Bittschrift an die Justizminister: Richterwahl auf Zeit durchs Volk

Gastkommentar von Rechtsanwalt Claus Plantiko

O fortunatos nimium, sua si mala norint,
juridicos! Oriar sanatio ex sapiendo.
(Vgl. Vergil, Georgica II 458f.)
(O wie überglücklich Justizangehörige wären,
kennten sie nur ihre Übel! Denn Heilung erwüchse aus Wissen.)


Sagten Sie etwa Rechtsstaat? Deutsche können gar keinen Rechtsstaat betreiben, weil sie, wie die berüchtigten Milgram-Versuche "Bedenkenloser Gehorsam" über Jahrzehnte ergebnisgleich beweisen, als stammesgeschichtlichen Erbmangel 30% weniger Unrechtsbewußtsein bei Unrecht empfin-den als andere Völker. Bei Staatsgewaltdienern fallen weitere 30% hierarchischem Druck (push) von oben zum Opfer, und bei Parteigenossen (PG) reißt die enthemmende Gier (pull) nach Mit-läuferlohn in Form früher, hoher, unkündbarer Staatsstellen das letzte Drittel normalen Unrechtsbewußtseins hinweg.


Da z.Z. alles "Recht" vom Staat und seinen PG-Gewalthabern ausgeht, haben wir also einen Null-Rechts-Staat. Einen wenigstens 2/3-Rechtsstaat, sowieso das deutsche Maximum, s.o., können wir nur erreichen, wenn wir die Unrechtsgeneratoren Staat und Parteien abschalten und unser Recht ausschließlich von uns jederzeit kündbaren Nicht-PG anvertrauen, d.h. alle Rechtsprecher und ­anwender nur aus unserer Mitte, nur auf Zeit und nur unmittelbar selber wählen, weil nur staatsfreie Nicht-PG Recht von Unrecht noch in etwas unterscheiden können.


Die gegenwärtigen Zustände Deutschlands bedeuten völligen Verlust der Rechtssicherheit, wie der Volksmund sagt: "Recht ist Glückssache", "Recht haben und bekommen sind zweierlei"
"Wer einen Aal beim Schwanz und Richter faßt bei Worten,
wie feste der gleich packt, hält nichts an beiden Orten
oder Bärbel Bohley: "Wir wollten Gerechtigkeit und bekamen den Rechtsstaat". Staatsgewaltdiener mit und ohne Robe teilen aus, was sie für Recht halten: es ist weder immer Unrecht noch natürlich immer Recht, sondern unvorhersehbar zufällig mal das eine, mal das andere, weil sie es ja nicht unterscheiden können, so wie eine (rechts-)blinde Henne mal auf ein Korn pickt und mal daneben. Da viele Rechtsstreite zweipolige Nullsummenspiele sind (was der eine verliert, gewinnt der andere), liegt die Rechtstrefferquote nahe 50%, das entspricht bei Ja-Nein-Prüfungsfragen der sogenannten Schimpansenebene, d.h. dem Ergebnis, das jeder Affe, der nur weiß, daß er bei jeder Frage ein Kreuz machen muß, mit reiner Wahrscheinlichkeit erzielt und das zur Bewertung menschlicher Leistung als Ausgangspunkt und unterste Stufe anzusetzen ist.


Ein Rechtslehrer, soweit nicht PG, kann, wenn Art. 5(3)1 GG verwirklicht ist, selber bis zum 2/3-Rechts-Besitzer aufsteigen, aber nur die Verfahren zum Recht, nicht jedoch inhaltliches Recht, Rechtsempfinden oder Rechtssicherheit als solche weitergeben, so daß seine Zöglinge als PG mit Staatsgewalt den selben Null-Rechts-Staat weiter so betreiben, der gegen Belehrung oder gar Selbstumwälzung zum 2/3-Rechtsstaat gefeit ist. Was tun? Meine Mandanten beschweren sich bei mir als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege über diesen Zustand. Ich kann aber nur wenig für das Recht und sie unternehmen: Appelle an die Richter kontern sie meist nur mit Disziplinierungsforderungen an die Anwaltskammer.


