Alfred Dreyfuß (2)

 

Der Justizirrtum des Jahrhunderts (?)

 

Alfred Dreyfus war das prominenteste Justizopfer an der Wende vom 19. Zum 20. Jahrhundert. Der französische Hauptmann, der ein Spion gewesen sein soll, wurde vor 100 Jahren rehabilitiert.

 

Die Affäre ist noch immer nicht beendet. Als der sozialistische Kulturminister Jack Lang 1985 eine bronzene Dreyfus‑Statue in Auftrag gab, wurde das Bildnis in den Tuileriengärten untergebracht, später dann am Boulevard Raspail. Der Verteidigungsminister hatte es abgelehnt, die Dreyfus‑Statue im Hof der Militärschule aufstellen zu lassen, an jenem Ort, an dem Dreyfus 1895 degradiert und entehrt worden war. Die Dreyfus‑Affäre, dieser Abgrund an Antisemitismus, Bosheit, Lüge und Korruption, zeigt auch nach 100 Jahren noch Folgen.

 

Damals spaltete der Prozess gegen den jüdischen Hauptmann im Generalstab die französische Nation. Ihm wurde Verrat vorgeworfen, Dreyfus soll Details der streng geheimen neuen französischen Feldkanone an die Deutschen weitergegeben haben. Nichts an diesen Vorwürfen stimmte, der wahre Verräter war ein Generalstabskamerad von Dreyfus. Mit fingierten "Beweisen" und ge­kauften, frei erfundenen Zeugenaussagen wurde Dreyfus zu lebenslanger Verban­nung auf die Teufelsinsel in Französisch‑Guyana verurteilt. Vor dem Kriegsgericht hatte Dreyfus die Anklage zer­pflückt wie einen Wattebausch, in dem antisemitischen Klima, der auch durch die Propaganda der katholischen Kirche ange­heizten Stimmung aber hatte der Elsässer Jude keine Chance. Im Hof der Militärschule in Paris wurden ihm die Rangabzeichen von der Uniform geris­sen, dann wurde sein Säbel zerbro­chen. Dann folgte die Deportation in die brutale Strafkolonie.

 

Die liberalen Kreise in Frankreich standen auf der Seite des Verurteilten, der auf der Teufelsinsel in Einzelhaft gehalten wurde und noch nicht einmal mit seinen Bewachern sprechen durfte. Sie entfachten eine Kampagne für die Wiederaufnahme des Verfahrens, die vereinten Traditionalisten und Antisemiten um Edouard Drumont standen ihnen entgegen. Dieser Kampf wurde mit Tinte und Feder ausgefochten, aber auch mit Säbel und Pistole in blutigen Duellen.

 

Vor allem aber das Eintreten des berühmten Schriftstellers Emile Zola brachte eine Wendung in dem unheilvollen Verfahren. In der vom späteren Staatspräsidenten Georges Clémenceau herausgegebenen Zeitung "L'Aurore" veröffentlichte Zola eine flammende Anklage gegen die Kreise, die Dreyfus in die Verbannung geschickt hatten. "J'aecuse" (Ich klage an) lautete der Titel dieses offenen Briefes an den Präsidenten, der am 13. Januar 1898 wie eine Bombe einschlug. Es war die Geburtsstunde eines neuen Spezies, des kämpferischen Intellektuellen, der sich in die aktuelle Politik einmischt und Stellung bezieht. Für Dreyfus hatte dieses Engagement Zolas Folgen, es kam 1899 zu einem Wiederaufnahmeverfahren. Dieses Verfahren fand in Rennes statt, mit Bedacht. Dort in der tiefkatholischen Provinz hatten die linken Intellektuellen aus der Hauptstadt weniger Einfluss. Obwohl das Kriegsgericht anerkennen musste, dass die Beweise gegen Dreyfus gefälscht waren, wurde er wieder schuldig gesprochen und "wegen mildernder Umstände" zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Dreyfus verzichtete auf eine Revision und wurde prompt begnadigt.

