Theodor Herzls Familiengeschichte

 

Herzl, Theodor, Schriftsteller, geb. Budapest 2.5.1860, gest. Edlach (Niederösterreich) 3.7.1904, trat unter dem Eindruck des Dreyfus-Prozesses für die Gründung eines jüdischen Staates ein, gab den Anstoß zur Entstehung des politischen Zionismus.

 

Quelle: DER NEUE BROCKHAUS - Wiesbaden 1960

 

 

Die Israelis sind nicht sehr an Geschichte interessiert, an ihrer eigenen noch am ehesten in Form von Mythen. Wahrscheinlich haben manche deswegen Mühe mit dem Verständnis der Gegenwart.

 

Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Symbol‑ und Mythosfunktion wird Herzls tragische Familiengeschichte in Israel so gut als möglich verschwiegen. Seine Ehe mit Julie, einer schönen, verwöhnten, angeblich verschwendungssüchtigen Frau mit psychischen Problemen, war unglücklich und lieblos. Sie verstarb drei Jahre nach dem Tode ihres Ehemanns in einer psychiatrischen Klinik. Der Ehe entstammten drei Kinder. Die jüngste Tochter Trude hatte zeitlebens schwere psychische Probleme und wurde im Konzentrationslager Theresienstadt im Jahre 1942 ermordet. Ihr Sohn Stephan, der einzige Enkel Herzls und aus der Ehe Trudes mit einem reichen Geschäftsmann stammend, diente in der britischen Armee und besuchte im Jahre 1945 Palästina, wo man ihm eine Führungsposition in der zionistischen Bewegung anbot. Ein Jahr später stürzte er sich in Washington von einer Brücke in den Tod. Auch Herzls Sohn Hans hatte schwere seelische Probleme. Er trat 1924 zum Christentum über und wurde Mitglied verschiedener Sekten. Als seine innig geliebte Schwester Pauline, die älteste Tochter Herzls, die ebenfalls ihr ganzes Leben unter schweren gesundheitlichen und psychischen Störungen litt und morphiumabhängig wurde, in Bordeaux von der französischen Polizei herumvagabundierend aufgegriffen wurde und bald darauf verstarb, nahm er sich ebenfalls das Leben und äusserte in seinem Abschiedsbrief den Wunsch, im Sarge seiner Schwester begraben zu werden. Die Gräber von Pauline und Hans befinden sich in Bordeaux. Herzls Familie ist ausgestorben.

 

Quelle: Ernest Goldberger in "Die Seele Israels - Ein Volk zwischen Traum, Wirklichkeit und Hoffnung", Zürich 2004, S. 49 f