BRD gleich DDR ?

 

Ein entlarvendes Urteil aus Baden‑Württemberg

 

BRD‑Justiz verfolgt Menschenrechts‑Aktivisten

 

Wegen seiner »feindlichen Einstellung« zum politischen System wurde Axel Heinzmann zunächst in der DDR verfolgt und jetzt von der BRD‑Justiz verurteilt.

 


"Im freiheitlichsten Rechtsstaat aller Zeiten" herrscht selbstverständlich auch Meinungsfreiheit - ­wer es nicht glaubt, kommt ins Gefängnis. Nach dieser Maxime handelte offenbar Amtsrichter Hartmann aus Reutlingen, als er den Bürgerrechtler Axel Heinzmann zu einer Ersatzfreiheitsstrafe wegen »Verunglimpfung des Staates« verurteilte. Fazit: Nicht das Regime, das Menschen wegen Meinungsäußerungen verfolgt, sondern die Kritik daran soll kriminell sein.

 

Nachdem er die DDR 1970 als politisch Verfolgter verlassen durfte, gehörte der gebürtige Zwickauer Axel Heinzmann innerhalb der Menschenrechtsbewegung der BRD zu den Aktivisten der ersten Stunde. Für amnesty international gründete und leitete er in der Universitätsstadt Tübingen die "Gruppe 25", später gehörte er der Gesellschaft für Menschenrechte - heute Internationale Gesellschaft für Menschenrechte ‑ an, bevor er die Leitung des Tübinger Instituts zur Bekämpfung kommunistischer Menschenrechtsverletzungen übernahm.

 

Der Einsatz des DDR‑Dissidenten für die politischen Grundfreiheiten wurde auch in der BRD nicht gerne gesehen. Schließlich beschränkte der Bürgerrechtler seine Kritik nicht auf die kommunistischen Regime des Ostblocks, sondern prangerte auch im Westen die "massiven Menschenrechtsverletzungen, insbesondere in der BRD" an. Seit dem Jahre 1977 wurde er deshalb mehrfach verurteilt. Zuletzt verhängte das Amtsgericht Stuttgart gegen ihn eine Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen angeblichen "Landfriedensbruchs", die auch vollständig vollstreckt wurde.

 

Der neuerliche Prozeß gegen Axel Heinzmann entlarvt zugleich die Perfidie wie auch die vollständige Abgehobenheit eines politischen Tribunals, das in seiner Regie fatal an ähnliche Prozesse in der DDR erinnert.

 

Deshalb wurde Axel Heinzmann verurteilt:

 

1. Anklagepunkt: Laut Urteil verteilte Heinzmann im Dezember 1997 »anläßlich eines Besuches der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes mehrere Exemplare eines von ihm zuvor verfaßten, vervielfältigten und auch danach noch vorrätig gehaltenen Flugblatts mit den Überschriften "Im Namen des Volkes" auf der Vorder‑ und "Zweierlei Recht" auf der Rückseite«. Auf diesem Flugblatt bezeichnete er unter anderem "die Aberkennung von Grundrechten, Vereins‑ und Parteiverbote, Ausbildungs- und Berufsverbote, Wahlrechtsentzug, Bücherindizierungen und ‑verbote, Versammlungs‑ und Demonstrationsverbote usw.« als menschenrechtswidrig. Darüber hinaus forderte er "Weg mit den Gesinnungsschnüfflern vom Verfassungsschutz, ihren Bütteln vom polizeilichen Staatsschutz, den politischen Sonderstaatsanwaltschaften und ‑anwälten, den politischen Sondergerichten (Staatsschutzkammern), der Einsetzung willfähriger parteipolitisch ausgewählter Schöffen« und »Schluß mit den fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen!«. Alle "Rechtsbeuger, Staatsanwälte und Richter", die an politischen Prozessen mitwirkten und sich "wüster aufführen als die Orwellsche Gedankenpolizei", gehörten nach Meinung Heinzmanns selbst auf die Anklagebank. Unterzeichnet war das Flugblatt mit der Losung der DDR‑Bürgerrechtsbewegung: "Wir sind das Volk". Unter anderem durch diese Äußerungen habe Heinzmann »aus bewußt feindlicher Gesinnung« 1) das BRD‑Regime mit dem totalen Überwachungsstaat, den George Orwell in seinem 1949 erschienenen Roman "1984" beschrieben hat, gleichgesetzt, so Richter Hartmann. Dadurch, und weil Heinzmann Vergleiche mit dem DDR­-Staatssicherheitsdienst gezogen hatte, habe er zum Ausdruck bringen wollen, »daß dieser Staat der Achtung seiner Bürger unwert und unwürdig« sei.

