Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg über seine jüdischen Mitbürger

 

Während das österreichische Bundesheer auf 30.000 Mann als Höchststand begrenzt war, verfügte der jüdische Front­kämpferbund über 8.000 Mitglieder. (Kurt Schuschnigg: „Im Kampf gegen Hitler – Die Überwindung der Anschlussidee“, Wien – München 1988/Neuauflage, S. 93f)

„Am 10. März 1938 lebten in Österreich nach den Angaben der jüdischen Kultusgemeinde Wien 180.000 Juden, davon 165.000 in Wien. Ihre Zahl betrug 1923 noch 220.000. Dabei handelte es sich allerdings nur um die von der JKG erfaßten 'Glaubensjuden', nicht um jene, die alle Bindungen zu ihrer religiösen Gemeinschaft abgestreift hatten. Insgesamt wurde der jüdische Bevölkerungsanteil Österreichs in der Zwischenkriegszeit auf rund 300.000 geschätzt, davon lebten etwa 250.000 in Wien.“ (Schuschnigg, a.a.O., S. 94)

Das sind mehr als 10% der Wiener Bevölkerung, „damit hatte Wien die drittgrößte jüdische Bevölkerung aller europäi­schen Städte“ (1910 betrug der Anteil jüdischer Mitbürger in Wien = 8,63% = 175.294 von 2.031.420 Einwohnern) bei einem Gesamtanteil im Lande von 3%. (Bruce F. Pauley: „Der Weg in den Nationalsozialismus – Ursprünge und Entwicklung in Österreich“, Wien 1988, S. 29)

„Die Herausgeber sozialistischer Zeitungen waren nahezu ausschließlich Juden.“ (Pauley, a.a.O., S. 30)

    Schuschnigg führte weiter aus:

„Der Antisemitismus der Zwischenkriegszeit war außer­dem weithin politisch begründet, er richtete sich keineswegs gegen die Juden als Rasse oder religiöse Gemeinschaft, sondern gegen die Partei, in der sie nun einmal die Führung innehat­ten und die dem Marxismus verschworen war. Antisemitismus ist daher damals in weitem Umfang Antimarxismus gewesen.

Joseph Buttinger schreibt, daß 80% der Intellektuellen, die zur Sozialdemokratischen Partei stießen, vom Judentum kamen. Die 200 organisierten sozialdemokratischen Rechtsan­wälte, die 400 Mitglieder des Sozialdemokratischen Juristen­vereins und die 1.000 sozialdemokratisch organisierten Wie­ner Ärzte seien fast ausschließlich Juden gewesen. Gleichfalls die große Mehrheit der 450 Mitglieder des sozialistischen Mittelschullehrerverbandes sowie 90% des Redaktionsstabes der 'Arbeiter-Zeitung' und der anderen Parteiblätter, weiters 8 von 10 Vortragenden des Sozialdemokratischen Bildungswerks, die revolutionären Reformer unter den entwurzelten Intellektu­ellen des Nachkriegsmitteleuropa hätten in Wien fast aus­schließlich dem Judentum angehört.“ (Schuschnigg, a.a.O., S. 97)

 

Quelle: Historische Tatsachen Nr. 97 / S. 15