Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg
Zwei Erschlagene
von Kurt Tucholsky (1919)
Märtyrer
...? Nein.
Aber
Pöbelsbeute.
Sie wagtens. Wie selten ist das heute.
Sie
packten zu, und sie setzten sich ein:
sie
wollten nicht nur Theoretiker sein.
Er:
ein Wirrkopf von mittleren Maßen,
er
suchte das Menschenheil in den Straßen.
Armer
Kerl: es liegt nicht da.
Er tat
das Seine, wie er es sah.
Er
wollte die Unterdrückten heben,
er
wollte für sie ein menschliches Leben.
Sie
haben den Idealisten betrogen,
den
Meergott verschlangen die eigenen Wogen.
Sie
knackten die Kassen, der Aufruhr tollt -
Armer
Kerl, hast du das gewollt?
Sie:
der Mann von den zwei beiden.
Ein
Leben voll Hatz und Gefängnisleiden.
Hohn
und Spott und schwarz‑weiße Schikane
und
dennoch treu der Fahne, der Fahne!
Und
immer wieder: Haft und Gefängnis
und
Spitzeljagd und Landratsbedrängnis.
Und
immer wieder: Gefängnis und Haft -
Sie
hatte die stärkste Manneskraft.
Die
Parze des Rinnsteins zerschnitt die Fäden.
Da
liegen die beiden am Hotel Eden.
Bestellte
Arbeit? Die Bourgeoisie?
So
tatkräftig war die gute doch nie ...
Wehrlos
wurden zwei Menschen erschlagen.
Und es
kreischen Geier die Totenklagen:
Gott
sei Dank! Vorbei ist die Not!
«Man
schlug», schreibt einer, «die Galizierin tot.»
Wir
atmen auf! Hurra Bourgeoisie!
Jetzt
spiele dein Spielchen ohne die!
Nicht
ohne! Man kann die Körper zerschneiden.
Aber
das eine bleibt von den beiden:
Wie
man sich selber die Treue hält,
wie
man gegen eine feindliche Welt
mit
reinem Schilde streiten kann,
das
vergißt den beiden kein ehrlicher Mann!
Wir
sind, weiß Gott, keine Spartakiden.
Ehre
zwei Kämpfern!
Sie
ruhen in Frieden!