Großmaul
Nun wird langsam klar, was wir
unter der neuen Weltordnung zu verstehen haben. Ich dachte immer, Amerika wäre
der große Schurke, der alle terrorisiert, vor dem alle kriechen müssen. Doch
weit gefehlt! Den Mann an der Spitze kann ein Millionenblatt (STERN vom
11.9.2003) auf der Titelseite als "Großmaul" bezeichnen. Ist das
nicht der Beweis für eine ganz tolle Meinungsfreiheit?
Damit nicht genug. Michael
Moore in seinem Bestseller "Stupid White Men" ‑ im Augenblick
meine Lieblingslektüre ‑ bezeichnet seinen Präsidenten (auch in Millionen‑Auflage)
als "Gauner im Amt", als "personifizierte Lüge", als "Gefahr
für die nationale Sicherheit", nennt ihn "Trinker",
"Dieb", "Verbrecher", "Deserteur",
"Muttersöhnchen", "unsern Oberdummkopf, der noch nicht mal ‑
seine Dummheit zu verbergen sucht".
So kann man den mächtigsten
Mann der Welt ungestraft nennen, der jederzeit in jedem Winkel der Erde einen
Krieg anzetteln und mit Raketen und Atombomben um sich schmeißen kann.
Muhammad Ali, den größten
Boxer der Welt, hat man jahrelang nur "das Großmaul" genannt, und er
hat niemanden dafür k.o. geschlagen. Na, leben wir nicht in einer Welt mit
herrlicher Meinungsfreiheit?
Ja, so dachte ich auch. Wir
waren ja alle mal berauscht von den großen Freiheiten, die Amerika verkörperte.
Und so habe ich mich völlig ahnungslos vor fünf Jahren in einer zündenden
Wahlkampfrede gegen die dauernden Einmischungen des Herrn Bubis verwahrt und
ihn auch Großmaul genannt, denn er hatte mich öffentlich angegriffen wegen
meiner Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr, und das ging ihn ja nun
wirklich nichts an. Außerdem haben wir doch Meinungsfreiheit, vor allem im
Wahlkampf, oder?
Jetzt erschreckt nicht, liebe
Freunde. Ein blutrünstiges Gericht in Rostock verurteilte mich zu zwei Jahren
und drei Monaten für dieses Wort, mit dem man jeden Menschen der Welt betiteln
kann ‑ nur nicht einen Juden in Deutschland. Der BGH ließ dieses
stalinistische Urteil zwar auf 1 Jahr und 9 Monate herabsetzen, dafür aber
wurde ich sofort im Gerichtssaal verhaftet und in Handschellen abgeführt. Das
nicht rechtskräftige Urteil wurde sofort auf brutalste Weise vollstreckt, ohne
die Revision abzuwarten.
Man fragt sich verdutzt: steht
der Zentralrat der Juden noch über dem Präsidenten der Vereinigten Staaten? Ist
er höher einzustufen, erhabener, unantastbarer? Muß doch wohl so sein, oder?
Jedenfalls braucht man eine Weile, bis man das verarbeitet hat.
Naja, ich hatte ja Zeit,
darüber nachzudenken. Die Justiz half mir dabei, indem sie mich fünf Monate
lang kreuz und quer in stinkenden Bussen bei glühender Hitze von einer
unzuständigen Anstalt in die nächste karrte. Man gab mir großzügig Gelegenheit,
mein "Unrecht einzusehen und Reue zu zeigen". Denn ehe das nicht erkennbar
zum Ausdruck kommt, gibt es weder Lockerungen noch vorzeitige Entlassung. Die
Haft soll mich ja läutern und zu einem besseren Menschen machen.
Natürlich gibt es in der
Justiz Zuständigkeitspläne und Richtlinien. Für jeden Gefangenen ist eine
bestimmte Anstalt zuständig. Aber in der Hessischen Justiz müssen lauter Pisa‑geschädigte
Beamte sitzen, denn fünf Monate lang wußte niemand, wo ich hingehöre, um 21
Monate für eine Beleidigung des großen Ratsvorsitzenden abzusitzen. Oder kann
es sein, daß man auch in der Justiz nach den tieferen Gründen forscht, warum
ein "Großmaul Bush" anders zu bewerten ist als ein "Großmaul Bubis"?
