Mossad-Terror
Die bisher dargestelllten
Fälle (Vertreibung der Palästinenser 1948 / Lavon-Affäre 1953 / Diskothek La
Belle 1986 / Lockerbie 1988, d.V.) haben eines gemeinsam: Wenn Israels
Supergeheimdienst einmal seine Finger im Spiel hatte, dann nahm er die Sache
auch persönlich in die Hand. Oder er ließ sie doch zumindest durch Personen
ausführen, die dem Staat Israel sehr nahe standen, ihm durch Geburt oder
Glauben gewogen waren. Das bedeutet aber noch lange nicht, daß wir hier ‑
wie bei den meisten anderen Agentenbiographien ‑ einen Schlußstrich
ziehen dürfen. Es hieße die Personalstruktur des Mossad gründlich zu unterschätzen,
wenn man denkt, daß Israels Spezialagenten ihr Personal allein aus dem Judentum
rekrutieren. Die Arme des Mossad reichen weiter. Viel weiter. Bis in das Lager
seiner schärften Feinde hinein.
Nicht wenige arabische
Nationalisten, islamische Fundamentalisten und zu allem entschlossene
Terroristen stehen wissentlich oder unwissentlich im Dienste des Mossad. Einige
wenige in den Führungsetagen sind gekauft. Die Masse jedoch, das ausführende
Element, überblickt nicht im entferntesten, wem es letzten Endes zu Diensten
ist. Ostrovskys Einblick in diesen Zusammenhang ist, daß "gewöhnlich
Araber, die israelische Pläne ausführten, keine Ahnung davon hatten, wo die
Pläne in Wirklichkeit ihren Ursprung genommen hatten. Araber, die Operationen
gegen Syrien ausführten, dachten oft, daß sie für den britischen Geheimdienst
arbeiteten. Und Araber, die Operationen in einigen anderen Ländern ausführten,
dachten, daß sie für die Syrer arbeiteten". ("Washington Report - on Middle East Affairs", Special
Report, "The Troubling Reticence Over U.S. 'Terrorism' Cases",
Oktober/November 1997, Seite 6, 53f)
Es ist in der Tat kein
Wunschdenken, wenn Muslime heute darüber nachsinnen, ob die
partikularistischen, zerstörerischen Aktionen bestimmter . "Arabischer
Terroristen" nicht durch den Israelischen Geheimdienst inspiriert sein
könnten.
Nehmen wir die Aktionen des
berüchtigten palästinensischen Terroristen Abu Nidal, die vom panarabischen
Standpunkt her unerklärbar anmuten. Denn Nidal ermordete gemäßigte Vertreter
von Yasser Arafats PLO sowie verschiedener arabischer Regierungen. Gerade in
Momenten, wenn die Sache Palästinas Fortschritte zu machen schien. Er zeichnete
für blutige Attentate gegen europäische Zivilisten verantwortlich (so auf den
Flugplätzen von Rom und Venedig), die das Ansehen des palästinensischen Kampfes
in der Weltöffentlichkeit auf ein Minimum reduzierte. Während er
"daheim" den Israelis immer wieder durch schlecht getimete Anschläge
Anlaß gab, militärisch gegen palästinensische Ziele vorzugehen.
Dieses Bild scheint in sich
unschlüssig. Aber nur wenn man außer acht läßt, daß Nidal auf den Gehaltslisten
der Israelis stehen könnte. Und genau das scheint auch wirklich der Fall zu
sein. So schreiben die neuseeländischen Autoren Ben Vidgen und Ian Wishart mit
bezug auf Geheimdienstquellen:
"Bevor man die Idee von
sich weist, daß Israels Mossad derart krumme Wege gehen könne, einem arabischen
Terroristen zu helfen, um eigene Ziele voranzubringen, sollte man sich
folgendes vor Augen halten: Als Ermittlungsbeamte 1991 den Zusammenbruch der
(für geheimdienstliche Geldwäschegeschäfte) berüchtigten 'Bank of Credit and Commerce
International' untersuchten, da fanden sie nicht nur Belege dafür, daß der
Mossad hier seinen Zahlungsverkehr ablaufen ließ, sondern darüber hinaus, daß
Überweisungen von Mossad‑Konten an Sri Lankas "Tamil Tigers"‑Rebellen
und die Organisation Abu Nidals geflossen waren."
