Deutsche Elendsjustiz - Symptome des Verfalls
Der
Strom der Einsendungen, in denen Kollegen ihre Erfahrungen mit den deutschen
Gerichten schildern, reißt nicht ab. Aus allen Teilen Deutschlands kommen die
Zuschriften und belegen damit, daß es nicht nur um Einzelfälle geht. Richter,
die so schlampig arbeiten, wie es in den Justizspiegel‑Reporten
geschildert wird, indizieren damit einen grundsätzlich negativen Leistungsstand.
Das sind keine einzelnen Ausrutscher mehr, sondern Symptome des Verfalls
Die deutsche Elendsjustiz
nimmt immer schärfere Konturen an. Der Niedergang der Rechtsprechung ist flächendeckend.
Das gilt vor allem für die Amtsgerichte, die dazu übergegangen sind, die
Freiheiten des § 495a ZPO bis hin zur objektiven Rechtsbeugung zu strapazieren.
Was mich persönlich am meisten erschüttert, ist der Mangel an Berufsethik und
an fachlicher Scham. Mancher Richter, dem seine materiellrechtlichen und
verfahrensrechtlichen Fehler knüppeldick vorgehalten werden, reagiert darauf
nur mit einem überheblichen Lächeln, wenn nicht sogar mit einem Grinsen oder
einer flapsigen Bemerkung, obwohl er eigentlich rote Ohren bekommen müßte.
Noch einmal möchte ich darauf
hinweisen, daß ich wegen der Fülle des Materials, das sich bei mir ansammelt,
nicht alle Einsendungen berücksichtigen kann. Und selbst die ausgewählten Berichte
muß ich aus Raumgründen oft stärker kürzen als mir lieb ist. Die Leser mögen
sich bitte davon nicht abhalten lassen, mir ihre Informationen zuzuleiten.
Immerhin ist bereits in verhältnismäßig kurzer Zeit eine recht stattliche Dokumentation
zusammen-gekommen und hat Fakten gebracht, die nicht leicht hinwegzuschwafeln
sind.
Quelle: Dr. Egon Schneider in ZAP vom 16.2.1994, S. 155
Anmerkung: Die oben erwähnte Vorschrift des § 495 a ZPO besagt, daß das
Gericht sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen kann, wenn der
Streitwert 1.200 DM (1994) nicht übersteigt. Auf Antrag muß mündlich verhandelt
werden. Das Urteil bedarf keines Tatbestandes. Auch Entscheidungsgründe sind
entbehrlich, wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden
ist.