Justizterror

Drakonische Strafen für Verleger und Autoren

 

Dr. Friedrich Finke

 

»Das Buch ist das Maß unserer Freiheit«, das erklärte der portugiesische Staatspräsident Dr. Jorge Sampaio in seiner Rede zur Eröffnung der diesjährigen internationalen Frankfurter Buchmesse am 15. Oktober 1997 und erhielt dafür von der zahlreich erschienenen Prominenz starken Beifall. Das Börsenblatt des Deutschen Buchhandels betitelte die Wiedergabe der Rede auch so (Nr. 85 vom 24.10.97). Und das sicher mit Recht: Die Pressefreiheit ist in normalen Zeiten - für Kriegszeiten gelten andere Normen - ganz offenkundig ein wertvoller Maßstab der inneren Freiheit eines Volkes. Legt man jedoch dieses Maß zugrunde, so sieht es gegenwärtig in diesem unseren Lande - angeblich seit je der freiheitlichste Staat auf deutschem Boden - sehr schlecht aus mit der Freiheit.

 

Gab es schon seit Jahren immer wieder Grund, die einseitige politische Justiz in Deutschland wegen offensichtlicher Rechtsbeugung bei der Verurteilung rechter Verleger und Verfasser zu kritisieren, so sind seit kurzem die Verhältnisse schier unerträglich geworden. Jahrelange Haftstrafen werden ohne Bewährung gegen bisher Unbestrafte ausgesprochen, wenn sie nur ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch nehmen. Selbst über Siebzigjährige und Schwerkranke werden deswegen verurteilt und kommen in geschlossenen Vollzug statt in ein Haftkrankenhaus. Als Verleger erfolgreich Tätige und damit wohl geistig Zurechnungsfähige müssen sich auf Anordnung des Gerichts von einem Psychiater auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen. Verhaftungen erfolgen im eigenen Haus am Sonntag abend nach 22 Uhr, ohne daß nur eine Spur von Fluchtverdacht vorliegt. Nachdem es früher selten vorkam, sind in den letzten Jahren mehr als 30 historische oder politische Bücher sowie mehr als 40 Zeitschriftenausgaben beschlagnahmt und verboten worden (aktuelle Liste jeweils in Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung), zusätzlich zu denen, die aus diesem Bereich wegen angeblicher geistig-seelischer Verwirrung der Jugend von der Bonner Prüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert worden sind. Die Beschlagnahme erfolgte, obwohl es im Artikel 5 unseres Grundgesetz heißt: »Eine Zensur findet nicht statt«. Man könnte meinen, man lebe in einem Tollhaus. In Absurdistan könnte es kaum schlimmer sein. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen.

Schon die Prozeßabläufe sind ein Skandal für jeden Rechtsstaat. Da wird dem Diplompolitologen und als Verfasser einer Reihe von Büchern ausgewiesenen Udo Walendy aus Vlotho ohne jede überzeugende Begründung und ohne Einschalten eines Gutachters von einem Richter, der zu der Beurteilung wohl kaum in der Lage sein dürfte, die Wissenschaftlichkeit einfach abgesprochen, damit der neue

Sonderparagraph 130 des Strafgesetzbuches (Volksverhetzung) in voller Schärfe angewandt werden kann. Bei der seinerzeitigen Behandlung des »Auschwitzlüge-Gesetzes« im Bundestag war zur Beruhigung von Bedenken einiger noch auf unsere Verfassung achtender Abgeordneter ausdrücklich versichert worden, daß mit den neuen Tatbeständen die Wissenschaft, hier insbesondere die Geschichtswissenschaft, nicht behindert und schon gar nicht verhindert werden würde. Doch nun wird jedem, auch einem aus

In einem Schriftsatz v. 10. 3. 1997 schreibt das Bundesinnenministerium an das Oberverwaltungsgericht Köln zu Walendys Buch Wahrheit für Deutschland (Az.: 17 L463/95 u. 20A978/97):

