Artur „Atze“ Brauner oder des einen Freud des anderen Leid
Artur
Brauner, 89, Filmproduzent, Berliner Gesellschaftsgröße
und prominenter CDU-Spender, engagiert sich auf ungewöhnlichem
Terrain - als Kämpfer gegen den Kapitalismus.
In einer halbseitigen Anzeige, am
vorvergangenen Sonnabend in der „Welt“
veröffentlicht, ruft Brauner zu Sammelklagen
gegen die Archon-Gruppe auf und
kündigt die Gründung einer „Vereinigung
zur Bekämpfung der Heuschreckenplage“
an. Brauner, der in den vergangenen Jahrzehnten mit Millionenkrediten diverser Banken einen stattlichen Immobilienbesitz in
Berlin und Ostdeutschland erwarb, sieht sich als Opfer. Die Finanzgruppe hatte Darlehensforderungen von
der bayerischen HypoVereinsbank erworben,
darunter auch notleidende Brauner-Engagements.
Archon will nun Forderungen von 34 Millionen Euro eintreiben und stellte 22 Immobilien unter Zwangsverwaltung.
Damit ist der Verkauf der Immobilien
blockiert. „Wir sollen in den Ruin getrieben werden“, schimpft Brauner
und gibt sich kämpferisch, es ginge nicht
an, „in langen Jahrzehnten schwer
erarbeitetes Vermögen dieser
Heuschreckengruppe in den Rachen zu werfen“.
Die Archon-Gruppe möchte sich zu den Vorgängen unter Hinweis auf das Bankgeheimnis
nicht äußern.
Quelle: DER SPIEGEL 13 / 2008 / 188 (Personalien)
Der Filmproduzent Artur Brauner kam 1918 in Lodz als Sohn
eines Holzhändlers zur Welt. Er läßt sich gern „Atze“ nennen, heißt aber eigentlich
Abraham mit Vornamen. Die Kriegszeit verbrachte er in einem NS-KZ. Obwohl es
Deutschland eigentlich nicht wert sei, daß sich Juden wieder dort niederließen,
wie er später einmal bekundete, kam Brauner 1946 mit einer Lizenz für die
„Central Cinema Company“ (CCC), die er mit seinem Schwager Joseph Epstein gründete, nach Berlin. Brauners CCC produzierte
über 200 Filme. Er engagierte häufig jüdische Emigranten als Regisseure,
zum Beispiel Siodmak, Lang, Gottfried Reinhardt. Brauners Filme zur
„Vergangenheitsbewältigung“ wie „Morituri“, „Lebensborn“, „Die weiße Rose“ und
„Hitlerjunge Salomon“ waren Mißerfolge beim Publikum. Umsatzrenner wurden die von ihm produzierten
Unterhaltungsfilme, zum Beispiel Karl-May-Streifen der 60er Jahre, wobei er -
wie so oft - auf einen „fahrenden Zug“ sprang, denn Produzent Wendlandt hatte
mit Erfolg den bundesdeutschen „Karl-May-Boom“ eingeleitet. Mit seiner im Jahre 1962
gegründeten „CCC Televisions GmbH“ mischte Brauner zunehmend auch auf dem Fernsehbildschirm mit. Er produzierte TV-Spiele,
-Spielfilme sowie Unterhaltungssendungen. 1976 veröffentlichte Brauner seine
Erinnerungen „Mich gibt's nur einmal“. Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes
veröffentlichte er Anzeigen in der deutschen Tagespresse „Wider das Vergessen“:
Flucht, Vertreibung usw. seien nur die
Folge eines Hitler gewesen, dem der überwiegende Teil der Deutschen
zugejubelt habe. Die Opfer, nämlich die Juden, und nicht die Täter seien zu
bemitleiden. Aus der Haut getöteter KZler seien Lampenschirme und aus den
Körpern Vergaster Seife hergestellt worden. Diese Behauptungen sind längst
widerlegt. Nachdem Brauner 2000 über seinen jüdischen Kritiker Wajcman geäußert
hatte, „dieses Subjekt“ sei bedauerlicherweise nicht alt genug, um nach
Auschwitz deportiert worden zu sein, urteilte der Publizist Broder, auch er
jüdisch, über ihn: „Außen Jude, innen Nazi.“
Quelle: „Wer ist wer im
Judentum“ von David Korn, München 2003, S. 66
Anmerkung: Soweit DER
SPIEGEL Artur Brauner einen prominenten „CDU-Spender“ nennt, ist in Erinnerung
zu rufen, daß dieser jüdische Filmproduzent 50.000,- DM spendete, um Helmut
Kohl und der durch das Schwarzkonten-System angeschlagenen CDU aus der Patsche
zu helfen.