Ehrenjude Joschka Fischer

 

"Außenminister Joschka Fischer ist seit dem 19. Juni (2003) Ehrenmitglied der Jüdischen Gemeinde von Thessaloniki."

("Jüdische Allgemeine" vom 3. Juli 2003)

 

Vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Lage in Nahost und des merkwürdigen Verlaufs, den die politischen Diskussion darüber nimmt, muß ein Interview, das Außenminister a.D. Dr. h. c. Joschka Fischer kürzlich der Wochenzeitung Die Zeit (30/2006) zum Krieg gewährte, wohl als Vorbote künftiger Entwicklungen gewertet werden. Dr. h. c. Joschka Fischer? Jawohl, Fischer ist "Ehrendoktor von Haifa", was er gleich im ersten Satz herausstreicht. Warum auch nicht? Sein Medienruhm gründete sich vor allem auf Waffenstillstandsvereinbarungen, die er zwischen Israelis und Palästinensern vermittelte. Sie hielten zwar nur von Zwölf bis Mittag, ergaben aber schöne Pressefotos.

 

Nachdem das Interview konventionell dahingeplätschert war, eröffnet die allerletzte Antwort den Blick in die mögliche Zukunft. Fischer appelliert: "Uns Europäern kann ich immer nur wieder sagen: Begreift endlich die Bedeutung der Türkei ‑ und zwar in einem doppelten Sinne. Sie ist zum einen wichtig als Partner für eine Sicherheitspolitik im Mittelmeerraum. Und die Modernisierung der Türkei strahlt weit hinein in die islamische Welt."

 

CDU und CSU sollten erkennen, so Fischer, "wie wichtig die Türkei angesichts der vielen Krisen im Nahen Osten ist. Es muß alles vermieden werden, daß bei den EU‑Beitrittsverhandlungen der Türkei im Herbst wegen der Zypernfrage zwei Züge ohne Not aufeinander knallen." Er könne zwar "manche Skepsis bezüglich einer Mitgliedschaft der Türkei nachvollziehen. Aber sie ist nachrangig gegenüber der enorm wichtigen Bedeutung der Türkei für Frieden und Veränderung im Nahen und Mittleren Osten." Ganz zum Schluß betont er, "daß wir Deutschen gerade in Sachen Türkei eine hohe Verantwortung tragen". (Gemeint ist wohl: "Gerade wir Deutschen"!)

 

Versuchen wir, Fischers Aussagen zu sortieren: Man wird ihm darin zustimmen, daß Europa ein Interesse an einer stabilen­, möglichst prowestlichen Türkei hat, und zwar, was die mögliche Vorbildwirkung auf die islamische Welt betrifft (eine europäisierte Türkei könnte freilich auch einen Abstoßungseffekt auf islamische Länder haben) als auch die Sicherheitspolitik für Nahost. Nur bleibt Fischer erneut die Antwort schuldig, warum dazu eine EU‑Vollmitgliedschaft notwendig ist, warum eine privilegierte Partnerschaft nicht ausreicht.

 

Denn soviel ist klar: Selbst im Fall eines vollständigen Reformerfolgs wird die Türkei wegen ihrer Größe, der demographischen Entwicklung, der Quantität und Qualität ihrer Probleme, der kulturellen, religiösen und historischen Andersartigkeit die Agenda der EU dominieren, sabotieren und sie endgültig in ein amorphes, handlungsschwaches Gebilde verwandeln. Der Traum vom starken Europa wäre ausgeträumt! In Falle des Scheiterns einer beigetretenen Türkei hat sich die Zukunft der EU ohnehin erledigt. Eine privilegierte Partnerschaft würde die Prowestler in der Türkei ermuntern und stärken und andererseits die Risiken ihres möglichen Scheiterns für Europa kalkulierbar machen.

 

Fischer räumt selber ein, daß die Beitritts­-Skeptiker Gründe haben für ihre Haltung, er betrachtet das Risiko jedoch als "nachrangig". Wenn aber die erklärten Ziele (Reform der Türkei plus Sicherheit) mit einer privilegierten Partnerschaft erreicht werden können, warum das höhere Risiko einer Vollmitgliedschaft eingehen, und aus welcher Perspektive erscheint dann ihr Risiko als "nachrangig"? Meint er mit "Frieden und Veränderungen im Nahen und Mittleren Osten" etwas ganz anderes, als die Öffentlichkeit das heute überhaupt für möglich hält? Könnte es sein, daß die Türken nur Mittel zum Zweck sind, um eine EU‑Mitgliedschaft Israels vorzubereiten? In den vergangenen Jahren ist diese Option in der Presse schon mehrfach erwähnt worden, etwa von dem Historiker und Publizisten Michael Wolffsohn, ohne daß sie ernstgenommen worden wäre. Das könnte sich als ein Fehler erweisen!