A uf dem Rechtsweg, falls es ihn gibt, kommt der Rechtsuchende vom Regen in die Traufe.
Verfassungsbeschwerden verfallen der Nichtannahme oder scheitern jedenfalls zu >98%.
Richteranklagen, Art. 98 GG, werden gar nicht erst bearbeitet.
Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung werden eingestellt, oft sogar mit Gegenanzeigen durch die Rechtsbeuger wegen Beleidigung beantwortet und scheitern spätestens im Klageerzwingungsverfahren, dessen Erfolgsquote die OLG-Strafsenate einmütig und mit Billigung des, wie viele rechtsuchende, aber unrechtsempfangende Rechtsstaatsopfer sagen, Bundesverfarßungsgerichts auf Null hinuntersabotieren, vgl. Roxin, Strafverfahrensrecht, 24.Aufl., 1995, S. 290, indem sie alle Anträge wegen Verstoßes gegen unbekannte, daher unverbindliche, überraschende, in keiner Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene, gesetzesfremde, von ihnen selbst verfassungswidrig erfundene abstrakt-generelle Regeln, die niemand kennen kann, als unzulässig ablehnen


Das Schlimmste, gegen das man nur die Betreuung der Richter anregen kann, sind ihre Irrationalentscheidungen. Sie sind nicht nur der atavistische Abfall von den Werten der Aufklärung, Menschenwürde und Vernunft, Art. 1 GG und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie der EMRK-Präambel, in die irrationalen Abgründe phylogenetisch prähominider Schichten des Hirnaufbaus, deren Herrschaft den rationalen GG-Rechtsstaat unmittelbar außer Kraft setzt, somit eine Gewalt- und Willkürherrschaft, § 92(2) Nr. 6 StGB, errichtet, Millionen Jahre menschlicher Zivilisationsentwicklung zunichtemacht und die Auseinandersetzungsebene zwischen recht- und vernunftheischendem Staatsbürger und seinen auf Ramapithecus regredierenden ­dienern auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, ihre pongide Tiernatur absenkt, die nur Macht, nicht aber Recht oder Ratio anerkennt, sondern stets auch zugleich Verfassungshochverrat im Amt, der immer dann vorliegt, wenn Richter gegen Recht, Gesetz, Fakten, Folgerichtigkeit und allgemeine Wortbedeutung (RGFFW) verstoßen und es so unternehmen, mit ihrer rechtsprechenden Gewalt die verfassungsmäßige Ordnung zu ändern, indem sie Staatsmacht ergreifen, die ihnen das GG nur in eingeschränkterem Umfang, nämlich nur unter Beachtung von (rationalem!) Recht und Gesetz, arg. Art. 20(3) GG, zuweist, vgl. LK-Willms 7 zu § 81 StGB (Umsturz von oben).


Diese widerwärtige Willkür = Irrationalität in der richterlichen Staatsgewaltausübung gegen die Untertanen ist auch durch die Aufklärung nicht beseitigt worden, im Gegenteil, "die vollends aufgeklärte Erde strahlt im Zeichen triumphalen Unheils", Horkheimer/Adorno, Dialektik der Aufklärung, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt, 1988, S.9, und Radbruch stellt in Geschichte des Verbrechens, Stuttgart 1951, S. 153, XV. Hexenprozesse, fest:
"Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts wurden Deutschland und Europa erneut von einer Welle des Aberglaubens überflutet. Ausgelöst wurde sie durch die höheren Formen der Wissenschaft, die Astrologie, Alchimie und Magie, sowie durch die vulgäre Unterschicht des Volksglaubens, der auf alten Zaubervorstellungen beruhte. Es war ein Rückfall in die magische Denkweise des primitiven Menschen, die stets in uns vorhanden, sich meist im Unbewußten verbirgt, aber immer wieder in den Bereich des Bewußtseins überraschend vorstößt."


Dieses prähominide Irrationale ist das, was wir heute zusätzlich immer noch und vormenschliche Tiere vor zwei Millionen Jahren ausschließlich an Gehirn hatten: ziemlich wenig, einfach, ohne Zeithorizont, begrenzt auf die intellektuellen Hic-et-nunc-Überlebensbedürfnisse eines Hordenmitläufers in der Savanne, aber immer noch virulent, sofortbereit und fähig, die Zivilisationstünche von Megajahren im Nu zu durchstoßen, z.B. in den Hexenprozessen. Das III. Reich und das des Bösen sind weitere Beispiele.


