Holocaust-Museen

 

Wir leben «in einer Zeit, wo ganz Nordamerika mit neuen Holocaust‑Museen überzogen wird, damit man nur ja nicht vergißt»:

 

«Was, darf man fragen, hat der Bewohner von Illinois oder Kalifornien oder Texas mit den Greueln deutscher Konzentrationslager vor sechzig Jahren zu tun? Warum überzieht man dann nicht ganz Europa mit Erinnerungsmuseen an die Greuel, die ein Mao‑Tse‑Tung, ein Pol Pot oder ein Stalin ihren Völkern zufügten? Anders gefragt: Besteht latente oder akute Gefahr, daß das amerikanische Volk den Holocaust an den Juden oder einer anderen Bevölkerungsgruppe wiederholen möchte? Und falls nein: Was könnte sonst der Grund für diese Museen sein? Vielleicht, der Bevölkerung auch kommender Generationen vor Augen zu führen, daß es sich bei den Juden um das bedrohteste Volk auf Erden handelt, das besonderer Protektion bedarf? Und was ist dann mit den 60 Millionen Russen, die in der Sowjetunion hingemordet wurden, und mit den ebenfalls etwa 60 Millionen Chinesen, die Mao Tse Tung auf dem Gewissen hat? Betrachten wir seit diesen zigfachen Greueln an jenen Völkern Russen und Chinesen als besonders bedrohte, schützenswerte Völker?»

 

Quelle: Benjamin Seiler in: "Zeitenschrift" Nr. 10 / 1996, S. 62