Justizkorruption
(...)
Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) versichert denn auch,
Sachsen sei „kein Sumpf“.
Doch
das scheint verfrüht, denn die juristische Aufklärung des
Komplexes hat gerade erst begonnen - und schon läuft gegen einen
einstigen Leipziger Spitzen-Staatsanwalt, der noch jüngst von Mackenroth befördert
wurde, ein Disziplinarverfahren. Der Mann soll laut
Geheimdienstquellen 2002 den Zugriff auf ein Kinderbordell in Leipzig verhindert haben.
Tschechische
Kinder von acht bis zehn Jahren sollten offenbar sexuell missbraucht werden.
Die Polizei observierte und überwachte die Telefone. Doch plötzlich gab es nichts
mehr zu beobachten: Die Rotlichtgrößen hatten wohl einen Tipp bekommen. Ein
„ernst zu nehmender Hinweis“, so behaupten
die Geheimen, belaste den
Top-Juristen.
Auffällig wurde der Beamte,
der jede Stellungnahme zu den Vorwürfen
ablehnt, schon häufiger. So
bearbeitete 2001 ein Schlüsseldienst den Tresor im Dienstzimmer des
Staatsanwalts, weil sich das Möbel nicht öffnen
ließ. Den Handwerkern, so der Vermerk
des Verfassungsschutzes, seien dann Videos mit Kinderpornografie
regelrecht „entgegen gefallen“. Einen
dienstlichen Grund für die Sammlung habe es nicht gegeben. Der Beamte habe indes erklärt, der Tresorinhalt
stamme von seinem Vorgänger.
Die Hinweise der Quellen, deren Wahrheitsgehalt unklar ist, gehen noch weiter. Der Staatsanwalt und ein
befreundeter einstiger Richter würden „gelegentlich sexuell auf Kinder zurückgreifen“. Von Flugreisen nach Thailand ist die Rede. Die Anschuldigungen lassen ein denkwürdiges
Urteil aus den neunziger Jahren in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Seinerzeit wurde der
Betreiber eines Kinderbordells unter
Vorsitz jenes Richters zu vier Jahren Haft verurteilt. Bei einer
späteren Vernehmung durch die Polizei gab
der Verurteilte an, ihm sei vom Gericht ein ungewöhnlicher Deal
vorgeschlagen worden: vier Jahre Haft, wenn er keine Freier nenne. Aber bis zu
zwölf Jahre, wenn er auspacke. Der Mann
schwieg.
Die Quellen des
Verfassungsschutzes mutmaßen, dass der
Richter selbst Kunde im Bordell
gewesen sein könnte. Die Polizisten
wollten den Juristen im Januar 2000 dazu
vernehmen. Doch die Staatsanwaltschaft
blockte ab: Eine Befragung sei „derzeit
nicht erforderlich“. Der belastete Ex-Richter war für eine Stellungnahme nicht
erreichbar.
Die beiden Juristen sind
nach Aktenlage nicht allein: Ein Leipziger
Anwalt soll zum Beispiel laut
Geheimdienstquellen seit Jahren
Prostituierte „an hohe Justizbeamte und
andere Personen des öffentlichen Lebens“
vermitteln. Eine einschlägig bekannte Rotlichtgröße soll einen
Staatsanwalt beim Sex mit einer
Minderjährigen gefilmt und später unter Druck gesetzt haben. (...)
Quelle: Steffen Winter in
DER SPIEGEL 23 / 2007 / 64 + 67 („Erhängt im Wald“ – Auszug)