Urteil gegen Pedro Varela aufgehoben

 

Oberstes Gericht Kataloniens gibt Revisionisten recht

 

Wie berichtet, wurde der 41jährige spanische Revisionist Pedro Varela Ende letzten Jahres (1998) zu fünf Jahren Haft verurteilt, weit er in seiner Buchhandlung "Libreria Europa" unter anderem revisionistische Werke anbot, die der offiziellen Geschichtsschreibung widersprechen. Varela war der erste Spanier, der aufgrund der inzwischen europaweit eingeführten Anti‑Revisionismus­-Gesetze verurteilt wurde. Ins spanische Strafgesetzbuch wurde der Tatbestand des Anzweifelns von Geschichtsdogmen erst nach einer Novelle von 1996 aufgenommen.

 

Wie das britische Magazin 'National Journal' als erste Publikation im Internet mitteilte, hat das Oberste Gericht des Staates Katalonien das Urteil des Distrikt‑Gerichts Barcelona vom 17. November 1998 gegen Varela aufgehoben. Die Entscheidung sei endgültig, eine Revision nicht mehr möglich. Das ursprüngliche Urteil sowie das zugrunde liegende Gesetz (Artikel 607) seien vom Gericht für rechtsunwirksam erklärt worden. Ein solches Gesetz, so werden die Richter zitiert, beraube die Menschen ihrer Grundrechte auf freie Meinungsäußerung (UN-Charta, Artikel 19). Nun müsse der spanische Verfassungsgerichtshof in Madrid entscheiden, ob das Zensurgesetz der spanischen Verfassung entspricht. Diese Meldung wurde inzwischen auch von Varelas Anwalt José Maria Ruiz Puerta bestätigt.

 

Ein Rückblick: Die Gerichtsverhandlung gegen Pedro Valera fand am 16. Oktober 1998 statt, das Urteil wurde am darauffolgenden 16. November 1998 gesprochen: 5 Jahre Gefängnis, eine beträchtliche Geldstrafe, Aufbürdung der Gerichtskosten und gewaltige Zahlungen an jüdische Organisationen. Darüber hinaus wurde die Vernichtung von 124 Lithos von Buchtiteln, 324 Videos, zahlreichen Zeitschriften und Originalphotos sowie umfangreichen historischen Materials angeordnet.

 

Dem jüngsten Richterspruch zufolge wurde, um die Anklage zu ermöglichen, Artikel 20 der spanischen Verfassung gebrochen und rechtswidrig ein Index verbotener Bücher eingeführt. Das stehe im Widerspruch zum spanischen Grundrecht, sich frei zu informieren und bedeute eine Erschütterung des Fundaments des spanischen Rechtsstaats.

 

Varela bezeichnete die Staatsanwälte und die willfährigen Richter der ersten Instanz als »Leute, die im Namen der Justiz bereit seien, Bücher zu verbrennen bzw. deren Verbrennung anordnen«. Ihr Tagesgeschäft sei, Andersdenkende einzusperren. Er habe sich mit seiner Buchhandlung zur Aufgabe gemacht, für die Rede‑, Meinungs‑ und Informationsfreiheit aller zu kämpfen. Allein wegen seiner freien Gesinnung sei er nun das Opfer unerbitterlicher Verfolgungswut geworden. »Sie verbrennen nicht nur die beschlagnahmten Bücher, sondern sie sind dazu übergegangen, die Buchhandlung "Libreria Europa" mit barbarischer Gewalt zu vernichten«, so Varela. Er spielt damit auf einen Überfall an, der sich vor einem halben Jahr ‑ kurz nach der Verurteilung ‑ ereignete: Am 16. Januar 1999 drang während einer sogenannten Demonstration ein aufgehetzter Mob mit Knüppeln, Steinen und Brandsätzen bewaffnet in die "Libreria Europa" in der Séneca‑Straße ein. Der Eisenrolladen und die verschlossene Tür wurden aufgebrochen. Der Mob demolierte die Einrichtung, Bücherregale, Vitrinen, Möbel, Büromaschinen, Fensterscheiben und Verglasungen. Selbst die Treppen und viele Bodenfliesen wurden aus dem Boden gerissen. Die sogenannten "Demonstranten" stürzten die Wandregale um und warfen sämtliche Bücher auf die Straße und zündeten sie an. Die Überreste wurden von den Maschinen der Stadtreinigung entsorgt, die seltsamerweise sofort zur Stelle war, als hätte sie in einer Nebenstraße gewartet.