 

Wenn erst die Türkei, die zu 95 Prozent außerhalb Europas liegt, Vollmitglied ist, wird man einem israelischen Beitrittsgesuch unmöglich mit dem Argument der Geographie widersprechen können. Der "europäische Charakter" der Israelis ist ohnehin klarer als jener der Türken. Mit der Türkei hätte sich die EU weitestmöglich an den Nahen Osten herangeschoben, der Beitritt Israels wäre der nächste logische Schritt. Bestehende Bedenken könnten leicht mit einer moralisch eingefärbten Kampagne ("Gerade wir Deutschen!") niedergebügelt werden. Der Zeitpunkt dafür kann schon anbrechen, wenn die Verhandlungen zwischen Brüssel und Ankara in ein ernsthaftes, unumkehrbares Stadium getreten sind.

 

Israels Interesse an einer Mitgliedschaft darf vorausgesetzt werden. Wie denn auch nicht? Seine geostrategische, außenpolitische und psychologische Lage ist schwierig. Eine Mitgliedschaft in der EU würde eine politische, moralische, mittelbar auch militärische Stärkung bedeuten. Von den wirtschaftlichen und sozialen Vorteilen ganz zu schweigen.

 

Auch den USA, die Israel durch milliardenschwere Militärhilfen und andere Zahlungen unterstützen (und gleichzeitig den EU‑Beitritt der Türkei aktiv betreiben), käme das überaus gelegen. Israels Anspruch auf EU‑Zahlungen würde eine enorme finanzielle Entlastung für sie bedeuten, darüber hinaus wäre Europa unmittelbar in die amerikanisch‑israelische Nahost‑Politik eingebunden, allerdings ohne einen nennenswerten Einfluß auf sie zu haben. Auch wären die Amerikaner nicht mehr die alleinigen Buhmänner, auf die sich der Zorn der Araber wegen ihrer Unterstützung Israel konzentriert. Und da Israels Wohl und Wehe mit dem Schicksal der Palästinenser eng verflochten ist, müßte Brüssel auch die Finanzierung des Gaza‑Streifens und des Westjordanlandes übernehmen.

 

Kurzum, Europa stünde vor der Aussicht, sich den Nahost‑Konflikt mit Haut und Haaren zu eigen machen zu müssen, politisch vollends paralysiert zu werden und finanziell auszubluten. Ist das die Europa‑Version Joschka Fischers, der jetzt zu Lehraufträgen in die USA abreist? Es sollte darüber debattiert werden.

 

Leider liegt die außenpolitische Diskussion in Deutschland völlig darnieder. In den USA muß, wer auf diesem Gebiet mitbestimmen will, "Strategische" oder "Internationale Studien" an einer Elite‑Universität absolvieren. Um im Bundestag als außenpolitischer Experte zu gelten, genügt es schon, ein paar Semester Soziologie zu studieren und dann ein praktisches Jahr im Kibbuz oder bei der Aktion Sühnezeichen abzuleisten. Das reicht nicht aus, um deutsche und europäische Interessen zu erkennen und wahrzunehmen.

 

Quelle: DORIS NEUJAHR in JUNGE FREIHEIT vom 11.8.2006 ("Es spricht der Ehrendoktor")

 



 

Jude h.c.

 

Kinkels Nachfolger als Bundesaußenminister Joseph "Joschka" Fischer ist nicht nur Ehrendoktor der Universität Haifa (Mai 2002), Träger des Heinz‑Galinski‑Preises der Jüdischen Gemeinde Berlin (verliehen im November 2002; Laudator: Richard von Weizsäcker, selber Preisträger) und Inhaber der Buber‑Rosenzweig‑Medaille der Gesellschaften für Christlich‑Jüdische Zusammenarbeit (März 2003), sondern kann sich seit Mitte 2003 auch noch Jude ehrenhalber nennen. Denn am 19. Juni jenes Jahres verlieh ihm die 1500 Seelen starke jüdische Gemeinde des griechischen Thessaloniki anlässlich des dortigen EU‑Gipfels die Ehrenmitgliedschaft. Überschrift in der Jüdischen Allgemeinen" vom 3. Juli 2003:

 

»Fischer Gemeindemitglied«.

