Jeremias Warnruf

Nathan Hofshi

In den Abgrund

Die heute in den Krieg ziehen, sollten nicht über Tote und Verwundete klagen. Verantwortlich für Tod und Zerstörung sind die, die das Volk daran hindern, die wahre Lage zu begreifen. Die wahre Lage ist die: In diesem Land lebt ein arabisches Volk, und rund um uns herum im Nahen Osten leben arabische Völker... Schlachtengebrüll in der Presse, auf Versammlungen und beim Begräbnis der Gefallenen. Aber die Frage bleibt:  Wozu die Opfer, wozu das Heldentum? Warum sollten wir nicht den Weg des Friedens gehen? Warum sollten wir nicht in der Lage sein, mit friedlichen Mitteln zu erreichen, was wir mit kriegerischen versuchen – wenn wir diesen Weg mit der selben Hingabe beschreiten? Warum sollten wir nicht Zehn- oder Hunderttausende Einwanderer mit arabischer Zustimmung ins Land bringen, statt ein paar hundert um den Preis endlosen Leidens, Blutvergießens und der Gefährdung der Grundlagen unserer nationalen Existenz? Müssen wir wirklich alles Glück und Wohlergehen unseres Volkes opfern, hier in Palästina ebenso wie in der Diaspora – um des Molochs willen, der Staat heißt? 

Mein Volk, eure Möchte-Gern-Wohltäter führen euch in die Irre. Euer Prophet ist ein falscher Prophet. Und Jeremias Warnruf verhallt in der Wüste! 

In den Abgrund! 

Januar 1946

Quelle: Hofshi, Nathan: Into the Abyss. Januar 1946. In: Buber, Martin, Judah L. Magnes und Ernst Simon (Hrsg.): Towards Union in Palestine. Essays on Zionism and Jewish-Arab cooperation. IHUD (Union) Association, Jerusalem 1947, S. 37 - 40 (zitiert nach www.steinbergrecherche.com)