Sicherung jüdischer Identität oder Rassismus?
Das Oberste Gericht von Israel
genießt eine unangefochtene moralische Autorität: es hat seine Unabhängigkeit
in zahlreichen Fällen unter Beweis gestellt, in denen es der Exekutive in den
Arm gefallen war. Nun hat aber die höchste juristische Instanz des Landes mit
einem sehr knappen Urteilsspruch ‑ sechs gegen fünf Stimmen ‑ einen
bislang kaum gekannten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Es hat gebündelte acht
Klagen gegen die Vorkehrungen eines Gesetzes aus dem Jahr 2002 abgelehnt (JF
21/06).
Der ursprüngliche Zusatz zum
israelischen Staatsbürgerschafts‑ und Aufenthaltsregelungsgesetz aus dem
Jahr 1952 wurde auf dem Höhepunkt der im Jahre 2000 begonnenen gewalttätigen
palästinensischen "Al‑Aqsa‑Intifada"
‑ bei der insgesamt weit über 1.000 Israelis getötet und mehr als 7.000
verletzt wurden ‑ neu formuliert. Der Zuzug von Palästinensern aus den
besetzten Gebieten, die Araber mit israelischem Paß heiraten, wurde damit
verboten. 2003 wurde das Gesetz wieder etwas gelockert, indem der Zuzug und die
Niederlassung für palästinensische Frauen im Alter von über 25 Jahren und
Männern von über 35 Jahren in Israel wieder zugelassen wurde. Denn die
Terroristen rekrutierten sich gewöhnlich aus jüngeren Altersgruppen. "Es
ist nichts Übles in dem Versuch, Israels jüdische Identität anhand eines
Gesetzes zu sichern", erklärte die damalige Likud‑Justizministerin (und
heutige Kadima‑Außenministerin) Tzipi Livni.
Das umstrittene Gesetz wurde
ursprünglich nach einem ‑ von insgesamt 138 ‑ "Al‑Aqsa‑Intifada"-Selbstmordanschlag in
Haifa verabschiedet, der von einem in Israel lebenden "zugeheirateten"
Araber verübt wurde. Die israelischen Sicherheitsbehörden sollen seitdem mehr
als 15 versuchte An schläge vereitelt haben, in die
israelische Araber verwickelt waren.
16.000 Anträge auf Familienzusammenführung
In der Begründung ihres
ablehnenden Urteils stellen die sechs Richter nun fest: Das Gesetz verletze
keine Grundrechte. Sollte es aber doch solche Rechte verletzen, so gelte die Verhältnisrnäßigkeit: die nationale Sicherheit des Landes
überlagere die Grundrechte. Ein zweiter inoffizieller Beweggrund der sechs
Richter geht hingegen nicht aus der schriftlichen Urteilsbegründung hervor:
Laut Presseberichten ist das Gefälle zwischen dem Lebensstandard der
israelischen Araber und der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und im
Westjordanland inzwischen so groß, daß eine Wirtschaftseinwanderungswelle durch
massenhafte Scheinehen zu befürchten sei.
Im Entrüstungssturm, der von
dem Urteilsspruch ausgelöst wurde, prallen Ansichten aufeinander, die in sich
unversöhnlich sind. In vielen Zeitungsartikeln aus aller Welt, aber auch in einer
Flut von Leserbriefen ‑ meist verfaßt von amerikanischen Juden ‑,
wird der Richterspruch als "rassistisch" und "diskriminierend"
verurteilt. Der Protest wird unter anderem damit begründet, daß einem
palästinensischen Araber (oder einer Araberin) die Familienzusammenführung
verboten wird, nicht aber den jüdischen Siedlern aus den besetzten Gebieten. In
den letzten Jahren sollen insgesamt 16.000 Anträge von Palästinensern auf
Familienzusammenführung bzw. auf Niederlassung in Israel eingegangen sein. Über
den Sicherheitsvorbehalt hinaus gibt es aber ein Grundsatzargument, das in den
verschiedenen Stellungnahmen immer wieder auftaucht: Israel wurde 1948 als
jüdischer Staat gegründet ‑ und jüdisch soll er auch bleiben. Aber es
gibt diesbezüglich eine gefährliche demographische Entwicklung: die
Geburtenrate bei den israelischen Arabern, die zur Zeit etwa 20 Prozent der
Gesamtbevölkerung ausmachen, ist wesentlich höher als bei den Juden.
Die vor 110 Jahren verfaßte
Utopie von Theodor Herzl ("Der Judenstaat") war eine rein jüdische
und keine "Multikultiutopie". Befürworter
des umstrittenen Richterspruchs sehen darum darin im Grunde eine
"juristische Fortsetzung" jener Trennungsmauer, die der israelische
Staat derzeit zu den besetzten Gebieten aufbaut, um den Terror, den Schmuggel ‑
aber auch die Infiltration von Wirtschaftsimmigranten ‑ zu verhindern.
Wollen getrennte Ehepartner zusammenleben, so hindere niemand den Araber oder
die Araberin aus Israel daran, in die besetzten Gebiete zu ziehen, wird daher
argumentiert.
Bemerkenswert ist, daß der
neue Justizminister in der Regierung von Ehud Olmert, Chaim Ramon, die Absicht
angekündigt hat, innerhalb eines halben Jahres durch ein neues Gesetz die
gegenwärtig so heftig umstrittene Situation endgültig zu klären. Er legte
jedoch schon jetzt das Prinzip fest, auf dem sein neues Gesetz gründen soll:
"Ein souveräner Staat ist berechtigt zu verhindern, daß Angehörige eines feindlichen
Staates einen endgültigen Status auf seinem Gebiet erlangen."
Quelle: IVAN DENES in JUNGE FREIHEIT vom 26.5.2006
Anmerkung: Es stellt sich die Frage, wie weit reicht das legitime
Interesse einer Nation zur Sicherung seiner eigenen Identität und wo beginnt
der Rassismus. Es beruhigt und mindert die Gefahr neuer globaler Antisemitismus-Wellen,
wenn eben viele amerikanische Juden Israel offen des Rassismus' zeihen.
Jedenfalls werden diesbezüglich im Vergleich zwischen Deutschland und
Israel von den jüdisch-freimaurerisch beherrschten Medien völlig
unterschiedliche Maßstäbe angelegt. Deutschland wird zielgerichtet in größte Multikulti-Probleme manöveriert,
während Israel unter dem Aspekt elementarer Menschenrechte mit höchst
zweifelhaften Maßnahmen "judenrein" bleiben möchte.
Dem Justizminister Ramon scheint die Kenntnis der europäischen Geschichte
des vergangenen Jahrtausends abhanden gekommen zu sein. Bis zur
Judenemanzipation des 19. Jahrhunderts - die hintergründig wieder auf
jüdisch-freimaurerische Einflüsse zurückgeht - wurden Juden in fast allen
europäischen Nationen/Staaten zumindest zeitweilig mehr oder weniger als
"Angehörige eines feindlichen Staates" angesehen, was keinesfalls
immer auf einer kollektiven Paranoia beruhte. Man studiere die Vorgeschichte
der unzähligen Vertreibungen und Pogrome. Und wie kann man heute - als Zwerg
auf den Schultern des Riesen (Heinrich Heine) - Martin Luther als Antisemiten
diskreditieren, wenn man sich nicht zuvor ein Bild davon gemacht hat, auf Grund
welcher rabbinischen Schriften, persönlichen Wahrnehmungen und sonstigen Berichte
er sich dieses - im Laufe seines Lebens durchaus nicht einheitliche - Urteil
erworben hat.