 

»Obwohl ich die Staats‑ und die Regionalpolizei lange genug im voraus verständigt hatte und trotz der zahlreichen Telefonanrufe von Nachbarn und Freunden der Buchhandlung kam keine Polizei, um Privateigentum, ein Geschäft und die öffentliche Sicherheit zu schützen«, so Varela. Immerhin brauchten die Angreifer länger als eine halbe Stunde, bis es ihnen gelang, den Hauseingang aufzubrechen. Varela weist darauf hin, daß zwei Einsatzwagen der Stadtpolizei die Demonstration begleiteten, aber keiner von ihnen die Ausschreitungen verhinderte. Im Gegenteil ‑ sie zogen sich zurück, als die Demonstranten gewaltsam in die Buchhandlung eindrangen, wie Augenzeugen und Anwohner einhellig zu berichten wußten.

 

Der Straßenmob als Handlanger der Staatsanwaltschaft

 

»Ich bedaure, daß man die Buchhandlung "Libreria Europa" nicht schließen kann«, erklärte J. M. Mena, Generalstaatsanwalt von Katalonien. Unter seiner Führung hatte die politische Polizei in Varelas Buchhandlung 20.972 Publikationen beschlagnahmt. Alle Informationen lassen darauf schließen, daß es auch eine Anweisung von der Staatsanwaltschaft gab, der Buchhandlung "­Libreria Europa" nicht beizustehen. "Ein klares Amtsverbrechen", erklärt Varela bitter. »Wenn es der Obrigkeit nicht gelingt, Andersdenkende gefügig zu machen, läßt sie Terroristen und deren Mitläufer ran«.

 

Trotz des massiven Terrors will sich Varela auch in Zukunft nicht verleiten lassen, auf die Angriffe seiner Gegner mit Gegengewalt zu reagieren. Nur mit Gutem lasse sich Übel bekämpfen, teilte er den HNG‑Nachrichten mit. Das sei bestimmt schwer, dennoch gebe es keinen anderen Weg für Idealisten. »Die Wahrheit gehört zum Gefolge des Guten. Wir haben das Recht zu wissen, das Recht zu zweifeln, das Recht zu diskutieren. Die international verbrieften Menschenrechte garantieren uns ferner das Recht, Bekanntes zu hinterfragen und unsere kontroversen Forschungsergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen«.

 

Varela beschreibt das Selbstverständnis der Revisionisten so: » Man verlangt von uns nicht nur blinden Glauben, sondern man will uns sogar die Wahrnehmung unseres angeborenen Charakterinstinkts, zu zweifeln, verbieten. Wer uns verbietet zu zweifeln, dessen Aufrichtigkeit zweifeln wir grundsätzlich an. Wir haben gesagt, daß wir Lügen mit der Wahrheit bekämpfen. Das soll auch so sein. Wenn diejenigen, deren Thesen von vielen Autoren in Zweifel gezogen werden, die Wahrheit auf ihrer Seite hätten, würden sie auf alle Fragen gelassen und geduldig reagieren. Sie würden ihre Unterlagen und "Beweise" nicht verheimlichen. Sobald sie aber der Lüge überführt werden, rufen sie nach dem Richter, verschanzen sich hinter der Obrigkeit und benutzen die Medien, um jedwede Opposition zu kriminalisieren«.

 

Eine Gruppe von Freunden der "Libreria Europa" versucht, diese unter großem persönlichen Einsatz wieder aufzubauen. Der Schaden ist sehr hoch ‑ ca. drei Millionen Peseten. Außer den Türen und den Einrichtungen wurden die meisten Bücher zerstört, andere eignen sich nicht mehr zum Verkauf. Wer beim Wiederaufbau der Buchhandlung und bei der Wiederbeschaftung der vernichteten Bücher helfen möchte, damit auch weiterhin der Öffentlichkeit die Kehrseite der Geschichte aufgezeigt werden kann, wende sich bitte an die Schriftleitung der HNG‑Nachrichten oder an den Vorstand der HNG.

 

Quelle: HNG-Nachrichten 1999 (Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene e.V., Sägewerk 26, D-55124 Mainz-Gonsenheim)