Sowjet-Juden

 

1924 hatte sich ein Konflikt zwischen den Juden des Westens (Haskala) und denjenigen des Ostens (Chassidim) zu entwickeln begonnen. Die Haskalas unterstützten Trotzky, die Chassidim wollten sich auf Stalin stützen. Trotzky wollte im übrigen Rußland verlassen, um die Früchte seiner Plünderungen zu genießen! Der weniger begüterte Stalin wollte in Rußland bleiben und sich an die Spitze der bolschewistischen Mafia setzen. Dieser Kampf zwischen den beiden Fraktionen wurde sofort gnadenlos. Die fanatischeren, die Chassidim, jene, die die Zarenfamilie hatten ermorden lassen, gewannen die Oberhand. Unsere Chassidim gewannen jedoch deshalb nicht etwa die Oberhand im Paradies. Stalin ließ sie in den großen Säuberungen der Jahre 1936 bis 1939 verschwinden.

 

Sinowjew beispielsweise mußte unter der Folter die Zahlen seines geheimen Bankkontos preisgeben, Bela Kun, dem Henker Ungarns, widerfuhr dasselbe Schicksal, mit derselben Begründung wie Kamenew, Bukarin, Ganetzky und anderen Plünderern, die den Neid des neuen Königs Ubu erregten! Um die schmutzigen Ziele dieses Kampfes zu vertuschen, ließ Lazar Kaganowitsch das Gerücht von Stalins Antisemitismus umlaufen, während von seinen 49 Sekretären 40 jüdischer Abstammung waren! . . . Übrigens verflüchtigte sich Stalins Ruch des Antisemitismus rasch. Ab November 1936 belegte der Premierminister Molotow (Skryabin) jede Äußerung von Antisemitismus mit der Todesstrafe! 1937 waren 17 der 22 Kommissare der Sowjetregierung Juden. In der Polizei, namentlich der politischen Polizei, lag der Prozentsatz noch viel höher! . . . Lazar Kaganowitsch plante und organisierte die Zerstörung des russischen historischen und kulturellen Erbes. Als militanter Zionist haßte er die Kirchen. Das Christentum war in seinen Augen eine Irrlehre. Er begann, die Klöster und Kirchen Moskaus zu sprengen. Eine exakte Untersuchung dieser Welle von Zerstörungen deckte auf, daß diese Sprengungen nicht in zufälliger Weise ausgeführt wurden, sondern einem verrückten, aber strukturierten Plan entsprachen. Interessanterweise erhält man, wenn man auf einer Karte jene Punkte miteinander verbindet, die zerstörte Kirchen darstellen, einen ‑ Davidsstern! Andere Kirchen wurden zu Museen des Atheismus umgestaltet. Nichts vergleichbares geschah mit den Synagogen. Danach machte sich Kaganowitsch an die methodische Zerstörung der mittelalterlichen Festungen. Selbst zur Zeit Lenins hatte die Vernichtung religiöser Gebäude demgegenüber einen bloß anekdotischen Charakter bewahrt. Was die wenigen bolschewistischen Funktionäre anbelangt, die sich an Synagogen vergriffen ‑ zweifellos deshalb, weil sie die Direktiven falsch aufgefaßt hatten ‑, so bereuten sie das bitter!

 

Quelle: Alain Kérizo in "Sous la bannière" n° 87, Januar / Februar 2000, S. 19 f