 

Jude h.c. Joschka Fischer scheint als Außenminister vor lauter Solidaritätsbekundungen für Israel kaum in den Schlaf zu kommen. Gerade war er im Amt als AA-­Chef, da meldeten die "Israel Nachrichten" des 5. November 1998:

 

»Die neue deutsche Regierung, die die Nachkriegsgeneration repräsentiert, fühlt Israel gegenüber "eine besondere Verantwortung". Dies erklärte gestern der deutsche Außenminister Joschka Fischer bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit US­-Außenministerin Madeleine Albright in Washington.«

 

Bei einer Ansprache vor dem "Jewish Community Relations Council" New York, März 1999, betonte Fischer, dass ihm die jüdisch‑deutschen bzw. israelisch‑bundesrepublikanischen Beziehungen ziemlich über alles gehen, mit das Wichtigste in seinem Politleben seien:

 

"Jewish‑German relations are one of the most important things in my political life, also the relationship between Israel and Germany."

 

Die Vergangenheit, Hitlers Verbrechen an den Juden nämlich, dürfe niemals ruhen, fuhr Fischer fort:

 

"There can be no such thing, no Schlussstrich."

 

Nicht nur in Berlin tue er alles und setze sich unermüdlich ein für die Sache Israels, dessen Rechte unverbrüchlich seien, beteuerte Fischer vor den US‑Juden zu den "Grundlagen unserer Außenpolitik", sondern auch in der Europäischen Union und in den Vereinten Nationen. Originalton:



"For us it's very true, the right of the State of Israel is inviolate, we're doing everything to secure that. That is a basic concept of our foreign policy and of our special relationship, based on our common history and heritage ... We try to use our influence in the EU and the UN on behalf of Israel."

 

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Zentralrats der Juden in Deutschland und des Europäischen Jüdischen Kongresses im Ballsaal des Berliner Hotels Adlon am 15. Mai 2002

 

"bekräftigte Fischer noch einmal die historische Verpflichtung Deutschlands gegenüber Israel, die Grundlage deutscher Politik sei und sein werde",

 

wie die "Jüdische Allgemeine" in ihrer Ausgabe der folgenden Woche meldete. Das Zentralratsblatt über die hochkarätige Teilnehmergesellschaft des Meetings (neben "dem Ehrengast Bundesaußenminister Fischer"):

 

»Kabinettsmitglieder, führende Fraktionsvertreter des Deutschen Bundestages, hohe Repräsentanten der Kirchen, Intendanten und Chefredakteure sowie die Botschafter der USA, Israels, Frankreichs und Großbritanniens.«

 

Es referierten auch Paul Spiegel (über "antiisraelische Stimmung als neuer Nährboden für uralten Antisemitismus"), die FDP‑Politiker Wolfgang Gerhardt und Burkhard Hirsch (contra Möllemann; für "unverbrüchliche Verantwortung für Israel") und Michel Friedman, Zentralratsvize sowie designierter Vorsitzender des European Jewish Congress. Dieser rief aus.

 

»Wir sind beunruhigt, dass die Karte Europas immer mehr braune Flecken bekommt. Wir haben uns an zu viel gewöhnt, wir nehmen wieder zu viel hin.«

 

"Jüdische Allgemeine":

 

»Damit endete der Abend, an dem zwischen Lachs‑Kreationen, Spargel und Dessert deutliche Worte gefallen waren.«



"Das Leiden hört nie auf"

 

Am 13./14. November 2002 ließ Fischer den so genannten Weltsaal in seinem Berliner Amtssitz für einen "Festakt mit Symposium" der Jewish Claims Conference zum 50. Jahrestag des Luxemburger Wiedergutmachungsabkommens umkleiden. Bei dieser Veranstaltung betonte Claims-­Conference‑Präsident Israel Singer laut jüdischer Allgemeinen" vom 21. November 2002:

 

»Wenn auch inzwischen sechs Jahrzehnte seit der Schoa vergangen sind,

darf man nicht vergessen, dass das Leiden der Über­lebenden nie aufhört.«

 

Der Bundesaußenminister strich heraus, dass

 

»der Holocaust, dieses schrecklichste aller Verbrechen gegen die Menschlichkeit, von dieser Stadt aus, Berlin, geplant, organisiert und befohlen« worden sei, sich

 

»Deutschland seiner Verantwortung für die Schoa zu stellen« habe, er der Claims Conforence und anderen jüdischen Organisationen überaus dankbar sei für die

 

»Hilfe bei der Beschäftigung mit der Vergangenheit und dem Aufbau einer deutschen Demokratie«, dass Deutschland "unwiderruflich" Israels Rechte unterstütze, was auch

 

»Grundlage aller deutscher Beziehungen zu anderen Staaten sei«. Und der AA‑Minister zeigte sich höchst erfreut darüber, dass Berlin neuerdings die am schnellsten wachsende jüdische Gemeinde Europas aufweise. Abschließend bedankte sich Joschka Fischer "aus tiefstem Herzen" bei der Claims Conference für deren "unermüdliche Bemühungen um Gerechtigkeit". O‑Ton:

 

"We thank you from the bottom of our hearts for the Claims Conference's valiant und tireless quest of justice."