Besonders bei Richtern ist, wenn sie so aufs Animalische regredieren, der Kontrast zwischen Amtstracht und Affenhirn grotesk-makaber, weil es seine Todes- und sonstigen Tierurteile in feierlicher Menschenform ausspricht. Es ist daher, zusätzlich zu Montesquieus, die heute mögliche, technische Gewaltentrennung einzuführen, die über angeschlossene Hirnstrommeser (EEG) Richter bei Verhandlung, Beratung und Urteilsverkündung blitzschnell selbsttätig stummschaltet, sobald ihre Hirnaktivität in die subhominiden Zerebralzonen abirrt, deren bestialische Erzeugnisse Menschen unzumutbar sind. Gesetzlicher Richter, Art. 101 (1) 2 GG, ist also nur der bei seiner urteilsbildenden Tätigkeit an den Irrationalinhibitor angeschlossene. Da diese Apparatur z. Z. noch etwas unansehnlich ist, sollte sie b.a.w. zur Wahrung der äußeren Würde des Gerichts unter der im Zuge der EU-Rechtsangleichung von den Briten zu übernehmenden Wollperücke verborgen werden. Im Laufe einiger weiterer Megajahre könnte es uns so gelingen, das Tier-Mensch-Übergangsfeld (TMÜ) endlich zu verlassen und den ausschließlich rationalen, also allein ethisch wertvollen Übermenschen, vgl. Nietzsches Zarathustra, justizgesteuert selbstseligierend heranzuzüchten, damit diese derzeit unvollkommene Spezies ihrem vorausgeworfenen Anspruch: "Pfeile der Sehnsucht nach dem anderen Ufer" auch in praktischer Hinsicht gerecht wird.


Die Entwicklung eines gerichtstauglichen Irrationalinhibitors ist technisch machbar, und die Überschüsse aus den Einnahmen derzeitiger Unrechtssprechung sollten auf die zügige Herstellung seiner Verwendungsreife verwandt werden. Es ist klar, daß ein großer Teil rationaler Tätigkeiten wie z. B. Mathematisieren, Schachspielen, Konstruieren pp. Aktivströme nur in wenigen, bestimmten, lokalisierbaren Regionen des Gehirns erfordert bzw. hervorruft, während die anderen Regionen quasi im Leerlauf latent passiv im Ruhestrom nur bereitstehen. Diese rationalen Tätigkeiten lassen sich auch mit künstlicher Intelligenz ausführen, z.B. Schachrechnern. Die unterschiedlichen Zustände elektrischer Erregungen der verschiedenen Gehirnregionen sind schon heute mit Elektroenzephalographen (EEG) meß- und aufzeichenbar. Der geschulte Beobachter dieser Aufzeichnungen kann aus ihnen unmittelbar die Intensität der Elektroaktivität in den einzelnen Gehirnzonen ablesen, auch das Absinken in die verschiedenen Schlafformen.


Durch genügend feine Differenzierung der EEG-Technik lassen sich Ort und Art der gerade ablaufenden Hirntätigkeit sofort genau feststellen und aufzeichnen. Die darauf aufbauende Konstruktion eines Gerätes, das mit optischen (z. B. Warnlampe), akustischen (z. B. Warnton oder Störgeräusch) oder sensorisch-taktilen (z. B. leichtem Stromstoß) Signalen das Sprechen und Schreiben, also die nach außen gerichteten Manifestationen der Hirntätigkeit, erschwert oder unmöglich macht, ist ein Leichtes, indem eine elektromechanische Vorrichtung mit diesen Signalen immer dann in Gang gesetzt wird, sobald Frequenz oder Amplitude des Hirnstroms in den festzulegenden Nichtrationalzonen des Gehirns bestimmte Werte überschreiten.


"Diese Idee: "Irrationalinhibitor = Nutzung der EEG-Meßtechnik zur Rationalitätssicherung menschlichen Verhaltens mittels mechanischer Verhinderung nichtrational induzierter Handlungen", für die Patentschutz beantragt ist, könnte in absehbarer Zeit einen wesentlichen Beitrag zur Beseitigung des Hauptübels deutscher Rechtsprechung, ihrer Irrationalität, leisten.


Deutsche Richter müssen im Streitfall immer gegen Recht und Bürger, von denen sie allein unabhängig sind, und zu Gunsten ihrer Ernenner = Auftraggeber, von denen sie abhängig sind, entscheiden und die dann unausweichlichen Irrational-"Begründungen" unter entweder Verkennung des Streitpunkts (ignoratio elenchi) oder Verstoß gegen Folgerichtigkeit und allgemeine Wortbedeutung liefern. Das sind pathogene Berufsbedingungen, aus denen sie sich aber durch ihren Antrag beim Justizminister, ihre heilende Volkslegitimation durch ihre getrennte persönliche Mehrheitswahl auf Zeit unmittelbar durchs Volk herzustellen, selbst befreien könnten, so daß sie z.Z. wegen ihres freiwilligen Verharrens in Krankheit und Verfassungshochverrat keine Schonung verdienen.