Die Erklärung kann ja auch nur im Metaphysischen liegen, denn mit rationaler
Logik ist da nichts zu machen. Vielleicht arbeitet sogar eine philosophische
Forschungskommission daran, denn es ist wirklich ein gewichtiges Problem. Es
könnte nämlich Aufschluß darüber geben, welche Rangordnung unter den Menschen
herrscht, die ansonsten alle gleich sein sollen, aber Bush und Bubis scheinen
doch nicht ganz gleich zu sein, oder? Vielleicht braucht man dafür wirklich 21
Monate, um das zu begreifen. Immerhin wurde nach Bubis schon eine Brücke in
Frankfurt benannt. Und eine "moralische Instanz" soll er auch sein.
Vielleicht so ähnlich wie
Friedman, der dann nur etwas zuviel Kokain und naturgeile Importware vernascht
hatte. Aber er hat sich wieder gefangen. man hat ihm eine zweite Chance gegeben
und er wird bald wieder seine belehrenden Kommentare übers Radio verbreiten,
die wir Deutsche ja so dringend brauchen. Denn was wären wir ohne den erhobenen
Zeigefinger von Friedman?
Keine Angst, liebe Freunde,
ich will nicht zynisch werden. Aber ihr müßt doch zugeben, daß es schwierig
ist, die neue Weltordnung unter den Menschen zu begreifen. Im Übrigen lerne ich
gern von Juden, z.B. von Uri Averny. Gebürtig aus Beckum in Westfalen, der ging
1933 nach Palästina, gründete dort den Israelischen Friedensblock und hat wohl
ziemlich segensreich gewirkt. Denn vor zwei Wochen meldete der SPIEGEL Nr. 41
die wohl größte Sensation: daß 27 Piloten der israelischen Luftwaffe sich
weigern, weiterhin Angriffe auf Palästinensergebiete zu fliegen und Zivilisten
zu ermorden. Dazu gehören bisherige Hardliner, die gezielte Angriffe auf
Wohnhäuser gemacht haben. Sie werden unterstützt von 36 prominenten
israelischen Autoren, die voller Empörung Scharons Mörder-Politik ablehnen.
"Bisher haben wir kalte, bürokratische, unmenschliche Befehle befolgt.
Damit ist jetzt Schluß." Und Uri Averny, Träger des Alternativen
Nobelpreises, ergänzt: "Scharons Weltanschauung ist nackte Gewalt. Wir
wollen genau das Gegenteil von Scharon. Das größte Problem in Nahost aber ist
der USPräsident Bush, der Scharon bedingungslos unterstützt."
Was für ein Licht der Hoffnung
würde über Deutschland aufgehen, wenn unsere Politiker und Richter auch einmal
von diesen israelischen Rebellen etwas lernten und nicht mehr blindlings kalte,
bürokratische, unmenschliche Befehle ausführten, sondern mal wieder ‑
ausnahmsweise ‑ die Grundrechte ernst nähmen. Über Nacht würde man unser
Land kaum wiedererkennen. Dann brauchte Berlusconi die Justiz auch nicht mehr
ein "Krebsgeschwür am Volkskörper" zu nennen, was sie im Augenblick
leider ist.
Es gibt ja noch andere Hoffnungszeichen.
Die Schweden hatten genug Zeit, Europa zu betrachten und kamen zu der
überwältigenden Meinung: Euro ‑ nein danke! Und erklären freimütig: die
Deutschen hätten genauso gestimmt, wenn man sie gefragt hätte. Aber bei uns
gilt seit 1945 als oberster ungeschriebener Verfassungsgrundsatz: das deutsche
Volk darf nie gefragt werden, denn wir wissen, was es will ‑ und das darf
es auf keinen Fall bekommen.
Der neue Hoffnungsträger der
Schweiz, Christoph Blocher, meint sogar, die EU ist eine intellektuelle
Fehlkonstruktion. Und die Eidgenossen wären nicht so dumm, ihr Urrecht, als
Souverän über das eigene Land zu bestimmen, an Bürokraten in Brüssel abzugeben.
Auch die Deutschen wären nicht
so dumm, aber sie werden von einer Parteien‑Diktatur unterdrückt, die uns
die Siegermächte 1945 aufgezwungen haben. Und dieses "deutsche
Krebsgeschwür" denkt nicht daran, seine gutbezahlte Macht an das Volk
abzugeben. Und wer in dieser ausweglosen Lage glaubt, die korrupte CDU, die uns
dieses ganze Elend mit 16 Jahren Kohl eingebrockt hat, wäre eine Alternative
zur korrupten SPD, der sollte sich auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen.
