Ketzer und Propheten
Lassen Sie mich ein paar
abschließende Worte zu Holger Strohms Werk "Unmensch Mensch"
hinzufügen. Der bekannte französische Misanthrop Michel de Montaigne aus dem
16. Jahrhundert war im Laufe seines langen Nachdenkens und Abwägens zu der für
ihn unumstößlichen Gewissheit gelangt, dass es keinen Zweck hat, den Menschen
zu belehren, vor Dummheiten zu warnen oder sogar davor zu bewahren. Sie sollen
ersticken in ihrem eigenen Sumpf. Anders kommen sie nicht zur Einsicht, wenn diese
überhaupt eintreten sollte: Ein Misanthrop also!
Ganz anders ist der Ton, den
die Propheten der vorchristlichen Jahrhunderte anschlugen oder im christlichen
Abendland die Ketzer. Die Propheten prangerten im Namen Jahwes die grassierende
Verwahrlosung des Rechts an, die ausufernde Korruption, den Wucher, den Zins,
die daraus resultierende Verelendung des Volkes durch den sich in wenigen
Händen akkumulierenden Reichtum. Sie drohten im Auftrage Jahwes unnachsichtig
den verbrecherischen politischen Führungsschichten das Gericht an. Dafür wurden
die Kläger verfolgt, getötet, den wilden Tieren zum Fraß vorgeworfen. Ein
Prophet ist also in erster Linie nicht der, der anzeigt, was kommen wird,
sondern der unmißverständlich anklagt und die drohende Strafe verkündet.
Ähnlich
verhielten oder verhalten sich die christlich abendländischen Ketzer. Es sind Menschen
an der Peripherie weit abstehend, die neue Antworten einfordern, die unangenehm
beängstigend sind, die nicht konform gehen mit der allgemeinen Selbstverständlichkeit
Wer aber Selbstverständlichkeiten in Frage stellt, wirkt bedrohlich, weckt
Ängste. Wir wissen heute aus der Sozialphilosophie und Wissenschaftstheorie,
wie solche Selbstverständlichkeiten zustande kommen und dass sie selten etwas
mit Realität, dafür um so mehr mit Vorurteilen, zu tun haben. Wir vergessen
nicht, dass das Bewahren von Sicherheiten zu allen Zeiten für Menschen ein sehr
viel stärkerer Motivator war und ist als das Erkennen von Wahrheit. Die Suche
nach Wahrheit wird vielmehr immer deformiert zu einer Technik, Sicherheiten zu verstärken.
Und Ketzer trampeln nun einmal im Porzellanladen der Selbstverständlichkeiten herum,
in dem Menschen die Antworten auf existentielle Fragen einzukaufen gewohnt
sind. Und das ist unverzeihlich. Ketzern verzeiht man nicht! Dabei sind Ketzer
lebensnotwendig für eine Gesellschaft, die nicht in sich erstarren oder sich im
Ghetto der (sich selbstrichtenden) Selbstgenügsamkeit zurückziehen will. (Rupert
Lay, "Ketzer, Dogmen, Denkverbote", S.24, Econ Verlag). Denn die Erfahrung
des Unsinns, der Unvernunft, die teils durch Wissenschaft und Technik, teils
durch Fortschritt und Wachstum besorgt oder doch ermöglicht wurde, ist so aufdringlich
und unabweisbar geworden, dass man sich schon in Wahnwelten einrichten muss, um
solchen Unsinn, (den die Ketzer und vormals Propheten ans Licht zerrten) nicht wahrzunehmen.
(Rupert Lay, S.209) Dabei ist die abendländische Christenheit, bevor das
Phänomen der Ketzerei zum erstenmal in Erscheinung trat, durch mittelalterliche
Propheten auf das erschreckende Ende der christlichen Kultur hingewiesen
worden. Durch Hildegard von Bingen, oder vor tausend Jahren durch den Templer
Johannes von Jerusalem, von dem ich einige unfassliche hellseherische Texte
wiedergeben möchte und zwar von mir thematisiert:
Zu Kindern (Johannes von
Jerusalem, "Das Buch der Prophezeiungen", S.64, Seehammer Verlag):
Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, wird jeder
wissen, was an allen Enden dieser Erde ist, wird man Kinder sehen, deren
Knochen die Haut durchstoßen und solche, deren Augen von Fliegen bedeckt sind
und solche, die gejagt werden wie Ratten.
Zu der Scheinwelt der Medien
(S. 78): Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, werden
die Menschen Trugbilder zum Leben erwecken können. Die Sinne werden getäuscht
werden, und sie meinen zu berühren, was gar nicht ist. Sie werden Wege
beschreiten, die nur die Augen sehen können und der Traum wird so Wirklichkeit werden.
Doch der Mensch wird nicht mehr unterscheiden können zwischen dem was ist und
dem, was nicht ist. Er wird sich in falschen Labyrinthen verlieren. Jene, welche
die Trugbilder zum Leben erwecken können, werden mit dem gutgläubigen Menschen
ihr Spiel treiben und ihn betrügen. Und viele Menschen werden zu unterwürfigen
Hunden.
