Armageddon

 

Das bekannte niederländische Magazin "ELSEVIER" veröffentlichte ein Gespräch mit dem israelisch-niederländischen Militärhistoriker Martin van Creveld, der in naher Zukunft das für möglich hält, was in der Bibel als "Armageddon" (Offenbarung des Johannes - auf dieser Homepage - 16,16) angekündigt wurde.

 

Hier die Übersetzung aus dem Niederländischen.

 

»Wir vernichten uns selbst«

 

In Israel zeichnet sich ein fluchbeladenes Szenario ab.

 

Gespräch mit dem geschmähten israelisch‑niederländischen Militärhistoriker Martin van Creveld.

 

Professor Martin van Creveld, international bekannter und umstrittener Professor der Militärgeschichte an der hebräischen Universität in Jerusalem, sieht für die weitere Zukunft nur extreme Entwicklungen voraus. Die Art und Weise, wie Israel momentan gegen die Intifada kämpft, sei zum Scheitern verurteilt. Die Möglichkeiten eines Friedensprozesses und der Gründung eines palästinensischen Staates nehmen zusehends ab.

 

Ein Gespräch mit einem Pessimisten, der, wie er sagt, im eigenen Land geschmäht wird:

 

Ihre Spezialität ist Krieg. Ist hier überhaupt von Krieg die Rede?

 

Ja doch, obwohl es bei den Palästinensern keine Regierung, keine Armee und kein Volk gibt. Es geht alles durcheinander. Deshalb auch werden wir den Krieg nicht gewinnen. Wenn wir jeden Terroristen identifizieren und eliminieren könnten, würden wir diesen Konflikt innerhalb von 48 Stunden gewinnen. Die palästinensische Verwaltung hat dieselben Schwierigkeiten. Selbst wenn Arafat sich in Anbetracht unserer Bedingungen morgen entschließen würde zu kapitulieren, würde nahezu sicher die Intifada weitergehen.

 

Gibt es auf der israelischen Seite auch etwas Ähnliches?

 

Wenn die Auseinandersetzung sehr lange dauert, wird die israelische Regierung die Kontrolle über das Volk verlieren. Denn die Leute werden dann sagen: "Diese Regierung kann uns nicht schützen, was kann sie dann überhaupt noch für uns tun? Wenn die Regierung nicht gewährleisten kann, daß wir morgen noch leben, was bringt uns das noch? Wir werden uns selbst verteidigen."

 

Also Israel hat im voraus schon verloren?

 

Ich will dazu Kissinger zitieren: »in Feldzügen wie diesen verlieren die Antiterror‑Brigaden, weil sie nicht gewinnen, und die Rebellen gewinnen dadurch, daß sie nicht verlieren.«

 

Das trifft hier sicher zu. Ich betrachte eine totale israelische Niederlage als unabwendbar. Das bedeutet den Zerfall der israelischen Gesellschaft und des Staates. Wir werden uns selbst vernichten.

 

Hat die neuerliche israelische Militäroffensive überhaupt noch einen Sinn?

 

Die Militäroffensive ist total nutzlos, die Palästinenser werden dadurch nur noch zorniger werden. Möglicherweise kehrt für eine kurze Zeit Ruhe ein, aber letzten Endes wird es doch noch mehr Selbstmordanschläge geben.

 

Ist da noch Hoffnung?

 

Wenn ich Arafat wäre, würde ich auch nicht damit aufhören. Ich würde nur aufhören im Tausch für ein sehr weitreichendes politisches Abkommen. Und es sieht so aus, daß wir eine Art Regierung haben, die Arafat ein solches nicht anbieten wird. Wenn es heute Wahlen gäbe, würden die Linken völlig weggewischt werden.


 

Manche behaupten, daß der Feind von auswärts Israel gerade zusammenhält.

 

Das ist richtig. Ich wünschte mir, daß es auswärtige Feinde wären, aber das ist nicht der Fall. Wir haben so viele Jahre gegen unsere äußeren Feinde gekämpft. Jedes Mal, wenn es Krieg gab, haben wir einen ganz großen Hammer genommen, um unsere Feinde damit zu treffen, und nachdem sie einige Male eine Niederlage erlitten haben, ließen sie uns in Ruhe.

 

Das Problem mit dem palästinensischen Aufstand ist, daß er nicht von außen kommt, sondern von innen. Deswegen können wir den Hammer nicht benutzen.

 

Also ist die Lösung, die Palästinenser außerhalb der Grenze zu halten?