»...Die einzelnen Darstellungen sind mit Zitaten und Quellen reichlich versehen. Sie lassen sich nicht ohne weiteres als falsch entlarven. In vielen Teilen dürften diese Details sogar richtig sein... Selbst wenn ein Jugendlicher ein zweites Geschichtsbuch hinzuziehen würde, würde dieses Buch vermutlich kaum helfen. Denn so akribisch, wie Walendy in seinem Werk mit Einzeldetails umgeht, ist kein anderes Geschichtsbuch angelegt. Deshalb würde im Zweifelsfall ein anderes Buch seine Thesen nicht widerlegen, sondern ihnen nur widersprechen...«

gesprochenen und ausgebildeten Fachwissenschaftler wie Walendy, durch einfachen und nicht näher begründeten Richterspruch die Wissenschaftlichkeit abgesprochen, wenn er sich nicht der herrschenden Political Correctness unterordnet und auf Grund unvoreingenommener Forschung zu Ergebnissen kommt, die nicht sein dürfen, weil sie der Umerziehung und manchen Kreisen nicht passen. Dabei könnte jeder Fachkundige - auch der Verfasser mehrere deutsche (Geschichts- oder Politologie-)Ordinarien nennen, die - natürlich nur unter vier Augen - dieselbe grundsätzliche Ansicht wie Walendy zu den betreffenden Fragen haben, sich aber nicht getrauen, darüber öffentlich zu sprechen oder gar dafür vor Gericht einzutreten, weil sie dann nämlich auch Verurteilung und Diffamierung fürchten müßten.

Denn heute wird unter dem Mantel des Rechtsstaates und unter scheinheiligem Hinweis auf unser gutes Grundgesetz eine umfassende moderne Inquisition ausgeübt, wird ein Meinungsterror praktiziert und von den Massenmedien mitgetragen, der für den Nichteingeweihten einfach unglaublich ist. Manche Buchhändler wollen einfach nicht glauben, daß bei uns zig Bücher zur Zeitgeschichte verboten sind, manche Eltern können es kaum fassen, daß ihren Kindern in der Schule - bis auf Ausnahmen - ein ganz falsches Geschichtsbild vorgetragen wird. »Eine Zensur findet nicht statt«, steht ausdrücklich in Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Was aber wirklich stattfindet, ist nicht nur Zensur, sondern blanker Terror mit Kriminalisierung, Inhaftierung, Androhung psychiatrischer Behandlung.

Selbst wenn Walendy ausbildungsmäßig kein Wissenschaftler wäre, wäre das Strafmaß von 15 Monaten Haft immer noch unverhältnismäßig hoch. Man vergleiche, welche Strafen heute gegen überführte Gewaltverbrecher oder ausländische Messerstecher verhängt werden. Dazu kommt, daß das Gericht bei Walendy, obwohl er mit seinen mehr als 70 Jahren noch nicht vorbestraft war, auch die Aussetzung der Strafe auf Bewährung verweigerte, während sonst bei ›Ersttätern‹ regelmäßig Bewährung gewährt wird. Obwohl er erst kurz vorher aus einer Klinik entlassen worden war, wohin er sich wegen einer nicht ungefährlichen inneren Krankheit hatte begeben müssen - was dem Gericht gemeldet worden war -, wurde er an einem Sonntag (12.10. 1997) spät abends in seinem Haus verhaftet und nach wenigen Tagen Aufenthalt im Haftkrankenhaus Fröndenberg in den geschlossenen Vollzug nach Oberhausen, kurz darauf nach Münster/Westf. geschafft. Der ihm vorher mit Bescheid zugesagte offene Vollzug in Mönchen-Gladbach, wo der Siebzigjährige ein Haus besitzt und von seiner Frau betreut werden kann, wurde ihm verweigert.

Während geständige Verbrecher heute in Deutschland nicht selten wegen Überlastung der Gerichte oder der Polizei entlassen werden und keine Verfahren zu fürchten brauchen, wird gegen rechte Patrioten mit aller Härte des Gesetzes und offensichtlichen Schikanen vorgegangen. Es sollen wohl Exempel statuiert werden, man will mit Grausamkeit Angst und Schrecken erzeugen: Grundlagen eines offensichtlichen Terrors von Staats wegen.