 

2. Anklagepunkt: Am 9. März 1998 verteilte der Angeklagte Heinzmann ( ... ) in Tübingen mehrere Exemplare eines von ihm zuvor verfaßten, vervielfältigten und auch danach noch vorrätig gehaltenen Flugblatts mit den Überschriften "Im Namen des Volkes", auf der Vorder‑ und "Mehr als 5.800 Menschen wurden allein 1996 in der BRD wegen ihrer Meinung verfolgt" auf der Rückseite. Dann wird unter anderem aus einem Rechtsgutachten des Professors der Rechtswissenschaften Dr. Gottfried Dietze über das politische Strafrecht in der BRD zitiert: "Der § 130 StGB ("Volksverhetzung") ist mit westlich-­zivilisatorischer Auffassungen der Freiheit der Meinungsäußerung unvereinbar", heißt es darin. Auch durch dieses Flugblatt habe Heinzmann "aus bewußt feindlicher Gesinnung" das BRD‑Regime verunglimpft.

 

3. Anklagepunkt: "Aufgrund eines neuen Willensentschlusses verteilte der Angeklagte weitere Exemplare des unter 2. dargestellten Flugblattes in Filderstadt‑Bernhausen vor der Philharmonie im Vorfeld einer Veranstaltung mit Ignaz Bubis dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland".

 

Auch bezüglich des dritten Anklagepunktes habe Heinzmann das BRD‑Regime verunglimpft, weil er dem politischen System "die Eigenschaft einer freiheitlichen Demokratie" abgesprochen habe.

 

Trotz seiner Probleme mit der deutschen Rechtschreibung glänzt Richter Hartmann im Urteil durch seine messerscharfe Kombinationsgabe: Mit der Aussage, "daß in der BRD Menschen wegen ihrer Meinung verfolgt werden", folgert Hartmann, werde der BRD nämlich die Mißachtung des Grundrechtes auf freie Meinungsäußerung vorgeworfen. Wer das behauptet, betreibe die »böswillige Verunglimpfung des Staates«. Denn schließlich sei bekannt, daß die freie Meinungsäußerung "eine der Säulen der freiheitlichen Demokratie" sei.

 

Daß im Reutlinger Tribunal ‑ wie in etlichen tausend anderen Fällen ‑ gerade diese »Säule freiheitlicher Demokratie« nicht zum tragen kam, ist da weniger von Bedeutung. Schließlich kann sich nicht jeder auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen. Perfiderweise sind in der BRD nämlich nur solche Meinungen erlaubt, die der herrschenden politisch‑juristischen Klas­se gefallen. Für Andersdenkende wie Axel Heinzmann gilt dagegen das von Richter Hart­mann festgestellte » Durch den Inhalt der Flug­blätter bestreitet der Angeklagte, daß sich die Bundesrepublik Deutschland an das Rechts­staatsprinzip hält. Er wirft dem Staat willkürliches Verhalten vor, insbesondere bestreitet er auch die Unabhängigkeit der Gerichte, indem er von "willfährigen parteipolitisch ausgewählten Schöf­fen" und von einer "unrnenschlichen Gesinnungs­justiz" spricht und den "BRD‑Gewalt‑ und Willkür­herrschern" unterstellt, bei mißliebigen  Äußerungen für lange Freiheitsstrafen zu sorgen«, heißt es im Urteil.

 

Dabei ist für das Gericht vollkommen unerheblich, daß Heinzmann alle seine Äußerungen auch belegen kann. Auch beweisbare Tatsachen können beleidigend sein. Und in den letzten Jahren hat das BRD‑Regime, was die politische Verfolgung betritt, allen Grund, sich durch die Äußerungen Heinzmanns beleidigt zu fühlen.

 

Quelle: HNG ("Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene e.V.")