Hilde Benjamin - die "rote Guillotine"

 

 

Zeitzeichen

 

17. Juni 1953: Die Justizmorde der Hilde Benjamin an Erna Dorn und Ernst Jennrich

 

 

Der Magdeburger Gärtner Ernst Jennrich hat wie tausende seiner Kollegen auch an den Demonstrationen gegen des Regime teilgenommen. Schon in der Nacht des 17. Juni nimmt ihn ein Einsatzkommando der VP fest. Um an ihm ein Exempel zu statuieren, findet im August der Strafprozeß vor dem 1. Senat des Magdeburger Bezirksgerichts statt. Man wirft ihm Boykotthetze und Mord an dem Volkspolizisten Gaizik vor. Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn die Todesstrafe. Die Todesschüsse sind lt. Totenschein um 11 Uhr gefallen – Jennrich aber war zu diesem Zeitpunkt gar nicht am Tatort. Das weiß auch das Gericht. Dennoch verurteilt man ihn wegen Boykott- und Mordhetze, wegen Propaganda für den Faschismus und Militarismus zu lebenslangem Zuchthaus. Und folglich wird Jennrich in den Medien als „Faschist“, als „abscheulicher Verbrecher“ und „Progromhetzer“ tituliert.

 

Für die jüdische Justizministerin Hilde Benjamin ist das Urteil zu milde. Und da das Verlangen der linientreuen Kommunistin dem Magdeburger Gericht Befehl ist, wird der vierfache Familienvater in einem weiteren Verfahren zum Tode verurteilt und in Dresden hingerichtet.

 

In Halle befindet sich Erna Dorn am 17. Juni noch in der Haftanstalt der Bezirksstaatsanwaltschaft. Ein DDR-Gericht hatte die offenbar geistig verwirrte Frau im Mai 1953 in einem Verfahren „wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Es gab nur die Aussagen der wohnsitz- und berufslosen Erna Dorn, die sich abwechselnd als KZ-Opfer oder Aufseher bezeichnetet hatte. Beweise gab es keine – keine Überlebende von Ravensbrück konnte sich an eine Erna Dorn erinnern. Zudem hatte die Hallenser Volkspolizei schon im Februar 1952 ihre geistige Verwirrung festgestellt. Ein psychiatrisches Gutachten aber hatte man nicht erstellt. In den Wirren des 17. Juni wird auch Erna Dorn freigelassen.  Aber nun gibt es kein Halten mehr für die staatlichen Organe: Am nächsten Tag wieder aufgegriffen wird ihr bereits am 22. Juni der Prozeß gemacht; „Boykotthetze gg demokratische Einrichtungen und Organisationen sowie Kriegshetze“ wirft man ihr vor. Das Verfahren dauert keine Stunde und endet mit der Todesstrafe.

 

Unmittelbar nach dem Dorn-Verfahren setzt eine nicht dagewesene Medienhetze ein: Hier sei der Beweis für Herrnstadts These vom faschistischen Umsturzversuch erbracht. Im Neuen Deutschland wird sie „KZ-Kommandeuse im Führungsstab der Provokateure“ tituliert. Zudem dürfen natürlich die linientreuen Schriftsteller nicht hintenan stehen: Allen voran Stefan Hermlin, der in seiner Novelle die „Die Kommandeuse“ Erna Dorrn als Hedwig Weber darstellt, eine Bestie in Frauengestalt. Und auch ein Bertold Brecht folgt diesem Schema, wenn er an den Verleger Suhrkamp in Hamburg schreibt: „ Aber als die Gefängnisse gestürmt wurden, kamen merkwürdige Gestalten aus den Bastillen. In Halle die ehemalige Kommandeuse des Ravensbrücker Konzentrationslagers“. Und er fügt hinzu „In manchen Orten gab es Übergriffe auf Juden. Nicht viele, da es nicht mehr viele Juden gibt“.

 

Und dieser Ausspruch Brechts gibt nun doch Anlaß zu einer historischen Richtigstellung über das Schicksal der Juden im sozialistischen Arbeiter- und Bauernparadies: Schon im Herbst 1952 gerieten die jüdischen Kommunisten in der DDR in die antizionistische Kampagne des Regimes: Ihnen wurde vorgeworfen, jüdische, bürgerliche „Elemente“ hätten die Arbeiterpartei infiltriert. Jegliche Restitutionsforderungen, Entschädigungen an Überlebende wurden als Ausverkauf von Volksvermögen diffamiert mit der Folge der Flucht von 500 jüdischen DDR-Bürgern. Und das Fortgehen fast aller Vorsitzenden der  jüdischen Gemeinden galt als Beweis für deren Verrat. Der Geheimprozeß gegen Paul Merker war nur der Anfang dieser unnachahmlichen Antizionismusaktion. Geblieben in der DDR sind dann die ganz linientreuen Kommunisten wie die Justizmörderin Hilde Benjamin und Leute wie Brecht etc. Gysi & Co sollte man bei ihrer nächsten Baumpflanzaktion in Israel an diese Epoche seiner SED-Linkspartei vehement erinnern.

 

Beide Justizopfer wurden nach dem Anschluß Mitteldeutschlands rehabilitiert. Kein sozialistischer Blutrichter wurde vor ein deutsches Gericht gestellt!

 

Quelle: Jahnke  23562 Lübeck  Gärtnergasse 1 B   

 

 

 

 

Wegen ihrer brutalen Amtsführung in Schlüsselstellungen der DDR‑"Justiz" erhielt Hilde Benjamin (geboren 1902 in Bernburg an der Saale als Hilde Lange, gestorben 1989 in Ostberlin) den Beinamen "Rote Guillotine". Von 1949 bis 1953 wirkte sie ‑ nach Absolvierung eines "Volksrichterlehrgangs" ‑ als Vizepräsidentin des obersten Gerichtshofes der DDR. Sie führte den Vorsitz in zahlreichen Schauprozessen, die mit der Verhängung der Todesstrafe endeten. Von 1953 bis 1967 (Ablösung wegen des Vorwurfs "lesbischer Orgien") war sie DDR-Justizministerin, von 1954 bis zu ihrem Tode SED‑ZK‑Mitglied. Außerdem war sie "Professorin" an der DDR‑Akademie für Staats‑ und Rechtswissenschaften "Walter Ulbricht" in Potsdam‑Babelsberg. Die Tochter aus jüdischem Hause (der Vater war Direktor) heiratete 1926 den kommunistischen Funktionär Georg Benjamin, Bruder des Linksliteraten Walter Benjamin. Ein Jahr später schloß sie sich selbst den Stalinisten in Deutschland an. Als Rechtsanwältin verteidigte sie vorwiegend Angehörige des militanten KP‑Apparates, dessen Ziel die Beseitigung der Weimarer Republik und die Errichtung Sowjetdeutschlands war. Auch im Mordprozeß Horst Wessel war sie an der Verteidigung beteiligt. Nach der NS­-Machtübernahme erhielt sie als Rechtsanwältin Berufsverbot. Sie fungierte bis 1939 als juristische Beraterin der sowjetischen Handelsgesellschaft in Berlin. Im Krieg war sie als Werkstattschreiberin und als Angestellte in der Konfektion dienstverpflichtet. Nach dem Einmarsch der Roten Armee begann ihre Karriere als "oberste Staatsterroristin in Mitteldeutschland" (Charakterisierung im Lexikon "Prominente ohne Maske DDR")

 

Quelle: "Wer ist wer im Judentum" von David Korn, München 2003, S. 40