Idee zur Gründung eines
jüdischen Staates stammt von Theodor Herzl, der schon 1904 verstarb. Seither
reifte die Idee in den Köpfen und man weiß nicht, wieviel Weltgeschichte sie
nachteilig beeinflußt hat. Sie kam mir immer so vor, als ob die Indianer
Amerika zurückhaben wollten. Die Brutalität, mit der sie umgesetzt wurde,
stellt viele historische Verbrechen in den Schatten. Für die mißhandelten
Palästinenser bleibt nur Hohn und Spott.
Aber, was sich der Innenminister (Otto Schily, d.V.)
mit dem Verbot von AL AKSA jetzt erlaubt, ist in meinen Augen die Beihilfe
eines Sadisten an überlegene Mörder im Kampf gegen Schwache, die als letztes
Mittel ihr Leben opfern. Wie bitte sollen sich die Palästinenser denn sonst
verteidigen, da man ja will, daß sie schweigend verschwinden, klaglos und
angepaßt. Sie blockieren noch viel Land, das in der Bibel vor 3000 Jahren
eindeutig als jüdisch bezeichnet wurde.
Wie wäre es denn, wenn der Innenminister mal gegen
die mächtigen, mit Waffen und Geld aus aller Welt überversorgten Israeli vorgehen
würde, aber diese Gegnerschaft würde er nicht überleben. Was er macht, verletzt
nicht nur meinen Sinn für Gerechtigkeit, Gleichheit, Fairness, Humanität, es
widerspricht auch meinen religiösen Gefühlen. Wenn ich an den barmherzigen
Samariter denke, den die Bibel hervorhebt, weil er sich nach einem Leidenden
gebückt hat, dann hat er genau das getan, was AL AKSA tat. Man kann ihnen doch
nicht die Spenden fortnehmen, die sie für die verwaisten Familien sammeln,
deren Ernährer oder Mitglied sich im Krieg gegen Israel geopfert hat. Was heißt
den "Terror der Palästinenser". Das kommt mir ja so vor als ob man
vom Terror der Juden gegen die Nazis spricht, weil Terror in der bloßen
Existenz besteht. Wenn das so weiter geht, werde ich hier regelmäßig zu einer Moschee
gehen und mein Scherflein abgeben. Der Zynismus der Mächtigen, der Herrn Schily
gut gefällt, der ihm regelrecht gut steht, ist mir unerträglich. Ich habe am
Wochenende auch so ein schwachsinniges Interview mit ihm in der FAZ gelesen: Er
äußert sich über die Flüchtlinge 1945 so in dem Tenor: "Einiges war nicht
schön!" In meinen Augen ist die Verweigerung und Verhinderung von
Mitgefühl ein ganz großes Verbrechen.