Dienstaufsichtsbeschwerden werden mit der Standardformel abgelehnt, Richter seien unabhängig, ohne an der Absurdität dieser Begründung Anstoß zu nehmen: kann denn auch ein vom örtlichen Parteiboß bestellter Blockwart, der die Erziehung in seinem Bereich spielender Kinder seinem von ihm law-and-order-geprägten Neffen anvertraut, vgl. Art. 92 GG, dann die Eltern der von diesem geohrfeigten und schikanierten Kinder mit ihren Beschwerden, Unterlassungs-, Schadensersatz- und Schmerzensgeldklagen auf die nepokratisch-steinzeitliche Duckordnung (NSDO) verweisen, nach welcher Erzieher unabhängig und Änderungswünsche ausschließlich bei seinem noch law-and-order-geprägteren älteren Bruder anzubringen sind?


Versuche, die Rechtsbindung der Richter in der Verfassungswirklichkeit durchzusetzen, unternahm schon Justinian in C.3,1,14: "Rem non novam neque insolitam adgredimur, sed antiquis quidem legislatoribus placitam, cum vero contempta sit, non leve detrimentum causis inferentem. Cui enim non est cognitum antiquos iudices non aliter iudicialem calculum accipere, nisi prius sacramentum praestitissent omnimodo sese cum veritate et legum observatione iudicium esse disposituros?
1 Cum igitur et viam non inusitatam invenimus ambulandam et anteriores leges nostrae, quae de iuramentis positae sunt, non minimam suae utilitatis experientiam litigantibus praebuerunt et ideo ab omnibus merito collaudantur, ad hanc in perpetuum valituram legem pervenimus, per quam sancimus omnes iudices .... non aliter litium primordium accipere, nisi prius ante iudicalem sedem sacrosanctae deponantur scripturae: et hoc permaneat non solum in principio litis, sed etiam in omnibus cognitionibus usque ad ipsum terminum et definitivae sententiae recitationem. 2 Sic etenim attendentes ad sacrosanctas scripturas et dei praesentia consecrati ex maiore praesidio lites diriment scituri, quod non magis alios iudicant, quam ipsi iudicantur, cum etiam ipsis magis quam partibus terribile iudicium est, si litigatores quidem sub hominibus, ipsi autem deo inspectore adhibito causas perferunt trutinandas".
(Keine neue oder ungewohnte Sache gehen wir an, sondern eine schon den alten Gesetzgebern genehme, wenn sie auch vernachlässigt wurde und so einen nicht unerheblichen Schaden für die Rechtsstreite anrichtet. Wem nämlich ist nicht bekannt, daß die alten Richter den Richtstein nicht aufnahmen, ehe sie einen Eid geleistet hatten, auf jeden Fall nach Wahrheit und Gesetzestreue ein Urteil zu fällen? 1 Da wir also sowohl einen nicht ungewohnten Weg zu gehen fanden wie auch unsere früheren Gesetze über Eide eine nicht geringe Gewähr ihrer Nützlichkeit für die Streitenden boten und daher zu Recht von allen gelobt werden, gelangen wir zu diesem ewig gültigen Gesetz, mit welchem wir anordnen, daß alle Richter, .... den Beginn der Streitigkeiten nicht aufnehmen, ehe vor dem Richterstuhl die Heilige Schrift niedergelegt wurde: und so bleibe es nicht nur zu Beginn des Rechtsstreites, sondern auch bei allen Verhandlungen bis zum vollständigen Abschluß und der Verkündung des Endurteils.
2 So nämlich auf die Heilige Schrift sehend und geweiht durch die Anwesenheit Gottes, werden die Richter die Rechtsstreite aus höherer Warte schlichten, wissend, daß sie weniger andere richten als selber gerichtet werden, weil ihnen nämlich mehr als den Streitparteien ein schreckliches Gericht droht, da diese nämlich nur unter Menschen, sie selbst aber unter Gott als hinzugezogenem Betrachter die Fallabwägung vollziehen.)