 

Damit hatte die Affäre aber noch kein Ende. Im In‑ und Ausland tobte der Kampf um Dreyfus weiter. In der von Karl Kraus he­rausgegebenen Zeit­schrift "Die Fackel" ließ sich zum Beispiel Wilhelm Liebknecht, einer der Mitbegründer der SPD, zu einer aus heutiger Sicht grotesken Stellung­nahme gegen Drey­fus hinreißen. Erst nach dem Wahlsieg der Linken in Frank­reich 1904 kam es zum letzten Drey­fus‑Prozess, 1906 wurde er freigesprochen und am 12. Juli rehabilitiert. Er wurde mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet und als Major in die Armee aufgenom­men. Im Ersten Weltkrieg wurde Drey­fus reaktiviert und kämpfte in der Re­gion Verdun gegen Deutschland, das Land, für das er angeblich Spionage betrieben hatte. Dreyfus starb 1935.

 

In Frankreich hatte die Affäre um den unglücklichen Hauptmann Folgen, die bis heute nachwirken. Die strikte Trennung von Kirche und Staat ist eine direkte Konsequenz der Affäre und der heillosen Rolle, die die katholische Kirche in ihr gespielt hatte. Die Teilnahme am Religionsunterricht ist in Frankreich seitdem freiwillig, religiöse Symbole jeder Art sind in französischen Schulen verboten. Ordensgemeinschaften mussten sich als Vereine registrieren lassen, Geistliche durften nicht mehr als Lehrer tätig sein. Noch heute ist Frankreich ein strikt laizistischer Staat.

 

Das offizielle Frankreich gedenkt morgen des Justizopfers. Präsident Chirac ehrt Dreyfus morgen in der Militärschule von Paris mit einem Staatsakt. Die Überführung der sterblichen Überreste Dreyfus in den Ruhmestempel der Nation, das Panthéon, hat Chirac abgelehnt.

 

Quelle: Jürgen Feldhoff in den Lübecker Nachrichten vom 11.7.2006

 

Anmerkung: Auf den Beitrag "Alfred Dreyfuß" auf dieser Weltnetzseite wird hingewiesen. Der Inhalt des Artikels von Wilhelm Liebknecht ist keinesfalls "grotesk", wie Herr Feldhoff sich auszudrücken beliebt. Liebknecht, der von seinem weltanschaulichen Hintergrund her als absolut unverdächtig angesehen werden muß, hat lediglich Beweise und Indizien zusammengetragen, die für eine Schuld des Hauptmanns Dreyfuß sprachen; außerdem hat er die weltweite Pressekampagne zu Gunsten Dreyfuß beschrieben und analysiert. Was daran "grotesk" sein soll, ist schwerlich einzusehen und mag darauf beruhen, daß Herr Feldhoff und die maßgeblichen Herrschaften seines Arbeitgebers Geistes- und Seelenverwandte derjenigen sind, die seinerzeit die weltweite Pressekampagne pro Dreyfuß inszeniert und umgesetzt haben. In diesem Zusammenhang erscheint erneut der Hinweis geboten, daß Dreyfuß nicht nur Jude, sondern auch hochgradiger Freimaurer war. Bereits im Jahre 1893 hatte er sich bis zum 31. Grad des schottischen Ritus hochgearbeitet und die Spitze des 33. Grades war zum greifen nahe.

 

Nachfolgend bringen wir einige Merkwürdigkeiten aus der Affäre Dreifuß, die auch Herrn Feldhoff nicht nur zum Nachdenken animieren sollten, sondern zukünftig auch zu einem vorsichtigeren Umgang mit tendenziell diffamierenden Formulierungen:

 

Wer in die Affäre gegen Alfred Dreyfuß 1894 bis 1904 irgend verwickelt wurde, war zugleich vogelfrei. Die Todesfälle häuften sich, wie bei allen Blutsmord- und Schächtprozessen. "... Gallifaits Vorgänger Krantz erkrankte, wie so viele Unbequeme gleich Paty du Clam plötzlich erkrankten. Das kommt von der Lebensmittelverfälschung, er aß gewiß aus Versehen wie der selige Kaiser Claudius giftige Pilze. Überhaupt die plötzlichen Un- und Todesfälle, das ist das Wundersamste der wundersamen Affäre. Da wird der amtliche Kryptograph, Major Munier, der die 2. Version der Panizzardi-Depesche bestritt, tot im Bahnwagen gefunden, da stirbt Deputierter Chaulieu plötzlich an Herzschlag, da rafft den vielgenannten Polizeiagenten Guenée, der in Rennes vernommen werden wollte, ein jäher Tod hinweg, und ein Dreyfußblatt bringt zuerst diese überraschende Kunde. Da stirbt der einstige italienische Botschafter Reßmann, just nachdem er seine Papiere einstampfen ließ," (Karl) Bleibtreu ("Der große Dreyfus-Schwindel" / 1899).

