Die neue Randgruppe heißt "Familie"

 

Deutschland im Jahre 2004: Weil schwul sein offenbar allerorten nicht nur akzeptiert wird, sondern "in" ist, widmen nun auch die LN (Lübecker Nachrichten) dem Thema eine komplette Seite und stellen fest, dass diese gesellschaftliche Gruppe den Marsch durch die Institutionen erledigt hat und in Schlüsselpositionen, in Medien und Machtzentren angekommen ist. Das stimmt, aber nicht nur das: Diese ehemalige Randgruppe wird allerorten protegiert und hofiert, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Abgeordnete und Minister ziehen begeistert Regenbogenfähnchen vor ihren Rathäusern hoch und lassen sich stolz am Christopher Street Day ablichten, wie tolerant, wie zeitgemäß. Aber das ist noch nicht alles: Die uns Regierenden planen tatsächlich erhöhte Ortszuschläge für "verheiratete" Schwule im öffentlichen Dienst, Ehegattensplitting, Hinterbliebenenversorgung; sie zahlen Personal und Sachkosten für Verwaltungsbeamte ironischerweise in Familienministerien, die sich speziell gleichgeschlechtlichen Lebensformen widmen.

 

Das geht uns etwas an, denn diese in der Summe erheblichen Aufwendungen werden aus Steuermitteln bezahlt in einer Zeit, in der kein Geld mehr vorhanden ist und in der die Staatsverschuldung ins unermessliche steigt. Aber das bezahlen ja mal unsere Kinder; die Kinder übrigens, die ausschließlich geboren werden, wenn sich Männer und Frauen zusammenfinden. Das hat sich die Natur so ausgedacht. Aber vielleicht ist die Natur ja gar nicht mehr "up to date" und zudem politisch inkorrekt. Möglicherweise hat sie diskriminierenden Charakter und muss geändert werden.

 

Ach ja, Kinder: Dieselben Politikerinnen und Politiker, die diese teure Gleichmacherei beschließen wollen, sparen natürlich auch: beim Erziehungsgeld, bei der Eigenheimzulage für Familien, erhöhen Kindergartengebühren und kümmern sich einen Dreck um eine neue Randgruppe dieser Gesellschaft: Familien mit mehreren Kinder, Eltern, die diese vielleicht sogar selber betreuen möchten.

 

Eine Familie mit zwei Kindern und einem Durchschnittsverdiener lebt in Deutschland heute an der Armutsgrenze, bei drei oder vier Kindern darunter. Familienväter verlieren nach 30 Jahren harter Arbeit ihr Haus, wenn sie ein Jahr ohne Beschäftigung sind (Hartz IV). Familien mit Kindern finden keine Wohnungen, schwule Paare schon. Familien‑ und Erziehungsarbeit hat keinen Stellenwert in dieser Gesellschaft, weder finanziell noch ideell. Die neue Randgruppe heißt "Mütter", sie heißt "Kinder" und sie heißt "Familie". Allerdings, für sie ist das Antidiskriminierungsgesetz nicht gedacht.

 

Warum haben wir diese Politik? Weil Väter und Mütter wenig Zeit haben, sich politisch zu engagieren, sie sind nicht in Schlüsselpositionen. Sie sind oft ausgebrannt und alleine gelassen, arbeiten und erziehen die Kinder, die die künftigen Renten erarbeiten und die Staatsschulden abzahlen müssen ‑ und das ehrenamtlich.

 

Quelle: MARTIN G. WOLFF - Stockelsdorf - Vater von vier Kindern (Leserbrief in den Lübecker Nachrichten vom 22./23.8.2004)