Der verehrte Kaiser Justinian, den, soweit man weiß, selbst seine cäsaropapistische Macht nicht korrumpierte, der die Hagia Sophia bauen und das corpus iuris schreiben ließ, versuchte hier als letzter Herrscher auch Westroms die Einheit des Reiches zu wahren, indem er im Spätstadium multipler Symbiose von Völkern, Sprachen, Rassen und Religionen, also heutigen Zuständen sehr vergleichbar, die Richter an eine höhere übermenschliche Instanz band. Das Christentum als noch frische Ideologie versprach diese Wirkung, die im ethnisch, also auch ethisch unvermischten römischen Volk einst der Eid ausgeübt hatte. Als griechisch Gebildetem war Justinian Euripides' Warnung (Medea 439f.) beim Zusammentreffen verschiedener Kulturen bekannt:


wobei das Wort "Scham" (sittliche Scheu, Schamgefühl, Ehrfurcht, Achtung), das wir heute als Gewissen bezeichnen, der Schlüsselbegriff ist, und Justinian wußte, daß eine Rückkehr zum Richtereid der Vorväter noch unwirksamer gewesen wäre als heute ein Kruzifix im Gerichtssaal.


Alle vom herrschenden System bereitgestellten Mittel zur Erhöhung der Rechtstrefferquote und Beschränkung des Rechtsprechungsunrechts verlaufen im Sande und müssen es auch, denn die Herrschenden sind aufs Recht nicht angewiesen, princeps legibus solutus, Dig-Ulpian 1,3,31 (der Herrscher ist von Recht und Gesetz entbunden), und die auf es Angewiesenen haben keine Macht, um es durchzusetzen. Die Richter gehören zur herrschenden Kaste und haben daher kein persönliches Interesse am Recht, weil ihnen selbst nichts passieren kann, die Goldene Regel sie also nicht mehr zur Unrechtsvermeidung motivieren kann. Es ist eine wirklichkeitsfremde Illusion, zu glauben, Richter seien bessere Menschen, nur weil sie als einzige Berufsgruppe neben Politikern garantiert zeitlebens unbestraft ins Grab sinken; vielmehr gilt auch für sie:
"A person who is placed in a position to act on behalf of the state must be modelled as a net wealth maximizer in his own right if the legal constitutional constraints that define his authorised powers and his behaviour within those powers are to be appropriately designed" (Nobelpreisträger James McGill Buchanan, Liberty, Market and State, Brighton 1986, S. 37)
(Wer auf eine Stelle gesetzt wird, um für den Staat zu handeln, muß als sich maximal selbstbereichernd gedacht werden, wenn die verfassungsrechtlichen Schranken, die seine Befugnisse und sein Verhalten in ihnen begrenzen, angemessen festgelegt werden sollen).


Die Folgen sind, weil in Deutschland ein auf realistischem Menschenbild beruhender Staatsaufbau fehlt: Desinteresse am und Abirren vom Recht, Rechtsgefühllosigkeit, Tendenz zur Abweisung aller Rechtssuche als unzulässig, ideologisierte, lobbyorientierte, Politauftrags- oder Gefälligkeitsrechtsprechung, Verstrickung in Einflußgruppen und Klüngelwirtschaft, Beamtenmentalität, verantwortungsloser Positivismus, gewalteneinheitstyrannische Totalentfremdung vom Volk, ablehnende Voreinstellung gegenüber dem rechtsuchenden Bürger (= Querulanten), kurz, von allem abhängige Rechtsprechung, bloß nicht vom Volk, von dem sie ausgehen sollte, so daß die Urteilsüberschrift lauten müßte: Im Namen der Partei (= des Auftraggebers)!


Um der heute üblichen Urteilsüberschrift Wahrheitsgehalt zu verleihen, müßte also das Volk Auftraggeber der Richter sein, d.h. sie dürften nur über getrennte persönliche Mehrheitswahl auf Zeit unmittelbar durchs Volk ins Richteramt gelangen. Das stünde in Einklang mit dem Recht des Souveräns, seine Gehilfen, Vertreter und Diener zu ernennen und auch wieder abzuberufen, mit dem Grundsatz Demokratie ist Herrschaft nur auf Zeit und mit dem Ursprung aller Staatsgewalt, auch der rechtsprechenden aus dem Volk. Auch die Forderung Justinians, eine Sanktion bei richterlichem Abirren vom Recht anzudrohen, die heute natürlich nur noch in zeitlichen Sündenstrafen, also der Abwahl nach bzw. in krassen Unrechtsfällen vor Ablauf der vierjährigen Amtszeit bestehen kann, wäre erfüllt.


