Paradoxe Allianzen

 

Der Gedanke einer Allianz zwischen Israel und rechten Kräften erscheint auf den ersten Blick paradox. Ist nicht die Rechte in den westlichen Ländern seit jeher antisemitisch gewesen? Immer wieder registriert man mit Verblüffung, daß Regime, die für ihren Antisemitismus bekannt sind, beste Beziehungen zu Israel unterhalten. Südafrika, das paraguayanische und das inzwischen abgelöste argentinische Militärregime ‑ wie kann Israel mit solchen ausgewiesenen Antisemiten so gut harmonieren?

 

Diejenigen, die diese Frage stellen, haben offenbar nicht genug über die Rolle des Antisemitismus in der heutigen Zeit nachgedacht. Israel ist aufgrund des Rufs, den es sich geschaffen hat, und aufgrund seiner historischen Rolle für die traditionellen Antisemiten durchaus salonfähig. Viele Antisemiten von heute sind zu der erstaunlichen Feststellung gekommen, daß, so paradox das auch klingen mag, Israelis keine Juden sind! Mit Hilfe dieses gedanklichen Tricks kann man nach wie vor Antisemit sein, d. h die Juden verachten, während man zugleich die Israelis bewundert und ihnen nacheifert. Jedermann kann sehen, daß Israelis ganz anders sind als Juden, verkörpern sie doch heute in idealer Weise gewisse Eigenschaften und Tugenden, die den Juden immer ausdrücklich abgesprochen worden sind: militärisches Können, Kaltblütigkeit in der Herrschaftssicherung und in der Unterdrückung lästiger Störenfriede, rücksichtsloser Pragmatismus bei der Durchführung des kolonisatorischen Auftrags der weißen Herrenrasse. Charles de Gaulle drückte einmal sein Erstaunen darüber aus, daß Juden »tüchtige Landwirte und tüchtige Soldaten« sein konnten. (Golan 1982, S. 73) Zweitausend Jahre lang waren die Juden in der Tat weder das eine noch das andere, wogegen die Israelis in beiden Metiers Außerordentliches leisten. Die Verachtung der Antisemiten alter Schule bezieht sich auf das Klischee vom Juden als einem intellektuellen, liberalen, weichen, körperlicher Arbeit abholden Typ. Der typische Vertreter des modernen Israel sieht in den Augen der heutigen Rechten anders aus ‑ hochgewachsen, mit einer Uzi bewaffnet, mit roher Gewalt über die Kräfte des Radikalismus triumphierend und dabei auch über Leichen gehend. Das ist das Israel, das argentinische Generäle, paraguayanische Obristen und afrikanische Brigadiers lieben gelernt haben. Die in den USA zu beobachtende Romanze zwischen den Zionisten und der Rechten ist nur durch dieses gewandelte Image möglich geworden ‑ die Verwandlung des verachteten und verhöhnten Diaspora‑Juden in den bewunderten und als Vorbild anerkannten Israeli.

 

Quelle: "Schmutzige Allianzen - Die geheimen Geschäfte Israels" von Benjamin Beit-Hallahmi, München 1989, S. 260 f