Ähnlich unglaublich ist das Vorgehen der Justiz gegen Oberstudienrat a.D. Günter Deckert aus Weinheim. Weil er im Vertrauen auf unser Grundgesetz und die darin garantierte Freiheit der Meinungsäußerung vor etlichen Jahren eine Veranstaltung mit dem amerikanischen Gaskammer-Spezialisten Fred Leuchter abgehalten und sich nicht ausdrücklich von dessen fachlich begründeten Aussagen distanziert hatte, wurde er schließlich nach mehrfacher Aufhebung des ursprünglichen Urteils zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Strafkammervorsitzende. der ihm als bisher Nichtvorbestraftem wie üblich Bewährung zugestanden hatte, wurde nach übler Pressehetze anschließend sofort vorzeitig ›krankheitshalber‹ in Pension geschickt - für sich schon ein Skandal und ein unerträglicher Vorgang in einem Rechtsstaat. Diesen Wink mit dem Zaunpfahl hatte die als nächste mit dem Fall Deckert befaßte Kammer jedoch verstanden: Jetzt wurde keine Bewährung mehr gewährt, Deckert mußte sofort ins Gefängnis, wo er seit zwei Jahren sitzt. Einzigartig ist wohl ebenso, daß der ihn verfolgende Mannheimer Staatsanwalt vor dem ersten Verfahren Deckert in einen Auslandsurlaub zur Beschattung nachgefolgt sein soll, ihn dann bei der Rückkehr auf dem Frankfurter Flughafen sofort verhaften ließ, um ihm den bei der Haft günstigeren Status eines ›Selbststellers‹ unmöglich zu machen.

Auch Deckert wurden die sonst jedem Verbrecher gewährten Vergünstigungen vorenthalten: kein Freigang, kein Urlaub, nach zwei Dritteln der verhängten Strafzeit keine Haftaussetzung, die zunächst gegen eine hohe Kaution (400 000.-DM) im Gespräch war. Selbst seine Kandidatur für den internen ›Betriebsrat‹, die wegen allgemeiner Anerkennung seiner Persönlichkeit wohl erfolgreich gewesen wäre, wurde untersagt, Besucher wurden offensichtlich schikaniert oder mit fadenscheinigen Begründungen nach erfolgter Anreise gar nicht zu dem Häftling vorgelassen.

Um ihn nach der voll abgesessenen Haftzeit nicht doch entlassen zu müssen, wurde zwischenzeitlich ein weiteres Verfahren gegen ihn inszeniert: Weil er ebenfalls vor etlichen Jahren auch eine Veranstaltung mit dem britischen Revisionisten David Irving abgehalten hatte, weil er ein erst später verbotenes Buch in seinem Buchversand vertrieben hatte und weil er in einem Buch über die gegen ihn erfolgte Strafverfolgung berichten ließ, wurde er zu weiteren 27 Monaten Haft verurteilt. In sonst ganz ungewöhnlicher Eile - damit Deckert bloß nicht vorher in Freiheit komme - wurde auch die Revision gegen das neue Urteil vom Oberlandesgericht in Karlsruhe zurückgewiesen, so daß es nun rechtskräftig geworden ist: Ohne Unterbrechung muß der Verurteilte also weitere zwei Jahre und mehr sitzen. Und weitere Verfahren gegen ihn werden vorbereitet!

Das ist nur aus einem grenzenlosen Haß zu erklären, aus einer Vernichtungsmentalität, die brutal den Menschen zerstören will. Das hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun, sondern ist bereits Rechtsterror. Und kein Politiker wagt es, sich einzuschalten und diesen Rechtsmißbrauch anzuprangern. Man stelle sich vor, solche Methoden würden gegen einen allein wegen nichtgenehmer Meinungsäußerungen verurteilten Linken angewandt: Selbst die Feuilleton-Seiten unserer Zeitungen würden von Protesten überfließen, viel stärker als in den früheren Jahren, als es sich um überführte RAF-Mörder handelte.