Die sogenannte Kettenlegitimation, mit welcher eine Ableitung der richterlichen Gewalt vom Volk über Partei, Abgeordnete, Minister konstruiert wird, ist eine Farce und führt mutatis mutandis zu den gleichen perversen Ergebnissen wie das Kinderspiel Stille Post, d.h. zu Unsinn spätestens ab dem dritten Kettenglied. Hinzu kommt, daß schon das erste Kettenglied, der Gesetzgeber, nicht volkslegitimiert, sondern wegen der Zweitstimmenwahl Verfassungshochverräter ist, da niemand auf unbekannte, ggf. inexistente Gewissen Persönlichkeitsunbekannter Staatsgewalt übertragen kann.


Jedenfalls ist bei Geltung des Gewaltentrennungsgebotes der Gesetzgeber nicht Inhaber rechtsprechender Gewalt, kann also niemanden mit ihr ausstatten, denn nemo plus iuris ad alium transferre potest quam ipse habet, Dig-Ulpian 50,17,54 (niemand kann mehr Recht auf andere übertragen als er selber hat). Dementsprechend erhalten also die Richter bei ihrer Ernennung nichts vom Volke und nichts an Recht, und man muß Friedrich dem Großen beipflichten, wenn er in der Stellenbesetzungsfrage Züllich feststellte: "Es bleibet bei meiner ordér das übrige Seind ficfaquereien von die Ministres ihre Creaturen zu plassieren...", Borchardt/Murawski, Die Randbemerkungen Friedrichs des Großen, Podzun-Pallas-Verlag Friedberg, S. 73.


Hinzu kommt, daß für bürgernützige Gesetzgebung und Rechtsprechung unterschiedlich veranlagte Menschen erforderlich sind. Gesetzgeber, in Deutschland verfassungswidrig personalidentisch mit der Exekutive, müssen aufgabengemäß selbstherrlich, schrankenlos, totalkorrupt, skrupelimmun, also werte-, rechts- und gesetzesungebunden sein, arg. RGZ 139, 177, und Art. 20(3) GG. Diese bei Gesetzgebern notwendigen Eigenschaften, damit sie im Kampf aller gegen alle, vgl. Hobbes: bellum omnium in omnes, mit den gleichgearteten Führern im befreundeten Ausland das Wohl des Volkes mehren und Schaden von ihm wenden können, sollen Richter aber gerade nicht aufweisen, arg. Art. 20(3) GG, und, da es naheliegt, daß jeder seinesgleichen wählt, um seine Macht zu erweitern, führen Richterbestellungen durch Gesetzgeber zur unmittelbaren Gewalt- und Willkürherrschaft, § 92(2) Nr. 6 StGB, indem sie Personen auswählen, die wegen ihrer Werteindifferenz nur für den Einsatz nach außen, den rechtlosen Naturzustand, wie er zwischen den Völkern herrscht, geeignet sind, nicht aber für die Erhaltung der Rechts- und Wertegemeinschaft im Inneren eines Volkes.


Das Gerede von der westlichen Werte- oder Völkergemeinschaft ist reine Desinformation, denn es gibt sie nur um den Preis des Untergangs derer, die daran glauben. Man stelle sich einmal den Inbegriff der Hochmoral, eine vor lauter Wertewiderspruch zur bösen Welt ständig weinerlich klagende, abstinente, nichtrauchende, alleinerziehende, selbststrickende, lichterkettelnde, ZEIT-lesende, Hamburger Ova-lacta-evanga-emanza-GutmenschIn im Kanzleramt vor! Sie könnte Parteispenden keinen Tag lang geheimhalten und erhielte deshalb keine mehr, entzöge sich also selbst die Machtmittel zur Verwirklichung ihrer guten Ziele. Bei den Pokertagungen mit ihren Auslandskollegen würde sie von ihnen genüßlich bis aufs Hemd aus- und über den Tisch gezogen, so daß sie für ihre beabsichtigte Volkswohlmehrung kein Bein mehr auf den Boden bekäme.


