Illegaler Selbstschutz
Enthält eine Antrags‑ oder Rechtsmittelschrift
grobe Verunglimpfungen der mit der Sache befaßten Justizorgane, so bedarf die
Eingabe keiner sachlichen Bearbeitung und Entscheidung. OLG Hamm, Beschluß vom 17. 3. 1976 ‑ Aktenzeichen 4 Ss 158/76
Zum Sachverhalt: Der Antrag des Beschwerdeführers besteht im
wesentlichen aus unflätigen Beschimpfungen der mit der Sache befaßten Richter
des LG Arnsberg
und des OLG Hamm. Von den Arnsberger Richtern heißt es in dem Antrag, es sei
"diesen elenden Völkern bis heute nicht gelungen, ihre wenigen grauen
Zellen zu einer Denktätigkeit aufzurufen", bei Juristen reiche "der Verstand
offensichtlich genau so weit, wie ein fettes Schwein springt ‑ und das
springt bekanntlich nicht sehr weit". An anderer Stelle spricht der
Antragsteller von "den allergrößten Idioten
unter den Juristen ‑ und von dieser Sorte" gebe es "leider zu viele".
Das
"hochtrabend" so bezeichnete Oberlandesgericht, "das von alten Nazis
durchsetzte Hammer Rechtsbeugungs-zentrum", sei "wegen
seiner dummdreisten Entscheidungen geradezu berüchtigt", weil dort "im
Akkord gegen das Grundgesetz verstoßen" werde. Von Rechtsprechung könne dort
angesichts "der ständigen Rechtsbeugung ... schon lange nicht mehr
gesprochen werden".
Die Antragsschrift schließt
mit folgendem Satz:
"Ich wünsche Ihnen beim
Studium der Akten wenig Erfolg, damit Ihnen das Bundesverfassungsgericht die
Ihnen zustehende Rüge möglichst mittels leichter Schläge auf den Hinterkopf,
damit der eventuelle vorhandene Grips gelockert wird ‑ verpaßt."
Aus den Gründen: Der
Senat hat zwar die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Versagung
der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Berufungshauptverhandlung noch sachlich beschieden, obwohl auch sie schon
in grob ungehöriger Form abgefaßt ist und mit dem Satz schließt: "Für Ihren
Berufsstand habe ich lediglich Fußtritte übrig." Bei der Wiedereinsetzungsbeschwerde
glaubte der Senat eine Zurückstellung
der sich aus der Form ergebenden Bedenken noch vertreten zu können. Das ist bei
dem Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts nicht mehr möglich. Hinsichtlich
dieses Antrages kommt daher eine Bearbeitung und Entscheidung in der Sache selbst
nicht in Betracht (es folgen Zitate von Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts, des Kammergerichts und der Oberlandesgerichte
Koblenz und Karlsruhe).
(Mitgeteilt von Richter am OLG H. Doller, Hamm)
Quelle: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
1976, 978
Anmerkung: Es scheint eine Gesetzesänderung
angezeigt, um solchen illegalen richterlichen Selbstschutz zu unterbinden.
Solange der Schriftsatz einen juristisch relevanten Kern enthält, muß er
bearbeitet und beschieden werden. Selbstverständlich sind Beleidigungen, soweit
diese nicht durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) gedeckt
sind, strafrechtlich zu ahnden. Es steht den betroffenen Richtern oder ihren
Dienstvorgesetzten frei, entsprechende Strafanzeigen zu erstatten und
gegebenenfalls erforderliche Strafanträge zu stellen.
Wenn beispielsweise ein unzufriedener Kunde an
seine Versicherung schreibt: "Hiermit kündige ich meine
Haftpflichtversicherung, Ihr Arschlöcher. Euer Verein ist ein Saftladen. Beim Prämienkassieren seid Ihr fix, im Schadensfall da tut Ihr nix!" - dann ist die Kündigung gleichwohl wirksam. Nur
die Herren Richter meinen, sie seien von Staats wegen etwas besonderes, der
Bürger müsse auch das übelste Unrecht durch die Justiz kommentar-
und kritiklos hinnehmen, ihnen komme eine gesteigerte Würde und ein Anspruch auf
besondere Achtung zu. Das ist Unfug und vorkonstitutionelles,
undemokratisches Denken. Selbst wenn die deutsche
Justiz jemals einen Anspruch auf besondere Achtung gehabt haben sollte, so hat
sie diese in der Nazizeit und durch die erbärmliche Behandlung der Nazijustizverbrechen in der BRD ein für allemal eingebüßt!