Sanhedrin
1)
E. R. Carmin:
"Das schwarze Reich - Geheimgesellschaften und Politik im 20.
Jahrhundert", 5. Auflage, München 2000, S. 371: "Anderen Mutmaßungen
zufolge handle es sich beim Inhalt der Protokolle ("Protokolle der Weisen
von Zion", d.V.) um die Ziele des alten
jüdischen Gerichtshofes "Sanhedrin", den
der französische Kaiser Napoleon I. 1807 tatsächlich als Gremium von Rabbinern
und Laien erneuert und eingesetzt hatte. Die fanatische Gruppe habe schließlich
die macht über die Judenheit gewonnen und wollte die christliche Welt
zerstören."
2) Senhedrin, Synhedrion, Synedrium. Vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis
70 n. Chr. die aus dem Hohepriester und 72 Mitgliedern bestehende oberste
richterliche Behörde der alten Juden. Der Vorsitzende führte den Titel Nasi,
sein Vertreter Al Beth Din. Zufolge eines
Anachronismus wird das mit der Person Zerubabels in
Zusammenhang gebrachte Kapitel des Royal Arch als Senhedrin aufgefaßt, somit darf ein Royal Arch Chapter nicht mehr als 72
Mitglieder haben. Im Schwedischen System bilden die neun höchsten weltlichen Würdenträger
den »Sanhedrin der Provinz«. Der Ausdruck Senhedrin findet sich auch in mehreren Hochgradsystemen des
18. Jahrhunderts. Der Name S. taucht in der Neueren Geschichte als
Nationalversammlung der Juden auf, die Napoleon
I., der nichts weniger als ein
Philosemit war, im Jahre 1807 nach Paris einberufen ließ. An diesem Senhedrin beteiligten sich die Juden Frankreichs und der
damals französischen Reichsteile. Die Juden des Ostens, wie überhaupt die
jüdische Orthodoxie, lehnten eine Beteiligung ab. In der antisemitisch
eingestellten gegnerischen Literatur wird dieses von Napoleon in ausgesprochen
judenfeindlicher Tendenz einberufene Senhedrin gerne
als eine von ihm ins Leben gerufene alljüdische
Weltverschwörung hingestellt, aus der sich dann die »alljüdisch‑freimaurerische
Weltverschwörung« abgeleitet haben soll. Wie sehr dieses Senhedrin
die Juden selbst verstimmt hat, beweist die Bezeichnung der aus seinen
Beratungen erflossenen kaiserlichen Beschlüsse, die
in der jüdischen Geschichte als das »schmachvolle Dekret (Decret
infame) von 1807« verzeichnet wurden (s. Dubnow, Die neueste Geschichte des jüdischen Volkes, Bd. I). (Eugen Lennhoff /
Oskar Posner / Dieter A. Binder:
"Internationales Freimaurerlexikon", München 2000, S. 739)
3) Auf
die Revolution folgte sehr bald Napoleon. Seine Stellung zu den Juden war
schwankend, er war kein Freund von ihnen. Während seines ägyptischen Feldzuges
kam er mit ihnen in ihrer alten Heimat zum ersten Male in Berührung. 1799 nach
seinem Sieg bei Gaza und Jaffa erließ er vor den Toren Jerusalems einen Aufruf
an die Juden Asiens und Afrikas, dem französischen Heere Beistand zu leisten.
Als Dank verhieß er ihnen die Wiederherstellung der Heiligen Stadt. Sechs Jahre
später, nach seinem Sieg in der Drei‑Kaiser‑Schlacht bei Austerlitz, als ihm Beschwerden über die elsässischen Juden
zu Ohren kommen, erklärt er: »Es war Sache der schwachen Herrscher, die Juden
zu verfolgen. Ich werde sie bessern.« Was Napoleon irritiert, ja erbost, ist
der Hinweis in den Berichten seiner Kanzleien, sie seien eine »Nation in der
Nation«. In diesem Punkt gibt es für Napoleon keine Konzessionen. Im Staatsrat
fällt der Beschluß, eine repräsentative Versammlung der Juden einzuberufen.
Ihre Vertreter sollen bindende Erklärungen über ihre Stellung im Staate
abgeben. Zugleich soll jene bürgerliche Moral wiedererweckt werden, »die durch
eine viele Jahrhunderte andauernde, entwürdigende Existenz verlorengegangen
war.« Im Juli 1806 tritt auf Napoleons Befehl die »Assemblée
des Notables«, die konstituierende Versammlung von
einhundertundzwölf repräsentativen Vertretern der französischen Judenschaft in
der Hauptstadt zusammen. Sie bejaht die ihr vorgelegten zwölf Fragen ‑
daß die französischen Juden die Franzosen als ihre Brüder und Frankreich als
ihr Vaterland ansehen, daß sie es mit Gut und Blut verteidigen und dessen
Gesetzen gehorchen werden. Sie bejaht auch die Zulässigkeit von Mischehen und
verzichtet sogar auf die Selbstverwaltung. Da den Notablen
unmißverständlich eröffnet wurde, daß eine ungenügende Beantwortung der Fragen
Nachteile zur Folge haben würde, lassen sie sich sogar zu der Erklärung
bestimmen ‑ die katholische Kirche habe sie stets beschützt! Im Februar
1807 tritt in Paris auf Napoleons Anordnung und von ihm selbst bewußt nach dem
Vorbild des altjüdischen Gerichtshofes benannt ein »Großes Sanhedrin« zusammen. Es wird eine
reine Staatskomödie. Alles, was die Assemblée erklärt
hatte, wird nun sanktioniert. Napoleon hat erreicht, was er bezweckte. Und am
17. März 1808 erläßt er ein Dekret, das
die Gleichberechtigung stark einschränkt. Es erhielt zu Recht von den Enttäuschten
die Bezeichnung »Décret infame«. In allen deutschen
Staaten, die durch Napoleons Herrschaft unter französischen Einfluß
geraten, werden die Juden befreit. ... (Werner
Keller: "Und wurden zerstreut unter alle Völker", München / Zürich
1966, S. 430 f)