Zur Genmanipulation beim
Menschen, sozialen Ungleichheit und zum Überwachungsstaat (S. 72): Wenn das
Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, werden die Menschen sich
nicht mehr dem Gesetz Gottes unterwerfen. Sie werden das Leben wie ein Reittier
lenken wollen. Sie werden ihre Kinder im Leib ihrer Weiber wählen wollen und
die töten, die sie nicht mögen. Doch wer wird der Mensch sein, der sich so für
Gott hält? Die Mächtigen werden das beste Land und die schönsten Weiber an sich
reißen. Die Armen und die Schwachen werden wie Vieh sein. Jede armselige Hütte
wird ein Gefängnisturm sein. Die Angst wird sich wie Gift in jedes Herz fressen.
Zur Arbeitslosigkeit und Armut
(S.74): Wenn das Jahrtausend beginnt, das nach dem Jahrtausend kommt, werden
viele Menschen mit verschränkten Armen dasitzen oder sie werden keine Schmiede
mehr haben, wo sie das Eisen schmieden können und kein Feld mehr, das sie bestellen
können. Sie werden sein wie ein Samenkorn, das keine Wurzeln schlagen kann, umherirren
und entblößt, gedemütigt und hoffnungslos. Die Jüngsten und die Ältesten oft
ohne Heim. Es wird ihnen nur noch bleiben, für ihr Heil in den Krieg zu ziehen.
Und sie werden zuerst sich selbst bekämpfen und ihr Leben lassen.
Ist Holger Strohm nun ein
Prophet, ein Ketzer, ein Seher oder eine Kassandra oder alles zusammen
genommen? Er ist jedenfalls einer, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt und
zwar nicht so wie Pilatus bei der Vernehmung von Jesus mit der rhetorischen
Frage, was ist Wahrheit? Diese Frage stellt die Reaktion Pilatus' auf die
Selbstdarstellung Jesu dar, der sich als König der Juden betitelte mit der
Verpflichtung zur Wahrheit Der Zweifel an einer zweifelsfreien Wahrheit seitens
Pilatus legt offen, dass es ihm nur um die Absicherung seiner Machtposition
ging ‑ gegen die aufmüpfigen Juden. Holger Strohm ist einer ‑ so
ist er mir seit langem vertraut ‑ der sich körperlich und seelisch nicht schont,
diese Wahrheit immer wieder dem etablierten Wahnsystem und ihren Agenten vor
die Nase zu halten. Er ist einer, dem der Sparstrumpf ängstlich unter dem
Kopfkissen verwahrt gar nichts sagt, weil er die kapitalistischen Spielregeln
längst als mörderisches Spiel gegen alles was Leben heißt und zukünftig sein will,
enttarnt hat.
Genau dies ist einer der Gründe
für mich gewesen und ist es immer noch, werbend für ihn und seine Werke
einzutreten, als einer der sich so wie er verantwortlich weiß vor seinen
Kindern und Kindeskindern, denen wir eine Welt zu hinterlassen verpflichtet
sind, die nicht biosphärisch dem Tode geweiht ist, obwohl alles darauf
hindeutet. Es ist schon ein merkwürdiger Umstand, ein Ruheständler fühlt sich
veranlaßt, ein Buch in seiner Kleinstadt zu verkaufen, ein Buch nicht vom
Schlage Harry Potters, keineswegs: Sondern ein Buch, das keinen offiziellen
Verlag oder Vertrieb fand, um es zu veröffentlichen und für seine Verbreitung
zu sorgen. Papst Gregor der Grosse prägte den Satz: Besser Skandal als dass die
Wahrheit zu kurz kommt! Dieser Satz prägte sich mir tief ein. So beschloß ich als
geistiger Partisan, für die Verbreitung bei denen zu sorgen, bei denen ich eine
ähnliche ethische Grundhaltung vermuten konnte.
Jesus verknüpft die Erkenntnis
der Wahrheit mit seiner Person. Wer sich ihm anschließt, wird frei. Die Lüge
knechtet, die Wahrheit befreit zur Liebe, zur Hoffnung, zu verwandelnden Tat.
Ein einzelner kann so die Welt verändern, wenn er in die Herzen der
Unterdrückten, der Gefangenen, der Gefolterten, der Betrogenen einzieht. Jesus
hat uns das Jahrtausendbeispiel dazu geliefert. Heute noch so relevant wie vor
2000 Jahren. Luther ist das Jahrhundertbeispiel. Sage und schreibe: Vor 500
Jahren verbreiteten sich die 96 Thesen Luthers nachgewiesener Maßen innerhalb
von 14 Tagen in ganz Deutschland und das ohne die Telekommunikation. Es hängt
von einem jeden ab, wie schnell sich nun die im Unmensch Mensch aufgeführten
Wahrheiten in der BRD verbreiten.
Quelle: Nachwort zu Holger Strohms "Unmensch Mensch" verfasst
von Pastor i.R. Friedrich Bode.
Wegen der systemimmanenten Behinderung bzw. Boykottierung des Buches ist
es direkt beim Autor zu beziehen (10,- Euro):
Holger Strohm, Immenstelle 10, 23879 Mölln, Tel: 04542-4300, Fax:
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