Dabei haben Walendy wie Deckert nichts weiter getan, als in unserer Verfassung verbriefte Grundrechte für sich in Anspruch genommen, die bis vor wenigen Jahren völlig unstreitig waren, bis ab 1985 unter dem Druck einer neuen Welle der Umerziehung Sondergesetze erlassen wurden, die seitdem immer extremer ausgelegt werden. Beide haben sich ihr ganzes Leben lang als untadelige Persönlichkeiten erwiesen: Sie waren vorher nicht vorbestraft, haben fachliche Ausbildung, haben im Leben und im Beruf wie in ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Gemeinschaft ihren Mann gestanden, haben ein vorbildliches Familienleben geführt, haben Kinder erzogen und sind nun schon Großväter. Weil sie sich nicht der herrschenden Political Correctness angepaßt haben, sollen sie nun vernichtet werden, damit alle anderen kuschen.

Die wenigen rechten Verleger, die (noch) nicht kriminalisiert werden konnten, werden auf andere üble Weisen von der Obrigkeit behandelt. Ein Berliner Verleger wie auch eine die herrschenden Mißstände anprangernde Briefschreiberin erhielten bei Beginn ihrer Verfahren wegen Volksverhetzung vom Gericht den entwürdigenden Bescheid, sich beim Psychiater untersuchen zu lassen Vielleicht kommt nächstens auch noch eine Einweisung in eine derartige geschlossene Anstalt, wie sie in der Sowjetunion unter den Bolschewisten üblich gewesen sein soll, wenn man Intellektueller nicht anders Herr werden konnte.

Der baden-württembergische Wirtschaftsminister Döring - ausgerechnet Mitglied der sich liberal nennenden FDP - hat sich gegenüber dem Verleger Wigbert Grabert und dessen Verlagen etwas ganz Besonderes ausgedacht: Er hat dem die Stuttgarter Buchwochen - die zweitgrößte derartige deutsche Buchausstellung - ausrichtenden Verband der Verlage und Buchhandlungen in Baden-Württemberg gedroht, das landeseigene Haus der Wirtschaft in Stuttgart nicht mehr wie bisher kostenlos zur Verfügung zu stellen, wenn der dort seit Jahrzehnten ohne jede Beeinträchtigung ausstellende Grabert- und der Hohenrain-Verlag in diesem Herbst wieder teilnähmen.

Der Verband, dem Grabert seit Jahrzehnten als ordentliches und geachtetes Mitglied angehört, hat ausdrücklich in einer öffentlichen Erklärung festgestellt, daß diese ministerielle Erpressung keine rechtliche oder gesetzmäßige Grundlage habe. Da der Minister an seiner wohl nur als Amtsmißbrauch hinzustufenden Drohung festhielt, mußte Grabert, um seinen Verlagskollegen im Lande einen völligen Ausfall der werbewirksamen und äußerst verkaufsfördernden Ausstellung zu ersparen, nach Beratung mit dem Vorstand des Verbandes schweren Herzens in diesem Jahr auf eine Teilnahme seiner Verlage verzichten.

Dem in Berg am Starnberger See mit seinen Verlagen ansässigen Dr. Gert Sudholt hat man kürzlich sogar mit dem Entzug der Gewerbegenehmigung gedroht: Daß er in mehrere Verfahren wegen angeblicher Volksverhetzung, Verharmlosung, Verunglimpfung usw. verstrickt sei, sei eines Gewerbetreibenden unwürdig, und die Behörde müsse, wenn das so weitergehe, ernsthaft überlegen, ob man ihm die Erlaubnis zur Ausübung seines Gewerbes lassen könne. Die Drohung für den Fall, daß er bei seinen historischen Buchthemen bleibt, ist nicht zu übersehen.