 

Wichtl, Morde 1921, S. 22 geht gerade auf diese Verbrechen der jüdischen Freimaurer an denen, die nicht zum Bau gehörend, für die Wahrheit kämpften, weiter ein: Ein Hauptmann d' Attel erklärte, Dreyfus habe kurz vor seiner feierlichen Degradierung vor ihm und einem Zeugen ein volles Geständnis abgelegt. Den Freunden des Br. (Freimaurerbruders) Dreifuß schien dieser Mann natürlich gefährlich. Eines Tages machte d' Attel einen Ausflug in die Umgebung - bei seiner Rückkehr fand man ihn tot im Eisenbahnwagen; der Leichnam, bläulich gefärbt, schien schon in Fäulnis überzugehen. Hauptmann d' Attel hatte nun aber vorher seinem Freunde, dem Abgeordneten Chaulin Servinière, genaue Mitteilungen über das Geständnis des Hauptmanns Dreyfuß gemacht. Chaulin Servinière reiste in seinen Wahlbezirk; seinen Leichnam fand man auf den Schienen. Der Präfekt Laurenceau zeigte der Regierung an, Goldsendungen an die Freunde des "Verräters" Dreyfuß hätten die Grenze passiert; er meinte, es handle sich um Bestechungsgelder von Seiten ausländischer Juden, die ihren Rassegenossen befreien wollten. Laurenceau wurde zur Berichterstattung nach Paris befohlen, er stieg im Hotel "Terminus" ab - am nächsten Tage fand man ihn tot in seinem Zimmer! Der Gefängnisbeamte Rocher behauptete, Dreyfuß hätte gesagt: "Ja, ich bin schuldig, aber nicht der einzige Schuldige." Rocher starb, wie und wo ist unbekannt. Der Hauptmann Balerio war einer der Hauptbelastungszeugen im Dreyfußprozesse in Rennes und starb bald nach der Rückkehr zu seiner Garnison. Damals schrieben Zeitungen, die den Freimaurerlogen nahestanden, mit zynischer Offenheit: "Wahrhaftig, sogar das Schicksal selbst ergreift Partei für den Hauptmann Dreyfuß!" (Wenn Freimaurer das "Schicksal" (Fatum) heranziehen, so ist dies immer in hohem Grade verdächtig!) - Der Präsident der französischen Republik Br. Felix Faure hatte sich gegen die Revision des Dreyfuß-Prozesses ausgesprochen. Er starb plötzlich - einen Monat später. Die näheren Umstände werden nie bekannt: einige Stunden nach seinem Tode wurde die Leiche einbalsamiert und damit eine Feststellung der Todesursache unmöglich. Wer waren nun die schärfsten Verfechter der "Unschuld" des Hauptmanns Dreyfuß? Ausnahmslos Brüder Freimaurer, namentlich jüdische Brüder ...

 

Quelle: "Sigilla Veri" herausgegeben von E. Ekkehard, Band 3, S. 78f - zitiert Karl Bleibtreu und Friedrich Wichtl

 

Anmerkung: Ergänzend wird auf die Beiträge "Freimaurermorde" und "Freimaurermorde (2)" hingewiesen. Überdeutliche Parallelen wollen einige Verschwörungstheoretiker erkennen bezüglich der "Strippenzieher der Schoah", bezüglich der knapp 40 rätselhaften Todesfälle unter Zeugen zur Aufklärung des Mordes an John F. Kennedy, bezüglich der verschleierten Ermordung des 33-Tage-Papstes und bezüglich der "Schwindsucht" unter Mitwissern der Affäre "Heide Simonis geb. Steinhardt - Klaus Gärtner (F.D.P.) - Kieler Schloß" (womit selbstverständlich keinesfalls behauptet werden soll, das nicht nur politisch verbandelte Gespann Simonis/Gärtner habe auch nur entfernt irgendetwas mit den völlig unerwarteten drei Todesfällen zu tun!!!).