In dieser Machart ging es auch das folgende Jahr weiter, mit Höhepunkten wie Fischers dreitägigem Besuch im April im jüdischen Staat, wo er sein Kommen als

 

»Geste der Freundschaft und Solidarität in schwierigen Zeiten«

 

charakterisierte.

 

Nie hat es Außenminister Fischer hinsichtlich Israels nur bei Worten bewenden lassen. Seine Taten reichten vom Durchdrücken weiterer Vergünstigungen der Europäischen Union bis zum Zudrücken beider Augen bei eigentlich unzulässigen Waffenlieferungen.

 

"Verhasste Eltern"

 

Joseph Fischer ist 1948 in Gerabronn/Württemberg als Sohn eines ungarndeutschen Metzgers, der den antideutschen Vertreibungsterror nach 1945 mit seiner Frau nur knapp überlebt hatte, zur Welt gekommen. Später, als "Joschka" (Genossenname in Frankfurter Linksextremistenkreisen) und schon halbetabliert, schrieb er von

 

»den verhassten Eltern, deren Schweigen, deren Feigheit oder gar Täterschaft wegen man sich Israel und den Juden gegenüber immer geschämt hat«.

 

Er fuhr in seiner Tirade gegen die von ihm so genannten "Ich‑habe‑nichts‑gewusst‑Eltern" fort:

 

"Warum ist denn der politisch denkende Teil der Nachkriegsgeneration links und antinational geworden, wenn nicht wegen Auschwitz und Babi Jar?"

 

Fischer ‑ Schule abgebrochen, Lehre abgebrochen, als Gehilfe am Fließband bei Opel fristlos entlassen ‑ war, vom linksextremen SDS-­Ideologen Hans‑Jürgen Krahl beeinflusst, Ende der 60er‑Jahre zur militanten Gruppe "Revolutionärer Kampf" gestoßen, die sich in Frankfurt am Main aus roten Aktivisten aller Sorten rekrutierte, Straßenkämpfe mit der Polizei austrug (Fotos zeigen Fischers Beteiligung an der brutalen Misshandlung eines hilflos am Boden liegenden Beamten) und Häuser besetzte. Besonders hatten seine Genossen und er es damals auf den als "Westend­-Spekulanten" beschimpften Frankfurter Immobilienboss Ignatz Bubis abgesehen, den nachmaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland. Daniel Cohn‑Bendit wie auch der ‑ gleich diesem jüdische spätere Linksterrorist Hans‑Joachim Klein gehörten zu Fischers extremistischer Genossenschaft. "Joschka" selbst nahm auch an einer Konferenz der von Jassir Arafat geführten PLO in Algier teil. Denn die Frankfurter Szene war damals, verbal jedenfalls, ganz für die Palästinenser.

 

Fischer wurde in seiner militanten Phase zu sechs Wochen Haft verurteilt, war sogar einmal in der Fahndung von XY‑Zimmermann zu sehen, kam aber insgesamt in jener "wilden Zeit" recht glimpflich davon, weshalb manche rote Veteranen wähnen, er sei schon damals sozusagen "nicht ganz koscher" gewesen.

 

Der israelische Geheimdienst Mossad, in Algier mit Agenten präsent und auch in der Frankfurter Anti‑Bubis‑Szene mit Argusaugen dabei gewesen, hat über vorgenanntes Geschehen mit Sicherheit viel Material gesammelt (womöglich auch, weil mit ihnen vernetzt, von deutschen Diensten Zusätzliches zugespielt bekommen). Was alles ‑ je nach Bedarf ‑ hilfreich verwendet werden kann.

 

Ab Anfang der 80er‑Jahre versuchte es "Joschka", der "gescheiterte Sponti" (so seine einstige Genossin Jutta Ditfurth), nach dem Motto: Neues Spiel, neues Glück, in der Bewegung der Grünen. Mit viel Ellbogen gegen Parteifreunde und Hinaufdienerei bei Mächtigen klappte es diesmal mit der Karriere. So avancierte Fischer nicht nur zum Bundesaußenminister und Vizekanzler, sondern hat es darüber hinaus sogar zum Juden honoris causa gebracht.

 

Quelle: "Das Netz. Israels Lobby in Deutschland" von David Korn, München 2003, S. 205 - 208