Auch der britische Autor David
Yallop, der Nidal persönlich traf und interviewte, nährt den Gedanken, daß
dieser für Israel arbeitet. "Dabei nimmt er", so Vidgen/Wishart
weiter über Yallop "auf ein Interview mit Abu Iyad Bezug, jenem
palästinensischen Terroristen, der für die Planung des Angriffs auf die
Olympischen Spiele in München 1972 verantwortlich war. Unser Gespräch kam zu
dem Punkt, wie Abu Nidals Organisation für viele Jahre durch den Mossad
durchdrungen worden war", schreibt Yallop. "Durchdrungen in einem
derartigen Ausmaß, daß Abu Iyad, der Kopf des PLO eigenen Geheim‑ und
Abwehrdienstes, mir gegenüber seine Überzeugung zum Ausdruck brachte, daß
ständig die von Abu Nidal bestimmten Angriffsziele zuvor vom Mossad ausgewählt
worden waren. Als Beispiel einer Mossad-Zielbestimmung führte er Arafats PLO‑Gesandten
in London, Said Hammami, an. 'Zum Zeitpunkt seiner Ermordung im Januar 1978
befand sich Said Hammami inmitten streng geheimer Unterhandlungen mit
Mitgliedern der israelischen Regierung'." Die Gespräche, sagte der PLO‑Chef
zu Yallop, waren auf einen Waffenstillstand im Palästinakonflikt und einer
Anerkennung des Staates Israel abgestimmt. Dieses Szenario lastete wie ein
Fluch auf den Extremisten beider Seiten, die jeden Kompromiß ablehnten.
"'Lange Zeit vor Said's Ermordung wurde dieser von einer britischen
Spezialabteilung gewarnt, daß er auf der Abschußliste des Mossad stand. Sie
sagten ihm, ihre Information stamme vom CIA. Said wurde ebenfalls von
englischen Sicherheitsbehörden mitgeteilt, die britische Regierung habe die
israelische Botschaft gewarnt, daß alle bekannten Mossadagenten des Landes
verwiesen würden, wenn die Israelis jetzt ihre Waffen auspacken würden',"
sagte Abu Iyad zu seinem Gegenüber. "Die Folgerung war klar",
berichtet Yallop: "Verhindert durch die Briten, den Job selbst
auszuführen, steckten sie Abu Nidal die Sache zu." In der Tat ‑
trotz seines öffentlich zur Schau gestellten Hasses gegenüber Israel, richteten
sich die meisten Angriffe Abu Nidals und seiner Organisation gegen die PLO und
andere arabische Terrorgruppen. Einige Zeit nach seinem Interview mit Yallop
wurde Abu Iyad selbst in Tunis ermordet ‑ durch die Abu Nidal‑Gruppe.
Ein weiteres Beispiel
israelischen Doppelspiels überliefert der frühere Mossad‑Agent Ari Ben‑Menashe,
der berichtet, daß 1985 Israel, und nicht die Palästinenser in Wirklichkeit
hinter der Entführung des Kreuzfahrtschiffes Achille Lauro steckte. "Dabei handelte es sich", so unser
Chronist, "in Wahrheit um eine 'Schwarze‑Propaganda'‑Operation,
die zeigen sollte, was für eine mörderische, halsabschneiderische Bande die
Palästinenser waren." Ein Palästinenser, der als Doppelagent für den
Mossad arbeitete, wurde angewiesen anzuregen, "daß es Zeit sei für die
Palästinenser, einen Angriff zu unternehmen und etwas wirklich Erbarmungsloses
durchzuführen... Radi (der Doppelagent) richtete Anweisungen an (den Terroristenführer)
Abu'l Abbas, der, um diesen Anweisungen auch wirklich Folge zu leisten,
Millionen von israelischen Geheimdienstoffizieren erhielt, die sich als Sizilianische
Mafia‑Dons ausgaben.... Dann stellte Abbas ein Team zusammen, das das
Kreuzfahrtschiff angreifen sollte. Dem Team wurde aufgetragen, sich gefährlich
zu geben, um der Welt zu zeigen, was für andere ahnungslose Zivilisten auf dem
Spiel stand, wenn die palästinensischen Forderungen unbeachtet blieben... Wie
die Welt weiß", sagt Ben‑Menashe, "griff sich die Gruppe einen
älteren amerikanischen Juden in einem Rollstuhl, tötete ihn, und warf seinen
Körper über Bord. Sie verbuchte diesen Punkt für sich, aber für Israel war das
anti-Palästinensische Propaganda der besten Art." (http://www.howlingatthemoon.com/pacific_jihad_OCT2000.htm.)
Quelle: "Out of the blue? Spuren des Terrors in Amerika" von
Wolfgang Eggert, München 2001, S. 22 - 26