Nichtstaatliche Einrichtungen unterwerfen sich ebenso der Political Correctness: So hat der Banger, das seit Jahrzehnten erscheinende »Verzeichnis Deutschsprachige Verlage - Deutschland, Österreich, Schweiz«, herausgegeben vom Verlag der Schillerbuchhandlung Hans Banger in Köln, die als rechtsstehend bekannten Verlage seit vorigem Jahr einfach nicht mehr aufgeführt. Diese Verlage bestehen daher für den Buchhändler einfach nicht mehr, da er sie in dem geltenden Banger nicht mehr finden kann. Entsprechende Buchbestellungen können deswegen nicht mehr ausgeführt werden. Anfragen nach dem Grund dieser Maßnahme werden vom Herausgeber nicht beantwortet. Nach Auskunft der Rechtsabteilung des Börsenvereins besteht keine generelle Pflicht zur Aufnahme eines Verlages in das Verzeichnis, über dessen Inhalt allein der Herausgeber entscheidet. Die rechten Verlage verschwinden damit in der Schweigespirale.

Vor dem unnachsichtigen Vollzug wegen angeblicher Volksverhetzung verhängter unverhältnismäßig hoher Freiheitsstrafen sind in den letzten Jahren mehrere Betroffene bereits ins Ausland geflüchtet, so der schon über 80jährige, bereits an den Rollstuhl gefesselte frühere Generalmajor und Eichenlaubträger Otto Ernst Remer und der jungverheiratete, frischgebackene Familienvater Diplomchemiker und Doktorand Germar Rudolf nach Spanien. Bisher hat die spanische Regierung Auslieferungsanträge der deutschen Justiz standhaft abgelehnt, weil sie in Spanien nicht strafbare Tatbestände betreffen, und politisches Asyl gewährt. Nach Jahren in der Fremde ist Remer kürzlich, am 3. Oktober 1997, in seiner neuen Umgebung bei Sevilla verstorben, ohne daß der inzwischen 85jährige die Heimat noch einmal wiedergesehen hat.

Es ist erst zwei Jahre her, daß (am 2. 8. 95 in FAZ) der frühere Bundesminister Otto Graf Lambsdorf scharf gegen die »Diktatur der Political Correctness« schrieb und bedauerte, daß verstärkt durch sie »Ausgrenzung an die Stelle von Auseinandersetzung« trete. »Deshalb gilt es für die FDP und auch für Deutschland, Denkverboten entgegenzutreten, sich auch gegen neue und neueste Orthodoxien zur Wehr zu setzen.« Heute betreiben jedoch seine eigenen Parteifreunde nun das, was er zu Recht bekämpfte.

Von freiheitlicher Gesinnung und grundgesetztreuer Haltung ist bei der heutigen FDP kaum noch etwas vorhanden. Das liberale Erbe von Heuss, Dehler, Blücher oder Mende ist längst aus Opportunismus dem herrschenden Zeitgeist geopfert worden. Daß 150 Jahre nach den freiheitlichen Bestrebungen der Paulskirche sich ausgerechnet die ›Liberalen‹ in Denkverboten und Buchausgrenzungen hervortun, ist auch ein Kennzeichen der Geistesverwirrung unserer Zeit.


»Den Mißbrauch der Justiz durch politische Mächte erkannte Professor Dr. Grimm als eine der schlimmsten Krankheiten unserer Zeit. Unter dem Titel Die politische Justiz erschien auch 1953 das Werk, in dem er mit diesem Übel abrechnete... Dem mutigen Anwalt des Rechts und der Völkerverständigung blieb persönliche Unbill nicht gespart! 1945 gehörte er zu dem Kreis der Internierten und derer, die durch die Entnazifizierungsmühle gehen mußten... Grimm erkannte von Beginn an die Entnazifierung als eine das Rechtsgefühl und die Kraft unseres Volkes zersetzende Einrichtung und stellte sich entschlossen in die Reihen derer, die für das unteilbare Recht kämpften. Er erlebte nicht mehr, daß seine Forderung ›Nun aber Schluß mit Rache und Vergeltung!‹ endlich Erfüllung gefunden hätte. An uns ist es, sein Vermächtnis erfüllen zu helfen.«

Otto Schrell


Quelle: Deutschland in Geschichte und Gegenwart 45(4) (1997), S. 14ff.