Merkt ihr denn nicht, daß alle Parteien dasselbe wollen: das Volk entmündigen
und unterdrücken und sich selber nur an der Futterkrippe abwechseln? Das geht
seit 50 Jahren so und soll ewig so bleiben, bis der Blitz einschlägt und diesen
Parteien‑Filz entmachtet und alle Gewalt dem Volke zurückgibt, wie es so
feierlich im Grundgesetz beschworen wurde.
Ich erzähle nichts Neues: daß
ich ausschließlich deshalb verfolgt werde, weil ich dieses Erzübel seit Jahren
erkannt habe und bekämpfe, weil ich es leid bin, an Symptomen herumzudoktern,
wenn ich weiß, wo das Übel sitzt. Die Parteien müssen entmachtet werden. Alle
Gewalt gehört in die Hände des Volkes ‑ unmittelbar. Der mündige Bürger
braucht keine Funktionäre, die ihm sagen, was gut für ihn ist. Das weiß das Volk
besser.
Der andere Grund, warum ich so
voller Haß verfolgt werde, ist natürlich meine erfolgreiche Jugendarbeit. Seit
wir auf dem Knüll eine regelmäßige Schulung für die Jugend machen, bin ich zum
Staatsfeind Nr. 1 geworden. Ich mache die jungen Menschen immun gegen das Gift
der verlogenen Umerziehung, gegen den zerstörerischen Selbsthaß. Was wir
brauchen, sind selbstbewußte und denkfähige Menschen, die für sich und ihr Land
eine große Aufgabe und Zukunft sehen. Und die kann niemals heißen: "Nie
wieder Deutschland!". Das sind Ausgeburten kranker Hirne. Deutschland hat
eine heilige Bestimmung: Vorbild zu sein und das Licht der Vernunft in die Welt
zu tragen. Überall warten die Völker auf die echte Stimme Deutschlands, nicht
auf die ehrvergessener Schuldapostel oder fürstlich bezahlter Parteibonzen. Die
haben unser Volk zum Gespött gemacht.
Überall aus der Welt bekomme
ich begeisterte Zustimmung und Anfragen wegen engerer Zusammenarbeit. So bittet
eine deutsche Volksgruppe aus Bulgarien, die Beziehungen zu vertiefen.
Auslandsdeutsche in Amerika, Australien, Südafrika wollen zurück in die Heimat,
um hier mit uns die Freiheit unseres Volkes von den alliierten Fesseln zu
erkämpfen. Inder schreiben begeistert, weil wir uns Gandhi zum Vorbild genommen
haben, dem leidenschaftlichsten Gegner jeder Globalisierung. Ganz enge
Freundschaft verbindet mich mit Japanern, die das gleiche Schicksal erlitten
haben, daß man ihnen ihre Souveränität bis heute nicht zurückgegeben hat ‑
genau wie uns. Freunde aus dem Ausland wollen auf dem Knüll mithelfen, weil sie
dort den wirksamsten Ansatz für die Alternative sehen. ...
Quelle: Manfred Roeder im Rundbrief der Deutschen Bürgerinitiative 7 /
2003
Anmerkung: Bei der Aufbereitung des obigen Textes schwankte der
Redakteur, ob der Beitrag mit "Justizterror" oder - wie geschehen -
mit "Großmaul" besser zu betiteln sei. Beides ist wohl gleich
treffend, so daß die Entscheidung mehr zufällig zustande kam.
Es ist in der Tat nicht nachvollziehbar, warum der STERN oder DER SPIEGEL
oder Professor Hans Herbert von Arnim oder Andreas von Bülow Dinge völlig unbeanstandet
schreiben oder sagen können, während Manfred Roeder für die nämlichen Inhalte
in den Bau gesteckt wird. Deutlicher kann es doch kaum noch werden, daß etwas
faul ist im Staate Deutschland.
Das Bundesverfassungsgericht hat seit den Anfängen der Republik immer
wieder festgestellt, welchen überragenden Stellenwert die Meinungsfreiheit des
Artikel 5 GG hat ("... für ein demokratisches Gemeinwesen schlechthin
konstituierend..."). Entweder haben wir eine Zweiklassenjustiz, was mit
dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 GG nicht vereinbar wäre oder wir haben
undemokratische Machtansprüche außerhalb des Grundgesetzes; dann soll man dies
dem Volk - also dem Souverän - auch freundlicherweise sagen, damit es sich in
seinem Verhalten darauf einrichten und
sich gegebenenfalls im Ausland eine neue Heimat suchen kann.