Der Genius des Talmud
Welches Tischgebet muß der
fromme Jude sprechen, wenn er Auberginen ißt? Sind Auberginen Gemüse oder
Früchte? Denn es gibt dafür verschiedene Segenswünsche. Man sagte Chazon Ish,
den man um eine Entscheidung bat, daß Auberginen auf Bäumen wüchsen, die nur
drei Jahre überdauern. Juden dürfen aber Früchte von Bäumen nur nach drei
Jahren essen (Lev. 19, 23; Verbot Nr. 192 nach Maimonides). Chazon Ish
entschied daher, daß es sich um Gemüse handeln müsse, das in einem Zeitraum von
weniger als drei Jahren erlaubt ist. Würde es sich um eine Baumfrucht handeln,
könnten Juden nie Auberginen essen. Warum hätte sonst Gott Auberginen
geschaffen? Also muß man das Tischgebet für Gemüse sprechen. Problem gelöst! "Wo ein rabbinischer Wille ist, da ist
auch ein rabbinischer Weg." (nach Emanuel Rackman: The Genius of the Talmud, in: Midstream, April 1998, S. 27-29)
Nun hätte aber
schon ein Blick in ein allgemeines Lexikon gezeigt, daß die Aubergine ohnehin
zu den Gemüsepflanzen zählt und garnicht auf Bäumen wächst. Wahrscheinlich hätte der Rabbi eine derartige Mitteilung nur
als nachträgliche Bestätigung seines Urteils gedeutet. Es drängt sich einem
aber doch die Frage auf, warum denn Gott z.B. Schweine und andere
"unreine" Tiere geschaffen hat, deren Verzehr Juden verboten ist, von
anderen Ge- und Verboten ganz abgesehen,
deren Sinn zu begreifen nicht so recht gelingen will. 1990 sagte ein führender,
orthodoxer Rabbi in Israel, der Holocaust sei Gottes Strafe dafür gewesen, daß
Juden Schweinefleisch gegessen hätten (nach Alan M. Dershowitz: Chutzpah, S. 132, Fußnote). Wann werden
endlich die Schweine-Metzger zu Entschädigungszahlungen herangezogen, und was
wäre wohl noch alles passiert, wüchsen Auberginen tatsächlich auf Bäumen?
Prof.
Israel Shahak zieht in bezug auf die meisten talmudischen Gesetze eine
Parallele zum Kichenvater Tertullian (um 160 - nach 220), von dem der Satz
überliefert ist "credo quia
absurdum" ("Ich glaube weil
es absurd ist") und wandelt den Satz ab: "I practise because it is absurd" ("Ich befolge sie, weil sie absurd sind") (Jewish History, Jewish Religion - The Weight
of Threethousand Years; Pluto Press, London und Boulder Colorado 1994, S.
40)
FAZ-Autor Johannes Gross meint
jedenfalls, die Gesetze des Judentums - wie des Islams - seien leicht zu
verstehen und nicht übermäßig schwer zu befolgen (FAZ-Magazin, 5. Februar 1999, S. 8). Ob er sie wohl selbst (alle)
befolgt? Immerhin erfordert es doch eine erstaunliche Gedächtnisleistung, sich
613 Ge- und Verbote zu merken, aber schließlich heißt es ja im Buche Josua 1,
8: "Du sollst dich mit der Lehre
beschäftigen Tag und Nacht." Zum akademischen Studium lädt u.a. die
Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg ein (FAZ vom 19. April 1995).
"Die
Welt ist jüdisch geworden" meinte schon
vor einem Jahrzehnt Shimon Peres (Spiegel-Spezial,
2/1989, S. 80).