Feige Memmen?
Die Juden Westpreußens, die sich selbst am besten
kennen mußten, boten 1813 dem Könige für Ablösung von der Landwehrpflicht Geld,
weil sie überzeugt wären, "daß bei jetzigen Zeiten feige Memmen gar
nichts, zehntausend Taler bar Geld aber viel helfen können," eine
Begründung von so zwingender Beweiskraft, daß der König gerne auf das Angebot
einging. Unter den gebildeten Berliner Juden fanden sich gewiß nicht wenige,
die ins Feld zogen, auch als Freiwillige, wie z. B. der Bruder Meyerbeers, welch
letzterer aber diesem Beispiel nicht folgte. Daneben finden wir aber die Juden
auch in den Kanzleien und Lazaretten und vor allem auch als Spione, worüber
dann in Frankfurt am Main Listen in die Hände der Verbündeten fielen
(Semikürschner, S. 152 und 255 / Lewald, Bartholdy). Solche Einzelbeispiele
sind indes noch nicht beweiskräftig, weder für die eine, noch die andere
Ansicht. Wohl aber die von Treitschke mitgeteilten Zahlen (Deutsche Geschichte,
II, S. 418 - die Zahl von 175 000 ist angenähert), wonach 1813 nicht viel mehr
als 350 Juden dem Heere angehört haben. Das bedeutet bei einem Aufgebot von
etwa 175 000 (ohne Landwehr) nur zwei von Tausend. Wenn Treitschke diese
geringe Zahl der Juden auf ihren Ausschluß von den Offiziersstellen
zurückführt, so kann ich dem nicht folgen: denn die fehlenden 1400 Juden, um
den Anteil von Einem vom Hundert zu erreichen, hätten doch nicht sämtlich
Offiziere werden können. Übrigens stimmt hiermit auch nicht überein, daß
tatsächlich während des Krieges Juden Offiziere wurden, wenngleich sie dann im
Frieden wieder bis auf einen ausgemerzt wurden. Jedenfalls ist es aber
unsinnige Übertreibung, wenn nicht Lüge, wenn ein jüdischer Schriftsteller von
55 gefallenen Offizieren allein bei Belle-Alliance redet. Die gesamte preußische
Armee hat dort nach Treitschke nur 24 Offiziere verloren! Wenn man aus all
diesen Angaben das Ergebnis zieht, so muß man gestehen, daß von einer auffälligen Teilnahme der Juden an den
Befreiungskriegen, als Ausdruck ihrer Vaterlandsliebe und ihres Dankes für die
Gleichberechtigung des Vorjahres keineswegs die Rede ist. Sie handelten ihren
Rasseanlagen gemäß.
Quelle:
"Vom Ghetto zur Macht" von Otto Kernholt, 1921, Nachdruck Viöl/Nordfriesland
2000, S. 82 f