 

Genau, und darüber gibt es momentan eine fast hundertprozentige Übereinstimmung. Wir müßten eine Mauer bauen, die "so hoch ist, daß kein Vogel darüber hinweg fliegen kann".

 

Das einzige Problem ist, wo wird die Grenze gezogen? Weil wir uns nicht entscheiden können, ob die in 1967 eroberten Gebiete dazugehören oder nicht, improvisieren wir vorläufig nur ein bißchen. Wir bauen eine Serie von kleinen Mauern, die viel schwieriger zu schützen sind. Das ist aus militärischer Sicht sehr dumm. Jeder Supermarkt hat allmählich seine eigene lebende Mauer von Wachmannschaften. Die eine Hälfte der israelischen Bevölkerung schützt die andere Hälfte, unglaublich. Das bedeutet eine entsetzliche Verschwendung und ist fast vollkommen nutzlos.

 

Das bedeutet, daß die Palästinenser also innerhalb der Grenzen bleiben?

 

Nein, das bedeutet, daß sie alle deportiert werden. Die Leute, die dies anstreben, warten nur auf den richtigen Führer und die geeignete Stunde. Vor zwei Jahren waren nur 7 oder 8 Prozent der israelischen Bevölkerung der Meinung, daß dies die beste Lösung wäre, vor zwei Monaten waren es schon 33 Prozent und jetzt sind es nach einer Gallup‑Umfrage 44 Prozent.

 

Wird das denn jemals stattfinden können?

 

Sicher, denn verzweifelte Zeiten haben verzweifelte Maßnahmen zur Folge. Momentan steht es 50:50, wo die Grenze gezogen wird. Vor zwei Jahren wollten 90 Prozent die Mauer entlang der alten Grenze bauen. Das hat sich jetzt völlig geändert, und wenn es so weiter geht, wenn der Terror nicht aufhört, wollen in zwei Jahren vielleicht 90 Prozent die Mauer entlang des Jordan bauen.

 

Die Palästinenser sprechen von "Summutt", das bedeutet durchhalten und sich an Grund und Boden festklammern. Ich habe enorme Achtung vor den Palästinensern, sie kämpfen heldenmütig. Aber wenn wir tatsächlich über den Jordan stoßen wollen, würden wir dazu nur einige Brigaden benötigen. Wenn die Syrier oder Ägypter das zu verhindern versuchen würden, würden wir sie ausradieren. Der Führer ist Ariel Sharon. Er hat immer einen Plan, er improvisiert nicht.


 

Den Plan, die Palästinenser zu deportieren?

 

Ich denke, daß es sehr gut möglich ist, daß er das anstrebt. Er will den Konflikt eskalieren lassen. Er weiß, daß alles, was wir sonst machen, keinen Erfolg haben wird.

 

Denken Sie, daß die Weit eine derartige ethnische Säuberung zulassen wird?

 

Das liegt daran, wer es macht und wie schnell es geht. Wir haben einige Hundert von Atomsprengkörpern und Raketen und können sie auf Ziele überall werfen, vielleicht selbst auf Rom. Mit Flugzeugen sind die meisten europäischen Hauptstädte ein Ziel.

 

Dann wird Israel ein Schurkenstaat sein?

 

Ich will dazu General Moshe Dayan zitieren: "Israel muß wie ein toller Hund sein, zu gefährlich, um ihn zu berühren".

 

Ich halte alles dies jetzt für eine hoffnungslose Situation. Wir werden versuchen müssen zu vermeiden, daß es so weit kommt, wenn nur irgendwie möglich.

 

Aber unsere Armee ist von der Stärke her nicht die Nummer 30 in der Welt, sondern die Nummer 2 oder 3. Wir haben die Möglichkeit, die Welt mit uns zusammen untergehen zu lassen. Und ich kann Ihnen versprechen, daß dies auch geschieht, bevor Israel untergeht.

 

Dies ist aber nicht Ihre eigene Vorstellung?

 

Natürlich nicht. Sie fragten mich, was geschehen könnte und ich habe das beschrieben. Es ist nur die Frage, ob es nicht schon zu spät ist für die andere Lösung, die ich befürworte, und ob die israelische öffentliche Meinung davon noch überzeugt werden kann. Ich denke, daß es zu spät ist. Mit jedem Tag, der vorübergeht, wird die Vertreibung der Palästinenser wahrscheinlicher. Die Alternative wäre die totale Vernichtung und Desintegration Israels. Was also erwarten Sie von uns?

 

Das Gespräch führte Ferry Biedermann in Jerusalem

 

Sekundärquelle: Unabhängige Nachrichten (Bürgerinfo und Leseprobe)