DEs ist offenkundig, daß die Ernennung von Richtern durch Gesetzgeber geeignete Richterpersönlichkeiten verhindert, weil sich niemand ebenbürtige Rivalen wählt, sondern nur willfährige, sich in vorauseilendem Gehorsam überschlagende Knechte, die seine Macht mehren. Die Segnungen der Gewaltentrennung als der alleinigen objektiven Bedingung für Menschenwürde und Rechtsstaat beruhen auf Platons Erkenntnis, daß


(keine menschliche Natur, wenn sie unumschränkt alle menschlichen Angelegenheiten verwaltet, ein Übermaß an Frevel und Ungerechtigkeit zu vermeiden imstande sei),

und wurden von Montesquieu in De l'Esprit des Lois XI 6 auf die sich entfaltet habende Staatsgewalt konkretisiert:
« Lorsque dans la même personne ou dans la même corps de magistrature, la puissance législative est réunie á la puissance exécutrice, il n'y a point de liberté; parce qu'on peut craindre que le même monarque ou le même sénat ne fasse des lois tyranniques pour les exécuter tyranniquement. »
(Wenn in der selben Person oder im selben Beamtenkorps die gesetzgebende mit der vollziehenden Staatsgewalt vereint ist, gibt es überhaupt keine Freiheit, denn man kann befürchten, daß der selbe Alleinherrscher oder Staatsrat tyrannische Gesetze macht, um sie tyrannisch zu vollstrecken.) In Deutschland kommt noch hinzu, daß der selbe Gesetzgeber sich auch noch tyrannische Richter ernennt, die seine tyrannischen Gesetze und deren tyrannische Vollstreckung tyrannisch für Recht erkennen.


"Il n'y a point encore de liberté si la puissance de juger n'est pas séparée de la puissance législative et de l'exécutrice. Si elle était jointe à la puissance législative, le pouvoir sur la vie et la liberté des citoyens serait arbitraire: car le juge serait législateur. Si elle était jointe á la puissance exécutrice, le juge pourrait avoir la force d'un oppresseur. Tout serait perdu si le même corps des principaux, ou des nobles, ou du peuple, exercaient ces trois pouvoirs: celui de faire les lois, celui d'exécuter les résolutions publiques, et celui de juger les crimes ou les différends des particuliers. "
(Es gibt überhaupt keine Freiheit mehr, wenn die rechtsprechende Gewalt nicht von der gesetzgebenden und der vollziehenden getrennt ist. Wäre sie mit der gesetzgebenden vereint, wäre die Gewalt über das Leben und die Freiheit der Bürger willkürlich: denn der Richter wäre Gesetzgeber. Wäre sie mit der vollziehenden Gewalt vereint, könnte der Richter die Macht eines Unterdrückers haben. Alles wäre verloren, wenn der selbe Mensch oder die selbe Gruppe von Führern oder Adligen oder des Volkes die drei Gewalten ausübte: die, Gesetze zu machen, die, öffentliche Beschlüsse auszuführen, und die, über Straftaten zu richten oder über Streitigkeiten Privater.)


Entsprechend der Beweislastregel des mittelalterlichen Kirchenrechts: Duabus personis non eiusdem generis in eodem lecto dormientibus Pater Noster precari non praesumitur heißt es im corpus iuris politici (= Gesetz des Dschungels): Duabus personis non eiusdem muneris in eodem foedere cohaerentibus labor ad maiorem tertii utilitatem non praesumitur und weiter: Contra quaerendum anne satisfactione mutua indulgentes animo viribusque consumptis tertium omnino neglexerint (Wenn zwei Personen in verschiedenen Ämtern im selben Bündnis zusammenhängen, wird keine Anstrengung zu größerer Drittnützigkeit vermutet; im Gegenteil ist zu fragen, ob nicht die sich wechselseitiger Befriedigung Hingebenden, wenn Antrieb und Kräfte verbraucht sind, den Dritten gänzlich vernachlässigt haben werden).


Es kommt also darauf an, die feste Zweierbeziehung (= die Gewalteneinheitstyrannis der durch Parteitreue zu gegenseitiger Bereicherung verbundenen Inhaber aller Staatsgewalt), die stets zu Lasten des ausgeschlossenen Dritten (= des macht-, und deshalb rechtlosen Volkes, das Herrscher nur als ihre Petrischale, d.h. steuerzahlendes, durch Zuwanderung und Giftgrenzwerte beliebig biologisch auf- und abbaubares Verbrauchsmaterial ansehen) geht, aufzubrechen: also Gewaltentrennung durch Volkshoheit!

Claus Plantiko